"Grüne und SPD beleidigen Hunderttausende Eltern"
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Im Streit um das Betreuungsgeld ist kein Frieden in Sicht: Bei der Einbringung des Gesetzes im Bundestag machte Familienministerin Kristina Schröder der Opposition schwere Vorwürfe.
Regierung und Opposition haben am Donnerstag im Bundestag über das Betreuungsgeld gestritten. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) verteidigte bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs erneut das umstrittene Vorhaben.
Alle Eltern sollten dabei unterstützt werden, die Betreuung ihres Kindes so zu organisieren, wie sie es für richtig halten, sagte die Ministerin. Der Opposition warf sie vor, mit ihrer Ablehnung "Hunderttausende Eltern" beleidigt zu haben.
Schröder wies zugleich Vorwürfe von sich, die Mittel für das Betreuungsgeld würden beim Ausbau der Kindertagesstätten fehlen. Die Bundesregierung habe zugesichert, auch ihren Anteil am gestiegenen Betreuungsbedarf für Kinder unter drei Jahren zu übernehmen.
Die Bundesregierung geht von derzeit 160.000 fehlenden Plätzen aus, um bis zum Sommer 2013 den Bedarf zu decken. Dann tritt ein Rechtsanspruch auf Betreuung für Kleinkinder in Kraft.
Dorothee Bär (CSU) rief die Opposition auf, die "ideologischen Scheuklappen" abzunehmen. Eine deutliche Mehrheit der Eltern wünsche sich immer noch eine Alternative zur Krippenbetreuung. Sie stünden aber zunehmend unter einem Rechtfertigungsdruck.
Miriam Gruß meldete Beratungsbedarf für die FDP an. Sie sprach von einer "Sozialleistung auf Pump", deren Sinn genau geprüft werden müsse: "Auf Schuldenbergen können keine Kinder spielen und erst recht nicht lernen."
Gruß sagte, oberster Maßstab müsse die Freiheit für jedes Familienmodell sein. Derzeit gebe es aber "noch viele Fragezeichen" bezüglich der Maßstäbe in dem Gesetzentwurf.
Zweifel in der FDP
Auch die FDP-Familienpolitikerin Sibylle Laurischk erneuerte ihre Zweifel an der Verfassungsgemäßheit des Vorhabens. Das Betreuungsgeld sei ein "wenig überzeugendes Taschengeld", das an dem gesellschaftspolitischen Problem nichts ändere, dass Deutschland zu wenig Kinder habe. Frauen brauchten Unterstützung, weil sie Kinder und Karriere wollten, sagte Laurischk.
Die SPD-Abgeordnete Dagmar Ziegler warf der Koalition vor, nach dem Motto "Augen zu und durch" zu handeln, weil der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) mit dem Bruch der Koalition drohe. Evangelische Kirche, Wohlfahrtsverbände, Landfrauen und katholische Frauen lehnten das Betreuungsgeld ab, sagte sie.
Diana Golze von der Linksfraktion sprach von einem "unwürdigen Schauspiel" seitens der Regierungskoalition. Es sei in den vergangenen Wochen "zugegangen wie auf dem Basar", um mit Zusagen in anderen Bereichen Kritiker zu besänftigen.
Die Frage müsse aber gestellt werden, was Maßnahmen wie der "Pflege-Riester" oder die Besserstellung von Müttern von vor 1992 geborenen Kindern bei der Rente mit der Betreuung unter Dreijähriger zu tun habe.
Künast: "Ideologie von vorgestern"
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast warf der Koalition vor, eine "Ideologie von vorgestern" aufgrund von Druck seitens der CSU umzusetzen. Zugleich sei dies ein Versuch, sich von dem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kleinkinder ab August 2013 freizukaufen.
Das Versagen von Schwarz-Gelb in dieser zentralen Frage werde "sich rächen und zwar zu Recht", warnte sie.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) unterstrich erneut seine Ablehnung des Betreuungsgeldes. Die Bundesregierung sollte die Mittel lieber in den Kita-Ausbau investieren, sagte die DGB-Vizevorsitzende Ingrid Sehrbrock.
Wegen Beschlussunfähigkeit abgebrochen
Die erste Lesung des auch in der Koalition umstrittenen Vorhabens hätte bereits Mitte Juni stattfinden sollen. Die Sitzung des Bundestages war jedoch zuvor nach der Feststellung der Beschlussunfähigkeit abgebrochen worden – es waren nicht genügend Abgeordnete anwesend. Daher kann das Betreuungsgeld nicht mehr wie ursprünglich von der Koalition geplant vor der Sommerpause verabschiedet werden.
Das Betreuungsgeld sollen Eltern erhalten, die ihr Kind nicht in eine öffentlich geförderte Kinderbetreuung geben. Sie sollen ab Beginn des kommenden Jahres 100 Euro für einjährige Kinder und ab 2014 monatlich 150 Euro für ein- und zweijährige Kinder erhalten