Betet ohne Unterlaß
Betrachtung zum 29. Sonntag im Jahreskreis von P. Dr. Bernhard Sirch
Illschwang (kath.net)
C - 29. Sonntag i.Jk, Betrachtung zur 1. Ls. Ex 17, 8-13, Ev. Luk. 18,1-8
Das Thema der 1. Lesung und des Evangeliums ist, wie Paulus es aus-drückt: "Betet ohne Unterlaß" (1 Thess 5,17).
In der 1. Lesung hören wir, wie Mose den Josua in den Kampf gegen Amalek schickt, er selbst aber den ganzen Tag mit erhobenen Händen betet: "Ich selbst werde mich morgen auf den Gipfel des Hügels stellen und den Gottesstab mitnehmen... Solange Mose seine Hand erhoben hielt, war Israel stärker; sooft er aber die Hand sinken ließ, war Amalek stärker.
Als dem Mose die Hände schwer wur¬den, holten sie einen Steinbrocken, schoben ihn unter Mose, und er setzte sich darauf. Aaron und Hur stützten seine Arme, der eine rechts, der andere links, so daß seine Hände erhoben blieben, bis die Sonne unterging" (Ex 17, 9-12).
Im Evangelium sagt Jesus "den Jüngern durch ein Gleichnis, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten". Um noch deutlicher sein Anliegen herauszustellen, bringt Jesus ein Beispiel von einem Richter, "der Gott nicht fürchtete und auf keinen Menschen Rücksicht nahm".
Der Richter sollte einer Witwe, von der er nicht wissen wollte, die aber dennoch immer wieder zu ihm kam, zu ihrem Recht verhelfen. "Dann aber sagte der Richter zu sich: Ich fürchte zwar Gott nicht und nehme auch auf keinen Menschen Rücksicht; trotzdem will ich dieser Witwe zu ihrem Recht verhelfen, denn sie lässt mich nicht in Ruhe. Sonst kommt sie am Ende noch und schlägt mich ins Gesicht. Und der Herr fügte hinzu: Bedenkt, was der ungerechte Richter sagt. Sollte Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht zu ihrem Recht verhelfen, sondern zögern? Ich sage euch: Er wird ihnen unverzüglich ihr Recht verschaffen" (Lk 18. 1-8).
Das immerwährende Gebet pflegten vor allem die alten Mönchsväter und geben damit uns ein Beispiel. Priester und Ordensleute beten es täglich mehrmals im Einleitungsvers zu den Horen: "O Gott, komm mir zu Hilfe; Herr, eile, mir zu helfen". Bereits der hl. Benedikt schreibt in seiner Regel (Kap. 17) dieses Gebet vor. Beeinflusst wurde er von Johannes Cassianus (360-430/35; (ausführlich: in Homepage: www.pater-bernhard-sirch.de: O Gott, komm mir zu Hilfe): "So muß euch nun auch eine Formel der geistlichen Schau übergeben werden, auf die ihr immer fest euren Blick heftet, wodurch ihr lernt, sie in ununterbrochener Stete heilsam zu erwägen, oder durch deren dauernden Gebrauch und Betrachtung ihr zu höherer Sicht aufsteigen könnt... Um das ständige Denken an Gott zu besitzen, soll also unabwendbar vor euch das fromme Gebetswort stehen: O Gott, komm mir zu Hilfe; Herr, eile, mir zu helfen (Ps. 69,2).
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Das Gebet dieses Verses soll also mit unablässiger Stete gepflegt wer-den bei Widrigem, damit wir errettet werden, bei Günstigem, damit wir be-wahrt werden und uns nicht überheben. Die Anwendung dieses Verses, sage ich, soll ununterbrochen in deinem Herzen erwogen werden. Lass nicht ab, ihn bei jeglichem Werk oder Dienst und auch auf dem Wege zu be-ten. Pflege ihn beim Schlafen und Essen und in der äußersten Notdurft des Leibes".
Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass das immerwährende Gebet kein "Gebet" für 2 x je 15 bis 20 Minuten pro Tag ist. Das Ziel ist: ständig bei Gott zu sein. Wir kennen gewöhnlich nur den Begriff "meditatio". Ein Sinn-spruch des Einsiedlers Antonius will uns den wichtigen Begriff "ruminatio = Wiederkäuen, beständig mit dem Wort Gottes umgehen", nahebringen: "Das Kamel braucht nur wenig Nahrung: Es bewahrt sie in sich auf, bis es in seinen Stall kommt; dann lässt es sie wieder heraufsteigen und kaut sie wieder, bis sie in seine Knochen und in sein Fleisch eindringt.
Aber das Pferd braucht viel Nahrung, es frisst zu jeder Stunde und verliert sofort wieder, was es gefressen hat. Also denn: Lasst uns nicht sein wie das Pferd! Das heißt: Wir rezitieren zu jeder Stunde das Wort Gottes, aber wir verwirklichen es nicht. Nehmen wir uns ein Beispiel am Kamel, indem wir jedes Wort der heiligen Schrift rezitieren, es in uns bewahren, bis wir es verwirklicht haben". Auch Makarius verwendet das gleiche Bild im Rahmen einer Erläuterung über das Jesusgebet: "Mache es dem Tiere gleich, das seine Nahrung noch einmal in den Mund zieht und das Angenehme des Wiederkäuens verspürt, bis es die Nahrung wieder zurückgehen lässt in den Magen und dadurch Wohlbefinden auf sein ganzes Inneres aus-strömt. Siehst du nicht die Zufriedenheit auf seinem Gesicht über dieses angenehme Empfinden strahlen?" Durch das immerwährende Gebet wird Gott für uns Wirklichkeit, so dass in uns trotz Hetze und drückender Sorge eine Ruhe, die aus dem Herzen, aus Gott kommt, prägend bleibt.
Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass ich eine schwere Prüfung Got-tes, die weit über ein Jahr dauerte, nicht überstanden hätte ohne das immer-währende Gebet. Bisweilen habe ich mich zwei, drei oder vier Stunden zu-rückgezogen zum Gebet.
Im heutigen Evangelium sagt Jesus "den Jüngern durch ein Gleichnis, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten".
Die hl. Theresia vom Kinde Jesus war nie in der Mission; und dennoch ist sie von Papst Pius XI. 1925 zur zweite Patronin der Missionen erhoben worden, weil sie durch ihr Gebet und Leiden den Missionaren und Missionarinnen den Rücken stärkte: "Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenze der Erde" (Apg 1,8).