Allgäu: Gebetsstätte Wigratzbad bald mit neuer Leitung durch die „Familie Mariens“
Veröffentlicht: 21. April 2021 | Autor: Felizitas Küble | Abgelegt unter: Rädler, Antonie (Wigratz) | Tags: Alfons Sarrach, Amsterdamer Erscheinungen, Augsburg, Bischof Betram Meier, Bischof Zdarsa, Charismatik, Direktor Nikolaus Maier, Direktor Rimmel, Erscheinungen, Familie Mariens, Führungswechsel, Gebetsstätte, Miterlöserin, Pilgerseelsorge, Priestersemiinar St. Petrus, Wigratzbad |Hinterlasse einen Kommentar
Von Felizitas Küble
Die erscheinungsbewegte Gemeinschaft „Familie Mariens“ wird ab 1. September 2021 die Leitung und Pilger-Seelsorge an der Gebetsstätte Wigratzbad (siehe Foto) im Allgäu übernehmen, wie das Bistum Augsburg sowie die charismatische Nachrichtenseite „Kath.net“ vor fünf Tagen berichter hat:
Für „Kath.net“ ist diese Meldung zweifellos höchst erfreulich, was sich auch in den Leserkommentaren zeigt, die sich fast alle in Begeisterung wiegen und diese bischöfliche Entscheidung großartig bis „überfällig“ finden.
Der Hintergrund ist hierbei folgender:
Vor zehn Jahren wollte der damalige Augsburger Bischof Konrad Zdarsa den schwarmgeistigen Umtrieben in Wigratzbad Einhalt gebieten. Die dortigen Seminare mit selbsternannten Wunderpredigern und sonstigen „Begnadeten“ uferten immer mehr aus. Der Bischof kritisierte sodann, etliche Referenten kämen ohne Anerkennung ihres Herkunftsbistums nach Wigratzbad.
Zudem gab es ein Verbot des Buches „Sieg der Sühne“ seitens des Ordinariats. In diesem Werk des erscheinungsfixierten Autors Alfons Sarrach wurde manches aus der Wigratzbader Entstehungsgeschichte sehr dick aufgetragen oder teils reichlich verstiegen interpretiert. (Siehe unsere damalige Pressemitteilung:
Um die wundersüchtigen Spektakel in dieser diözesanen Gebetsstätte einzugrenzen, wurde der damalige Direktor Thomas Maria Rimmel abgelöst und durch einen bodenständigen Pfarrer namens Nikolaus Maier ersetzt. Dieser neue Leiter sorgte für eine gediegene Pilger-Pastoral und solide Exerzitien, Andachten und sonstige Frömmigkeitsübungen.
Auch der überlieferten Liturgie steht er wohlwollend gegenüber. Direkt neben der Wallfahrtsstätte befindet sich nämlich das traditionsorientierte Priesterseminar St. Petrus, das die „alte“ Messe zelebriert. Organisatorisch sind aber beide Werke selbständig – sie befinden sich lediglich auf einem benachbartem Gelände.
Inzwischen waltet im Bistum Augsburg ein neuer Bischof seines Amtes, nämlich Betram Meier, der bislang teils durch reformfreudige Vorschläge (etwa zur Einführung von „Diakoninnen“) aufgefallen ist.
Umso erstaunlicher wirkt seine jetzige Personalentscheidung in Wigratzbad, denn liberale Oberhirten haben mit Erscheinungen, Visionen und Charismatik normalerweise nichts am Hut – dies ist eher eine typische Gefährdung für das konservative bis traditionalistische Spektrum.
Als wäre es nicht schon merkwürdig genug, der seriösen Arbeit von Direktor Maier ein Ende zu setzen, erscheint der Führungswechsel noch rätselhafter, wenn man bedenkt, daß ausgerechnet die kuriose Gemeinschaft „Familie Mariens“ mit der künftigen Leitung betraut wird.
Die 1968 gegründete Vereinigung, die aus Priestern und Nonnen besteht, wurde zwar im Jahre 2008 von der römischen Kleruskongregation anerkannt, allerdings unter der Voraussetzung, daß sie ihren Namen ändert: So wurde aus der „Familie Mariens, der Miterlöserin“ die Kurzform „Familie Mariens“.
Den früheren Namen hat der leitende Pater Paul M. Sigl in einem seiner älteren Bücher verwendet: „Die Frau aller Völker – Miterlöserin, Mittlerin, Fürsprecherin – herausgegeben von der Familie Mariens der Miterlöserin„ – Der wohl ziemlich leichtgläubige Geistliche war einst dem straffällig gewordenen Sektierer Seidnitzer auf den Leim gegangen (Näheres dazu hier: wikipedia.org/wiki/Gebhard_Paul_Maria_Sigl).
Der usprüngliche Titel dieser Kommunität kommt nicht von ungefähr, sondern von den Amsterdamer Erscheinungen, in welchen die angebliche Madonna bereits in den 50er Jahren vom Papst verlangte, ein neues Dogma zu verkünden, wonach sie Fürsprecherin, Mittlerin und Miterlöserin sei.
Diesem verstiegenen Ansinnen ist freilich seitdem kein Papst nachgekommen (woran sich aus theologischen Gründen auch nichts ändern wird), was mit dem umstrittenen Titel „Miterlöserin“ zusammenhängt. (Hingegen würde „Fürsprecherin“ dogmatisch keinerlei Probleme aufwerfen; der Ausdruck „Mittlerin“ wäre – je nach Auslegung – zumindest erklärungsbedürftig).
Auf dem Amsterdamer „Gnadenbild“ sieht man die sog. „Frau aller Völker“, wie sie sich direkt vor das Kreuz stellt und damit Christus buchstäblich verdeckt; bekanntlich stand die echte Gottesmutter tapfer und treu u n t e r dem Kreuz unseres Erlösers.
Allerdings existierte in Wigratzbad seit Jahrzehnten eine seltsame Neigung zu eben jenen Erscheinungen der „Frau aller Völker“ (FaV). Schon in den 70er und 80er Jahren wurde unter Einsatz von Pater Johannes Schmid nach Rosenkränzen und Andachten gerne jene Anrufung gebetet, in welcher von der „Frau aller Völker, die einst Maria war“ die Rede ist.
Bekanntlich hat der Vatikan jenen Text korrigiert, so daß jetzt stattdessen zur „seligen Jungfrau Maria“ gebetet werden soll – doch manche hartnäckigen Anhänger von Amsterdam halten sich nicht an diese kirchliche Vorgabe. Bisweilen werden die gedruckten Gebetszettel sogar handschriftlich verschlimmbessert, was man auch hier im hohen Norden bei diversen Gebetsgruppen erleben kann….
Der internationale Leiter jener „Familie Mariens“, die demnächst in Wigratzbad das Sagen hat, ist nach wie vor Pater Paul Maria Sigl. Neuer Direktor der Gebetsstätte wird sein Mitbruder Pater Florian M. Kerschbaumer, der dabei von Ordensschwestern – ebenfalls aus der „Familie Mariens“ – unterstützt werden soll.
Besagte „Familie Mariens“ konzentriert sich zwar auf die Amsterdamer Erscheinungen, steht aber auch Medjugorje sehr nahe – und passenderweise dem charismatischen Seminarhaus in Hochaltinge ebenfalls; dort haben die Patres Sigl und Kerschbaumer seit Jahren ihre Exerzitien durchgeführt. Zudem gehört Kerschbaumer zur Anhängerschar der kirchlich nicht anerkannten „Liebesflammen“-Visionen aus Ungarn.
Damit schließt sich der Kreis bzw. die Umarmung zwischen Pseudo-Mystik und katholisch gestricktem „Pfingstlertum„, eine kirchengeschichtlich recht neue Kombination, die vor allem durch Medjugorje und diverse indische Heilungsprediger immer weitere Kreise gezogen hat.
Als wäre nicht all dies schon bedenklich genug, stützt sich die vom Bischof mit der Pilgerleitung beauftragte Gemeinschaft mit der „Frau aller Völker, die einst Maria war“ ausgerechnet auf jene „Erscheinungen“, zu denen der Vatikan noch unlängst seine ablehnende Haltung betont hat: