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  • 08.01.2013 07:37 - Das Labyrinth
von Hildegard Maria in Kategorie Allgemein.

Das Labyrinth

Im Mittelalter hat man in vielen Kirchen auf dem Fußboden ein Labyrinth gezeichnet. Das berühmteste davon findet sich in der Kathedrale von Chartres. Wenn man es durchläuft, legt man 200 Meter zurück. Dieser Weg, den man teilweise kniend ging, war ein Ersatz für die Menschen, die sich nicht auf eine wirkliche Pilgerreise begeben konnten. Auch uns heute kann das Labyrinth als Symbol für unseren Lebensweg gelten. Unser Leben ist eine Pilgerschaft, das Ziel ist das Himmlische Jerusalem.
Stellen Sie sich in Gedanken an den Beginn des Labyrinths. Wir sind von Anfang an in Gottes Hand. "Herr, du bist es, der mich aus dem Schoß meiner Mutter zog, mich barg an der Brust der Mutter. Von Geburt an bin ich geworfen auf dich, vom Mutterleib an bist du mein Beschützer." (Ps 22,10f.)
Dann gilt es, unseren Weg mit Gott hier auf dieser Erde zu gehen. Unsere Wege sind nicht immer geradlinig, sind verschlungen wie die Wege des Labyrinths. Mal meinen wir, Gott ganz nahe zu sein, dann kommen wieder Zeiten, in denen Gott uns fern scheint, Zeiten des Glücks, Zeiten des Leidens. Bitten wir Gott allezeit, daß er uns den rechten Weg zeige, daß er uns führe. "Zeige mir Herr, deine Wege, lehre mich deine Pfade!" (Ps 25,4) Dann wird Er uns antworten: "Ich zeige dir den Weg, den du wählen sollst. Ich will dir raten, über dir wacht mein Auge." (Ps 32,8)
Wir werden von Gott in unserem Leben reich beschenkt. "Du Herr, gibst mir das Erbe und reichst mir den Becher, du hältst mein Los in deinen Händen, auf schönem Land fiel mir mein Anteil zu." (Ps 16,5f.) Danken wir Gott für alle seine Gaben, ohne die wir nicht leben könnten.
Von Gott geführt werden wir auch einst das Ziel unseres Lebens erreichen. "Ich aber, Herr, bleibe immer bei dir, du hältst mich an meiner Rechten. Du leitest mich nach deinem Ratschluß und nimmst mich am Ende auf in Herrlichkeit. Was habe ich im Himmel außer dir? Neben dir erfreut mich nichts auf der Erde." (Ps 73,23f.) Im Hause des Vaters gibt es viele Wohnungen. Selig, die dort wohnen und Gott allezeit loben.

Schwach - Sinn : Sünde
Stark - Mut: Vergebung

Schwach-Sinn: Sünde


Gott, sei mir gnädig nach deiner Huld, tilge meine Frevel nach deinem reichen Erbarmen. (Ps 51,3)
Erschaffe mir, Gott, ein reines Herz, und gib mir einen neuen, beständigen Geist! (Ps 51,12)

Über die Köpfe der Menschen hinwegreden, das ist sicherlich eine Gefahr, wenn es um das Thema Sünde geht. Im Vater Unser beten wir: Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Was heißt Schuld und Sünde, was heißt, um Vergebung zu bitten, und was wird vorausgesetzt, damit wir sinnvoll bitten können?
"Schuld" bedeutet Verfehlung gegen das, was verpflichtet. Also daß getan wird, was nicht getan werden darf; daß nicht geschieht, was geschehen soll. Schuldig werden kann man im weltlichen Sinne gegen das Gesetz des Staates, gegen das Sittengesetz. Für eine solche Schuld ist ein bestimmtes Strafmaß festgesetzt. Man kann aber ein solches Gesetz nicht um Vergebung bitten. Für den Glaubenden aber ist das, was im Gewissen bindet, nicht nur ein abstraktes Sittengesetz, sondern etwas Lebendiges von Gott her. Es ist das Heilig-Gute, das von Ihm her an unser Inneres drängt und getan werden will. Das Seinsollende, das Verpflichtende ist der Inhalt einer Liebesbeziehung zwischen Gott und mir. Sein Gebot ist die Weise, wie Er mich liebt. Der Mensch ist aber nicht für sich allein in der Welt. Daher heißt es im dreifachen Liebesgebot, daß der Mensch auch seinen Nächsten lieben soll, wie sich selbst. Die Sünde stört diese dreifache Liebe.
Schriftlesung: Gen 3,1-24
Das Wort Sünde hat die gleiche Wurzel wie absondern. Es bezeichnet in der christlichen Religion nicht nur die einzelne Übertretung eines Gebotes, sondern die Aufhebung der Gemeinschaft mit Gott. Der Mensch will sein Leben ganz allein in seine Hand nehmen und sich nicht mehr von Gott danach fragen lassen. Im Paradies war es die Versuchung, mehr zu sein, als einem zukommt. Der Mensch war mit der schönen Schöpfung, die Gott für ihn gemacht hat, nicht zufrieden. Er wollte sein wie Gott. Durch die Sünde wurde damals und wird auch heute immer noch das Verhältnis zu Gott, den Mitmenschen und zu uns selbst gestört.
Auf die Frage: "Wann ist ein Mensch in Ordnung? Wann ist er gut?" haben verschiedene Menschen folgende Antworten gegeben:

- weil du Liebe und Wärme ausbreitest
- weil du zuverlässig bist
- weil du trösten und verzeihen kannst
- weil du Zeit für mich hast
- weil du treu bist
- weil du hilfsbereit, freundlich und verständnisvoll bist
- weil du anständig, ehrlich und tolerant bist
- weil du fröhlich bist und lachen kannst
- weil du zuhören und schweigen kannst, weil du nicht schwafelst
- weil ich mit dir durch dick und dünn gehen kann
- weil du mich ernst nimmst
- weil du teilen, dich mit-teilen kannst
- weil du so bist, wie du bist
- weil ich mich in deiner Gegenwart wohl und sicher fühle
- weil ich mit dir über alles reden kann
- weil ich dich mag.


Alle diese Aussagen berühren das Wesentliche unseres Christseins. Wenn ich einem Menschen begegne, auf den diese Aussagen zutreffen, kann ich ihm vertrauen. Vertraue ich auch Gott so, von dem die Bibel sagt, daß er gut ist?

- Habe ich Zeit für IHN?
- Fühle ich mich in SEINER Gegenwart wohl und sicher?
- Kann ich IHM zuhören?
- Teile ich mich IHM mit?
- Kann ich mit IHM reden?
- Bin ich IHM treu?
- Gebe ich Gott den ersten Platz in meinem Leben?


Nun noch die Frage, wie es mit der Liebe zu mir selber steht.
Es kann passieren, daß wir jemanden fragen, wie es ihr/ihm geht, und dabei eine Lawine von Klagen und Beschwerden auslösen, so daß wir am liebsten unter einem Vorwand verschwinden wür-den. Ich will nicht sagen, man solle niemand nach seinem Befinden fragen, auch nicht, daß man nicht jemandes Sorgen und Beschwerden anhören sollte. Aber dennoch glaube ich, wir klagen zuviel!
Warum ist es aber so leicht zu klagen und warum sind wir dafür so extrem anfällig? Klagen bedarf keines übermäßigen Glaubens, sondern lediglich des Mangels daran. Anstatt Menschen zu sein, die über das Gute reden, das Gott uns schenkt, sind wir Menschen geworden, die über ihre Leiden und Mißgeschicke buchführen. Beschwerde ist schon immer ein beständiges Problem des Volkes Gottes gewesen und hat immer Gottes deutliches Mißfallen erregt.
Wir sollten ein Volk von Höhen sein, anstatt ein Volk von Tiefen. Prüfungen und Schwierigkeiten sind etwas, das wir durchstehen. Wir sollten uns nicht in der Niederung des Zweifels heimisch machen sondern auf der Höhe der Zuversicht und des Glaubens. Von dort können wir das Panorama der Herrlichkeit Gottes vor uns ausgebreitet sehen. Dort ist der Ort, an dem wir über dem Weltlichen und Gewöhnlichen stehen, und uns vorbereiten können, vielfältige Gaben und Segen von Gott zu empfangen, weil unsere Herzen ihm zugewandt sind und wir uns weigern im Sumpf von Leid oder Fülle dieses vergänglichen Lebens steckenzubleiben. "Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat." (Ps 121, 1; siehe auch Phil 4, 4-9)
Klage nicht über dein Leben, sondern zähle deine Segnungen. Das nächste Mal, wenn dich jemand nach deinem Befinden fragt, bekenne einfach:

"Ich bin zu gesegnet, als daß ich klagen könnte."


Das setzt natürlich voraus, daß wir uns selbst annehmen können. Dabei kann es helfen, wenn wir realistisch auf unser Leben schauen und zugleich Gott zutrauen, daß er das in Ordnung bringt, was wir nicht fertig bringen.
Gebet: Ps 51
Trotz all unseres Bemühens machen wir die Erfahrung: "Ich bin nicht immer in Ordnung; ich bin nicht immer gut."
Weil das so ist, und wir immer wieder vor Gott, den Menschen und an uns selbst schuldig werden, brauchen wir die Erfahrung, wieder angenommen und geliebt zu sein, brauchen wir die Verzeihung und Versöhnung mit Gott und den Menschen.
Unsere Sehnsucht nach geheilten Beziehungen, nach geheilten Wunden und Verletzungen läßt uns umkehren und rufen und beten:
- "Führe mich heraus aus dem Kerker, damit ich deinen Namen preise";
- führe mich heraus aus dem Kerker meiner Gottferne, meiner Angst und meines Mißtrauens, meiner Ich-Bezogenheit, meines Eigensinns und meiner Eitelkeit, meines Stolzes und meiner Oberflächlichkeit, meiner Blindheit und meiner Sprachlosigkeit.
Aus meinem Kerker - aus meinen Fesseln - will der HERR mich befreien. ER will mit mir sein - auch dann, wenn ich nicht in Ordnung, nicht gut bin. ER will mich heilen; ER will mir seinen Trost, seine Barmherzigkeit und seine Liebe im Sakrament der Buße schenken.

Stark-Mut: Vergebung

Weisheit aus der Wüste:


Da gab es einen Mönch, der einen Novizen bei sich leben hatte. Als der Mönch sich einmal ärgerte, schmiß er den Novizen aus der Zelle. Aber der Novize setzte sich draußen hin und wartete. Als der Mönch die Tür öffnete, fand er ihn dort und tat vor ihm Buße indem er sagte: Du bist mein Vater, weil du in Demut und Geduld die Schwäche meiner Seele ertragen hast. Komm herein, du kannst der Alte und der Vater sein, ich der Junge und der Novize: durch deine gute Tat hast du mein Alter übertoffen.

Vergebung ist nicht immer so leicht wie es in diesem Beispiel scheint. Doch fragen wir uns selbst und wir werden sehen, auch in diesem Fall gehört viel dazu, daß Vergebung möglich wird. Vergebung spielt sich im selben Rahmen wie die Sünde ab, im Zusammenhang des dreifachen Liebesgebotes: die Liebe zu Gott, dem Nächsten und zu uns selbst. Ein Ungehorsam dagegen ist immer eine Sünde gegen die Liebe Gottes. Es gibt eine Weise, wie ich mir dieser Schuld in Liebe bewußt werden und in die Liebeslebendigkeit Gottes eingehen kann: die Reue. Die Reue ist die Liebe in der Schuld. In Reue kann ich bitten, daß Gott die Schuld vergebe. Vor der Bitte um Vergebung muß also die Einsicht in die eigene Schuld stehen.
Im Vater Unser sprechen wir die Bitte um Vergebung unserer Schuld. Sie ist dort die einzige Bitte, die an eine Bedingung geknüpft ist: Wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Alles hängt daran, daß der Schuldige auch wirklich in der Liebe sei; vielmehr daß er wieder in die Liebesverbundenheit hineingelange, aus der er durch seine Schuld herausgefallen war.
Dies ist nur dann möglich, wenn wir bereit sind, auch unseren Mitmenschen zu vergeben. Und das immer. Nichts anderes meint die Antwort Jesu auf die Frage des Petrus, wie oft er seinem Bruder vergeben solle. Es ist daher denke ich nicht übertrieben zu behaupten, daß das Nicht-Vergeben-Können eine der schärfsten Waffen des Bösen ist, uns vom Reich Gottes fernzuhalten. Wie oft erlebt man Menschen, die ihr ganzes Leben lang verbittert sind, weil sie nicht vergeben können. Daher ist es notwendig, das Vergeben zu lernen.
Schriftlesung: Mt 18,21-36

Schritte der Vergebung

Die jetzt aufgeführten Schritte lassen sich nicht abhaken wie eine Einkaufsliste. Sie sind auch nicht unbedingt bei jeder zugefügten Verletzung (oder was auch immer) erforderlich, und auch die Reihenfolge der Schritte kann abweichen. Andererseits ist es durchaus möglich, den einen oder anderen Schritt mehrmals zu gehen oder gar gehen zu müssen, während der oft langwierige Prozeß der Vergebung durchgearbeitet und verarbeitet wird. Es ist wie bei einer Treppe, die man Stufe für Stufe emporsteigt. Doch steigt man nicht nach "oben", zu Gott, sondern Gott geht Stufe für Stufe, Schritt für Schritt, mit uns mit!
1. Gott ganz ehrlich unsere Empfindungen mitteilen. Auch dann, wenn wir uns derer schämen und wir meinen, diese eigentlich nicht haben zu dürfen.
2. Ganz ehrlich vor uns selbst und vor Gott sein; zugeben, auch wenn es schwerfällt, daß man dem Betreffenden bisher nicht vergeben hat.
3. Ein Nichtvergebenwollen ist eine Weigerung gegen Gottes Gebot. Wenigstens den Wunsch nach Vergebenwollen aufkeimen lassen, Gott um Hilfe bitten, dann wird er auch die Verstockung in uns lösen (1. Joh. 1, 9).
Natürlich hat man in manchen Fällen Zorngefühle und Rachegelüste, das ist menschlich gesehen ganz natürlich. Aber man sollte es schaffen, dies vor Gott zu bekennen, denn sonst macht es einen innerlich kaputt und die Beziehung zu Gott ist getrübt (jedoch nicht zerstört!).
4. Dem anderen vergeben zu wollen, ist schließlich eine bewußte Entscheidung. Sie ist ein Wille und kein Gefühl. Vergebung kann ein sehr langer und harter Prozeß sein, und man muß wahrscheinlich auf den unterschiedlichen Stufen immer wieder neu zum Vergeben bereit sein. Man kann und darf Gott jederzeit bitten, die (negativen) Gefühle zu verändern.
5. Handele entgegen den Emotionen. Ein biblischer Schlüssel zur Überwindung von Zorn und Groll besteht darin, daß man entgegengesetzt zu seinen negativen Gefühlen handelt.
Man hat die Macht zu beschließen, einen Menschen, dem man vergibt, begleitend zum Vergebungsprozeß (oder gar erst danach) auf freundliche, nette Art und Weise zu behandeln. Es ist hart! Auch wenn man das innerlich absolut nicht will und sich alles dagegen sträubt - wenn man sich doch überwindet, handelt man wie Jesus.
Er hat mit Gnade und Vergebung reagiert, und er rät uns, es ihm gleichzutun. Schließlich kann man eines Tages, wenn die Vergebung stattgefunden hat, den anderen in Jesu Namen segnen - auch wenn dieser Gedanke wiederum geradezu unendlich weit entfernt zu sein scheint.
Vergebung bedeutet nicht, zu sagen, daß das, was der andere getan hat, in Ordnung ist. Die Sünde wird nicht entschuldigt. Das Schlimme, das geschehen ist, wird nicht kleingeredet. Vergebung erkennt die Schuld an, aber sie vergibt dem, der sich schuldig gemacht hat.
Es ist oft gar nicht möglich, das erlittene Unrecht zu vergessen. Es kann durchaus sein, dass bei der Erinnerung daran immer noch Schmerz/Trauer im Herzen hochsteigen. Doch mit der Vergebung übergibt man seine Gefühle von Zorn und Groll und auch den Wunsch nach Rache an Gott. Wahre Vergebung bedeutet letztlich, dass man dem Betreffenden Gutes wünschen kann, wenn man an das Geschehene denkt.
Vergebung und Versöhnung sind zweierlei. Vergebung ist eine persönliche Handlung dessen, dem Unrecht getan wurde; sie hängt weder von der Bitte um Vergebung noch von irgendeiner anderen Reaktion des Schuldigen ab.
Versöhnung dagegen ist ein gegenseitiger Akt. An ihm ist sowohl derjenige beteiligt, der das Unrecht begangen hat, als auch der, dem Unrecht geschehen ist. Wir sind dafür verantwortlich, alles zu tun, um die Beziehung wieder herzustellen, aber wir können den anderen nicht dazu zwingen. Es mag Situationen geben, wo wir ihn am besten "in Ruhe lassen" und nicht versuchen, uns aufzudrängen.
Diese wenigen Worte können vielleicht helfen, in Zukunft noch mehr zur Vergebung bereit zu sein. Denn unser ganzes Leben hängt davon ab. Selbst unzählige Gebete und Opfer können die Vergebung nicht ersetzen, vor allem Beten und Opfern sollen wir uns erst versöhnen: "Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, daß dein Bruder etwas gegen dich hat, so laß deine Gabe dort vor dem Altar liegen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe." (Mt 5,23f)
Denken wir daran, wie sehr Gott uns liebt. Denken wird daran, wieviel er bereit ist, uns zu vergeben. Da müßte es für uns doch ein leichtes sein, unseren Mitmenschen das wenige zu vergeben, das sie uns schuldig sind. Geben wir dem Bösen keinen Raum und erinnern wir uns täglich im Vater Unser an diese unsere Pflicht. Denn Christsein heißt ja doch, immerfort aus der Schuld, der einen, großen, samt alledem, was sie an einzelner Schuld umschließt, zu Gott zu kommen, Ihn um Vergebung zu bitten und in dieser neuen Vergebung allmählich umgewandelt zu werden.

Vertrauen

Am 24.03.2009 brachte die Süddeutsche Zeitung auf der Titelseite einen Bericht über einen Mediziner, der über Jahre hinweg die frei erfundenen Ergebnisse angeblicher Studien publiziert hat. Er galt als Koryphäe, bis nun der Schwindel aufgeflogen ist. Interessant ist die Antwort eines Wissenschaftlers auf dieses Desaster: "Wissenschaft beruht auf Vertrauen" sagt dieser und ein anderer wünscht auf Grund des Vertrauensbruchs, dass der Schuldige nun aus der Wissenschaftsszene verstoßen werde.
Es ist dies ein Beleg dafür, dass renommierte Wissenschaftler nicht mehr den absoluten Wahrheitsanspruch der Naturwissenschaften verfechten. Die Fortschritte der Naturwissenschaften beruhen darauf, dass Menschen auf Grund ihres Intellekts die Ergebnisse ihrer Studien richtig zu deuten wissen. Dabei bleibt aber offen, ob man bei den Untersuchungen schon bis zu einer endgültigen Klarheit durchgedrungen ist, nur einen momentanen Stand erreicht hat oder gar in die Irre gegangen ist. Manches läßt sich im Diskurs unter den Wissenschaftlern präzisieren, doch wenn es um Spezialgebiete geht, ist kaum ein anderer da, der das nötige Detailwissen besitzt, um die Ergebnisse seiner Kollegen zu verifizieren. Letztlich bleibt also nur das Vertrauen - das Vertrauen in den Intellekt des Menschen und in seine Glaubwürdigkeit.
Wenn wir nun fragen, was Glauben an Gott bedeutet, so ist dieser Glaube in seinem tiefsten Kern Vertrauen. Ich vertraue darauf, dass es einen Gott gibt, der diese Welt geschaffen hat und der dieser Welt bleibend nahe ist, so dass auch ich eine Beziehung zu ihm aufbauen kann, die mein Leben trägt. Um an diesen Gott zu glauben, muss ich erst einmal den Menschen vertrauen, die von diesem Gott erzählen und die von den Erfahrungen Zeugnis geben, die sie mit diesem Gott gemacht haben. Dann kann ich mich aufmachen, kann Schritte des Vertrauens auf diesen Gott hin wagen und meine eigenen Erfahrungen sammeln. Wenn ich mich ernsthaft auf den Weg mache, kann ich erfahren, wie die Beziehung zu Gott mich trägt und mein Leben bereichert.
Warum sollen die Erfahrungen mit Gott weniger wert sein, als die Ergebnisse, die Naturwissenschaftler aus ihren Experimenten ziehen? Die Erfahrungen mit Gott sind genau so real, wie es die Ergebnisse der Naturwissenschaften sind. Sie beziehen sich nur auf ein anderes "Forschungsobjekt". Wenn ich die Natur erforsche, werde ich Auskunft auf die Gesetze der Natur bekommen. Wenn ich mich auf Gott hin ausrichte, werde ich Auskunft darüber erhalten, was hinter allem steht, was der Grund von allem ist, was der Sinn allen Lebens ist und wer es ist, der diese Welt und auch mein eigenes Leben trägt und im Dasein hält.
Die Wissenschaft ist ein harter Weg. Nicht alle Experimente glücken, mühevolle Kleinarbeit ist nötig. So ist auch der Weg mit Gott für den, der sich wirklich darauf einläßt, kein ruhiger Sonntagsspaziergang. Auch hier wird es Rückschläge und Hindernisse geben. Doch wie in der Wissenschaft Hindernisse die Forscher dazu anregen, noch intensiver zu arbeiten, um eine Lösung zu finden, so kann auch im Glauben aus der Überwindung von Hindernissen eine ganz neue Stufe des Vertrauens zu Gott erreicht werden, wenn man sich auf sie einläßt und nicht einfach alles hinschmeißt, sondern voller Vertrauen den Weg mit Gott weiter gehen möchte.
Wissenschaft sucht nach der Wahrheit der Dinge, sucht danach, wie die Dinge sind. Der Glaube sucht nach Gott und wir glauben, dass in Gott alle Wahrheit ist. Daher ist das Reden von Gott nicht der Beliebigkeit ausgesetzt. Der Mensch kann zwar Gott nie ganz ergründen, da wir aber glauben, dass Gott selbst von sich Zeugnis gegeben hat durch Jesus Christus und in der Heiligen Schrift, können wir beurteilen, was diesem Zeugnis Gottes entspricht und was ihm widerspricht. Auch glauben wir, dass Gott weiterhin in dieser Welt wirksam ist. Jesus Christus selbst hat eine Instanz eingesetzt, die sein Zeugnis von Gott vertrauensvoll bewahren soll. Das ist die Kirche. Ihre Aufgabe ist es, darüber zu entscheiden, welche Menschen in ihrem Zeugnis über Gott vertrauenswürdig sind.
Vielleicht lernen wir wieder zu unterscheiden, dass die Naturwissenschaften sich nur auf einen Teil der Wirklichkeit beziehen und sie daher keine Aussagen über die Wirklichkeit an sich treffen können. Sie können nur die sichtbare Welt erforschen. Zur Wirklichkeit gehört aber auch die unsichtbare Welt. Gerade heute merken wir wieder, was uns durch unsere Beschränkung auf das Materielle verlorengegangen ist. Der Mensch ist mehr als ein Klumpen, der hauptsächlich aus Wasser und einigen anderen Bauteilen zusammengesetzt ist. Daher braucht der Mensch zum Leben mehr als nur materielle Güter. Vertrauen wir darauf, dass Gott den wahren Hunger des Menschen stillen kann und machen wir uns auf, ihm zu begegnen.



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