Homilie bei der 463. Fatima-Monatswallfahrt in Pyhra am 13. September 2015
Messformular Nr. 20 im Marienmessbuch: „Maria, die neue Frau“
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Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!
Der Monat September ist besonders reich an Marienfesten: Am 8. September feiert die Kirche das Fest Mariä Geburt, am 12. September ist das Fest des Heiligsten Namens Mariens, und am 15. September das Gedächtnis der Schmerzen Mariens. Das heute bei dieser Fatima-Monatswallfahrt verwendete Messformular „Maria, die neue Frau“ fasst das Wesentliche all dieser Feste in schöner Weise zusammen.
Wenn wir die selige Jungfrau und Gottesmutter Maria als die „neue Frau“ verehren, dann ergibt sich von selber die Frage, worin denn diese Neuheit besteht und was demgegenüber das Alte darstellt. Grundlegend geht es um das Kommen Jesu Christi in diese Welt, die der Sünde und dem Tod verfallen ist. Er bringt uns das Leben und das ewige Heil in der Gemeinschaft mit Gott. Gott schließt in Jesus Christus einen neuen und ewigen Bund mit uns Menschen.
Der Apostel Paulus schreibt im zweiten Brief an die Korinther (5,17): „Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden.“ Schon der Prophet Jesaja (43,19) hatte als Wort Gottes kundgetan: „Seht her, nun mache ich etwas Neues. Schon kommt es zum Vorschein, merkt ihr es nicht? Ja, ich lege einen Weg an durch die Steppe und Straßen durch die Wüste.“ Die endgültige Vollendung und Neuheit wird verheißen in der Offenbarung des Johannes (21,5a): „Er, der auf dem Thron saß, sprach: Seht, ich mache alles neu.“
Seit dem Sündenfall der ersten Menschen, welche die Heilige Schrift Adam und Eva nennt, sind Sünde und Tod, Leid und Elend in die Welt eingekehrt. Alles, was auf Erden lebt und existiert, trägt das Kennzeichen der Vergänglichkeit. Dieser von den Menschen selbst verschuldete Zustand ist jedoch nicht gottgewollt. Daher hat Gott in seiner ewigen Weisheit und Güte beschlossen, die Menschen zu erlösen: Christus, der neue Adam, sollte aus Maria, der neuen Eva, geboren werden, um uns das neue und unvergängliche Leben zu schenken.
Wir heißen Kinder Gottes und sind es (vgl. 1 Joh 3,1)! Wir tragen durch die heilige Taufe das Leben Gottes in uns und sind zu Erben des Himmels geworden (vgl. Eph 1,11). Durch seinen Tod am Kreuz hat Jesus Christus unseren Tod besiegt und uns in seiner Auferstehung das Leben neu geschenkt. Maria aber, die neue Eva, hat als erste von allen Menschen Anteil an diesem Ostersieg Christi, des neuen Adam!
Der Leitgedanke dieses Messformulars „Maria, die neue Frau“ gibt uns auch Anlass zum Nachdenken über die schöpfungsgemäße Gutheit des Mann- und Frau-Seins. Denn Gott der Herr schuf den Menschen nach seinem Bild und Gleichnis, „als Mann und Frau schuf er sie.“ (Gen 1,27). In dieser ausdrücklichen Benennung beider Geschlechter schon im Buch Genesis zeigt sich die gleiche Würde der Frau und des Mannes. Sie gelten gleich viel vor Gott und sind gerade in ihrer Verschiedenheit aufeinander bezogen. „Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut.“ (Gen 1,31).
Diese grundlegende gleiche Würde der Frau und des Mannes gerade in ihrer aufeinander bezogenen Verschiedenheit hat Jesus Christus, der Erlöser, mit seinem Kommen erneuert und bestätigt. Gott hat eine Frau dazu erwählt, die Mutter des Messias zu sein, eben Maria.
So freut sich die ganze Kirche über ihre Empfängnis, frei von der Erbsünde, und über ihre heilige Geburt. Wir rufen den Namen Maria an als Stern der Hoffnung und als Wegweiser zum ewigen Leben in Christus. Maria, die neue Frau, hat uns den neuen Menschen geschenkt, nämlich Jesus Christus. Wenn wir in Einheit mit der Gottesmutter Maria im Geheimnis der Kirche Christus angehören, dann sind auch wir einbezogen in den neuen und ewigen Bund, den Gott mit den Menschen aus Liebe geschlossen hat.
Ehe und Familie gehören vom Anfang an zum Plan Gottes mit der Schöpfung, deren sichtbare Krone der Mensch darstellt. Wie Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Laudato si‘“ über das gemeinsame Haus der Schöpfung dargestellt hat (vgl. Nr. 155), gibt es auch eine Ökologie des Menschen, da der Mensch eine eigene Natur hat, die er nicht beliebig manipulieren darf. Dort, wo der Mensch alles beherrschen will, zerstört er letztlich sich selber und die ihm anvertraute Welt seiner Mitgeschöpfe, also der Pflanzen und Tiere.
Es braucht auch eine neue Wertschätzung des Frau- und Mann-Seins in der jeweiligen Bezogenheit aufeinander, denn so ist es – nach den Worten von Papst Franziskus – möglich, „freudig die besondere Gabe des anderen oder der anderen als Werk Gottes des Schöpfers anzunehmen und sich gegenseitig zu bereichern. Eben deswegen ist die Einstellung dessen nicht gesund, der den Anspruch erhebt, ‚den Unterschied zwischen den Geschlechtern auszulöschen, weil er sich nicht mehr damit auseinanderzusetzen versteht‘.“ (Nr. 155). Unterschiede bedeuten nicht notwendig eine Abwertung, sondern im Falle des Mann- und Frau-Seins eine gegenseitige Bereicherung.
Beten wir also heute auch besonders um gute Ehen und Familien, in denen die Gatten einander in Liebe beistehen und die Kinder von Anfang ihres Menschseins bei der Empfängnis in vorbehaltloser Liebe angenommen werden. Auch alte und kranke Menschen sollen ihren Platz in den Familien finden und wo immer dies möglich ist auch tatkräftige Unterstützung erfahren. Keiner darf und soll an den Rand gedrängt werden. Ja, die christlichen Familien und in Erweiterung dessen auch die Pfarrgemeinschaft werden auch für Menschen da sein, die sich unverschuldet in Not befinden und vielleicht ihre eigene Heimat aus Gründen des Krieges oder der Verfolgung verlassen mussten.
Die mütterliche Liebe Marias weist uns hier den Weg! Sie trägt Sorge für ein jedes ihrer Kinder und möchte uns einst alle im ewigen Reich ihres Sohnes Jesus Christus im Himmel versammelt sehen. So empfehlen wir uns heute bei dieser Wallfahrt aufs Neue ihrer Fürbitte.
Wir beten aber auch für die großen Anliegen der Kirche und der Welt in unserer Zeit: für den Heiligen Vater und das Gelingen der Familiensynode, um gute Priester und Ordensleute und um apostolisch tätige Laien; um Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Frieden und Versöhnung!
Das Beispiel des Glaubens und der Liebe Marias ermutige uns, sodass wir auf dem Pilgerweg unseres Lebens nicht müde werden und schließlich das Ziel der seligen Vollendung bei Gott erreichen.
Amen.