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  • 07.08.2015 20:16 - Wahre Reform beginnt auf den Knien
von esther10 in Kategorie Allgemein.

07.08.2015 15:30
Wahre Reform beginnt auf den Knien



Doktorhut zum 500. Geburtstag: Die Katholische Universität Ávila ehrt die heilige Teresa mit einem Kongress als „Lehrmeisterin auf dem Weg des Lebens“. Von Regina Einig
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Der Generalobere Saverio Cannistra OCD nimmt von Kardinal Canizares den Doktorhut für Teresa entgegen. In der Mitte Unirektorin María del Rosario Sáez Yuguero.
Foto: UCAV

Ávila (DT) Stürmische Zeiten gepaart mit nachkonziliaren Turbulenzen bilden in der Kirchengeschichte einen gemeinsamen Nenner für Bewährungsproben. Zum Auftakt des Internationalen Symposions „Die heilige Teresa von Jesus – Lehrmeisterin auf dem Weg des Lebens“ der Katholischen Universität Ávila zog der emeritierte Madrider Erzbischof Kardinal Antonio María Rouco Varela am Samstag die Linien vom Trienter Konzil über die teresianische Reform zur Erneuerung des geistlichen Lebens heute aus. Als Ursachen für die der religiösen Missstände im 16. Jahrhundert nannte Rouco Varela zwei Faktoren, die der Kirche auch heute zu schaffen machen: zum einen die weitgehende dogmatische Unklarheit, zum anderen die große Unsicherheit bezüglich des Kirchenbegriffs. Schriften und Reformen Teresas von Ávila (1515–1582) stützen die These des Kardinals, die katholische Antwort auf die Reformatoren sei theologisch, geistlich und kirchenrechtlich weitaus umfassender ausgefallen als ein holzschnittartiges Unterwerfungskonzept nach disziplinären und politischen Gesichtspunkten. Die Antwort der Heiligen, so Rouco Varela, habe darin bestanden, den Weg der christlichen Berufung als Weg zur Heiligkeit zu weisen, indem sie die Kirche als „Gemeinschaft der Heiligen in heiligen Angelegenheiten“ erlebbar machte. Teresas Gründungen reformierter Klöster spiegelt die typisch kastilische Variante der Kirchenreform im sechzehnten Jahrhundert: Das Goldene Zeitalter setzte Kirchenreform nahezu gleich mit einer Reform des Ordenslebens, auch wenn Laien wie die Katholischen Könige maßgeblich daran mitarbeiteten. Auf deren Reform baute auch Teresa von Ávila auf. Als Karmelitin und Klostergründerin profitierte sie von der hohen Wertschätzung der Orden. Nach den evangelischen Räten zu leben und sich neu auf die Texte und das Charisma der Gründer zu besinnen – diesem Muster folgte die Erneuerung mehr oder weniger aller Orden im Spanien des 16. Jahrhunderts. An spiritueller Tiefe und Energie reicht Rouco Varela zufolge niemand an Teresa heran, Ignatius von Loyola ausgenommen: „Mit ihren Schriften und ihrem Werk erreicht die Kirche in ihrer modernen Geschichte den Höhepunkt der Reform des geistlichen Lebens.“ Die Kirchenlehrerin habe dem Gebet Vorrang gegeben – als Daseinszweck und Lebensgrund der Gottgeweihten.

Umfassend beleuchtete Rouco Varela auch die Rolle der Armut in den teilweise ohne feste Einkünfte gegründeten Reformklöstern. Wirklich verständlich werde die teresianische Reform aber erst mit Blick auf ihren apostolischen und missionarischen Eifer. Teresa schrieb: „Tausend Leben gäbe ich für die Rettung einer Seele“. Auch wenn ihre Schriften in den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils nicht expressis verbis zitiert werden, flossen sie Rouco Varela zufolge in einige Texte ein: So greife die Kirchenkonstitution Lumen gentium den Vorrang des betrachtenden Gebets auf, während das Dekret Perfectum caritatis den teresianischen Liebesbegriff widerspiegele: Aus der Gottesliebe erwächst die Nächstenliebe zur Rettung der Welt und zum Aufbau der Kirche. Nicht nur Ordensgemeinschaften, alle kirchlichen Gemeinschaften könnten von Teresa Entweltlichung lernen, unterstrich der Kardinal.

Wie Teresas Reform heute als Denkanstoß für eine „angemessene Erneuerung der Kirche zu verstehen ist, beleuchtete Richard Schenk OP. Der vormalige Präsident der Katholischen Universität Eichstätt verwies auf die Erneuerungskraft des von Teresa im „Weg der Vollkommenheit“ beschriebenen inneren Gebets. Darin weiterzukommen sei Sache jedes Christen, auch wenn Teresa klarstelle, dass es kein perfektes Beten gebe. Doch in ihrer Betrachtung des Vaterunsers lehre die Heilige, wie inneres Beten das liturgische Gebet belebe, unterstrich Schenk. Inneres Beten beschränkt sich nicht auf den Karmel; neue geistliche Gemeinschaften haben es für ihren Alltag entdeckt. „Der Weg der Vollkommenheit bleibt nicht einigen wenigen exklusiv vorbehalten“, so Schenk. Das gleiche gelte für die Früchte inneren Betens: Nächstenliebe, Loslassen und Demut. Sie kennzeichneten jedes genuin christliche Leben und die lebendige Kirche.

Als lehrreich befand Schenk Teresas Erfahrung im Verhandeln mit Bischöfen. Fünfzig Jahre nach dem Zweiten Vatikanum gilt es nicht weniger als im 16. Jahrhundert, das Spannungsverhältnis zwischen Ortskirche und Gemeinschaften auszubalancieren. „In einer Synthese der Wertschätzung der Ortskirchen und des geweihten Lebens liegt der Weg zur wahren Reform“, fasste Schenk zusammen.

Teresas Bedeutung für die Universalkirche stellte auch Papst Franziskus in einem Grußwort an die Teilnehmer des Symposions in den Vordergrund: Ihre Lehre bleibe aktuell und müsse weiter vertieft werden. Welche Möglichkeiten in der teresianischen Pädagogik stecken, machte Marianne Schlosser (Wien) mit Blick auf die Bedeutung der Freundschaft bei Teresa deutlich. Anhand der Autobiografie zeichnete Schlosser die geistliche Entwicklung der Heiligen als mühsamen Weg des inneren Freiwerdens für Gott nach. Auch einer Frau vom Format der Heiligen von Ávila unterliefen Anfängerfehler wie übertriebene Anhänglichkeit an Menschen. Was Teresa letztlich frei von ihrer inneren Besetztheit der Gedanken gemacht habe, so Frau Schlosser, sei nicht eigene Anstrengung gewesen, sondern eine besondere Gnade, der durch treues Gebet sozusagen die Tür geöffnet worden sei. „Diese klare Erfahrung der Freundschaft Christi, seiner Erwählung, bewirkte eine buchstäbliche Umwandlung.“

Dass die engere Bindung an Gott menschlichen Freundschaften nicht abträglich ist, sondern ihre Qualität verbessert, arbeitete Frau Schlosser anhand der Schrift „Weg der Vollkommenheit“ heraus: „Die geistliche Liebe ist leidenschaftlich, einsatzbereit, intensiver als jede andere, weil sie im Freund das sieht, was der Ewigkeit fähig ist: seine Berufung zur Heiligkeit.“ Wahre Freundschaft verträgt Teresa zufolge auch Zurechtweisung und ist sowohl herzlich als auch nüchtern. Der Nüchternheit entspricht das Verbot von Partikularfreundschaften unter den Schwestern. Damit wolle Teresa nicht jede besondere Vertrautheit zwischen einzelnen Personen verbieten, sondern vor allem der Cliquenbildung in Konventen den Boden entziehen, erläuterte Frau Schlosser. Insgesamt deutete sie Teresas Erfahrung und ihre Unterweisung über die geistliche Freundschaft als ein Art Kommentar zum Satz der Gnadenlehre „Die Gnade hebt die Natur nicht auf, sondern setzt sie voraus und vervollkommnet sie.“

Wie die Heilige aus Ávila Christen heute zur Schwester und Freundin werden kann, schilderte mit Verve die amerikanische Journalistin Colleen Carroll Campbell. Die eher zufällige Lektüre der Biografie Teresas von Marcelle Auclair erlebte sie als Weckruf, ihr laues geistliches Leben zu ändern. Ausführlich legte die vierfache Mutter dar, warum sie die Haltung Teresas als Vorbild für moderne Frauen betrachtet. Drei gegenkulturelle Lektionen könne die Heilige heute vermitteln: Dem Gebet in den alltäglichen Aufgaben Vorrang einzuräumen, christliche Askese mit Vernunft und Augenmaß zu leben und den Gehorsam als Tugend zu entdecken, auch wenn der gesellschaftliche und kirchliche Mainstream dem zuwiderlaufen. Als Beispiele für den heute geforderten Gehorsam nannte Frau Campbell den Respekt vor der Morallehre der Kirche, eheliche Treue und die Offenheit für die Mutterschaft.

Der Wesenszug Mütterlichkeit trifft auf Teresa zweifellos zu. Ihre Zeitgenossen nannten sie schlicht „la madre“. Claire Marie Stubbemann (Burgos) unterstrich die Verbindung zwischen Mütterlichkeit und mystischer Erfahrung bei Teresa. Beides zeichne Teresa als Vorbild für Frauen heute aus. Ein tiefes inneres Leben sei Voraussetzung dafür, dass das göttliche Design der Frau zur vollen Entfaltung komme. Mit Blick auf die wachsende Dekonstruktion des Weiblichen in der Gesellschaft korrigierte Frau Stubbemann landläufige Fehlvorstellungen über die Mutterschaft. Diese sei mehr als ein bloßes Attribut der Frau, sondern ein Wesenselement. Die Berufung zur Mutter liege in der Natur der Frau und sei nicht rein biologisch zu verstehen, sondern auch geistlich. In diesem Sinne sei Teresa fruchtbar geworden, weil sich ihre geistliche Mutterschaft nicht auf die Unbeschuhten Karmeliten beschränke, sondern über die Klostermauern hinweg die Generationen bis zum heutigen Tag umfasse.

Der Charme des Kongresses speiste sich aus der unkonventionellen Kombination unterschiedlicher Formate: Neben klassisch-wissenschaftlichen Beiträgen wurden Kurzreferate, Glaubenszeugnisse und Workshops geboten. Auch wenn die Qualität der Workshops unterschiedlich ausfiel und die Eucharistiefeiern Teresas Liturgiesprache Latein ausklammerten, überzeugte die Bandbreite des Programms: von der Rezeption der Kirchenlehrerin in Film und Literatur spannte sich der Bogen über eine Licht-Ton-Show an der nördlichen Stadtmauer von Ávila bis zur Präsentation einer Kinderkatechese über das Leben der Heiligen. Der Balanceakt zwischen Festlichkeit, Bildungs- und Dialogforum gelang.

Es gab Perlen und Überraschungseffekte: Der Generalobere des Teresianischen Karmel Saverio Cannistra OCD legte in seiner Rede beim Festakt dar, wie Teresa durch Gehorsam innerlich frei geworden sei und hob sie als Vorbild gegen „die Tyrannei des Ich und die Diktatur des Individualismus“ hervor. Die Schriftstellerin und Teresa-Biografin Asunción Aguirrezábal de Antonanzas berichtete von einem baskischen Karmeliten, der kürzlich in Bilbao einen bisher unbekannten Brief der Heiligen aus dem Jahr 1576 entdeckt habe – eine endgültige Überprüfung von dessen Echtheit steht ihren Angaben zufolge noch aus. Der Kirchenhistoriker José Antonio Calvo Gómez (Madrid) regte zum Nachdenken an, als er die Sehnsucht nach dem Himmel und die Furcht vor der Hölle als einen Schlüssel zur Interpretation der Werke Teresas vorstellte. Eine Pastoral der Heiligkeit sei gerade heute notwendiger denn je, da sich die Menschen mit dem Mittelmäßigen begnügten.

Wie ein basso continuo zog sich das Gespräch über den geistlichen Orientierungswert der einzelnen Programmpunkte unter den 450 mehrheitlich jüngeren Dauerteilnehmern aus 26 Ländern durch die Tagung. Dass nicht alle die schwierige Kunst, einen Kurzvortrag ohne Substanzverlust zu halten, so souverän beherrschen wie beispielsweise Marianne Schlosser und Julia Amezúa, minderte das Interesse an der Veranstaltung nicht. Zuweilen paarten sich Verehrung und ein Schuss Pathos – etwa als Spaniens Innenminister Jorge Fernández Díaz berichtete, wie er Teresas Armreliquiar im Karmelitinnenkloster zu Ronda einmal in die Hand nehmen durfte und sich „privilegiert“ gefühlt habe.

Die Sehnsucht, von einer geistlichen Mutter an die Hand genommen zu werden, hat in der Kirche Tradition. Eine Fundgrube hierfür bietet die Konvertitenliteratur: Cornelia Helfrich (Berlin) und Julia Amezúa (Palencia) zeigten mit ihren Beiträgen über die Rezeption Teresas bei Jacques Maritain beziehungsweise Joris–Karl Huymans, welches Potenzial für die Neuevangelisierung in den Werken dieser zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Autoren weckt.

Die schier unerschöpfliche Fülle der Sekundärliteratur und Vertonungen zeugen von der zeitlosen Aktualität Teresas. 500 Jahre nach ihrer Geburt ist das Feld der Entdeckungen noch nicht erschöpft: Bischof Jesús García Burillo von Ávila verwies auf das Goldene Zeitalter als „Jahrhundert der Heiligen“. Als Teil eines Netzwerks von Gelehrten und Heiligen weiten Teresas Werk und Persönlichkeit die Perspektive über historische Engführungen des „Kolonialzeitalters“ auf Einzelaspekte („Frauenfeindlichkeit“!) hinaus. Beatriz de Ancos Morales (Valencia) machte mit einer sprachwissenschaftlichen Untersuchung deutlich, wie virtuos Teresa das vermeintlich Unsagbare mystischet Erfahrungen mitteilte. Nicht zuletzt auch, so Frau Ancos Morales, „weil die Bibliothek in Teresas Kopf weitaus umfassender war als die ihres kargen Klosters San José“.

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