Corona-Infektionen: Schulschließungen beunruhigen Schüler und Eltern
Von
Jörg Hausmann
Aktualisiert am 22. September 2020, 14:48 Uhr
Zahlreiche Schulen und Kindertagesstätten im Bundesgebiet müssen wegen aufgetretener Corona-Fälle kurz vor Beginn der Herbstferien wieder schließen. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek schließt ein flächendeckendes Ende des Präsenzunterrichts und eine Rückkehr zum Home-Schooling trotzdem aus.
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Lehrer, Schüler und deren Eltern atmeten auf, als nach dem Ende der Sommerferien das neue Schuljahr in Deutschland mit der Rückkehr zum Präsenzunterricht begann.
Dieser Schulbetrieb ist durch die stete Bedrohung mit Infektionen mit dem Coronavirus nur unter gewissenhafter Einhaltung der jeweils geltenden Hygieneregeln aufrecht zu erhalten. Trotz der ergriffenen Maßnahmen kommt es an verschiedenen Stellen im Bundesgebiet jedoch erneut zu Schulschließungen wegen nachgewiesener Corona-Infektionen.
Es sind zwar - bei einer Gesamtzahl von 23.898 Schulen in Deutschland - aktuell nur 19. Dies geht aus einer Abfrage der Tagesschau-Online-Redaktion bei den Bildungsministerien der Bundesländer hervor. Der entsprechende Prozentsatz von gerundeten 0,08 Prozent erscheint als verschwindend gering und vernachlässigbar. Doch vor jedem einzelnen Fall fürchten sich Lehrer, Schüler und - vor allem - deren Eltern. Die Rückkehr zum Home-Schooling steht wie eine Drohung im Raum.
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek beeilte sich deshalb nach dem Kanzleramtstreffen zur Lage der Schulen in der Corona-Pandemie, sich deutlich gegen erneute flächendeckende Schulschließungen auszusprechen.
Wichtig sei, dass regional das Infektionsgeschehen im Griff behalten werde. Das sei das Ziel. "Eine weitere flächendeckende Schulschließung kommt nicht infrage. Ist aber auch, glaube ich, überhaupt nicht nötig."
Corona-Fälle: Wo derzeit Schulen geschlossen sind
So stellt sich die Situation für die einzelnen Bundesländer aktuell dar:
Bayern: vier von 6.000 Schulen geschlossen (274 Klassen)
Baden-Württemberg: keine von 4.500 Schulen geschlossen (aber 49 Klassen)
Berlin: keine von 692 Schulen geschlossen (aber 35 Klassen)
Brandenburg: sechs von 900 Schulen geschlossen (10 Klassen)
Bremen: keine von 212 Schulen geschlossen (aber 14 Klassen)
Hamburg: keine von 370 Schulen geschlossen (aber 19 Klassen)
Hessen: eine von 1.795 Schulen geschlossen (keine Angabe zu Klassen)
Mecklenburg-Vorpommern: eine von 563 Schulen geschlossen (24 Klassen)
Nordrhein-Westfalen: fünf von 4.486 Schulen geschlossen (167 Klassen)
Rheinland-Pfalz: eine von 368 Schulen geschlossen (41 Klassen)
Saarland: eine von 316 Schulen geschlossen (vier Klassen)
Sachsen: keine von 1.786 Schulen geschlossen (keine Angabe zu Klassen)
Sachsen-Anhalt: zwei von 787 Schulen geschlossen (keine Angabe zu Klassen)
Schleswig-Holstein: keine von 792 Schulen geschlossen (52 Klassen)
Thüringen: keine von 331 Schulen geschlossen (und keine Klasse)
aus Niedersachsen liegen keine Angaben vor
Beleuchten wir drei Einzelfälle: In Franken musste die Stadt Bad Königshofen als erste Stadt in Bayern Schulen und Kindergärten vorläufig komplett dicht machen.
Die Stadt habe sich zu dieser Maßnahme dazu in Absprache mit dem Gesundheitsamt Rhön-Grabfeld entschlossen. Auslöser für den lokalen Anstieg der Corona-Fälle sei eine Hochzeitsfeier gewesen, die Mitte September im Kreis Rhön-Grabfeld stattfand. Dort hätten sich 17 Gäste mit dem Coronavirus infiziert.
Unter den ermittelten und getesteten Kontaktpersonen seien auch Mitglieder der weiterführenden Schulen in Bad Königshofen gewesen.
Starnberg: Eine Lehrerin infiziert, zehn Kollegen in Quarantäne
In Kempfenhausen am Starnberger See hat sich eine Lehrerin des Gymnasiums mit dem Coronavirus infiziert. Zehn ihrer 60 Kolleginnen und Kollegen befinden sich in Quarantäne, außerdem ein Schüler - aber keine ganze Klasse.
Wie er im Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung" erzählte, werde Direktor Elmar Beyersdörfer von besorgten und verunsicherten Eltern kontaktiert. Von Beyersdörfer möchten sie wissen, ob sie noch zur Arbeit gehen könnten.
Beyersdörfer gebe weiter, was ihm das zuständige Starnberger Gesundheitsamt übermittelt habe: "Offenbar bestand keine Gefahr für die Schüler." Trotzdem könne er "nicht ganz nachvollziehen", dass seine Schule noch geöffnet sei.
Anders in Dirmingen, einem Stadteil der saarländischen Gemeinde Eppelborn. Dort schloss der Kindergarten bis mindestens 30. September. Bei einem der dort betreuten Kinder sei eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus festgestellt worden. Da die Nachverfolgung möglicher Infektionsketten derzeit nicht lückenlos möglich sei, wie der zuständige Landkreis Neunkirchen mitteilte, kam es zur Schließung der Einrichtung.
Sämtliches Personal und alle dort betreuten Kinder, insgesamt rund 70 Personen, müssten nun vorsorglich in Quarantäne und würden auf eine Infektion getestet.
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Karliczek: Einzigartige Anstrengung in der Geschichte der Bundesrepublik
Ministerin Karliczek lobte den Schulgipfel im Kanzleramt als "wegweisend" und betonte, der Bund engagiere sich so stark wie noch nie. Es würden Mittel bereitgestellt, um Laptops für Lehrer anzuschaffen, bedürftigen Schülern Leihgeräte zur Verfügung zu stellen und IT-Administratoren auszubilden und einzustellen
"Ein Programm in dieser Art, von dieser Art der Zusammenarbeit, hat es in der Geschichte der Bildungsrepublik in Deutschland noch nicht gegeben", unterstrich Karliczek die Digitalisierung der Schulen als hervorragendste Antwort auf die Corona-Pandemie.
Mit Material der dpa
Verwendete Quellen:
tagesschau.de: Wo Corona den Unterricht lahm legt
sz.de: Elf Lehrer am Landschulheim in Quarantäne
infranken.de: Wegen Corona: Erste Stadt in Franken muss Schulen und Kindergärten schließen
saarbruecker-zeitung.de: Zweite Kita im Kreis wegen Corona-Fall geschlossen
Für den Winter brauchen die Schulen neue Corona-Konzepte - Lauterbach: "Die Zeit drängt"
Die Zeit dränge, so Karl Lauterbach, der Gesundheitsexperte der SPD. Der Winter stehe vor der Tür und stelle insbesondere die Schulen in ihrem Bestreben, den Präsenzunterricht aufrecht zu erhalten, vor neue Probleme. "Hier passiert einfach zu wenig", kritisiert Lauterbach. (Teaserbild: Gregor Fischer/dpa/picture alliance)