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1. Lage und Name Mit freundlicher Erlaubnis von © Stepmap (Bearbeitung: M. Rummel) Abb. 1 Karte Obermesopotamiens sowie der nör

#1 von admin-anne ( Gast ) , 23.03.2021 13:44

1. Lage und Name
Mit freundlicher Erlaubnis von © Stepmap (Bearbeitung: M. Rummel)

Abb. 1 Karte Obermesopotamiens sowie der nördlichen und zentralen Levante.

Das antike Stadtgebiet von Ninive liegt am Ostufer des → Tigris gegenüber der Altstadt von Mossul im Staatsgebiet des heutigen Irak (N 36° 21' 33'', E 43° 09' 09''). Mittlerweile befindet sich das Ruinengelände innerhalb der modernen Stadt Mossul. Die unter → Sanherib errichtete Stadtmauer (Länge 12 km) zeichnet sich heute noch deutlich im Gelände ab. An der Westseite der Stadtmauer und innerhalb des von ihr eingefassten Areals erheben sich zwei Siedlungshügel: Tell Kujundschik und der kleinere Tell Nebi Junus. Entlang der Südseite des Tell Kujundschik fließt der Fluss Hosr (Khosr) von Osten her kommend. Er mündet weiter westlich in den Tigris.

Nur auf Tell Kujundschik, wo sich die wichtigsten offiziellen Bauwerke befanden, wurden in großem Umfang Ausgrabungen durchgeführt. Auf Tell Nebi Junus befindet sich nach islamischer Überlieferung das Grab des Propheten → Jona (arabisch Nebi Junus). Eine Moschee stand bis zur Zerstörung durch den sogenannten IS im Jahr 2014 an dieser Stelle.

Ninive erscheint in den Keilschriftquellen seit dem 3. Jt. v. Chr. in unterschiedlichen Formen (Ninua, Nenua, Ninuwa, Nina).
2. Grabungs- und Forschungsgeschichte
© Google Earth (Zugriff 20.1.2017)

Abb. 2 Satellitenaufnahme des Stadtgebiets von Ninive.

Das Ruinengelände von Ninive wird vergleichsweise früh in Ortbeschreibungen arabischer Autoren erwähnt (André-Salvini). 1820 setzte eine rege und umfangreiche Grabungstätigkeit ein, vor allem unter britischer Federführung. Diese dauerte bis nach dem Beginn des 2. Weltkrieges an. 1954 wurden die Arbeiten – nun geleitet von irakischen Archäologen – wieder aufgenommen. Ein detaillierter Überblick zu den unterschiedlichen Kampagnen bis 1990 findet sich bei Reade 1998-2001, 392-394.
3. Historischer Überblick

Ninive war spätestens seit dem 3. Jt. eines der wichtigsten Zentren in Obermesopotamien. Hauptgottheit der Stadt war die → Ischtar von Ninive, der ebenfalls periodenübergreifend überregionale Bedeutung zukam. Das Hauptheiligtum der Gottheit stand in Ninive. Weitere Tempel in anderen Städten werden in Texten erwähnt (Kühne, 37).
Mit Dank an © The Trustees of the British Museum; BM 92828

Abb. 3 Ninive-5-Gefäß mit typischer Kerbschnittverzierung (Höhe 11,4 cm).

Ein auf dem Kujundschik-Hügel angelegter Tiefschnitt gab Einblicke in die frühe Siedlungsgeschichte von Ninive (Gut), die Keramikfunden zufolge mindestens bis ins 7. Jt. v. Chr. zurückgeht. Die sogenannte Ninive-5-Keramik wurde hier erstmals beschrieben und nach dem Fundkontext benannt (Abb. 3; Grossman).

Einige Fundstücke und eine Inschrift Schamschi-Adads I. (Grayson 1987, 53) lassen vermuten, dass Ninive Teil des Reiches der Akkad-Herrscher war (ca. 2350-2200 v. Chr.; Westenholz). Die Stadt scheint außerhalb des Herrschaftsbereichs der Ur-III-Könige gelegen zu haben (ca. 2100-2000 v. Chr.) und gehörte eventuell zu einem obermesopotamischen Königreich, das von Urkesch (Tell Mozan) aus regiert wurde (Reade 1998-2001, 396). In altassyrischen Texten wird die Stadt nur ausnahmsweise genannt (Veenhof). Ninive wurde im 18. Jh. v. Chr. von Schamschi-Adad I. erobert und in sein obermesopotamisches Reich integriert (Ziegler).

Auch in mittelassyrischer Zeit (ca. 1500-1000 v. Chr.) spielte Ninive – nun zum assyrischen Reich gehörig – eine wichtige Rolle als Provinzhauptstadt und Verwaltungszentrum (Tenu), was u.a. die rege Bautätigkeit verschiedener mittelassyrischer Herrscher in der Stadt verdeutlicht (vgl. Grayson 1987; ders. 1991). Ninive behielt seine hervorragende Stellung auch in neuassyrischer Zeit. Unter Sanherib wird Ninive letzte Hauptstadt des neuassyrischen Reiches. Der Herrscher lässt dort den riesigen Südwest-Palast errichten und reich ausschmücken.

Wie weit sich die Siedlung in den verschiedenen Besiedlungsperioden über die Tells hinaus erstreckte, ist unklar. In neuassyrischer Zeit ließ Sanherib das Stadtgebiet (ca. 750 ha) von einer 12 km langen Mauer einfassen.
Zeichnung von © M. Rummel, nach Stronach 1997, 312

Abb. 4 Plan des Stadtgebiets von Ninive.

Ninive wurde 612 v. Chr. erobert und zerstört (Machinist; Stronach 1997). Befunde aus dem Halzi-Tor veranschaulichen dies in eindrücklicher Weise (Russell 1991; Stronach 1994; Pickworth). Die Stadt blieb in der Folge zwar besiedelt, verlor aber erheblich an Größe und Bedeutung. Siedlungsspuren aus hellenistischer, parthischer und islamischer Zeit wurden bei den Ausgrabungen dokumentiert (Reade 1998-2001, 428-429). Einige Objekte deuten auf die Präsenz christlicher Bevölkerungsteile in der Spätantike hin (Simpson).
4. Bauwerke
Zeichnung von © M. Rummel, nach Kertai, Taf. 16A

Abb. 5 Plan von Kujundschik.

Die Ausgrabungen in Ninive haben sich weitestgehend auf den Haupthügel Tell Kujundschik, auch Zitadelle genannt, konzentriert. Dort wurden die Baureste zweier großer Paläste (Südwest- und Nord-Palast) und des Ischtar-Tempels (teilweise) freigelegt. Die Zitadelle war in (mittel-?) und neuassyrischer Zeit von einer Befestigungsmauer umgeben.
4.1. Der Südwest-Palast

Einer der wegen seiner reichen Ausstattung mit Wandreliefs (→ Kalchu 5.1.) berühmtesten neuassyrischen Paläste ist der sogenannte Südwest-Palast (Barnett u.a.; Kertai, 122-147; Russell 1991). Die bei den Ausgrabungen im 19. Jh. freigelegten Mauern sind das Werk Sanheribs. Den Inschriften zufolge musste ein Vorgängerbau Sanheribs Neubau weichen. Archäologisch wurden die älteren Baureste nicht untersucht. Bei den Grabungen wurde den mit Wandreliefs aus Stein verblendeten Wänden gefolgt. Dies hat schwerwiegende Konsequenzen für die Interpretation des Gebäudes. Immerhin ließen sich so die Mauerverläufe rekonstruieren und ein Grundriss der freigelegten Teile des Palastes erstellen. Das Gebäude besteht aus mehreren Einheiten von Räumen, die jeweils um einen zentralen Hof gruppiert sind.
Mit Dank an © The Trustees of the British Museum (gezeichnet von F.C. Cooper)

Abb. 6 Umzeichnung eines Wandreliefs aus Hof 6 des Südwest-Palasts mit Darstellung eines lamassu-Transports.

Die Wände der meisten Räume waren mit Wandreliefs (H. > 2 m) versehen, die Ereignisse aus Sanheribs Regierungszeit illustrieren. In einigen Fällen erlauben Beischriften die genaue Datierung und Identifikation des Dargestellten (Reade 1998-2001, 412-415). Am häufigsten finden sich Darstellungen der levantinischen Feldzüge Sanheribs. Die Eroberung von → Lachisch wurde in Raum 36 verbildlicht.

→ Assurbanipal ließ den Palast renovieren und eigene Wandreliefs anbringen bzw. Reliefs Sanheribs entfernen und mit neuen Reliefs versehen.

An mehreren Durchgängen werden die Laibungen von großen Torhüterfiguren gebildet (vgl. → Kalchu 5.1.; Darney).

Der Südwest-Palast wurde durch Feuer zerstört, vermutlich im Zuge der Eroberung Ninives im Jahr 612 v. Chr. Bei dieser Gelegenheit erfolgte wahrscheinlich auch die subtile Zerstörung einiger Darstellungen assyrischer Herrscher.
4.2. Der Nord-Palast
Mit Dank an © The Trustees of the British Museum (gezeichnet von W. Boutcher)

Abb. 7 Umzeichnung eines Wandreliefs aus Raum S1 des Nord-Palasts mit Darstellungen einer Löwenjagd Assurbanipals.

Der sogenannte Nord-Palast Assurbanipals wurde nur in Teilen freigelegt (Barnett; Kertai, 167-184). Auch aus diesem Palast ist eine Vielzahl von figürlichen Wandreliefs überliefert. Das Gebäude wurde, wie der Südwest-Palast (s.o. 4.1.), durch Feuer zerstört. Einige Darstellungen Assurbanipals wurden, vergleichbar dem Vorgehen im Südwest-Palast, wohl bei der Eroberung Ninives 612 v. Chr., an bestimmten Stellen gezielt zerstört.
4.3. Der Ischtar-Tempel

Der Tempel der Ischtar von Ninive (sumerischer Name é-maš-maš) war das Hauptheiligtum der Stadt. Der Göttin und ihrem Heiligtum kamen schon seit dem 3. Jt. v. Chr. überregionale Bedeutung zu (Meinhold, 168-184; Lambert).

Die baulichen Reste des Tempels, die bis ins 3. Jt. v. Chr. zurückgehen, wurden von Thompson von 1927 bis 1932 untersucht und in vielerlei Hinsicht unzureichend dokumentiert und publiziert. Reade (2005) hat die alte Dokumentation aufgearbeitet und die erhaltenen Mauerreste nach dem Vorbild des Assur-Tempels in → Assur (etwas gewagt) rekonstruiert. Mehrere mittel- und neuassyrische Herrscher haben das Gebäude erneuert (vgl. Literatur 3.).

An der NW-Seite des Ischtar-Tempels wurde ein Tiefschnitt zur Erforschung der prähistorischen Schichten des Tells angelegt (Thompson / Mallowan, 127-173, Abb. 10; Gut).
4.4. Weitere Bauwerke auf der Zitadelle

Über den Bau mehrerer weiterer Tempel (Adad, Assur, Kidmuri, Nabû, Sebetti, Sin-Schamasch), Paläste und einer → Ziqqurrat auf der Zitadelle berichten zahlreiche Königsinschriften (s.u. Literaturverzeichnis 3.), doch nur wenige Reste des Nabû-Tempels wurden bei den Ausgrabungen im 19. Jh. freigelegt und als solche erkannt (Reade 1998-2001, 410).
4.5. Der Palast auf Tell Nebi Junus

Auf dem südlich von Tell Kujundschik liegenden kleineren Tell Nebi Junus (ca. 15 ha) befand sich, wenn die Deutung der einschlägigen Inschriften korrekt ist, ein „Inspektionspalast“ (ekal māšarti), der von verschiedenen Herrschern gebaut und renoviert wurde (Kertai, 147-153). Nur wenige Reste des Gebäudes wurden bei den Ausgrabungen freigelegt.
4.6. Befestigungsanlagen

Reste der vor-neuassyrischen Stadtmauern kamen bei den Ausgrabungen kaum zu Tage (Stronach 1994). Die unter → Sanherib errichtete Stadtmauer bestehend aus einer Innen- und einer Außenmauer (L. ca. 12 km) wurde an mehreren Stellen archäologisch untersucht, vor allem die Tore (Stronach 1994). Die kombinierten Informationen aus Sanheribs einschlägigen Inschriften (Frahm 1997, 36-149) und aus den archäologischen Ausgrabungen erlauben es, die Höhe der Mauer bei max. 25 m zu rekonstruieren (Reade 1998-2001, 400). Die Mauer ist durch Vorsprünge in regelmäßigen Abständen gegliedert. 18 Stadttore regelten den Zugang zur Stadt (Reade 1998-2001, 401-403).
4.7. Wasserbauten

Die Versorgung der Stadt mit Trinkwasser und Wasser für die Bewässerung der Felder wurde durch die Anlage von kilometerlangen Kanälen sichergestellt (Ur). Über ihren Bau berichten die Königsinschriften Sanheribs und seiner Nachfolger ausführlich (Bagg, 167-243). An einigen Stellen wurden die Überreste dieser Wasserbauten archäologisch untersucht (Morandi Bonacossi).
5. Schriftzeugnisse
Mit Dank an © The Trustees of the British Museum (K 712)

Abb. 8 Tontafel mit einem astrologischen Bericht aus Ninive (L. 8,4, B. 4,1, D. 2,1 cm).

Bei den in der zweiten Hälfte des 19. Jh.s durchgeführten Ausgrabungen, entdeckte man etwa 30000 mit Keilschrift beschriebener Tontafeln und Tontafelfragmente auf Tell Kujundschik (Pedersén, 164). Ungefähr 5000 dieser Tontafeln trugen literarische Texte, deren Kolophone sie in Verbindung mit dem assyrischen König → Assurbanipal bringen. Der Herrscher war seinen eigenen Inschriften nach in außergewöhnlichem Maße an diesen Texten interessiert und anscheinend im Lesen und Schreiben von keilschriftlichen Texten gut ausgebildet (Frahm 2005). Auf seine Veranlassung hin, wurden zahlreiche Texte kopiert und aus anderen Städten nach Ninive gebracht. Diese Tontafeln (und weitere Schriftträger aus vergänglichem Material) waren Bestandteil der sogenannten Bibliothek des Assurbanipal (Frame / George). Der Begriff „Bibliothek“ bezieht sich dabei auf die erwähnte Textsammlung. Wo genau und wie die Tafeln aufbewahrt wurden, muss oft unklar bleiben, weil die Fundkontexte nur in einigen Fällen genau dokumentiert wurden. Dies gilt auch für die übrigen Texte aus Ninive.

Neben den literarischen Texten wurden Briefe der königlichen Korrespondenz (ca. 3000), Verwaltungstexte, Berichte über astrologische Beobachtungen usw. gefunden (Pedersén 1998, 164).
6. Ninive in der Bibel (Meik Gerhards)
6.1. Altes Testament

Aufgrund der Auseinandersetzungen mit den Assyrern war Ninive (נִינְוֵה Nînweh) in Israel bekannt. Im Alten Testament kommt es in zeitgenössischen Texten vor, vor allem aber in Texten, die historische Reminiszenzen spiegeln (vgl. dazu auch Dietrich). Einschließlich der → Apokryphen wird Ninive in Gen 10,11f.; 2Kön 19,36f. (= Jes 37,37f.); Jon 1,2 (u.ö.); Nah (passim); Zef 2,13-15; Tob 1,3.10 u.ö. (Lutherbibel: Tob 1,11 u.ö.); Jdt 1,1.16; Jdt 2,21 (nicht in Lutherbibel) erwähnt.

In den Mitteilungen über → Nimrod in Gen 10,8-13 wird Ninive als eine der mesopotamischen Königsstädte genannt. Die Notiz spiegelt die Zweiteilung Mesopotamiens in Babylonien (Sinear) und Assyrien. Ninive wird zu Recht Assyrien zugeordnet.

In 2Kön 19,36f. (= Jes 37,37f.) ist Ninive als assyrische Residenzstadt genannt, in die sich → Sanherib nach dem Scheitern der Belagerung Jerusalems zurückzieht und wo er ermordet wird. In Zef 2,13-15 wird ein göttliches Gericht über das Assyrerreich angekündigt und an der Zerstörung der Hauptstadt illustriert.

Dasselbe gilt für das → Nahumbuch, das in Nah 1,1 als „Spruch über Ninive“ (מַשָּא נׅינְוֵה; vgl. dazu Perlitt, 5) eingeführt wird. In Nah 2,2-14 wird die Verwüstung der Stadt ausgemalt, in Nah 3 folgt eine Sammlung von Gerichtsworten gegen Ninive. Nah 2,2.6-7 deutet das Bild einer großen Stadt mit Festung, Stadtmauern und Palast an. Obwohl es in der Stadt Händler gibt (Nah 3,16), hat sie ihren Reichtum nicht nur auf kommerziellem Wege gewonnen, sondern auch durch Raub (Nah 2,12f.; Nah 3,1), womit auf die Beute aus assyrischen Feldzügen angespielt wird: In Nah 3,1 wird Ninive zusätzlich „Stadt von Bluttaten“ oder „Blutstadt“ (עׅיר דָּמׅים) genannt. Auch wenn erst in Nah 3,18 ausdrücklich auf den König von Assur Bezug genommen wird, ist im ganzen Buch von Ninive als der Hauptstadt Assyriens die Rede. Als solcher wird ihr erwartetes Schicksal mit dem der ägyptischen Hauptstadt No-Amon (Theben) parallelisiert, die von den Assyrern zerstört worden war (Nah 3,8). Mit der „gezielten Voranstellung“ des Eingangspsalms Nah 1,2-8 „wird Ninive zum Paradigma aller gottfeindlichen Mächte“ (Perlitt, 3f.). Dieser paradigmatische Charakter Ninives ist vor dem geschichtlichen Erfahrungshintergrund Israels nachvollziehbar. Assyrien war die erste Großmacht, die die Königreiche Israel und Juda in die Vasallität zwang und eroberte (Nordreich 722 v. Chr.) bzw. zu erobern versuchte (Juda 701 v. Chr.). Diese erste Großmacht, deren Herrschaftsstreben Israel zu spüren bekam, konnte zum Paradigma aller späteren Großmächte werden, unter denen Israel zu leiden hatte, und darüber hinaus aller gottfeindlichen Mächte. Ninive konnte wiederum als Repräsentant Assyriens gelten, weil es als letzte Hauptstadt des neuassyrischen Reiches in Erinnerung geblieben war.

Dieser paradigmatische Charakter Ninives ist auch für das → Jonabuch prägend. Indem Ninive hier als die große Stadt erscheint, deren Bosheit vor Gott gekommen ist (Jon 1,1), deren Bewohner Böses und Gewalt an den Händen haben (Jon 3,8) und in der ein König residiert (Jon 3,6), erinnert das Bild der Stadt deutlich an das assyrische Machtzentrum, von dem das Nahumbuch spricht. Während die Worte des Nahumbuches aber zumindest teilweise in die Zeit der Assyrerbedrohung zurückreichen, ist das Jonabuch in der Perserzeit, womöglich sogar erst in der hellenistischen Zeit entstanden. Dass Ninive für das Jonabuch nur noch eine Reminiszenz ist, spiegelt sich darin, dass das Bild der bösen Assyrerhauptstadt mit Elementen angereichert ist, die ursprünglich mit den im Alten Testament überwiegend positiv beurteilten Persern verbunden sind. Das gilt für den Glauben der Niniviten an einen einzigen Gott, der zugleich der Gott Jonas ist (Jon 3,5), ebenso dafür, dass der König von Ninive das Dekret Jon 3,7-9 nicht allein, sondern gemeinsam mit seinen „Großen“ erlässt, schließlich dürfte auch die auffällige Einbeziehung der Tiere in die befohlene Buße (Jon 3,7f.) ein ursprünglich mit den Persern verbundenes Element sein (vgl. dazu Gerhards, 67-72). Indem die persischen Züge das Bild Ninives aufhellen, tragen sie dazu bei, das Mitleid Gottes mit Ninive (also: den Großmächten, die Israel bedrängen) verständlicher zu machen, dessen Rechtfertigung ausweislich der Schlussfrage Jon 4,10f. das Hauptanliegen des Jonabuches als einer „didaktischen Novelle“ ist.

Reminiszenzen an Ninive als Assyrerhauptstadt liegen auch im → Tobitbuch vor. Tobit wird als einer der Exilierten des Nordreichs von 722 v. Chr. eingeführt (Tob 1,2 [nicht in Lutherbibel]). Um historische Korrektheit geht es dabei allerdings nicht (vgl. dazu auch Schüngel-Straumann, 38.61f.): So soll Ninive offenbar schon zur Zeit Salmanassars V. assyrische Hauptstadt gewesen sein (Tob 1,2.10 [Lutherbibel: Tob 1,11]). Im Tobitbuch ist Ninive in erster Linie der paradigmatische Ort des Exils: Die exilierten Israeliten sind hier dem tödlichen Zorn der fremden Macht ausgeliefert, ein ordentliches Begräbnis wird ihnen verweigert (Tob 1,17f. [nicht in Lutherbibel]; Tob 2,3 [Lutherbibel: Tob 2,2]).

Im → Juditbuch gilt Ninive als Residenzstadt des „Assyrerkönigs“ → Nebukadnezar (Jdt 1,1). Dass das Assyrerreich auch hier als Paradigma der gottfeindlichen Mächte überhaupt dient, geht daraus hervor, dass ähnlich wie im Jonabuch Elemente verschiedener Großmächte in das Bild der Assyrer integriert sind: Zwar gehört Ninive, jedenfalls aus der Rückschau Israels, als Hauptstadt zu Assyrien, Nebukadnezar ist aber historisch betrachtet ein babylonischer König. Indem der Zerstörer Jerusalems zum in Ninive residierenden Assyrerkönig wird, fließen Erinnerungen an die beiden Großmächte zusammen, die den Königreichen Israel und Juda den Untergang bereitet haben (vgl. Schmitz / Engel, 50f.78). Zu dem paradigmatischen Bild passt, dass Nebukadnezars Oberbefehlshaber → Holofernes einen persischen Namen trägt (Schmitz / Engel, 51).
6.2. Neues Testament

Im Neuen Testament wird Ninive nur in den Bezugnahmen auf die Jona-Geschichte in Mt 12,41 und Lk 11,30.32 erwähnt.

admin-anne

Die Geschichte von Jona und der schönen Stadt Ninive

#2 von admin-anne ( Gast ) , 23.03.2021 13:52

Die Geschichte von Jona und der schönen Stadt Ninive
Published 25nis von © Stepmap (Bearbeitung: M. Rummel) . September 2018 | By Kirchgemeinde Arnstadt

Text für Rudislebener Gottesdienst:

Der Prophet Jona
Emporenmalerei in der Arnstädter Oberkirche

Wie schön war aus der Fern und Näh, wie schön war die Stadt Ninive!
Sie hatte Mauern, stark und dick. Die Wächter machten Blasmusik.
Ein Stadttor war aus blauen Ziegeln mit schwerer Tür und goldenen Riegeln,
davor zwölf bärtige Soldaten von einem Bein aufs andere traten.
Die Häuser waren schön und bunt, die Türme spitz, die Türen rund.
Man konnte dort drei Tage wandern von einem schönen Platz zum andern.
Da blühten Bäume in den Straßen, auf denen bunte Vögel saßen.
Da gab es Teiche, voll von Fischen, auch schönen goldenen dazwischen.
Die Kinder rannten um die Ecken und spielten Haschen und Verstecken.
Dem König selbst gefiel es dort: er wohnte darum auch am Ort.
Es gab ein goldenes Schloss für ihn, das glänzte, wenn die Sonne schien.
Und abends auf den Mauerzinnen, da sangen oft die Sängerinnen.
Es standen Kühe in den Gärten, wohin sie die Besitzer sperrten.
Auch sah man kleine Schafe weiden; die blökten freundlich und bescheiden.
Und Gott sah aus von seiner Höh und sah auf die Stadt Ninive.
Die schöne Stadt, sie macht ihm Sorgen, die Bosheit blieb ihm nicht verborgen.
Da tranken sie, da aßen sie. Die Hungernden vergaßen sie.
Der König schickte die Soldaten; die plünderten in fremden Staaten.
Und ihre schönen bunten Kleider, die nähten eingefangne Schneider.
Gott sprach, nachdem er das gesehen: „Nein, so kann es nicht weitergehen.“
Und sprach: „ Wenn sie sich nicht bekehrt, wird bald die schöne Stadt zerstört.“
Und Gott sah aus von seiner Höh und sah auf die Stadt Ninive.
Dann ließ er seine Blicke wandern langsam von einem Land zum andern,
sah Wald, sah Meer, sah das, sah dies – sah einen Mann, der Jona hieß.
„ Los, Jona“, sprach der Herr, „ nun geh auf schnellstem Weg nach Ninive!
Sag ihr mein Wort! Sei mein Prophet, weil es dort leider übel steht.
Da hilft nur eine kräftige Predigt, sonst ist die schöne Stadt erledigt!“
Doch Jona wurde blass vor Schreck und sagte zu sich: „ Nichts als weg!
Ich lösch´ mein Licht, verschließ mein Haus. Ich mach mich fort. Ich reiße aus.“
Den Blick nach Westen wandte er. Erst lief er nur. Dann rannte er.
Am Feld entlang – am Wald entlang – er sah sich um. Es war ihm bang.
Der Staub flog hoch. Er keuchte sehr, als liefe einer hinter ihm her.
Gott aber, der den Weg schon kannte, sah lächelnd zu, wie Jona rannte.
Am Ende kam der müde Mann am weiten blauen Meere an.
Da roch die Lust nach Salz und Tang. Da fuhrn die Fischer aus zum Fang.
Matrosen sah man lachend schlendern, erzählten sich von fremden Ländern.
Noch lag ihr Schiff an festen Tauen. Noch sangen die Matrosenfrauen.
Als Jona alles angestaunt, da war er wieder gut gelaunt.
Er sagte zu dem Kapitän: „ Wohin soll denn die Reise gehen?“
„ Nach Tharsis geht es“, sagte der, „ weit weg von hier, weit übers Meer.“
„ Je weiter“, rief er, „ desto besser! Hört zu: Ich bin kein starker Esser,
ich nehme wenig Platz euch weg und zahle gut. Lasst mich an Deck!“
So zahlte er und ging an Bord. Und bald darauf, da fuhrn sie fort.
Das Meer war weit. Das grüne Land, es wurde kleiner und verschwand.
„ Ahoi!“ rief Jona. „ Klar bei See! Ich gehe nicht nach Ninve!“
Dann langsam sank die Sonne unter. So stieg er in das Schiff hinunter.
Und weil er nicht geschlafen hatte, legt er sich in die Hängematte.
Und Gott sah aus von seiner Höh und sah auf die Stadt Ninive
Und sah das Schiff, schon weit vom Hafen, und sah: Jetzt der Jona schlafen.
Auf einmal gab es einen Stoß. Das Schiff stand schief. Ein Sturm brach los.
Die Wellen schwappten über Deck und spülten alle Bänke weg.
Das Ruder schlug und brach zuletzt. Das große Segel hing zerfetzt.
Nun rollten Donner, zuckten Blitze. Der hohe Mast verlor die Spitze.
Das Schiff, es wurde hochgehoben und zeigte manchmal steil nach oben.
Den armen Leuten auf dem Schiff war bange, als der Sturmwind pfiff.
Sie liefen ängstlich hin und her. Ihr Boot schien ihnen viel zu schwer.
Sie nahmen alles, was sie hatten: den Anker und die Hängematten,
den Kompass und das Wetterhaus, und warfen es zum Schiff hinaus.
Dann wollten sie in ihren Nöten ein Lied anstimmen oder beten.
So riefen sie – weil sie nicht wussten, zu wem sie wirklich beten mussten;
Denn Gott war ihnen unbekannt – : „Hilf, wer das kann, hilf uns an Land!“
Zu Jona lief der Kapitän und bat ihn, endlich aufzustehn.
„Auf! Auf!“ befahl er dem Propheten, „ wenn du es kannst, dann hilf uns beten!“
Inzwischen sagten die Matrosen, sie wollten miteinander losen.
Wer nun das schwarze Los bekäm, der wäre schuld an alledem.
Und Jona zog das schwarze Los. Und jeder sprach:“ Wer ist das bloß?“
„ Ich bin“, sprach Jona, „ ein Hebräer. Ich flieh – und doch kommt Gott mir näher.
Ja, Gott, dem bin ich wohlbekannt. Hat mich nach Ninive gesandt.
Da bin ich vor ihm ausgerissen und wird nun wohl ertrinken müssen“.
Zuerst versuchten die Matrosen es noch mit Rudern und mit Stoßen.
Doch als es gar nicht anders ging und schon das Schiff zu sinken anfing,
da nahmen sie den Jona her und warfen ihn hinaus ins Meer.
Sie sahn ihm nach, wie er verschwand, und riefen:“ Gott, bring uns an Land!“
Und siehe da – die Winde schwiegen, die Wolke schwand, die Sterne stiegen.
Es wurde still all über´m Meer. Das Schiff zog ruhig wie vorher.
Und sie erholten sich allmählich, sie lobten Gott und wurden fröhlich.
Bald sahn sie auch ein Land von weiten und kamen dort zu guten Leuten.
Der arme Jona schwamm inzwischen im Meer herum mit lauter Fischen.
Es war nicht Schiff noch Insel da, nur blaues Meer, soweit man sah.
Er war zum Glück keine schlechter Schwimmer; doch bis nach Hause- nie und nimmer!
Da plötzlich teilten sich die Wogen. Es kam ein großer Fisch gezogen.
Dem hatte Gott der Herr befohlen, den nassen Jona heimzuholen.
Sein Maul war groß, wie eine Tür. Das sperrt er auf und sagte:“ Hier!“
Er saugte den Propheten ein. Der rutschte in den Bauch hinein.
Dort saß er, glitschig, aber froh: denn nass war er ja sowieso.
Da hat er in des Bauches Nacht ein schönes Lied sich ausgedacht.
Das sang er laut und sang er gern. Er lobte damit Gott den Herrn.
Der Fischbauch war wie ein Gewölbe: das Echo sang nochmal dasselbe.
Die Stimme schwang, das Echo klang, der ganze Fisch war voll Gesang.
Am dritten Tag im Abendlicht, da kam das grüne Land in Sicht.
Der Fisch, der würgte sehr und spuckte, bis Jona aus dem Maul ihm guckte.
Nun sprang der Jona auf den Strand und winkte, bis der Fisch verschwand.
Und Gott sah aus von seiner Höh´ und sah auf die Stadt Ninive.
Sah auch den guten Fisch und sah: Jetzt ist der Jona wieder da.
Und sprach zu ihm: „Nun aber geh auf schnellstem Weg nach Ninive!“
Da ging er los und floh nicht mehr. Viel Tag und Nächte wandert er.
Er kam ans Tor und ging hinein. Die Stadt war groß, er war allein.
Und trotzdem fasste er sich Mut, hielt seine Predigt, kurz und gut,
und rief auf Plätzen und Straßen, wo Leute standen oder saßen:
„ Noch vierzig Tage, spricht der Herr, dann gibt es Ninive nicht mehr.
Die Stadt ist groß. Die Stadt ist schön. Was böse ist, muss untergehn.“
Die Leute, wie man denken kann, die hörten das mit Schrecken an.
Sie hatten nie daran gedacht und schliefen nicht die nächste Nacht.
Und morgens war die Lust dahin, die schönen Kleider anzuzieh´n.
Sie zogen einfach Säcke über und eine alte Schürze drüber.
Es sang kein Mensch ein frohes Lied mehr. Sie hatten keinen Appetit mehr.
Sie aßen nicht. Sie tranken nicht. Sie dachten nur ans Strafgericht.
Und als der König das erfuhr, erschrak er auch und nickte nur.
Er zog den Purpurmantel aus und schickte seinen Koch nach Haus.
Er nahm nicht Schuh noch Fingerring, weil er im Sack und barfuß ging.
Sein Herold rief mit Hörnerklang: „Befehl: Ihr sollt drei Tage lang
Bedenken in der ganzen Stadt, was Jona euch gepredigt hat,
was jeder Böses hat getan und wie er`s besser machen kann.
Ihr sollt die Kleider und das Essen, ja selbst einmal das Vieh vergessen.
Ihr sollt in Häusern und in Hütten den Herrn um sein Erbarmen bitten.
Vielleicht ist es noch nicht zu spät, dass unsre Stadt nicht untergeht.“
Und Gott sah aus von seiner Höh´ und sah auf die Stadt Ninive
Und sah die traurigen Gestalten und sprach: „ Ich will die Stadt erhalten.“
Da waren alle Leute froh und ihre Tiere ebenso.
Nur Jona nicht. Den packt` die Wut. Er sprach zu Gott: „Du bist zu gut!
Das hab ich nun von meiner Predigt: die böse Stadt bleibt unbeschädigt.
Ich hatte mir das gleich gedacht, mich deshalb aus dem Staub gemacht.
Gott aber sprach und wundert` sich: „ Mein lieber Jona, ärgert`s dich?“
Da hatte Jona alles satt und ging verdrießlich aus der Stadt.
Er hat sich auf dem freien Feld ein kleines Häuschen aufgestellt.
Dort konnte er sehen aus der Nähe, was weiter mit der Stadt geschähe.
Doch als er schlief die nächste Nacht, hat Gott ihm ein Geschenk gemacht.
Als früh er vor die Türe trat – ein heißer Morgen war es grad -,
da traut` er seinen Augen kaum, da war`s gewachsen wie ein Baum,
ein Rizinus, ein grüner Strauch mit festem Stamm und Zweigen auch;
und weil die breite Blätter hatten, lag seine Hütte nun im Schatten.
Da freute sich der Jona sehr und dacht an keinen Ärger mehr.
Er streckt` sich aus im Sommerwetter und sah die Sonne durch die Blätter.
Ja, sagte er, so ist`s gemütlich! Der ganze Tag war blau und friedlich.
Doch ach, schon in der nächsten Nacht, noch ehe Jona aufgewacht,
da kam ein giftiger Wurm gekrochen, der hat den Rizinus gestochen.
Als Jona vor die Türe trat – ein heißer Morgen war es grad -,
erschrak er sehr und sah sofort: Sein Rizinus war ganz verdorrt.
Die Blätter hingen schlapp und braun, ganz kahl und traurig anzuschaun.
Die Sonne stach. Ein Wind ging heiß. Der arme Jona stand in Schweiß.
Da weinte er. Da sagte er: „Ach, wär ich tot! Ich kann nicht mehr.“
Gott sprach zu ihm ein gutes Wort: „ Jetzt weinst du, weil dein Baum verdorrt,
den du nicht wachsen lassen kannst und den du nicht mal selbst gepflanzt.
Da sollte ich nicht traurig werden, wenn meine Kinder dort auf Erden
Verderben und zugrunde gehen, weil sie mein Wort nicht gut verstehn?
Da sollte ich die Stadt nicht schonen, in der so viele Menschen wohnen,
so viele Eltern, viele Kinder, so viele arme, dumme Sünder,
so viele fröhliche Gesellen – dazu die Tiere in den Ställen!
Vielleicht für dich zum guten Schluss wächst bald ein neuer Rizinus.
Bestimmt, du wirst dich an dem neuen genauso wie am alten freuen.
Dann denke: So in seiner Höh´ freut sich der Herr an Ninive.“

Autor Klaus-Peter Hertzsch

admin-anne

   

Gesperrte Frauen entdecken wahre Freiheit
Wach auf, Ninive!

Danke für Ihr Reinschauen und herzliche Grüße...
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