Die heilige Aldegundis
Die heilige Aldegundis oder Adelgundis wurde um 630 in Cousolre, Frankreich geboren. Sie war die Tochter von Walbert IV. und seiner Frau Berthilia und lebte mit ihren Eltern auf Schloss Cousolre im Hennegau, das ca. 13 km östlich von Maubeuge gelegen ist. Ihr Vater war der reiche und mächtige Graf des Hennegaus (Hainaut), der in direkter Linie von dem merowingischen Königshaus abstammte. Aldegundis hatte eine um etwa 10-15 Jahre ältere Schwester namens Waltraud. Diese war mit einem fränkischen Edelmann Madelgar verheiratet und schenkte ihm vier Kinder. Madelgar und Waltraud waren nach der Versorgung ihrer Kinder übereingekommen, ihre eheliche Lebensgemeinschaft aufzugeben und sich vorbehaltlos im Dienste Gottes im Ordensstand zu weihen. Madelgar trat in das von ihm gegründete Kloster Hautmont bei Maubeuge ein, das er unter dem Namen Vinzenz als Abt bis zu seinem Tode leitete. Waltraud gründete ein Frauenkloster in Chateau-lieu.
Aldegundis wurde wie ihre Schwester im christlichen Glauben erzogen. Frühzeitig schon regte sich in der heranwachsenden Jungfrau der Wunsch, nach dem Vorbild ihrer Schwester die Welt zu verlassen und im Kloster ein gottgeweihtes Leben zu führen. Sie scheint darin sogar durch übernatürliche Erscheinungen bestärkt worden zu sein. Jedenfalls berichten schon ältere Biographen davon, dass sie mit den heiligen Engeln vertrauten Umgang hatte. Auch der hl. Petrus und selbst Christus sollen ihr erschienen sein, um sie zu belehren, zu trösten und zu stärken. So sprach eine Stimme zu dem jungen Mädchen:
Suche die keinen anderen Bräutigam als den Sohn Gottes!
Die Eltern von Aldegundis hatten jedoch andere Pläne. Sie wünschten sich einen Schwiegersohn aus dem Adel des Landes, der das Erbe und die Tradition ihres Hauses hätte fortsetzen können.
Als 13-Jährige wurde sie dem englischen Prinzen Eudo, Sohn des englischen Königs Cudo versprochen. Als die Mutter sogar schon einen Hochzeitstermin festlegt, fasst Aldegundis einen verzweifelten Entschluß. Sie flieht mitten in der Nacht aus ihrem Elternhaus in eine unwirtliche Wildnis an der Sambre, verbirgt sich hier in einer notdürftigen Hütte und beginnt ein hartes Bußleben als Einsiedlerin. Das war ein schwerer Schlag für die Eltern. Der Vater erkennt, dass er sich in sträflicher Weise dem Rufe Gottes an seine Tochter widersetzt hatte, und bereut seine Halsstarrigkeit. Auch die Mutter wird von schmerzlicher Sorge um das Schicksal ihrer Tochter erfasst. Kaum hat sie ihren Aufenthaltsort in Erfahrung gebracht, eilt sie ihr nach und stürzt weinend in ihre Arme. Beide Eltern beugen sich nun dem Willen Gottes und geben ihre Tochter frei für den Weg, auf den Gott sie gerufen hat. Was ihr als Brautschatz zugedacht war, mochte sie jetzt nach Gutdünken zur Ehren Gottes verwenden. Ihr Vater stirbt bald im Rufe der Heiligkeit. Auch die Mutter lebt nur noch kurze Zeit.
Ein Bote berichtete dem Königssohn vom Tode von Aldegundis Eltern. Prinz Eudo setzte mit seinen Reisigen aufs Festland über. Er wollte die begehrte Braut gewinnen oder, wenn nötig, sogar mit Gewalt entführen. Als Aldegundis von seinem Anrücken hörte, floh sie wieder in die Wildnis an der Sambre. Eudo setzte ihr mit seinen Mannen nach und hatte sie schon fast eingeholt, als der reißende Fluss der Jungfrau jeden weiteren Fluchtweg abschnitt. Aldegundis empfahl sich dem Schutze Gottes und schritt beherzt auf das Wasser zu. Zwei Engel erschienen und trugen sie über das Wasser. Prinz Eudo war von dem Wunder so erschüttert, dass er alle Bemühungen aufgab und in seine Heimat zurückkehrte.
Auch Aldegundis kehrte in ihr Elternhaus zurück. Als sie vernahm, dass die hochangesehenen Bischöfe Amandus und Autbertus bei ihrem Schwager Vinzenz in Hautmont eingetroffen seien, begab sie sich dorthin und trug den heiligen Männern ihr Anliegen vor. Diese erkannten die Lauterkeit ihres Herzens und die Echtheit ihrer Berufung und bestärkten sie in ihrem Entschluß. Zugleich rieten sie ihr zur Gründung eines Klosters und weihten sie zur Äbtissin. Während der Einkleidungsfeier, als nur noch der Kopfschleier auf dem Altar zu Überreichung an die Jungfrau bereitlag, schwebte plötzlich eine weiße Taube in den Raum. Die Taube ergriff den Schleier und setzte sie auf das Haupt der Aldegundis ab.
Bald danach nahm Aldegundis all ihr Hab und Gut und gründete 661 das Kloster Maubeuge. Den Rest ihres Vermögens verteilte sie an Arme.
Als Aldegundis eines Tages ihre Schwester Waltraud zu Besuch hatte, zogen sich ihre Gespräche bis tief in die Nacht hinein. Aus irgendeinem Grunde fiel das Licht, das ihnen geleuchtet hatte, zu Boden und verlöschte. Es dauerte längere Zeit, bis man ihnen ein neues Licht bringen konnte. Da ergriff Aldegundis im Dunkeln nach dem Leuchter am Boden und die Kerze entzündete sich von selbst wieder in ihrer Hand.
Als Aldegundis an Krebs erkrankte, ertrug sie die Schmerzen mit großer Geduld bis sie 54-jährig am 30. Januar 684 entschlief.