Die göttliche Gnade ist an keinen Tag, an keine Stunde, an keinen Ort gebunden und überall und allezeit ist Gott bereit, das demütige Gebet des Sünders zu erhören. Auch Maria spendet ihre Hilfe,wo und wann sie ein empfängliches Herz, das ihrer Fürbitte würdig ist, finden mag. Wer aber je einmal die Kraft ihrer Fürsprache bei Gott empfunden hat, wird diesen Tag nie im Leben vergessen und alljährlich festlich begehen. Eine Person, die ein krankes, schadhaftes Auge hatte, aus dem der Eiter floss, fand vollkommene Heilung des Auges durch die Anrufung Unserer Lieben Frau von Akren. Das Merkwürdigste dabei ist aber, dass alljährlich an dem Tag, an dem die geheilte Person nach Akren zu kommen pflegte, um Maria für die Wohltat sich dankbar zu bezeigen, aus dem geheilten Augeangesichts aller ohne Schmerz und Schaden Blut floss wie zum immerwährenden Zeugnis des Wunders. Da die Sache durch Untersuchung des Erzbischofs von Cambrai und durch öffentliche Abbildungenbekräftigt wurde, so kam es, dass der 17. Februar als der Tag, an dem jenes merkwürdige Bluten achtzehn Jahre hindurch regelmäßig stattfand, zur Verehrung Mariens und zur Erbauung des Volkes alseiner der gefeiertsten bis auf gegenwärtige Zeit begangen wird.
Zu anderer Zeit wohl und an anderem Ort aber von ähnlichem Leiden erlöste Maria durch ihre kräftige Fürbitte noch gar manchen Bedrängten, was die folgenden Tatsachen beweisen:
Johann Jakob Olier, Pfarrherr von Saint-Sulpice und Gründer des gleichnamigen Seminars in Paris, erhielt von der allerseligsten Jungfrau wiederholte Beweise, dass ihr die Liebe und Verehrung, dieer von Jugend auf gegen sie im Herzen trug und im Leben so vielfach betätigte, wohlgefällig war, und dass sie ihn unter ihre besondere Obhut genommen. Einer der glänzendsten war die Gunst, diesie ihm in seinem achtzehnten Lebensjahr erwies.
Olier war in Gefahr, gänzlich das Augenlicht zu verlieren, und alle Mittel der Ärzte hatten ihm keine Linderung verschafft. Da nahm er seine Zuflucht zu seiner gewöhnlichen Helferin und machtedas Gelübde einer Wallfahrt nach Loretto. Obwohl die Entfernung von Paris nach Italien sehr groß ist, so wollte er doch den ganzen Weg zu Fuß machen. Er war nur mehr eine Tagreise vom Ziel seinerPilgerfahrt entfernt, als er von einem heftigen Fieber befallen wurde. Nur mit größter Mühe konnte er nach einer ein- oder zweitägigen Ruhe den noch übrigen Weg zurücklegen. In Loretto angekommenbegab er sich, während man ihm einen Arzt suchte, in das Haus seiner vielgeliebten Mutter. Er war nicht sobald in das Haus eingetreten, als er sich von so großen Tröstungen überschüttet fühlte,dass seinen Augen Ströme von Freudentränen entflossen, und die Gnade machte einen solchen Eindruck auf sein Herz, dass er sich in einen ganz anderen Menschen umgewandelt fühlte. Niemals hatte erin so fühlbarer Weise das Glück empfunden, Maria zu lieben. In demselben Augenblick fühlte er sich auch vollkommen geheilt, sowohl von dem Fieber als von dem Übel, das sein Gesicht angegriffenhatte. Dieser Vorfall machte seine Anhänglichkeit an Maria noch lebendiger und sein ganzes Leben lang zeichnete er sich durch einen besonderen Eifer in ihrem Dienst und für ihre Ehre in hoherWeise aus.
In der Residenz der Gesellschaft Jesu zu Alagalang auf den Philippinen litt ein Junge die heftigsten Schmerzen in den Augen. Er suchte Rat und Hilfe bei einem der Priester, der ihn zum Vertrauenauf die seligste Jungfrau ermunterte und ihn andächtig den Englischen Gruß beten hieß. Der Junge tat es, und augenblicklich waren Schmerz und Krankheit verschwunden.
Zu Lyon stieß sich ein Mitglied der marianischen Sodalität unversehener Weise eine große Nadel in das linke Auge. Die Ärzte erklärten das beschädigte Auge für verloren. Der Sodale aber nahmZuflucht zu seiner Schutzfrau Maria, und nach etlichen Tagen war sein Auge hergestellt. Nur ein kleines Mal blieb von dem Stich als stets Gedenkzeichen der durch höhere Hand erlangten Hilfe.
Beim Meierhof Camarillis (Spanien) fand ein Landmädchen, das an der Stelle des erblindeten Vaters die Felder besorgte, während des Pflügens einen Stein im Acker, den sie, um den Pflug nicht zubeschädigen, beiseite schaffte. Staunend gewahrte sie unter dem Stein ein Muttergottesbild, von Glanz umflossen. Sie trug es zu ihrem Vater, der in der Nähe war, und berichtete ihm von dem Fund.Der blinde Mann fasste sogleich Vertrauen, warf sich auf die Knie nieder, und flehte zur Mutter des Herrn um sein Augenlicht, das er auch sogleich erhielt. Bald wurde für das Bild eine Kapelle erbaut.
(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)
Quelle: https://www.marianisches.de/maria-das-heil-der-kranken/