Alles in der Welt ist Augenlust, Fleischeslust und Hoffart des Lebens. Von Pater Franz Schmidberger
Mit dem Aschermittwoch sind wir in die große Übung der vierzigtägigen Fasten eingetreten.
Sie sind vorgebildet im Alten Testament durch die vierzigtägige Sintflut, die Sünde und Sünder vertilgt hat, die vierzigjährige Wanderung der Israeliten durch die Wüste, das vierzigtägige Verweilen des Moses auf dem Berge Sinai, die vierzigtägige Wanderung des Propheten Elias zum Berge Horeb. Sie findet ihre Erfüllung im vierzigtägigen Fasten des Gottessohnes in der Wüste.
Beachten wir wohl: Auf jedes dieser Ereignisse folgt eine besondere Gottesoffenbarung: auf die Sintflut das Opfer des Noe und die Zusicherung Gottes, er werde das Menschengeschlecht nicht mehr vernichten.
Auf die vierzigjährige Wanderung der Israeliten der Einzug ins gelobte Land.
Auf das vierzigtägige Verweilen des Moses auf dem Sinai die Übergabe des Dekalogs auf den zwei Steintafeln.
Auf die vierzigtägige Wanderung des Elias die Offenbarung Gottes im sanften Säuseln.
Auf das vierzigtägige Fasten unseres gebenedeiten Herrn Sein öffentliches dreijähriges Wirken auf dieser Erde.
So erwartet uns am Ende der Quadragesima Ostern mit der siegreichen Auferstehung Christi.
Doch schauen wir einen Augenblick auf die Versuchung Christi in der Wüste; sie ist das Urbild einer jeden Versuchung. Der Mensch hat nämlich drei Güter: Den Leib, die Geistseele und die äußeren Reichtümer und Schätze. In allen drei Bereichen wird Christus vom Teufel versucht:
Sage, dass diese Steine zu Brot werden: Er soll das Leibliche, das Materielle über das Geistige stellen.
Stürze dich herab von der Zinne des Tempels: Stolz und Überheblichkeit, ein Wunder der Selbstverwirklichung soll siegen über die Untertänigkeit Gott und Seinem Gesetz gegenüber.
Dies alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetet: Gier, Besitz, Komfort und Macht treten an gegen die Anbetung Gottes, gegen die ewige Wahrheit und die ewige Liebe.
Der heilige Johannes beschreibt in seinem ersten Brief das dreifache Übel, das die Menschheit seit dem Sündenfall heimsucht: Alles in der Welt ist Augenlust, Fleischeslust und Hoffart des Lebens.
Für die Heilung hat die Kirche die drei Ordensgelübde vorgesehen: das Gelübde der Armut gegen die Augenlust; das Gelübde der Keuschheit gegen die Sinnlichkeit und die Fleischeslust und das Gelübde des Gehorsams gegen Hoffart, Stolz und Eigensinn.
Aber auch dem einfachen Christen ist in diesen Tagen der geistigen Erneuerung und Umkehr ein dreifaches Mittel zur Heilung der Begierlichkeit der Seele an die Hand gegeben: das Almosen gegen die Gier und den Geist der Welt; das Fasten gegen Sinnlichkeit und Fleischeslust; das Gebet gegen Überheblichkeit und Selbstanbetung.
Nützen wir diese vierzigtägige Gnadenzeit für uns selbst, für die heilige Kirche und für die Christenheit. Sie war noch nie so notwendig wie in unseren Tagen des neuen Heidentums.
Der Text ist der Montagsaussendung von P. Franz Schmidberger entnommen.