100 Millionen Christen werden verfolgt
Homilie am Fest des heiligen Stephanus
26. Dezember 2015, Lesejahr C
L: Apg 6,8-10; 7,54-60; Ev: Mt 10,17-22
Alle liturgischen Texte finden Sie im Schott-Messbuch online
Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!
Es gibt eine sehr ansprechend gestaltete „Jugendbibel der Katholischen Kirche“. Unser Heiliger Vater Papst Franziskus hat dazu selber ein Vorwort verfasst. Er schreibt darin unter anderem:
„Heute gibt es mehr verfolgte Christen als in den Anfangszeiten der Kirche. Und warum werden sie verfolgt? Sie werden verfolgt, weil sie ein Kreuz tragen und Zeugnis für Jesus ablegen. Sie werden verurteilt, weil sie eine Bibel besitzen.“
Tatsächlich sind weltweit noch nie zuvor in der Geschichte so viele Christen diskriminiert, bedroht und verfolgt worden wie heute. Bis zu 100 Millionen Christen sind davon betroffen. Das Recht auf Religionsfreiheit wird in rund 50 Staaten der Welt missachtet. So kann uns das Fest des heiligen Stephanus aufs Neue bewusstmachen, dass unser christlicher Glaube nicht einfach etwas Harmloses und Unverbindliches ist, sondern unter Umständen eine Entscheidung über Leben und Tod bedeutet.
Das Christentum ist eine Religion der Liebe und nicht der Gewalt. Unser Herr Jesus Christus fordert sogar die Feindesliebe. Der heilige Stephanus, einer der ersten sieben Diakone der Urkirche, hat diese Liebe geübt. Nachdem er in aller Klarheit die Wahrheit über Jesus Christus bekannt hatte und sich deshalb den Zorn seiner Gegner zugezogen hatte, war er bereit, von ihrer Hand den Tod durch Steinigung zu erleiden. Noch im Sterben betete er für seine Peiniger zu Gott: „Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an!“
Das Kind in der Krippe zu Bethlehem ist der Fürst des Friedens inmitten einer Welt von Gewalt. Wer sich im Glauben zu Jesus Christus bekennt, darf selber den Frieden erfahren und dann weitergeben. Es ist der Friede mit Gott, der im eigenen Herzen spürbar ist, und dann auch der Friede mit allen Menschen, mit denen wir zusammenleben.
Diese Friedensbereitschaft der Zeugen Christi bedeutet aber nicht den Verzicht auf Wahrheit und Gerechtigkeit. Nur dort, wo die Wahrheit gesagt werden darf und die Gerechtigkeit regiert, kann auf Dauer auch Friede herrschen. Die Bekenner und Märtyrer der Kirche sind mit ihrem Leben für das eingestanden, wovon sie überzeugt waren.
Das internationale Hilfswerk „Kirche in Not“ veröffentlicht einen Bericht darüber, wie Weihnachten heuer in Aleppo gefeiert wird: „Hunderttausende Christen lebten vor Beginn des Krieges in Aleppo. Heute sind es nur noch wenige zehntausend. Viele wurden getötet, andere sind geflohen. Die Stadt ist ein Trümmerfeld. ‚Das Leben bei uns ist sehr hart. Strom und Wasser gibt es oft tagelang nicht. Jetzt im Winter ist es bitterkalt. Kürzlich habe ich eine Familie besucht: Eltern und Kinder hausten weiterhin in ihrer Wohnung, obwohl sie von Raketen schwer beschädigt war. Mein Herz hat geweint‘“, erzählt eine Ordensschwester.
Die Geschenke und Spenden aus dem Ausland sind für die Christen in der „Hölle von Aleppo“ ein Hoffnungsschimmer in einer trostlosen Zeit. „Das ist für uns das fünfte Weihnachtsfest im Krieg. Natürlich werden die Menschen an den Festtagen in die Kirche gehen. Aber die Freude, die wir alle einmal an Weihnachten spürten, ist weg. Geblieben ist nur noch Traurigkeit.“ Dennoch staune sie immer wieder über die Zuversicht und den tiefen Glauben der Menschen, so Schwester Annie. „Die Menschen vertrauen auf Gott. Und sie freuen sich, dass ihre Mitchristen im Ausland sie nicht vergessen haben.“
Ja, denken auch wir im Gebet an alle Christen in der Welt, die um ihres Glaubens willen bedroht sind und verfolgt werden. Unsere Liebe darf keine Grenzen haben und muss auch das Gebet um die Bekehrung der Verfolger miteinschließen!
Amen.
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