Ukrainischer Präsident Selenskyj "Schlacht um den Donbass" hat begonnen
Stand: 19.04.2022 04:38 Uhr
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat den Beginn der russischen Offensive im Osten der Ukraine bestätigt. Dabei machten die Truppen des Kremls örtlichen Behörden zufolge bereits erste Fortschritte.
Russische Truppen haben nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vom Montag die erwartete Großoffensive im Osten des Landes begonnen. Er sagte in einer Videoansprache am Abend: "Wir können jetzt sagen, dass die russischen Truppen die Schlacht um den Donbass begonnen haben, auf die sie sich so lange vorbereitet haben."
Ein großer Teil des gesamten russischen Heeres sei an dieser Offensive beteiligt. "Egal wie viele russische Truppen dorthin gebracht werden, wir werden kämpfen. Wir werden uns verteidigen. Wir werden das jeden Tag tun."
Russen erobern Ortschaft Kreminna
Ukrainischen Angaben zufolge griffen russische Einheiten auf einer breiten Front von über 480 Kilometer Länge an. Der Sekretär des nationalen Sicherheitsrats der Ukraine, Oleksij Danilow, sagte: "Die Besetzer versuchen unsere Verteidigung zu durchbrechen. Zum Glück hält unser Militär stand. Sie haben nur zwei Städte passiert - Kreminna und einen anderen kleinen Ort."
Der Militäradministrator der Region Luhansk, Serhij Haudau, sagte, Kreminna sei in der Nacht unter schweres Artilleriefeuer gekommen. Die Russen hätten die Stadt erobert, nachdem sie "alles eingeebnet" hätten, sagte er im ukrainischen Fernsehen. "Es ist einfach sinnlos, an einem Ort zu stehen, für jeden zu sterben, ohne dem Feind erheblichen Schaden zuzufügen", erklärte er. Seine Leute hätten sich zurückgezogen und neu formiert, um weiter zu kämpfen.
"In der ganzen Ukraine gingen heute Raketenangriffe hernieder" Oliver Mayer, ARD Neu-Delhi, zzt. Dnipro/Ukraine
2 Min
"In der ganzen Ukraine gingen heute Raketenangriffe hernieder" Oliver Mayer, ARD Neu-Delhi, zzt. Dnipro/Ukraine
tagesthemen 23:40 Uhr, 19.4.2022
Ukraine: Tote und Verletzte in Charkiw
Beim Beschuss der ostukrainischen Großstadt Charkiw sind ukrainischen Angaben zufolge drei Menschen getötet und 15 verletzt worden, darunter ein 14 Jahre altes Kind. "Die Granaten fielen direkt vor Häuser, auf Kinderspielplätze und in die Nähe von humanitären Hilfsstellen", teilte der Gouverneur des Gebiets, Oleh Synjehubow, am Abend mit. Er warf der russischen Armee einen Angriff auf Zivilisten vor. Ärzte und Rettungskräfte seien rund um die Uhr im Einsatz, um die Folgen des Beschusses zu beseitigen, hieß es. Von unabhängiger Seite ließen sich die Angaben zunächst nicht prüfen.
Auch aus der südukrainischen Stadt Mykolajiw wurden am Abend mutmaßliche Raketeneinschläge gemeldet. "In Mykolajiw kam es zu mehreren Explosionen. Wir sind dabei, die Situation zu untersuchen", teilte Bürgermeister Olexander Senkewytsch mit.
Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Pentagon: Russland verstärkt Militär im Osten und Süden
Auch nach Informationen des US-Verteidigungsministeriums verstärkt Russland seine Truppen im Osten und Süden der Ukraine deutlich. In den vergangenen Tagen seien mehr als zehn sogenannte taktische Kampfverbände dorthin verlegt worden, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, John Kirby. Das russische Militär fliege zudem mehr Luftangriffe im Donbass und auf die Hafenstadt Mariupol.
Kirby sprach zugleich von "chronischen Schwierigkeiten" der russischen Truppen in den Bereichen Logistik, Kommunikation, operative Manöver sowie in der Zusammenarbeit von Luft- und Bodentruppen. "Es bleibt abzuwarten, ob sie diese Probleme in den Griff bekommen haben und nun in der Lage sind, im Donbass effizienter zu agieren", so der Pentagon-Sprecher.
Das beschädigte Stahl- und Eisenwerk Illich in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol | REUTERS
18.04.2022
Russische Offensive in Mariupol Offenbar auch viele Zivilisten im Stahlwerk
Im umkämpften Stahlwerk der ukrainischen Hafenstadt Mariupol sollen Behörden zufolge auch viele Zivilisten sein.
Russland beschießt letzte verbliebene Ukrainer in Mariupol
In Mariupol haben russische Truppen nach ukrainischen Angaben damit begonnen, die letzte große Bastion der verteidigenden Einheiten der Stadt mit bunkerbrechenden Waffen zu beschießen. Der Kommandeur des ultranationalistischen Asow-Regiments der Nationalgarde, Denys Prokopenko, sagte in einer Videobotschaft, die Russen setzten die schweren Waffen ein, obwohl sie wüssten, dass auch viele Zivilisten Schutz in dem weitläufigen Gelände des Asow-Stahlwerks gesucht hätten.
Russland schätzt, dass sich in dem Werksgelände 2500 ukrainische Soldaten und rund 400 ausländische Söldner verschanzt haben. Die Verteidiger haben ein russisches Ultimatum, sich zu ergeben, verstreichen lassen. In den Tunneln des Werks haben nach ukrainischen Angaben auch viele Zivilisten Schutz gesucht, da nach nunmehr fast siebenwöchiger Belagerung große Teile Mariupols in Trümmern liegen. Über Fluchtkorridore können sie derzeit nicht die Stadt verlassen.
Die stellvertretende Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk sagte, die russische Weigerung, sichere Fluchtwege zu öffnen, könne Kriegsverbrecherprozesse begründen. Russland erklärt hingegen, "Neonazi-Nationalisten" auf ukrainischer Seite erschwerten Evakuierungen.
Russische Armee verstärkt Luftangriffe auf den Osten und Westen der Ukraine
3 Min
Russische Armee verstärkt Luftangriffe auf den Osten und Westen der Ukraine
Vassili Golod, ARD Warschau, tagesthemen 23:40 Uhr, 19.4.2022
Kreml erklärt Eroberung des Donbass zum Hauptziel
Selenskyjs Ansprache kam nach massiven russischen Bombardements auf die westukrainsiche Stadt Lwiw und andere ukrainische Städte am Montag. Zugleich wurde der russische Truppenaufmarsch im Osten intensiviert.
Der Donbass ist das überwiegend russischsprachige industrielle Kernland im Osten der Ukraine, in dem von Moskau unterstützte Separatisten seit acht Jahren gegen ukrainische Truppen kämpfen. Sie haben dort zwei unabhängige Republiken ausgerufen, die von Russland vor der Invasion in die Ukraine im Februar anerkannt wurden. Der Kreml hat die Eroberung des Donbass zum Hauptziel seines Krieges erklärt, nachdem der russische Angriff auf Kiew gescheitert war.
Die ukrainische Flagge weht über dem Parlamentsgebäude in Kiew. | REUTERS
01.03.2022
Aktuelle Meldungen zum Ukraine-Krieg
Hier finden Sie eine Übersicht aller Berichte von tagesschau.de zum Ukraine-Krieg
Ukraine Selenskyj
Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 18. April 2022 um 23:40 Uhr.