Joseph Maria Bonnemain, ernannter Bischof von Chur, am 25. Oktober 2020 bei einem Gesprächsabend in Zürich
Joseph Maria Bonnemain, ernannter Bischof von Chur, am 25. Oktober 2020 bei einem Gesprächsabend in Zürich
© Manuela Matt (KNA)
Bistum Chur
Das katholische Bistum Chur liegt im Osten der Schweiz und umfasst ländliche Kantone wie Graubünden und Schwyz, aber auch den großstädtischen Kanton Zürich. Die Diözese entstand wohl im 4. Jahrhundert; ein Bischof ist erstmals 451/52 namentlich erwähnt. Bischofskirche ist die Churer Kathedrale Maria Himmelfahrt.
Seit Ende der 1980er Jahre ist das Bistum von innerkirchlichen Spannungen und Polarisierung geprägt. Das Schweizer Staatskirchenrecht räumt den Laien mehr Mitbestimmung ein, als im allgemeinen Kirchenrecht vorgesehen ist, was in den Amtszeiten der sehr konservativen Bischöfe Wolfgang Haas (1988/90-1997) und Vitus Huonder (2007-2019) für viele Konflikte sorgte. Haas' Nachfolger Amedee Grab (1997-2007) gelang es als Schlichter, die Wogen zwischen Bischof und Kirchenvolk weitgehend zu glätten. Unter Huonder brachen die Konflikte jedoch wieder auf.
Papst Franziskus ernannte im Mai 2019 den früheren Bischof von Reykjavik, Pierre Bürcher (74) zum Übergangsleiter der Diözese ("Apostolischer Administrator"). Nachdem dieser die Altersgrenze erreicht hatte, sollte das Domkapitel einen neuen Bischof aus einer Dreierliste wählen. Eine kanppe Mehrheit hielt allerdings keinen der Kandidaten für geeignet. (kna)
15.02.2021
Gelingt der Neuanfang im Bistum Chur? Bonnemain wird Bischof, Eleganti tritt zurück
Fast zwei Jahre hat es gedauert. Nun ist ein Nachfolger für den konservativen Churer Bischof Vitus Huonder gefunden. Das hätte für das zerstrittene Bistum auch viel einfacher laufen können.
Der Arzt, Krankenhausseelsorger und Offizial des Bistums Chur Joseph Maria Bonnemain wird neuer Bischof der zerstrittenen Schweizer Diözese. Bonnemain ist seit 40 Jahren für das Bistum tätig. Unter dem konservativen Bischof Wolfgang Haas (1988/90-1997) machte er Karriere. Später distanzierte sich Bonnemain von dessen erzkonservativen Kurs. Das Mitglied des Opus Dei gilt als gemäßigt und als guter Brückenbauer.
Studium der Medizin und Theologie
Bonnemains französischer Name erklärt sich über seinen Vater, der aus dem Jura stammt. Seine Mutter war Katalanin. Joseph Maria Bonnemain wurde am 26. Juli 1948 in Barcelona geboren und studierte in Zürich Medizin. 1975 ging er für ein Theologiestudium nach Rom; 1978 weihte ihn der Wiener Kardinal König zum Priester der Prälatur Opus Dei. 1980 wurde Bonnemain im Kirchenrecht promoviert und kehrte in die Schweiz zurück.
Bonnemain spricht fünf Sprachen: Katalanisch, Spanisch, Französisch, Deutsch und Italienisch. Als Arzt und Theologe verstärkte Bonnemain von 1983 bis 1991 die Delegation des Heiligen Stuhls in Genf bei der Weltgesundheitsorganisation WHO. Zurzeit ist Bonnemain Offizial, also der oberste Kirchenrichter im Bistum Chur. Zugleich ist er zuständig für die Beziehungen zu den staatskirchenrechtlichen Organen.
Distanzierung unter Bischof Haas
Unter dem damaligen Bischof Haas wurde Bonnemain im Sommer 1990 Offizial. Doch im Laufe der Zeit distanzierte er sich vom konservativen Kurs des Bistums. Bonnemain, der seit knapp vier Jahrzehnten zwischen Zürich und Chur pendelt, setzte sich dafür ein, Zürich im Stadt-Land-Gefüge des Bistums aufzuwerten. Er wollte aus der Zürcher Liebfrauenkirche eine Konkathedrale machen - was in Graubünden nicht gut ankam.
Bonnemain kennt die Probleme des Bistums bestens. Als Sekretär des "Fachgremiums Sexuelle Übergriffe im kirchlichen Umfeld" der Schweizer Bischofskonferenz vertritt er eine Null-Toleranz-Politik bei Missbrauch und Machtmissbrauch. Seit 40 Jahren ist er zudem Krankenhausseelsorger im Spital Limmattal in Schlieren.
Name stand schon auf Dreierliste
Bonnemains Name stand bereits auf der Dreierliste, die Papst Franziskus dem Churer Domkapitel zur Wahl im November vorgelegt hatte. Doch damals beschlossen die Domherren mit knapper Mehrheit, die Wahl platzen und Rom selbst entscheiden zu lassen. Bonnemain als Mitglied des Wahlgremiums enthielt sich.
Der konservative Flügel hielt keinen der drei Kandidaten des Papstes für wählbar - ein Affront. So steht das zerstrittene Domkapitel als ein Symbol für das gespaltene Bistum.
Papst nimmt Rücktritt Elegantis an
Für einen Neuanfang macht Weihbischof Marian Eleganti den Platz frei. Der 65-Jährige, seit 2009 Churer Weihbischof, hatte bereits 2019 seinen Amtsverzicht beim Papst eingereicht; nun nahm Franziskus ihn am Montag an. Eleganti ist in konservativen Kreisen beliebt.
Gleichwohl sorgte er in den vergangenen Jahren immer wieder für Verärgerung, etwa als er im März 2020 in einem Video die Corona-Schutzmaßnahmen kritisierte und seinen Mitbrüdern in der Bischofskonferenz widersprach. Daraufhin verpasste ihm der Churer Interimsleiter, Bischof Peter Bürcher, einen Maulkorb.
Nur eine Zwischenlösung?
Nun also ein weiterer "Übergangsbischof". Schon in knapp zweieinhalb Jahren, mit Vollendung des 75. Lebensjahres, muss Bonnemain dem Papst gemäß dem Kirchenrecht seinen Amtsverzicht anbieten. Und selbst wenn der die Amtszeit noch um einige Zeit verlängert: In wenigen Jahren beginnt die Suche nach einem Brückenbauer von neuem.
Am diesem Montagabend um 18.00 Uhr feiert Bischof Bürcher mit dem designierten neuen Bischof Bonnemain ein Pontifikalamt in der Churer Kathedrale. Wann Bonnemain die Bischofsweihe erhält, ist noch unbekannt. Zu hören war der Termin Ostermontag (5. April).
Raphael Rauch
(KNA)
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