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Kardinal Woelki: „Aktuell deuten die Zeichen der Zeit darauf hin, dass es Buße und Umkehr bedarf“

#1 von gertrud anne ( Gast ) , 02.03.2023 16:08

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Kardinal Woelki: „Aktuell deuten die Zeichen der Zeit darauf hin, dass es Buße und Umkehr bedarf“

#1 von gertrud anne ( Gast ) , Gestern 17:46

Kardinal Woelki: „Aktuell deuten die Zeichen der Zeit darauf hin, dass es Buße und Umkehr bedarf“
vor 7 Stunden in Deutschland, 16 Lesermeinungen
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Predigt Woelkis bei DBK-Vollversammlung: „Vielleicht liegt in dem Unbehagen darüber, die Notwendigkeit der Umkehr zu Gott und seinem Willen zu predigen, auch das Problem. Vielleicht ist genau das zu lange nicht deutlich genug geschehen.“


Dresden (kath.net/DBK) kath.net dokumentiert die schriftliche Vorlage der Predigt von Kardinal Rainer Maria Woelki (Köln) in der Eucharistiefeier zur Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 1. März 2023 in Dresden, Lesung: Jona 3,1–10. Evangelium: Lk 11,29–32 – Es gilt das gesprochene Wort

Liebe Schwestern, liebe Brüder,
nicht jeder ist zum Bußprediger geboren. Diejenigen, die sich selbst gerne dazu aufschwingen, zumeist am wenigsten. Das Buch Jona, aus dem wir heute in der Lesung gehört haben, zeigt nun, dass – umgekehrt – eine solche Berufung durch Gott durchaus auch auf Widerwillen oder gar Widerstand stoßen kann. Warum, davon weiß schon der Prophet Jeremia ein Lied zu singen: „Du hast mich betört, o HERR“, sagt er, „und ich ließ mich betören; du hast mich gepackt und überwältigt. Zum Gespött bin ich geworden den ganzen Tag, ein jeder verhöhnt mich ... Das Wort des HERRN bringt mir den ganzen Tag nur Hohn und Spott ... Ich hörte die Verleumdung der Vielen: Grauen ringsum! Zeigt ihn an! Wir wollen ihn anzeigen. Meine nächsten Bekannten warten alle darauf, dass ich stürze: Vielleicht lässt er sich betören, dass wir ihn überwältigen und an ihm Rache nehmen können“ (Jer 20,7–10). So klagt Jeremia über seine Berufung.

Bei solchem Klagen mag es nicht verwundern, dass auch der Prophet Jona diesem Schicksal zu entfliehen und sich mit allen Mitteln dagegen zu erwehren versucht. Er will unter keinen Umständen nach Ninive gehen, um dort zu Umkehr und Buße aufzurufen. Jeder von uns weiß seit Kindertagen, was seiner Weigerung folgt: Das Schiff, mit dem er in die entgegengesetzte Richtung zu fliehen versucht, gerät in Not. Während eines Sturmes wird er ins Meer geworfen und dem Tod überantwortet. Aber im Bauch des Fisches wird er von Gott gerettet und zu seiner Prophetenaufgabe geführt. Und Ninive glaubt und bekehrt sich.



Die Texte der heutigen Lesung sowie des Evangeliums sprechen so eindringlich von der Notwendigkeit zu Umkehr und Buße, dass es mir angezeigt schien, dem einige Gedanken zu widmen. Natürlich – das muss ich schon gestehen – hatte ich ein ziemliches Unbehagen, als ich die Texte des heutigen Tages las und dies auf mich zukommen sah. Dabei geht es mir definitiv nicht wie Jeremia oder Jona, die sich grämen, weil ihre Unheilsprophezeiungen nicht eintreten. Auch habe ich keine Offenbarungen wie diese beiden. Es ist vielmehr der anzunehmende Balken in meinem Auge, der mich zur Vorsicht mahnt. „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?“ (Mt 7,3), fragt Jesus uns alle im Matthäusevangelium. Und das klingt ganz einfach nach. Wahrscheinlich wird es so manchem von Ihnen in vielerlei Hinsicht ähnlich ergehen.

Aber nicht nur die liturgischen Texte des heutigen Tages sind es, die zu Umkehr rufen. Die Tage der österlichen Bußzeit insgesamt tun dies. Sie laden ein, sich wieder neu auf das Evangelium und den Willen Gottes zu besinnen. Noch mehr deuten aktuell aber die Zeichen der Zeit darauf hin, dass es Buße und Umkehr bedarf. Und vielleicht liegt in dem Unbehagen darüber, die Notwendigkeit der Umkehr zu Gott und seinem Willen zu predigen, auch das Problem. Vielleicht ist genau das zu lange nicht deutlich genug geschehen.

Zur Verkündigung des Gottesreiches gehört der Ruf zur Umkehr aber wesentlich dazu. Es gehört dazu ein Bewusstsein, wie es etwa die Dogmatische Konstitution über die Kirche des Zweiten Vatikanischen Konzils Lumen gentium zum Ausdruck bringt. Dort heißt es in Artikel 8: „Während aber Christus heilig, schuldlos, unbefleckt war (Hebr 7, 26) und Sünde nicht kannte (2 Kor 5, 21), sondern allein die Sünden des Volkes zu sühnen gekommen ist (vgl. Hebr 2, 17), umfasst die Kirche Sünder in ihrem eigenen Schoße. Sie ist zugleich heilig und stets der Reinigung bedürftig, sie geht immerfort den Weg der Buße und Erneuerung“ (LG 8).

Die Kirche ist der Reinigung bedürftig. Immer. Und wir haben in ihr immerfort einen Weg der Buße und Erneuerung zu gehen. Nicht nur heute, sondern zu allen Zeiten. Das bedeutet, dass zum Leben eines Christen oder einer Christin augenscheinlich immer auch eine bußfertige Haltung dazugehört. Ebenso wie zum Leben der ganzen Kirche. Es ist eine Haltung gefragt, die stetig danach sucht, dem Willen und den Absichten Gottes immer besser und immer mehr zu entsprechen – auch unabhängig von den schrecklichen Verbrechen des sexuellen und geistlichen Missbrauchs, die in unseren Reihen geschehen sind.

Nicht aus Selbsthass versuchen wir uns unserer Sünden bewusst zu werden, sondern aus Liebe zu Gott, zu unseren Mitmenschen und zu uns selbst, weil mit der Umkehr zu Gott die Verheißung wahrer und befreiter Freude einhergeht. Zu dieser Haltung gehört wesentlich die Umkehr des Herzens, das heißt: ein zerknirschtes Herz. Im Katechismus der katholischen Kirche heißt es dazu: „Diese Umkehr des Herzens ist von heilsamem Schmerz und heilender Traurigkeit begleitet, die die Kirchenväter ,animi cruciatus‘ (Seelenschmerz), ,compunctio cordis‘ (Herzensreue) nannten“ (KKK 1431). Der Schmerz, der Schock, die Fassungslosigkeit, manches Mal auch die Empörung und Wut, die uns alle im Moment ergriffen haben – das dürfen wir nicht vergessen –, wollen heilsam sein. Denn sie wollen zur Umkehr führen. Das ist das Ziel.

Ziel ist es jedoch nicht, dass irgendwann einfach alles wieder gut ist, wenn wir umkehren und Genugtuung zu leisten versuchen. Das Ziel ist, in einer bußfertigen Haltung zu verbleiben. Noch achtsamer zu werden dafür, wo wir Gottes Willen und seiner Liebe zu uns und zu allen Menschen, besonders zu den Armen und Schwachen, noch mehr entsprechen können. Denn in der Liebe zu Gott können wir immer wachsen.

Genau zu dieser Reflexion darüber bieten uns jetzt und wie jedes Jahr die kommenden Tage und Wochen der österlichen Bußzeit Gelegenheit. Eben dazu rufen uns die heutigen Texte der Liturgie, ja, im Letzten Jesus selbst auf, wenn er – wie im heutigen Evangelium – sagt: „Wie Jona für die Menschen in Ninive ein Zeichen war, so wird es auch der Menschensohn für diese Generation sein“ (vgl. Lk 11,30). Möge uns also der Herr vor allem in den jetzt vor uns liegenden Wochen der Fastenzeit – aber eigentlich immer –, als Zeichen der Liebe Gottes auch ein Zeichen der Notwendigkeit zur Umkehr zu Ihm sein. Amen.

Archivfoto Kardinal Woelki (c) Erzbistum Köln


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gertrud anne

   

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