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11. Dezember 2021, 10:03 Uhr China und Tibet:Eine Stimme für alle, die verstummt sind Tibet Flüchtete 2017 aus Tibet und lebt s

#1 von anne ( Gast ) , 13.12.2021 12:42

11. Dezember 2021, 10:03 Uhr
China und Tibet:Eine Stimme für alle, die verstummt sind
Tibet

Flüchtete 2017 aus Tibet und lebt seitdem im Exil: Dhondup Wangchen. (Foto: privat)

Weil er auf olympische Versprechen vertraute und einen kritischen Film über China drehte, wurde der Tibeter Dhondup Wangchen gefoltert und saß sechs Jahre im Gefängnis. Heute sagt er: Ein Komplettboykott der Winterspiele in Peking wäre das Mindeste.

Von Johannes Knuth, Berlin

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Man sieht sie nicht gleich, die Narben. Man erahnt sie, wenn Dhondup Wangchen seine Hände zum Herzen führt, sie beim Reden von sich streckt und sie öffnet: die rauen Hände eines Mannes, der viele Jahre auf dem Feld gearbeitet hat, und viele Jahre davon unter Zwang, wie er noch berichten wird. Man hört es auch in seiner Stimme, die vor Entschlossenheit vibriert, als sei er manchmal selbst von der Wucht der Dinge mitgerissen, die er erzählt. Dinge, die jeder, der Ähnliches erlebt hätte, tief im Nebel des Vergessens verhüllen würde.

Bis heute, sagt er, habe er "davon" Albträume.
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Seit Jahren erzählt Dhondup Wangchen aus Tibet "davon". Er spricht in Parlamenten, auf Videos sieht man ihn im amerikanischen Kongress vor dem Senator Marco Rubio. Er spricht beim Genfer Gipfel für Menschenrechte. Er spricht in diesen Tagen auch in Deutschland mit Vertretern des Auswärtigen Amtes, mit Politikern aus dem Menschenrechts- und dem Sportausschuss. Und natürlich spricht er vor unzähligen tibetischen Gemeinden, die in der Diaspora leben, und manchmal, wie jetzt in Berlin, gibt es danach Nudelsuppe und tibetische Teigtaschen. Nur mit dem Nötigsten, Wasser, Mehl, Fleisch, Zwiebeln, Ingwer und Koriander. So wie in der Heimat, die viele Tibeter seit Jahren nicht mehr gesehen haben, auch Dhondup Wangchen nicht.
Die Worte sind ihm geblieben und diese verpackt er in Botschaften

Seine jüngste Europa-Tournee spannt sich über drei Monate, gemeinsam mit Organisationen wie der "International Campaign of Tibet" und der deutschen "Tibet-Initiative". Sie waren zuletzt in Frankreich, Belgien, den Niederlanden, auch in Berlin, wo man ihn vor seinen Vorträgen in einem Kaffeehauslokal Wiener Prägung trifft, in dem Politiker und Bodyguards an den Nebentischen eifrig Sandwiches mit eher unnötigen Zutaten in sich hineinschieben. Bald sind die skandinavischen und baltischen Länder dran, später Tschechien, Österreich, Italien. Überall trägt Dhondup Wangchen seine Geschichte vor, geduldig und eindringlich: Wie er einst eine Dokumentation drehte über das Leben seines Volks unter Chinas Herrschaft, wie er deshalb gefoltert und eingesperrt wurde, wie er aus Tibet flüchtete und seitdem mit Worten weiterkämpft.

Die Worte, die sind ihm geblieben, und diese verpackt er in Botschaften, die gerade sehr viel Resonanz finden: Es sei das Mindeste, sagt Wangchen, die Winterspiele im Februar in Peking zu boykottieren. Komplett, nicht nur diplomatisch, wie es immer mehr Länder gerade tun.
China und Tibet: Aktivisten demonstrieren im November vor dem Hauptquartier des IOC in Lausanne.

Aktivisten demonstrieren im November vor dem Hauptquartier des IOC in Lausanne. (Foto: Fabrice Coffrini/AFP)

Er sei ein einfacher Bauer, er habe nie eine Schule besucht, so beginnt Wangchen seine Geschichte fast immer; aber als einer, der in dritter Generation unter den Chinesen in Tibet lebte, zehre er von "vielen schlechten Erfahrungen". Sein Großvater wurde während der Kulturrevolution verhaftet und starb an den Folgen, mit 54 Jahren. Alles, was man seit der chinesischen "Invasion" in der buddhistisch geprägten Region erlebte, seit 1950, sei ein "ständiger Verfall der Menschenrechte". Als Peking um die Jahrtausendwende die Sommerspiele erhielt, habe er die Institutionen dann beim Wort genommen: Chinas Regierung, vor allem das Internationale Olympische Komitee (IOC). Beide hatten bekräftigt, dass rund um die Spiele Menschenrechte und Redefreiheit garantiert seien, erinnert sich Wangchen. Also sei er los, im Winter 2007, nur mit einer Handkamera in den Händen, "und dem Versprechen von Frieden und Freiheit im Gepäck".

Wangchen zog über Landstraßen vor schneebedeckten Steppen, er ging in Dörfer und in die Lehmhütten der Bewohner, er traf Mönche, Arbeiter, Bauern. Was sie vom Leben unter Chinas Führung hielten? Die Popularisierung der Region mit Han-Chinesen, der vorherrschenden Ethnie Chinas? Olympia und all die Versprechen, dass sich das Land dadurch öffnen werde? Nicht ein Mensch, den er interviewte, äußerte sich wohlwollend.

"Die Repressalien werden immer stärker."

"Wir werden zwangsumgesiedelt, verlieren unsere wertvollen Weideländer in den Bergen."

"Unsere Sprache ist in Gefahr."

"Es gibt keine Religionsfreiheit."

"Die Olympischen Spiele sollten im Zeichen von Frieden und Freiheit stehen. Als Tibeter habe ich weder das eine noch das andere."

"Wir Tibeter haben kein Grund zum Feiern. Wir dürfen bei Olympia ja nicht einmal zuschauen."
Chinas Regierung behauptet eisern, dass man in Tibet Wohlstand in eine verarmte Region trage

"Leaving fear behind", so nannte Wangchen seinen Film. Er dauert knapp 25 Minuten, man findet ihn heute auf den einschlägigen Internet-Plattformen, hübsch rubriziert: "The Film China Doesn't Want You to See." Damals, im Winter 2007, hatte Wangchen den Film noch nirgendwo gezeigt, da war er schon verpfiffen. Polizisten brachten ihn in ein "Hotel". Man habe ihn in einen Apparat gespannt, der ihn in fürchterliche Haltungen zwang; viele in China Gefangenen haben von diesem "Tigerstuhl" berichtet. Sieben Tage und acht Nächte sei er gefoltert worden, mit Elektroden am Hals, die Strom in den Körper jagten. Kein Schlaf, kein Essen, kein Anwalt. Wangchen wusste nicht mal, was er gestehen sollte, "sie hatten nichts, was sie mir vorwerfen konnten", sagt er heute. Ein Jahr wurde er an einem unbekannten Ort festgehalten, dann zu sechs Jahren Gefängnis verdonnert, als Separatist. Dabei hatte niemand in seinem Film gefordert, dass Tibet sich von China abspalten solle.
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Chinas Regierung hat ihren Kurs in der Region immer wieder mit der Erzählung verteidigt, dass man Wohlstand in eine verarmte Region trage. Dass viele Tibeter diesen vermeintlichen Wohlstand oft nicht als solchen empfinden; dass sie mit dem Nötigsten, was ihnen die Heimat gibt, zufrieden sind, lässt Peking nicht gelten. Wer sich auflehnt, das ist vielfach verbrieft, wird oft mit dem gleichen Vorwurf überzogen: Anstiftung zum Separatismus.

Dhondup Wangchens Fall entfachte damals internationale Proteste, doch China ließ das kalt, wie so oft. 2014 wurde er entlassen, nach sechs Jahren Haft und ständiger Zwangsarbeit, bis zu 16 Stunden am Tag, sagt er. Sein Leben danach? "Wie in einem zweiten Gefängnis." Er durfte nicht ohne Erlaubnis reisen, keine Freunde treffen, und wenn er es doch tut, werden diese überwacht und belästigt, sagt er. Fünf seiner zehn Geschwister leben bis heute in Tibet, sie würden immer wieder von den Behörden ausgefragt: Was treibt der Bruder? Wie kam er damals aus dem Land? 2017 flüchtete Wangchen trotz "großer Risiken", über Vietnam, Laos, Thailand, bis in die USA. Selbst dort seien die Reifen seines Privatautos zerstochen worden, sagt er.

Wir finden dich, egal wo du bist, das ist offenbar die Botschaft.

Dass die Winterspiele in Peking boykottiert gehören, das steht für Wangchen außer Frage. Wer dort mitmache, an Seilbahnen, Pisten und angeblich 300 Millionen künftiger chinesischer Wintersportler verdienen wolle, der stelle das Geschäft über das Wohl ganzer Völker - in Tibet, Xinjiang, Hongkong und Taiwan. Wenn ein Athlet nur eine Skipiste herunterdonnern wolle, ohne sich zu den Missständen zu äußern, sei das auch "wie eine Befürwortung, dass das alles auf dem Rücken von Menschenleben ausgetragen werden darf".
China und Tibet: Einschüchternde Präsenz: Paramilitärische Kräfte der chinesischen Polizei patrouillieren während des Fackellaufs für die Olympischen Sommerspiele 2008 vor dem Heiligtum der tibetischen Kultur: dem Potala-Palast in Lhasa.

Einschüchternde Präsenz: Paramilitärische Kräfte der chinesischen Polizei patrouillieren während des Fackellaufs für die Olympischen Sommerspiele 2008 vor dem Heiligtum der tibetischen Kultur: dem Potala-Palast in Lhasa. (Foto: Teh Eng Koon/AFP)

Wangchen redet jetzt mit sehr fester Stimme, als es darum geht, wie sehr sich die Lage in Tibet seit den Spielen 2008 verschlechtert habe, allen Beteuerungen zum Trotz: Er erzählt von Lhasa, dem Kraftzentrum religiöser und kultureller Vielfalt Tibets, das seit Jahren wie unter Quarantäne stehe. Von privaten Schulen, die "zerstört" würden. Von Kindern, die man in Internaten "indoktriniert", entfremdet von den Eltern. Von 156 Tibetern, die sich seit 2009 angezündet haben, von "Unzähligen" Verhafteten und Verschwundenen, von einem Volk, das "ausgerottet" werde.

"Es ist unerträglich", sagt Dhondup Wangchen.

Dass die nationalen Olympia-Komitees die Spiele scharf kritisieren, öffentlich, sei in diesem Lichte das Allermindeste, findet er. Sie müssten ihre Athleten auch darüber aufklären, "was in dem Land eigentlich los ist". Und dass alle, die nach Peking reisen, auch die Athleten, das Recht und die Kraft haben, die Missstände stellvertretend für alle anzuprangern, die das nicht mehr können.

Wobei Wangchen weiß, wie riskant das für einen Sportler sein könnte, der nach seinem Olympiasieg von der Normalschanze plötzlich in der Mixed Zone über verfolgte Tibeter redet. "Natürlich ist das gefährlich", sagt er. "Man muss ja nur sehen, was die Chinesen mit anderen Menschen machen, die ihre Gedanken frei äußern." Oder mit prominenten Athletinnen, die Vorwürfe gegen mächtige Männer vorbringen wie zuletzt die Tennisspielerin Peng Shuai. "Sie ist eine sehr berühmte Athletin, die einmal aufgemuckt hat - und dann verschwunden ist wie ein Insekt, das man zerquetscht", sagt Wangchen. Auch wenn sie wieder aufgetaucht ist, stecke sie wohl längst in einem Leben unter ständiger Überwachung. Wie in einem zweiten Gefängnis, wie einst bei ihm.

Was bleibt da eigentlich noch übrig vom kümmerlichen Rest der Meinungsfreiheit, die das IOC für die Spiele garantiert?
Ein Treffen mit dem Deutschen Olympischen Sportbund habe ihn "traurig" gestimmt

Wenn Dhondup Wangchen über die Vertreter des organisierten Sports redet, füllt sich seine Stimme mit Resignation. Er hat zuletzt auch viele Funktionäre getroffen, doch seiner Forderung, die Peking-Spiele zu boykottieren, seien alle ausgewichen. Auch das Gespräch mit Vertretern des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) zuletzt in Berlin habe ihn "traurig" gestimmt: Der Verband lehne einen Boykott ab, er wolle sich auch nicht öffentlich zur Lage in Tibet und China positionieren - weil ihm dafür angeblich die Expertise fehle. Aber wozu dann die Gespräche mit Aktivisten, die, nun ja, über reichlich Expertise verfügen?

Der DOSB schreibt auf Anfrage, man sei nun mal eine Sportorganisation, kein Expertengremium in China-Fragen. Ob man sich öffentlich positionieren werde, das werde das neu gewählte Präsidium noch "diskutieren". Man werde seinen Athleten in jedem Fall die Informationen aller Experten, mit denen man sich in den vergangenen Monaten getroffen habe und noch treffen werde, zur Verfügung stellen.

"Mein Eindruck war", sagt Dhondup Wangchen: "Sie haben kein Interesse an den Menschenrechten in Tibet und wollen einfach nur, dass die Spiele stattfinden. Es scheint ihnen nur um Profit zu gehen."

Dhondup Wangchen sagt, er werde sich niemals entmutigen lassen. "Es bleibt so unfassbar wichtig, die Lage nicht zu vergessen angesichts der unfassbaren Dinge, die in China passieren", sagt er. "Es ist schwer, aber wir müssen dranbleiben, wir alle haben die Verantwortung. Und irgendwann wird sich eine Möglichkeit zur Veränderung geben." Am Ende, findet Dhondup Wangchen, sei es doch ganz einfach: "Es geht um Menschenleben und Menschenrechte."

anne

   

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