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Bitcoin von der Bank: Geldhäuser führen bald Krypto-Angebote ein
Wer auf Kryptowährungen setzt, ist bisher bei klassischen Banken nicht allzu gut aufgehoben. Dies sollte sich bald ändern, ohne Bitcoin und Co droht Kundenschwund
Alexander Hahn
1. Mai 2022, 12:00
Bereits jetzt verlieren Banken Kunden an junge Konkurrenten mit Kryptoangeboten. Nun ziehen die ersten klassischen Geldhäuser nach.
Foto: AFP
Es hat lange gedauert, bis Kryptowährungen wie Bitcoin in der Finanzwelt Fuß gefasst haben. Inzwischen haben sie sich als Anlageobjekt weitgehend etabliert und stellen eine eigene Anlageklasse dar. Nun zeichnet sich ab, dass Bitcoin und Co auch in die Produktpalette herkömmlicher Banken aufgenommen werden. Zumindest hat sich in Deutschland mit der Commerzbank das erste große Geldhaus aus der Deckung gewagt und bei der Finanzaufsicht Bafin um eine Kryptoverwahrlizenz angesucht.
Denn seit 2019 ist eine solche Lizenz in Deutschland Voraussetzung, um für Dritte Kryptowährungen aufbewahren zu dürfen. Bisher war der Andrang überschaubar und weitgehend auf Branchenfirmen wie den Deutschlandableger der US-Handelsplattform Coinbase beschränkt. Wird es bei dem Antrag der Großbank als Einzelfall bleiben?
Keineswegs, wenn es nach Bernhard Kronfellner geht. Vielmehr sieht der Kryptoexperte der Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group darin einen einsetzenden Trend. "Die meisten Banken haben erst vor zwei Jahren angefangen, das Thema Kryptowährungen ernst zu nehmen", sagt Kronfellner. Nun würden sich viele große Häuser mit dem Thema beschäftigen oder hätten bereits erste Produkte im Angebot. Warum? "Es gibt bereits ein Abwandern der Kunden zu Neobanken mit Kryptoangeboten und Kryptounternehmen mit Bankprodukten, deshalb müssen sie handeln."
Kundenabfluss stoppen
Soll heißen, um den Abfluss von vor allem jungen, kryptoaffinen Kunden zu Neobanken wie N26 oder Plattformen wie Bitpanda zu stoppen, müssen sie die Lücke in ihrem Angebot schließen. Ähnlich wie im Wertpapierbereich Kunden zu einem Konto ein Depot bei der Bank führen, werden sie dazu künftig bei dieser auch über ein Wallet, also eine elektronische Geldbörse für Kryptowährungen, für Bitcoin und Co verfügen.
"Wir sehen fünf zentrale Anwendungsbereiche für Kryptowährungen", erklärt der Experte. Dabei handelt es sich um Veranlagung in Bitcoin und Co, um auf Kursgewinne zu spekulieren, sowie darauf aufbauend einen sogenannten Robo-Advisor für Vermögenswerte aus der Kryptowelt. Das ist ein System, das automatische Empfehlungen zur Vermögensanlage gibt und auch umsetzen kann.
Aus Kostengründen gut geeignet sind Kryptowährungen auch für Auslandsüberweisungen, da bei ihnen die Kosten der Finanzintermediäre für eine sichere Abwicklung wegfallen. Daraus können auch bei normalen Zahlungen Vorteile entstehen, wenn man mit Bitcoin und Co über Kreditkarten bezahlt: Dies kann über Cashback-Programme Vergünstigungen bringen, die Kronfellner zufolge bis zu acht Prozent betragen können.
Zinsen auf Kryptowährungen
Zudem können manche Kryptowährungen wie Etherium, nicht aber beim "Oldtimer" Bitcoin, als Sparbuchersatz sogar Zinsen einspielen. Sogenanntes Staking, also die Verpflichtung, eine Kryptowährung eine bestimmte Zeit zu halten, führt dann zu einer finanziellen Belohnung.
Mit solchen Angeboten werden die Banken Kronfellner zufolge wohl an den Markt gehen – zunächst die größeren, dann sukzessive wohl auch kleinere Geldhäuser. Zudem müssen sie sich auch auf die Zeit digitalen Zentralbankgelds vorbereiten, denn auch die EZB bastelt am sogenannten E-Euro, also einer auf Kryptowährungen basierenden Version der Gemeinschaftswährung. "Traditionelle Banken sollten die Chance nicht verspielen", sagt Kronfellner.
Registrierung bei FMA
Allzu eilig dürften es Österreichs Finanzhäuser aber nicht haben – obwohl hierzulande keine Kryptoverwahrungslizenz benötigt wird, sondern bloß eine Registrierung bei der Finanzmarktaufsicht, um das Einhalten der Geldwäschebestimmungen zu gewährleisten. Allein, bisher haben dies nur andere Finanzdienstleister getan. "Bank ist keine darunter", heißt es aus der Aufsicht. Die Dauer einer solchen Registrierung wird mit drei bis vier Monaten angegeben.
Viel Zeit sollten sich die Banken aber nicht lassen, betont Max Heinzle. Er ist Geschäftsführer von 21finance, einem Anbieter von Software für Finanzinstitute für traditionelle und kryptobasierte Investments. "Die Anforderungen, die Kunden an ihre Geldinstitute stellen, werden stärker von neuen Technologien getrieben und ändern sich rasant", sagt er. "Dies verlangt auf Anbieterseite eine ebenso schnelle Reaktion darauf." (Alexander Hahn, 1.5.2022)
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