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[b]Gespräche mit früherem Papst
Benedikts Abrechnung mit der deutschen Kirche
Der frühere Papst Benedikt gibt in einem neuen Buch Auskunft über sein Leben und Wirken. In den „letzten Gesprächen“ zeigt er sich auch selbstkritisch. Hart geht der deutsche Vorgänger von Franziskus mit der Kirche in seiner Heimat ins Gericht.
08.09.2016, von JÖRG BREMER, ROM
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Als Papst Benedikt XVI. noch im Amt war
Der Buchtitel ist mutmaßlich falsch gewählt. Der emeritierte Papst lebt zwar abgeschieden in einem Kloster in den vatikanischen Gärten, will auch angeblich nichts mehr schreiben und Notizen aus jüngster Zeit lieber wegwerfen als veröffentlichen. Aber immer wieder empfängt Papst Benedikt XVI. Besucher und auch wenn er mittlerweile schlechter sehen und hören kann, so dürfte es sich doch bei den an diesem Freitag veröffentlichten „Letzten Gesprächen“ keineswegs um die wirklich letzten handeln. Denn der mittlerweile 89 Jahre alte Mann ist weiterhin neugierig und ein guter Fragesteller.
Jörg Bremer
Autor: Jörg Bremer, Politischer Korrespondent für Italien und den Vatikan mit Sitz in Rom.
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Allerdings wird der mit dem ehemaligen Pontifex seit 1992 vertraute Journalist Peter Seewald keinen vierten Gesprächsband (nach „Salz der Erde“ und „Gott und die Welt“) veröffentlichen wollen, denn viel Neues erfährt der Leser schon in diesem nicht mehr. Der Rückblick auf das Leben vom bayerischen Polizistensohn über den Gemeindepfarrer und Dogmatik-Professor zum Chef der Glaubenskongregation in Rom und zum höchsten Amt in der katholischen Kirche gibt nur wenig bisher Unbekanntes preis.
„Froh und glücklich“ über seinen Nachfolger
Benedikt XVI. bestätigt wie schon der F.A.Z. vor Monaten, dass er „glücklich“ über seinen Nachfolger ist und dass er seinen Rücktritt im Februar 2013 bisher kein einziges Mal bedauerte. Als er nach dem Konklave gesehen habe, wie Franziskus „einerseits mit Gott redet, andererseits mit den Menschen, da war ich wirklich froh und glücklich“, sagt Benedikt. Während er selbst womöglich nicht genug auf die Menschen zugegangen sei, zeichne sich sein Nachfolger durch die direkte Zuwendung zum Nächsten aus. Und das schließe ihn selbst ein: Der gerade erst gewählte Papst habe ihn noch vor dem ersten Auftritt auf der Loggia des Petersdoms anrufen wollen. „Aber er hat mich nicht erwischt, weil wir beim Fernsehen waren.“ Franziskus sei aber „auch ein Papst der Reflexion“, und zudem habe er den Mut, Probleme anzusprechen und Lösungen zu suchen. Es gebe einen vertrauensvollen Kontakt mit seinem Nachfolger und keinen Bruch: „Man kann natürlich Stellen missdeuten, um dann zu sagen, jetzt geht es ganz anders herum.“ Aber dazu müsse man Gedanken oder theologische Ansätze aus ihrem Zusammenhang herausnehmen und isolieren. Es gebe „andere Akzente, aber keine Gegensätze“. Ihn begeistere vielmehr „eine neue Frische in der Kirche, eine neue Fröhlichkeit, ein neues Charisma, das die Menschen anspricht. Das ist schon etwas Schönes“. Überhaupt sei es ermutigend, dass mit einem südamerikanischen Papst in der Weltkirche auch eine andere Gewichtung zur Geltung käme – „und Europa nun auch von außen her neu missioniert wird“.
Der Papst ist kein Übermensch“
Er selbst hingegen sei Gott dankbar, „dass diese Verantwortung, die ich nicht mehr tragen konnte“, nicht länger auf ihm laste. Gerade das Bewusstsein von der Verantwortung für das Amt habe ihn von 2012 an über einen Verzicht nachdenken lassen. Ihm sei seine Reise nach Mexiko und Kuba viel zu anstrengend gewesen. „Auch der Arzt hat mir gesagt, Sie dürfen nicht mehr über den Atlantik fahren.“ Da wäre es dann womöglich zu einem Weltjugendtag in Rio de Janeiro ohne Papst gekommen? Das durfte nicht sein. Am Tag seines Rücktritts sei er weder früher aufgestanden, noch habe er später gefrühstückt; ihn habe seine Entscheidung auch „nicht zerrissen“. Man könne ihm natürlich den Vorwurf machen, der Rücktritt sei ein funktionalistisches Missverständnis. Aber „die Petrusnachfolge ist ja nicht nur mit einer Funktion verbunden, sondern sie trifft ins Sein hinein“. Der Papst müsse konkrete Dinge tun, die ganze Situation im Auge behalten, Prioritäten setzen. Johannes Paul II. habe in seinem langen Leiden einen Teil seiner eigenen Sendung gesehen. „Aber so was darf man nicht beliebig wiederholen“, sagt Benedikt. So wie ein Bischof müsse auch ein Papst zurücktreten können: „Der Papst ist kein Übermensch, der allein durch sein Dasein Genüge tut.“
Enttäuscht zeigt sich der ehemalige Papst von mangelnden Fortschritten in der Ökumene. „Bei den Protestanten, würde ich sagen, ist die innere Uneinigkeit das eigentlich große Problem.“ Nach dem Hinweis, er habe bereits als Theologieprofessor Ende der fünfziger Jahre die Entweltlichung der Kirche gefordert, geißelt er nun die „ungeistliche Bürokratie“ seiner Kirche. „In Deutschland haben wir diesen etablierten und hochbezahlten Katholizismus, vielleicht mit angestellten Katholiken, die dann der Kirche in einer Gewerkschaftsmentalität gegenübertreten.“
Einen Schleier des Verzeihens breitet Benedikt über seinen Staatssekretär Kardinal Tarcisio Bertone aus, dem Korruption und Vetternwirtschaft zur Last gelegt wurden. „Wer macht eigentlich keine Fehler?“, fragt Benedikt und spricht auch nur von einem „falschen Weg“, den sein Kammerdiener Paolo Gabriele ging, als er private Akten stahl. „So ist halt die Welt. Die schlechten Fische sind auch im Netz.“ Die Lobby der Homosexuellen zum Beispiel, „eine kleine, vier, fünf Leute vielleicht“ umfassende Gruppe habe er noch aufgelöst. „Ob sich wieder was bildet, weiß ich nicht. Jedenfalls ist es nicht so, dass es von solchen Sachen wimmeln würde“. Jene Affäre um Vatileaks habe ihn nicht amtsmüde gemacht. „Das kann ja immer passieren“. Er sei ja auch nicht deswegen zurückgetreten. Das dürfe man nicht, „wenn Dinge schief liegen“. Darum habe er erst die „völlig freie Entscheidung“ zum Rückzug getroffen, als „wieder Ruhe herrschte“. Zu müde für schweres „methodisches Arbeiten“ resümiert Benedikt: „Ich habe mein Werk getan.
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