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  • 29.11.2015 00:58 - "Ihr werdet geschlachtet"
von esther10 in Kategorie Allgemein.

"Ihr werdet geschlachtet"



Sonntag, 29.11.2015, 08:59 · von FOCUS-Redakteur Christoph Elflein,

IS-Terroristen bedrohen unsere Sicherheit, unsere Werte und unsere Art zu leben. In Deutschland hetzen Radikale, bereiten schwere Verbrechen vor. Sie greifen unsere Freiheit an. Wie können wir sie verteidigen?

Kais Ben Othmane malte sich den deutschen Gottesstaat in schillernden Farben aus: Irgendwann, schwärmte der Kölner Extremist einer Bekannten vor, marschierten die Terrormilizen des selbst ernannten Islamischen Staats (IS) in Europa und hierzulande ein. „Dann werden die Waffen gezogen, entweder ihr nehmt den Islam an, oder ihr werdet geschlachtet.“ Schon jetzt hätten „die Deutschen Angst“. Im Falle einer Invasion werde man „mit der Peitsche durch Köln laufen. Die fetten Schweinebäuche werden aufgehangen an den Laternen.“

Düstere Prophezeiung

Inzwischen sitzt der 35-jährige Islamist in Untersuchungshaft. Sein Hass auf die westliche Gesellschaft scheint ungebrochen. Seine Tiraden, gut ein Jahr alt, wirken nach den Anschlägen von Paris mit mindestens 129 Toten wie eine düstere Prophezeiung.
Erneut verwandelte sich die Stadt der Liebe und der Lebenslust in einen Ort der Apokalypse. Erneut starben Unschuldige im Kugelhagel fanatisierter Islamisten. Selbstmordattentäter bombten sich mit Sprengstoffgürteln in die Luft und rissen Dutzende Menschen in den Tod. Zum ersten Mal zündete auch eine Frau einen Sprengstoffgürtel - eine vollkommen neue Herausforderung für die Sicherheitsdienste.

"Die Gefährdungslage ist ernst"

Heute Paris und morgen Berlin, Köln oder München? Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) warnte vergangenen Dienstag: „Die Gefährdungslage ist ernst.“ Dann reiste er nach Hannover zum Freundschaftsspiel Deutschland gegen die Niederlande. Das gesamte Bundeskabinett hatte sich angekündigt, um ein Zeichen zu setzen. Ein Signal gegen den Terror und für die Freiheit. Das Stadion war eine Festung.

Nach einem Hinweis auf einen Sprengstoffanschlag fiel die Partie aus. Dass sich keine Bombe fand, sagt alles. Die Terrorabwehr reagiert nervös - während Salafisten im Netz jubeln.

Inzwischen kristallisiert sich heraus, dass der Staat durch seinen Sparkurs und die politisch geschürte Furcht vor dem Überwachungsapparat dem Terror oft machtlos gegenübersteht. Während die Länderpolizeien personell ausdünnen, während die Justiz die Überwachungsmöglichkeiten massiv einschränkt, wächst die Zahl der Islamisten.

Rechtsstaat schützt Bedroher

Der Extremist Othmane hat Recht: Die Deutschen haben Angst. Die perfide Taktik des IS scheint zu funktionieren. Ein Land bangt um seine Sicherheit.

Die Menschen wollen hartes Durchgreifen gegen Hetzer, religiöse Eiferer und radikale Syrien-Rückkehrer. Aber unsere Liberalität und unser Freiheitsideal schützen gerade auch die, die das alles bedrohen. Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft bringt es auf den Punkt: „Der Rechtsstaat ist manchmal schwer zu ertragen.“

Flüchtlingszustrom macht Lage chaotisch
Der massenhafte Zuzug von Flüchtlingen macht den Behörden zusätzlich schwer zu schaffen. Niemand weiß derzeit, wer kommt und mit welchen Absichten. In einer Notunterkunft in Arnsberg wurde ein Algerier festgenommen, der angeblich das „Blutbad“ von Paris vorausgesagt hatte. Bisher steht laut NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) aber nicht fest, ob es sich tatsächlich um einen Mitwisser handelt. In seinem Bekennerschreiben zu den Paris-Attentaten spricht der IS explizit von einem Angriff auf die zwei „Kreuzfahrernationen“ Frankreich und Deutschland.

Die Einschläge kommen näher. Der Chef des Bundesnachrichtendienstes, Gerhard Schindler, meinte am Montag vor einer Unternehmerrunde in Tegernsee zur terroristischen Bedrohung: „Es ist falsch zu glauben, dass der Kelch an uns vorübergeht.“

Nichts ist, wie es war

Bald öffnen die Weihnachtsmärkte. NRW-Innenminister Jäger kündigte eine erhöhte Polizeipräsenz an. Im Rheinland beginnt die Karnevalssession. Mancher Polizeiführer denkt bereits darüber nach, die Rosenmontagsumzüge ausfallen zu lassen. Für den Bundesliga-Spieltag gilt erhöhte Alarmstufe. Die Clubs wollen ihre Ordnertrupps drastisch aufstocken. Nichts ist mehr so, wie es war.

Bisher durfte sich Deutschland glücklich schätzen: Entweder scheiterten Anschlagsversuche am Unvermögen der Terroristen oder an den Ermittlungserfolgen der hierzulande so oft gescholtenen Staatsschützer. Aber wie lange noch? Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, erkennt im Gespräch mit FOCUS eine neue, teuflische Dimension in der Pariser Simultanattacke: „Zum ersten Mal haben wir es mit Selbstmordattentätern zu tun, die wissen, dass sie bei Erfüllung ihres Plans ihr Leben opfern werden. Diese Kategorie hatten wir bislang noch nie.“

Salafisten mobilisieren hierzulande
Seit Freitagabend herrscht Krieg mit einem schwer fassbaren Gegner. Dieter Romann, Präsident der Bundespolizei, verstärkte umgehend den Schutz auf Flughäfen, Bahnhöfen und an den Grenzen. Die Bundesländer fuhren den Abwehrschirm hoch. De Maizière wies die Bundespolizei an, die Waffen der Streifen zu präsentieren, um das Sicherheitsempfinden der Öffentlichkeit zu stärken.

Ein Gefühl, das dennoch zu schwinden scheint: Die Salafisten-Szene macht hierzulande mobil. Hassprediger wie Sven Lau oder Pierre Vogel ziehen via YouTube junge sinnsuchende Menschen an. Belegt sind zahlreiche Kontakte zu späteren IS-Kämpfern. Rasant wächst die Salafisten-Schar auf knapp 8000, von ihnen sind 750 nach Syrien und in den Irak ausgereist, ein Drittel kehrte zurück. Manche traumatisiert, manche verroht, tickende Zeitbomben.

120 deutsche Islamisten starben in Syrien

Auf den Feldzügen in Syrien habe man „Sprengstoffgürtel tragen müssen“, schilderte ein inzwischen inhaftierter deutscher IS-Veteran nach seiner Rückkehr den Behörden. Damit hätten die IS-Truppen Feinde vor Gefangennahmen abschrecken wollen. „Vielleicht haben die gedacht, dass man sich damit auch in die Luft sprengt.“ 120 Deutsche starben im Namen Allahs auf den Schlachtfeldern im einstigen Zweistromland, darunter etwa 20 Selbstmordattentäter.

Philip Bergner aus Dinslaken schossen Soldaten der Freien Syrischen Armee den Kiefer weg. In einer Klinik sei er zusammengeflickt worden, berichtete sein Cousin im Verhör nach seiner Heimreise. Eines Tages sei Philip weg gewesen. In den Terrorlagern gebe es lange Wartelisten für Selbstmordattentäter. Bergner kam schnell dran. Im August 2014 raste er nahe der irakischen Stadt Mossul mit einem mit Sprengstoff beladenen Fahrzeug in einen Stützpunkt kurdischer Kämpfer. 20 Menschen starben.
Überwachungskräfte fehlen

Jeder vierte deutsche Dschihadist kommt aus NRW. Gut 40 Zellen stehen laut NRW-Innenminister Jäger (SPD) unter Beobachtung.

Wenn es denn so einfach wäre. Dem Land fehlen Observationskräfte. „Die Schere zwischen den Möglichkeiten und den Notwendigkeiten in Bezug auf die innere Sicherheit und unsere Ressourcen war in der Nachkriegszeit noch nie so weit geöffnet wie heute“, moniert Sebastian Fiedler, NRW-Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BdK).

In den Dschihad abgetaucht

Mustafa Celik, ein Extremist aus Mönchengladbach, pendelte unter den Augen der Terrorabwehr zwischen der IS-Hochburg Rakka und seiner Heimatstadt unbehelligt hin und her. Als Vizekommandeur eines deutschen IS-Trupps schwor er die Mitkämpfer auf den richtigen religiösen Kurs ein.
Beinahe sechs Monate lang ruhte sich Celik von der Front am Niederrhein aus. Ende Januar 2014 untersagte ihm die Stadt die erneute Ausreise zu den Terrorgarden. Im Sommer dann stellte man ihm einen neuen Personalausweis aus. Celik tauchte wieder ab in den Dschihad. Im Herbst kehrte er zurück. Derzeit steht er als IS-Mitglied vor Gericht.

Hoffen, dass nichts passiert

Experten gehen davon aus, dass die Behörden pro Bundesland vielleicht eine Hand voll Gefährder beschatten können. Die Berliner Staatsschützer schaffen es gerade mal, einen einzigen Islamisten länger zu überwachen. „Wir haben einfach zu wenig Personal“, kritisiert ein Staatsschützer. Acht Mobile Einsatzkommandos (MEK) beschäftigen sich mit Observationen. Allein um die 80 bekannten salafistischen Gefährder in Berlin kontrollieren zu können, wären 200 MEK-Einheiten notwendig. „Es ist ein Pokerspiel. Wir können nur hoffen, dass nichts passiert“, so ein Fahnder.

Dabei gilt gerade Berlin als Hochburg der Szene. 670 Salafisten zählt der Verfassungsschutz, gut die Hälfte militant. Oft handelt es sich um tschetschenische Radikale. „Der Kaukasus-Konflikt hat eine große Zahl islamistischer Kriegsveteranen nach Berlin geschwemmt“, weiß ein Ermittler. Viele von ihnen hätten direkten Zugriff auf Waffenarsenale.

Mitunter gleicht es einem Ratequiz, wen die Terrorabwehr überwacht und wen nicht. Bei Sebastian Brauer wartete die Bundesanwaltschaft gut ein Jahr, ehe sie ihn als mutmaßlichen IS-Veteranen verhaftete. Zunächst gab er den geläuterten, traumatisierten Rückkehrer. Bis er schließlich wieder in einschlägigen Tschetschenen-Kreisen seiner Heimat Herford auftauchte. Er saß schon im Knast, da wurde bekannt, dass er sich im Terrorlager auf eine Selbstmordattentäterliste hatte setzen lassen.

Ebenfalls im Video: Abaaoud flog durch die Decke: Ermittler spricht über Einsatz in Saint-Denis

Abaaoud flog durch die Decke: Ermittler spricht über Einsatz in Saint-Denis

FOCUS Online/Wochit Abaaoud flog durch die Decke: Ermittler spricht über Einsatz in Saint-Denis
Islamist wollte Polizist werden

Die hiesigen Extremisten rüsten auf. Gezielt veranstalten Zellen Wehrsportübungen. Und das nicht nur als Vorbereitung für den Dschihad in der Levante.
So absolvierte der inzwischen inhaftierte Kopf der Aachener IS-Rekrutierer in einem Waldstück Schießübungen. Im Netz informierte er sich über den Einsatz ferngesteuerter Spionagehubschrauber.

Die Terrortruppe, die Mitglieder der rechtsextremen Splittergruppe Pro NRW ermorden wollte, veranstaltete Schießübungen im Keller. Einer von ihnen, Koray Durmaz, trainierte beim Sportschützenverein Sniper e. V. in Essen. Der Islamist hatte sich vor seiner Verhaftung bei der Bremer Polizei beworben. „Möglich scheint hier, dass sich Durmaz im Rahmen eines abgesprochenen Planes bei der Polizei in Bremen einschleusen soll“, so ein Polizeivermerk, „denkbar wäre eine Durchführung eines Anschlages z. B. bei der Vereidigung.“

Mit einem Freund fuhr Durmaz nach Belgien, um tagelang auf Paintball-Schießanlagen „für den Dschihad zu trainieren“, heißt es in den Akten. Weil der Staatsschutz ihm ein MEK nachschicken wollte, um zu sehen, mit wem er sich im Königreich traf, baten sie Brüssel um Amtshilfe. Die Bitte blieb unbeantwortet - wie so oft.
Belgien als Islamisten-Brutkasten

Nicht erst seit bekannt wurde, dass einige Pariser Attentäter und ihr Hintermann aus dem Brüsseler Viertel Molenbeek stammen, führen islamistische Spuren in soziale Brennpunkte nach Antwerpen, Anderlecht oder Brüssel. „Belgien spielt eine wichtige Rolle für die Terroristen“, sagt ein ehemaliger Verfassungsschützer. „Das Leistungsvermögen der belgischen Sicherheitsdienste war und ist sehr begrenzt. Der Wille zur internationalen Zusammenarbeit ist bei den belgischen Behörden nicht sonderlich ausgeprägt. Das ist seit Jahren bekannt und schon immer ein Ärgernis gewesen.“

Sicherheitslücken durch Flüchtlingsstrom

Zusätzlich schafft der unkontrollierte Zuzug von Flüchtlingen laut Erich Rettinghaus, NRW-Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, „eklatante Sicherheitslücken“: Keine Behörde weiß derzeit, wie viele Migranten sich in Deutschland aufhalten und wer sie sind. Genau das aber erhöht entgegen allen Beteuerungen der Politik das Anschlagsrisiko.

Laut Bundespolizei, die täglich bis zu 8000 Menschen an der Grenze empfängt, müssten in diesem Jahr bisher gut eine Million ins Land gekommen sein. In dem Ersterfassungssystem EASY der Grenzschützer wurden indes bisher gut 770 000 Menschen registriert. Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hatten bis Ende Oktober 362 153 Migranten einen Asylantrag gestellt.

Vorteile für Syrer
Seit sich bis in die letzten Winkel der Welt herumgesprochen hat, dass Syrer die besten Chancen auf Asyl in Deutschland besitzen, ist dieser Status heiß begehrt. Knapp ein Drittel der seit Jahresbeginn gestellten Erstanträge stammen laut BAMF von Menschen aus dem Bürgerkriegsland. Innenminister de Maizière schätzt, dass sich 30 Prozent der Asylsuchenden als Syrer ausgeben, in Wahrheit aber keine sind.

Der Personalrat des BAMF schlug kürzlich Alarm. In einem Brandbrief an den Leiter der Behörde, Frank-Jürgen Weise, kritisierten die Mitarbeiter „systemische Mängel“ bei der Beschleunigung der Verfahren. „Tatsächlich verzichtet das Bundesamt auf eine Identitätsüberprüfung.“ Als Syrer wird laut Personalrat jeder anerkannt, der im Fragebogen an der richtigen Stelle ein Kästchen ankreuzt und von unvereidigten Dolmetschern als solcher bestätigt wird: „Der Wegfall der Identitätsprüfung erleichtert zudem auch das Einsickern von Kämpfern der Terrormiliz IS nach Mitteleuropa und stellt ein erhöhtes Gefährdungspotenzial dar“, heißt es in dem Schreiben.

Falsche Pässe für Radikale

Fakt ist, dass deutsche Islamisten über Kontakte zum Balkan falsche Dokumente beschaffen können, um die wahre Identität von IS-Schergen zu verschleiern. So orderte der Initiator eines syrischen Hilfsvereins aus Bergisch-Gladbach bei Fälschern 16 nachgemachte bulgarische Pässe. Die Papiere veräußerte der Kopf einer Bande Ultraradikaler zum Stückpreis von 1500 Euro laut Akten an „Personen, die beabsichtigten, illegal in das Bundesgebiet einzureisen“. Die Truppe hatte sich auf Einbrüche in Kirchen und Schulen spezialisiert, um den IS und weitere islamistische Terrororganisationen zu finanzieren. Überdies schleuste die Zelle etliche junge Männer nach Syrien. Mindestens drei von ihnen fanden dort den Tod.

Bei einem der Attentäter, der sich Freitagabend vor dem Stade de France in die Luft sprengte, wurde ein unversehrter syrischer Pass gefunden, mit Registrierungsstempeln aus Griechenland, Serbien und Kroatien. NRW-Innenminister Jäger vermutet, dass der IS bewusst eine „Spur in Richtung syrischer Flüchtlinge“ legen wollte, um die Flüchtlingskontroversen in Westeuropa weiter anzuheizen. Es fänden sich aber „keine konkreten Hinweise“, die nach den terroristischen Attentaten nun eine „Spur in Richtung syrischer Flüchtlinge“ legen würden. Wer anderes behaupte, handele „unverantwortlich“, so Jäger.
Keine Strategie erkennbar

Der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, sieht es ähnlich: „Derzeit liegen etwa 120 Hinweise zu Flüchtlingen vor, die sich als Mitglied einer terroristischen Organisation oder als Kriegsverbrecher schuldig gemacht haben sollen.“ Meist aber habe sich der Verdacht nicht bestätigt. „In insgesamt 16 Fällen wurden auf Grund uns vorliegender Erkenntnisse Ermittlungsverfahren eingeleitet. Bislang deutet jedoch nichts auf ein gezieltes Einschleusen von Kämpfern beziehungsweise Angehörigen terroristischer Organisationen nach Deutschland hin, um hier einen Anschlag zu begehen“, resümiert der BKA-Chef.
Mehr Sorge bereitet Münch, dass die Neuankömmlinge Opfer salafistischer Anwerber werden könnten: So hatte kürzlich der islamistische Verein Medizin mit Herz 150 Flüchtlingskinder in Köln zum Spielnachmittag in eine Indoor-Halle eingeladen. „Uns wurde von etwa 60 Fällen berichtet, in denen Salafisten gezielt Menschen angesprochen haben“, erklärt Münch. „Wir müssen wachsam sein, dass die Not und Orientierungslosigkeit von Personen, die hier in Deutschland Schutz suchen, nicht als Ansatzpunkt für islamistische Propaganda und Rekrutierungsversuche genutzt werden.“ Sollten sich die Hoffnungen der Flüchtlinge nicht erfüllen, so der Chefermittler, „könnten sie für salafistische Anwerbungen anfällig sein“.
Anweisungen über Whatsapp
Die Rekrutierung der Kämpfer läuft an allen Fronten. Ob in der Schule, im Fitness-Studio, über Facebook oder gar im Knast. Junge Männer und Frauen werden fast überall angesprochen. „Meist handelt es sich um Jugendliche, die einen unsicheren Eindruck machen“, so ein Staatsschützer. Nach und nach lösen sie sich von ihren Familien, bekommen ein zweites Handy. Anweisungen erfolgen nur noch via „WhatsApp“.
So geschehen bei dem jungen Auswahlboxer Suleym K., den ein tunesischer IS-Helfer sukzessive von seinen Eltern entfremdete und dann über einen türkischen Schleuser nach Syrien brachte. Während die Eltern ihren Sohn bei der Polizei in Aachen als vermisst meldeten, berichtete der junge Faustkämpfer seinem Rekrutierer überglücklich in die Heimat: Er sei angekommen und auf dem Weg in ein Trainingscamp des IS.
Auge um Auge
Im Hintergrund ziehen radikale Geistliche die Fäden. Auch wenn sie sich öffentlich als Friedensprediger gerieren. Wie Murad Atajew. Der Berliner Imam der Fussilet33-Moschee soll Ermittlungen zufolge dem IS hochwertiges Waffenzubehör wie Nachtsichtgeräte und Zielfernrohre beschafft haben. Atajew, ein Russe aus Dagestan, hatte sich noch im Mai dem Online-Magazin „Meduza“ offenbart. Er bezeichnete sich selbst als „Informationssammler“ für die Terrormiliz. „Ich spreche permanent mit den Leuten im Islamischen Staat“, brüstete sich der 30-Jährige. Für die Hinrichtung von Journalisten und Andersgläubigen durch die „Gotteskrieger“ zeigte er Verständnis: „Manchen mögen diese Strafen barbarisch und grausam erscheinen. Für andere sind sie komplett nachvollziehbar. Es gilt das Prinzip ,Auge um Auge'.“
Auge um Auge. Gegen technisch hochgerüstete Terrormilizen scheint die Staatsmacht schlecht gewappnet: Spezialeinheiten der NRW-Polizei forderten in einem Brandbrief an den Innenminister bessere Schutzwesten und spezielle Munition, um im Terrorkampf bestehen zu können. Überdies funktioniert das neu angeschaffte digitale Funksystem in vielen geschlossenen Räumen nicht. „Unsere Kollegen bräuchten dringend mehr Handys - und das gesamte Digitalnetz müsste mit mehr Funkmasten ausgestattet werden, damit es nicht immer wieder zusammenbricht“, fordert Polizeigewerkschafter Rettinghaus.
Schlechte Ausrüstung bei deutschen Sondereinheiten
In Berlin klagen SEK-Teams über alte Waffen und defekte Zieleinrichtungen. Zudem müssten die Scharfschützen zum Training reisen, weil es in der Hauptstadt keine probaten Schießstände gäbe.

Auch technisch hinken die Sicherheitskräfte hinterher. „WhatsApp“-Chats sind kaum zu verfolgen, weiß ein Ex-Verfassungsschützer: „Wenn ich höre, dass die Attentäter in Frankreich die PlayStation als Kommunikationsmittel eingesetzt haben sollen, dann kann ich nur den Kopf schütteln.“ Das Eindringen in solche Foren könne den Amerikanern vielleicht gelingen, „aber bestimmt nicht unserem Verfassungsschutz. Technisch sind wir dazu nicht in der Lage.“

In Berlin kann die Polizei nicht einmal Telefone mit DSL-Anschluss abhören. „Für unsere Technik sind die Daten zu schnell und zu umfangreich“, erklärt ein Beamter. BDK-Experte Fiedler moniert zudem, dass NRW als eines der wenigen Länder die Schleierfahndung ablehne.

Spektakulärer Fang

Dabei bescherte gerade dieses Mittel den bayerischen Kollegen einen spektakulären Fang: Acht Tage vor den Anschlägen von Paris stoppten bayerische Fahnder an der Autobahn Salzburg-München den 51-jährigen Montenegriner Vlatko V. Bei der Kontrolle fanden sie zwei Pistolen, eine Handgranate, acht Kalaschnikow-Sturmgewehre samt Munition, einen Revolver sowie 200 Gramm TNT-Sprengstoff, in den schon Schrauben und Stahlsplitter eingearbeitet waren.
Im Navigationsgerät hatte Vlatko V. als Fahrtziel einen Parkplatz in Paris eingetippt. Die gleiche Adresse stand auf einem zusammengeknüllten Zettel. Der Montenegriner, ein Angehöriger der griechisch-orthodoxen Kirche, sagte, er habe zum Eiffelturm fahren wollen.

Mögliche Ermittlungspanne

Auf seiner Fahrt hat der Waffentransporteur mit seinem Handy eine Nummer in Frankreich angerufen. Der Anschlussnehmer rief dann just zurück, als Vlatko V. bereits in Haft saß. „Wir gehen davon aus, dass sich die Person gemeldet hat, die die Waffenladung in Paris entgegennehmen wollte“, so ein bayerischer Fahnder zu FOCUS. Waffenfund und französische Handy-Nummer gaben die Ermittler nach eigenen Angaben an ihre französischen Kollegen weiter - allerdings unter dem Kürzel Organisierte Kriminalität. Zudem versäumten sie, das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum in Berlin über eine mögliche „politisch motivierte Straftat“ zu informieren. Eine Ermittlungspanne? Vielleicht.

Im Hinterzimmer ausgebildet

Oft sind es nur kleine Hinweise, ein paar Sätze, die Fahnder auf eine brisante Spur bringen.

Ein tristes Fabrikgebäude in Berlin-Tempelhof. Bauschutt türmt sich im Hof. Hier liegt die Ibrahim-Al-Khalil-Mosche. Hier mimt der wortgewaltige Imam Abdelkader Daoud gern den friedliebenden Geistlichen. Für die Staatsschützer allerdings zählt der Marokkaner zum Islamisten-Netzwerk. Ein abgehörtes Telefonat zweier Moschee-Besucher bestärkte sie in ihrem Verdacht. „Das Training heute war hart, aber es hat gutgetan“, erklärte ein Muslim. Training? Sport? Wohl kaum. „Wir sind überzeugt, dass in den Hinterzimmern des Gebetshauses Salafisten als Kämpfer ausgebildet werden“, sagt ein Ermittler.

Ebenfalls im Video: IS erwartet unsere Bomben - doch sie fürchten etwas ganz anderes
http://www.focus.de/
http://www.focus.de/politik/ausland/erns...id_5095718.html




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