18.03.2021
Ein Abend über das Denken des Philosophen Ferdinand Ulrich Bischof Oster über seinen geistlichen Wegbegleiter
Der Name des Philosophen Ferdinand Ulrich ist bisher eher Insidern bekannt. Stets sei es leichter gewesen, ihm zuzuhören, als ihn zu lesen, heißt es. Die Katholische Akademie hat nun eine Annäherung versucht.
Der große Religionsphilosoph Romano Guardini (1885-1968) lobte Ferdinand Ulrich (1931-2020) einst als "sehr begabt" und sah in seiner Gedankenwelt eine "außergewöhnliche Substanz". Der Schweizer Theologe Hans Urs von Balthasar (1905-1988) geriet sogar ins Schwärmen: Ulrich sei es gelungen, den "heillosen Dualismus zwischen Philosophie und Theologie glücklicher als vielleicht je bisher" zu überwinden. Am 23. Februar wäre Ulrich 90 Jahre alt geworden. Die Katholische Akademie in Bayern nahm den runden Geburtstag zum Anlass, sich am Mittwochabend mit diesem Lehrer der Philosophie einmal tiefer auseinanderzusetzen.
Korrespondenz mit Professor Ratzinger
Im Passauer Bischof Stefan Oster fand man einen Mitstreiter, dem das Werk Ulrichs besonders am Herzen liegt. Für ihn, der den Philosophen an der Regensburger Uni erstmals gehört hatte, wurde dieser nicht nur zu einem wichtigen akademischen Lehrer und geistlichen Wegbegleiter, sondern auch zu einem väterlichen Freund. Im Bistum Passau erfolgt seit 2015 der Aufbau für ein Archiv, das dem Gesamtwerk des Philosophen gewidmet ist. Zum bisherigen Bestand gehören neben publizierten Büchern auch unveröffentlichte Manuskripte sowie persönliche Korrespondenzen, unter anderem mit Joseph Ratzinger, seinem früheren Professorenkollegen.
Eigentlich hätte der Abend im Passauer Bildungshaus "Spectrum Kirche" stattfinden sollen, coronabedingt wurde daraus eine digitale Zoom-Veranstaltung. Das Interesse für das nicht einfache Thema war groß. Über 170 Teilnehmer, darunter Studenten genauso wie in Ehren ergraute Herren vor großen Bücherwänden, schalteten sich zum Referat des Bischofs mit anschließender Diskussion ein.
"Das Sein"
Oster sprach zunächst eine Stunde lang über das "Denken in (der) Liebe" und damit über das Hauptthema Ulrichs. Er tat dies in einer sehr lebendigen Art. Dabei bemühte er sich, schwierige Sachverhalte mit praktischen Beispielen zu erklären, ohne seine Zuhörer zu entmutigen. Auch er, so bekannte Oster, habe bei der Erstlektüre von Ulrichs Hauptbuch "Homo Abyssus. Das Wagnis der Seinsfrage", wahrlich "keine Ahnung" gehabt, wovon dieser rede.
Ein erster Versuch sei hier gewagt: Das Sein ist in Ulrichs Denken die Liebe, wobei er vor allem Thomas von Aquin folgt, der Gott als das Sein schlechthin definiert. Verkürzt meint dies, aus jener Liebe heraus wahrhaft zu sich selbst zu finden. In der Begegnung mit anderen gilt es gleichsam, zum Hörenden zu werden. Dabei heißt Liebe nicht, vom anderen Besitz zu ergreifen, sondern den anderen sich selbst sein zu lassen.
Sechs Werke umfasst eine im Johannes-Verlag Einsiedeln herausgekommene Schriftenausgabe zu Ulrichs Werk. Der letzte Band "Virginitas foecunda - Krippe und Kreuz - Fruchtbare Jungfräulichkeit" erschien jüngst. Schon von einer Krankheit gezeichnet habe der Philosoph diese unbedingt zu Ende bringen wollen, berichtete der Bischof und schob nach: "Ulrich konnte leicht reden, aber nicht leicht schreiben." Dennoch, so warb Oster, solle man sich auf dessen Gedanken einlassen.
Link zum Vortrag: w.youtube.com/watch?v=8LOhpIVKsGM
Barbara Just
(KNA)