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Aufruf der Ratzinger-Schülerkreise: Das geweihte Amt erneuern durch Jesus Christus
"In Zeiten der Krise und der schmerzhaften Reinigung der Kirche sind es nicht in erster Linie Strukturreformen, die Heilung und Hilfe bringen, sondern das authentisch gelebte Glaubenszeugnis."
Prof. Marianne Schlosser
ROM , 28 September, 2019 / 7:05 PM (CNA Deutsch).-
Eine "Theologie auf Knien" von "einem Mann, der wirklich glaubt": Mit diesem Zitat von Papst Franziskus über seinen Vorgänger hat Kardinal Kurt Koch am heutigen Samstag in Rom das erste öffentliche Symposium der beiden Ratzinger-Schülerkreise eröffnet.
Es wurde eine bemerkenswerte Premiere, bei der Ursachen und eine mögliche Klärung der aktuellen Krise der Kirche benannt wurden – sowohl in einer Reihe von Statements, als auch in einer zum Abschluss veröffentlichten Botschaft, die zu einem sakramentalen Verständnis des Weiheamtes aufrief. Dabei wurde das Zölibat verteidigt und die Krise des Glaubens von prominenten Intellektuellen der Kirche analysiert.
"In Zeiten der Krise und der schmerzhaften Reinigung der Kirche sind es nicht in erster Linie Strukturreformen, die Heilung und Hilfe bringen, sondern das authentisch gelebte Glaubenszeugnis. Nur wenn sich der gemeinsame Blick auf Jesus Christus als wahrer Mensch und wahrer Gott richtet, wird sich die Kirche erneuern", heißt es in der Schülerkreise-Stellungnahme.
Eine klare Absage an ein falsches Verständnis von Priestertum, Sakramenten und den Zölibat – etwa als "Pflicht"- oder gar "Zwangs"-Zölibat – erteilte dabei unter anderem Professorin Marianne Schlosser.
Die Erklärung der Ratzinger-Schülerkreise sagt dazu:
"Die Größe dieses Geschenkes ist durch Skandale verdunkelt und die Glaubwürdigkeit erschüttert. Ein Ausweg kann nur gefunden werden, wenn klar ist und bleibt, worin das Wesen des kirchlichen Weiheamtes besteht und es durch das Leben bezeugt wird."
Die Theologie von Papst Benedikt XVI. gebe Antworten auf diese doppelte Herausforderung und zeige einen Weg auf, "der sich der Überlieferung verbunden weiß und zu jener Reform führt, die das Leben auf Christus hin ausrichtet und ihm Glaubwürdigkeit verleiht", so die Schülerkreise-Erklärung.
Die Tagung begann mit einer Würdigung Benedikts und den "lieben Grüßen und Segenswünschen des emeritierten Papstes", den er "vergangene Woche besucht" habe, wie Kardinal Koch sagte.
"Die Katholische Kirche muss sakramental sein, und daher auch hierarchisch", betonte der Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, in seiner Hinführung auf das Thema der Tagung – "aktuelle Herausforderungen des kirchlichen Weiheamtes".
Dieses sei getragen "vom Anliegen, sich der spirituellen und theologischen Grundlagen des Weiheamtes neu zu vergewissern".
Wie brennend aktuell dieses Anliegen ist, zeigte auch das öffentliche Interesse: Aufgrund des Besucherandrangs musste das Symposium vom Campo Santo Teutonico in das Institutum Patristicum Augustinianum verlegt werden.
Professor Karl-Heinz Menke, Ratzinger-Preisträger, Priester und Theologe, konstatierte in seiner Rede, das sakramentale Amt in der Kirche stehe in der Kritik – nicht erst seit dem Missbrauchsskandal und den neu entfachten Diskussionen um den Zölibat und das Frauenpriestertum.
Es gebe theologische Tendenzen, die die Sakramentalität der Kirche insgesamt und die Unterscheidung des besonderen Priestertums der Ordinierten vom gemeinsamen Priestertum aller Getauften hinterfragen. Doch der Zölibat ist nicht nur Verzicht, sondern auch Kehrseite einer Bejahung, betonte Menke: "Alles hängt an der lebendigen Christus-Beziehung".
Menke zitierte Karl Rahner: "Wer seinen Zölibat zur Tat der selbstlosen Liebe macht – und das ist in Gottes erlösender Gnade möglich –, der ist ebenso glücklich, wie man es in der Ehe sein kann, der findet jene 'vollkommene Freude', die der hat, der gelassen zu weinen versteht."
Die Forderungen nach einem "Priestertum der Frau" schloss der renommierte Theologe mit aller Deutlichkeit aus.
"Das sakramentale Amt in der Kirche ist eine Stiftung Christi und deshalb an Vorgaben gebunden, über die auch Papst und Konzil nicht verfügen können. Die Bindung des apostolischen Amtes an das männliche Geschlecht geschieht aus Treue zur biblisch bezeugten Heilsgeschichte, nicht aus Treue zu einer von der Kirche verordneten Regel", so Menke.
Das eine sei die Frage nach dem Frauenpriestertum; etwas anderes aber sei die berechtigte Forderung nach geschlechtergerechter Partizipation der Frau, "wo immer dies kirchenrechtlich möglich ist".
"Lassen Sie mich schließen mit einem Zitat des Papstes, in dessen Namen wir hier versammelt sind: 'Die Kirche hat es nicht in der Hand, je nach Wunsch 'zeitgemäß' zu sein; sie darf nicht Christus und Christentum an der Zeit und ihrer Mode messen, sondern sie muss umgekehrt die Zeiten unter das Maß Christi stellen'", endete Menke.
Einen Schwerpunkt auf die Taufe legte María Esther Gómez de Pedro, die in ihrem Vortrag dieses Sakrament als das Eingangstor zur Familie Gottes bezeichnete: Einen Zugang, der das ganze Leben "zu einer Opfergabe für Gott und zu einem Dienst der Liebe für unsere Brüder und Schwestern" machen könne.
Der Frage nach dem "Wozu" des geweihten Amtes in der Kirche stellte sich der Priester und Trierer Professor für Kirchenrecht, Christoph Ohly. Die Antwort entfaltete der Vereinsvorsitzende des neuen Ratzinger-Schülerkreises vom Ursprung in Jesus Christus: Damit sei die Überzeugung verbunden, dass Jesus Christus selbst seiner Kirche das apostolische Amt eingestiftet hat, um auf sakramentale Weise im Sein und Wirken des Priesters gegenwärtig zu sein.
"Die Gabe der Gleichgestaltung mit Christus wird konsequenterweise zur Auf-Gabe des Priesters, in seinem Lebensstil, in seinen menschlichen Haltungen, in seinem geistlichen Leben ebenso wie in den ihm zukommenden Aufgaben."
Dem Verständnis vom Priesteramt als Funktion widersprach die Theologie-Professorin Marianne Schlosser. Sie betonte, dass nach katholischem Verständnis die Priesterweihe den Ruf in die persönliche Nachfolge Christi, des Guten Hirten bedeutet.
"Damit erscheint das zölibatäre Leben unter vielerlei Hinsicht konvenient: Es ist die Lebensweise Jesu, der sein Leben gegeben hat für die Menschen, bis zum Tod."
Da es im Neuen Testament kein anderes Priestertum als das der Teilhabe am Priestertum Christi gebe, sei auch das Teilen der Lebensweise Jesu angemessen für diejenigen, die sein Wort verkünden und "in seiner Person" handeln.
Der Zölibat sei daher ein sprechendes Zeugnis der glaubenden Hoffnung auf das Ewige Leben, so Marianne Schlosser weiter.
"Durch den Verzicht auf Ehe und eigene Familie soll die großherzige Liebe zur Familia Christi wachsen, wie auch die persönliche Verbundenheit mit dem Herrn."
Kardinal Gerhard Ludwig Müller erinnerte daran, dass der christliche Glaube sich am Wort Gottes orientiere. Andere Offenbarungen gebe es für die Katholische Kirche nicht. Das habe auch Papst Johannes Paul II. in Veritatis Splendor bekräftigt. Und das gelte auch für den deutschen "Synodalen Weg" wie die Amazonas-Synode: Erneuerung gibt es nur in Christus, betonte der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation.
LINK-TIPP: Den vollen Wortlaut der Erklärung lesen Sie hier.
Zitat von Gast im Beitrag #1
Aufruf der Ratzinger-Schülerkreise: Das geweihte Amt erneuern durch Jesus Christus
"In Zeiten der Krise und der schmerzhaften Reinigung der Kirche sind es nicht in erster Linie Strukturreformen, die Heilung und Hilfe bringen, sondern das authentisch gelebte Glaubenszeugnis."
Prof. Marianne Schlosser
ROM , 28 September, 2019 / 7:05 PM (CNA Deutsch).-
Eine "Theologie auf Knien" von "einem Mann, der wirklich glaubt": Mit diesem Zitat von Papst Franziskus über seinen Vorgänger hat Kardinal Kurt Koch am heutigen Samstag in Rom das erste öffentliche Symposium der beiden Ratzinger-Schülerkreise eröffnet.
Es wurde eine bemerkenswerte Premiere, bei der Ursachen und eine mögliche Klärung der aktuellen Krise der Kirche benannt wurden – sowohl in einer Reihe von Statements, als auch in einer zum Abschluss veröffentlichten Botschaft, die zu einem sakramentalen Verständnis des Weiheamtes aufrief. Dabei wurde das Zölibat verteidigt und die Krise des Glaubens von prominenten Intellektuellen der Kirche analysiert.
"In Zeiten der Krise und der schmerzhaften Reinigung der Kirche sind es nicht in erster Linie Strukturreformen, die Heilung und Hilfe bringen, sondern das authentisch gelebte Glaubenszeugnis. Nur wenn sich der gemeinsame Blick auf Jesus Christus als wahrer Mensch und wahrer Gott richtet, wird sich die Kirche erneuern", heißt es in der Schülerkreise-Stellungnahme.
Eine klare Absage an ein falsches Verständnis von Priestertum, Sakramenten und den Zölibat – etwa als "Pflicht"- oder gar "Zwangs"-Zölibat – erteilte dabei unter anderem Professorin Marianne Schlosser.
Die Erklärung der Ratzinger-Schülerkreise sagt dazu:
"Die Größe dieses Geschenkes ist durch Skandale verdunkelt und die Glaubwürdigkeit erschüttert. Ein Ausweg kann nur gefunden werden, wenn klar ist und bleibt, worin das Wesen des kirchlichen Weiheamtes besteht und es durch das Leben bezeugt wird."
Die Theologie von Papst Benedikt XVI. gebe Antworten auf diese doppelte Herausforderung und zeige einen Weg auf, "der sich der Überlieferung verbunden weiß und zu jener Reform führt, die das Leben auf Christus hin ausrichtet und ihm Glaubwürdigkeit verleiht", so die Schülerkreise-Erklärung.
Die Tagung begann mit einer Würdigung Benedikts und den "lieben Grüßen und Segenswünschen des emeritierten Papstes", den er "vergangene Woche besucht" habe, wie Kardinal Koch sagte.
"Die Katholische Kirche muss sakramental sein, und daher auch hierarchisch", betonte der Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, in seiner Hinführung auf das Thema der Tagung – "aktuelle Herausforderungen des kirchlichen Weiheamtes".
Dieses sei getragen "vom Anliegen, sich der spirituellen und theologischen Grundlagen des Weiheamtes neu zu vergewissern".
Wie brennend aktuell dieses Anliegen ist, zeigte auch das öffentliche Interesse: Aufgrund des Besucherandrangs musste das Symposium vom Campo Santo Teutonico in das Institutum Patristicum Augustinianum verlegt werden.
Professor Karl-Heinz Menke, Ratzinger-Preisträger, Priester und Theologe, konstatierte in seiner Rede, das sakramentale Amt in der Kirche stehe in der Kritik – nicht erst seit dem Missbrauchsskandal und den neu entfachten Diskussionen um den Zölibat und das Frauenpriestertum.
Es gebe theologische Tendenzen, die die Sakramentalität der Kirche insgesamt und die Unterscheidung des besonderen Priestertums der Ordinierten vom gemeinsamen Priestertum aller Getauften hinterfragen. Doch der Zölibat ist nicht nur Verzicht, sondern auch Kehrseite einer Bejahung, betonte Menke: "Alles hängt an der lebendigen Christus-Beziehung".
Menke zitierte Karl Rahner: "Wer seinen Zölibat zur Tat der selbstlosen Liebe macht – und das ist in Gottes erlösender Gnade möglich –, der ist ebenso glücklich, wie man es in der Ehe sein kann, der findet jene 'vollkommene Freude', die der hat, der gelassen zu weinen versteht."
Die Forderungen nach einem "Priestertum der Frau" schloss der renommierte Theologe mit aller Deutlichkeit aus.
"Das sakramentale Amt in der Kirche ist eine Stiftung Christi und deshalb an Vorgaben gebunden, über die auch Papst und Konzil nicht verfügen können. Die Bindung des apostolischen Amtes an das männliche Geschlecht geschieht aus Treue zur biblisch bezeugten Heilsgeschichte, nicht aus Treue zu einer von der Kirche verordneten Regel", so Menke.
Das eine sei die Frage nach dem Frauenpriestertum; etwas anderes aber sei die berechtigte Forderung nach geschlechtergerechter Partizipation der Frau, "wo immer dies kirchenrechtlich möglich ist".
"Lassen Sie mich schließen mit einem Zitat des Papstes, in dessen Namen wir hier versammelt sind: 'Die Kirche hat es nicht in der Hand, je nach Wunsch 'zeitgemäß' zu sein; sie darf nicht Christus und Christentum an der Zeit und ihrer Mode messen, sondern sie muss umgekehrt die Zeiten unter das Maß Christi stellen'", endete Menke.
Einen Schwerpunkt auf die Taufe legte María Esther Gómez de Pedro, die in ihrem Vortrag dieses Sakrament als das Eingangstor zur Familie Gottes bezeichnete: Einen Zugang, der das ganze Leben "zu einer Opfergabe für Gott und zu einem Dienst der Liebe für unsere Brüder und Schwestern" machen könne.
Der Frage nach dem "Wozu" des geweihten Amtes in der Kirche stellte sich der Priester und Trierer Professor für Kirchenrecht, Christoph Ohly. Die Antwort entfaltete der Vereinsvorsitzende des neuen Ratzinger-Schülerkreises vom Ursprung in Jesus Christus: Damit sei die Überzeugung verbunden, dass Jesus Christus selbst seiner Kirche das apostolische Amt eingestiftet hat, um auf sakramentale Weise im Sein und Wirken des Priesters gegenwärtig zu sein.
"Die Gabe der Gleichgestaltung mit Christus wird konsequenterweise zur Auf-Gabe des Priesters, in seinem Lebensstil, in seinen menschlichen Haltungen, in seinem geistlichen Leben ebenso wie in den ihm zukommenden Aufgaben."
Dem Verständnis vom Priesteramt als Funktion widersprach die Theologie-Professorin Marianne Schlosser. Sie betonte, dass nach katholischem Verständnis die Priesterweihe den Ruf in die persönliche Nachfolge Christi, des Guten Hirten bedeutet.
"Damit erscheint das zölibatäre Leben unter vielerlei Hinsicht konvenient: Es ist die Lebensweise Jesu, der sein Leben gegeben hat für die Menschen, bis zum Tod."
Da es im Neuen Testament kein anderes Priestertum als das der Teilhabe am Priestertum Christi gebe, sei auch das Teilen der Lebensweise Jesu angemessen für diejenigen, die sein Wort verkünden und "in seiner Person" handeln.
Der Zölibat sei daher ein sprechendes Zeugnis der glaubenden Hoffnung auf das Ewige Leben, so Marianne Schlosser weiter.
"Durch den Verzicht auf Ehe und eigene Familie soll die großherzige Liebe zur Familia Christi wachsen, wie auch die persönliche Verbundenheit mit dem Herrn."
Kardinal Gerhard Ludwig Müller erinnerte daran, dass der christliche Glaube sich am Wort Gottes orientiere. Andere Offenbarungen gebe es für die Katholische Kirche nicht. Das habe auch Papst Johannes Paul II. in Veritatis Splendor bekräftigt. Und das gelte auch für den deutschen "Synodalen Weg" wie die Amazonas-Synode: Erneuerung gibt es nur in Christus, betonte der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation.
LINK-TIPP: Den vollen Wortlaut der Erklärung lesen Sie hier.
Dokumentiert: Die Tagungsbotschaft der Ratzinger-Schülerkreise im Wortlaut
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Rege Aufmerksamkeit: Wegen des großen öffentlichen Interesses wurde das Symposium an einen größeren Veranstaltungsort verlegt
Foto: Evandro Inetti / CNA Deutsch
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Von CNA Deutsch
ROM , 28 September, 2019 / 7:00 PM (CNA Deutsch).-
CNA Deutsch dokumentiert den vollen Wortlaut der Tagungsbotschaft.
"Ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch überliefert habe"
Tagungsbotschaft
zum öffentlichen Symposium
"Aktuelle Herausforderungen des kirchlichen Weiheamtes"
Mit dem Symposion zum Thema "Aktuelle Herausforderungen des kirchlichen Weiheamtes" haben der Schülerkreis und der Neue Schülerkreis von Joseph Ratzinger / Papst Benedikt XVI. nach vielen Jahren erstmals eine größere Öffentlichkeit gesucht. Die Entscheidung dazu erfolgte aus der Überzeugung, dass die Zeit gekommen ist, das theologische Denken des emeritierten Papstes einem breiteren Publikum in Vorträgen und Diskussionen auch in dieser Weise zu erschließen. Wir sind froh und dankbar, dass dieser Einladung so viele Interessierte gefolgt sind und wir bringen unsere Hoffnung zum Ausdruck, dass dies ein guter Auftakt auch für unser künftiges Arbeiten sein wird.
Auch der Brief von Papst Franziskus an die Priester anlässlich des 160. Todestages des heiligen Pfarrers von Ars – vom 4. August 2019 – hat uns in der zuvor getroffenen Entscheidung bestärkt, uns dem Thema des kirchlichen Weiheamtes zu widmen. In einer "Zeit des Leidens", überschattet durch den Skandal des Missbrauchs, stellen wir uns dieser Herausforderung, um "nach Worten und Wegen der Hoffnung" zu suchen, damit in den "Zeiten der kirchlichen Reinigung" von neuem die Schönheit und Bedeutung des kirchlichen Weiheamtes als ein Geschenk des Herrn an seine Kirche erkannt und angenommen werden kann. Deshalb haben wir in unseren Überlegungen einen besonderen Akzent auf das sakramentale Weihepriestertum gelegt und es im Licht der Theologie von Joseph Ratzinger / Papst Benedikt XVI. zu durchdringen versucht.
Die Aussagen zum Weihepriestertum stehen in untrennbarem Zusammenhang mit der Frage nach dem Wesen der Kirche. Dabei lehnt sich die Theologie Joseph Ratzingers an das II. Vatikanische Konzil an und bietet eine authentische Interpretation desselben. Dies hatte bereits Papst Johannes XXIII. anerkannt, als er den von Professor Ratzinger für Kard. Frings vorbereiteten Vortrag zum Thema "Das Konzil und die moderne Gedankenwelt" mit großer Zustimmung zur Kenntnis nahm. Das letzte Konzil bezeichnet die Kirche als "allumfassendes Heilssakrament" (LG 48). Als solche ist sie "Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit" (LG 1). In der Kirche setzt der Auferstandene sein Heilswerk fort. In der Taufe gleichgestaltet mit Christus und der Kirche als seinem Leib eingegliedert erhält der Christ Anteil am Ewigen Leben und ist berufen, den Weg der Heiligkeit zu gehen. Zu einem solchen Leben und Zeugnisgeben sind alle Getauften im gemeinsamen Priestertum berufen. Im inneren Zentrum der Kirche sind – dies kommt in der Theologie Joseph Ratzingers deutlich zum Tragen – jene Menschen, die ein heiligmäßiges Leben führen. Darin besteht das Ziel des Christseins: die Gleichgestaltung mit Jesus Christus. Daher sind wir dankbar für alle Zeugnisse dieser Heiligkeit in Ehe und Familie, im gottgeweihten Leben und in allen anderen Formen, die sich auch heute in der Kirche finden lassen.
Um das Weiheamt zu verstehen, bedarf es einer sakramentalen Perspektive, wie sie im letzten Konzil dargelegt wird. Christus der Herr hat in seiner Kirche verschiedene Weiheämter eingesetzt, "die auf das Wohl des ganzen Leibes ausgerichtet sind" (LG 18). Berufung und Existenz des Priesters werden allein vom Willen Jesu Christi her bestimmt (vgl. Hebr 5,1ff) und leiten sich nicht ab von menschlichen Überlegungen oder kirchlichen Festlegungen. In ihm und mit ihm wird der Priester zum "Verkünder des Wortes und zum Diener der Freude".
Die Gleichgestaltung mit Christus, die der Priester im Sakrament der Weihe empfängt, unterscheidet sich nicht allein dem Grade, sondern dem Wesen nach vom gemeinsamen Priestertum (vgl. LG 10). Der Priester handelt "in der Person Christi, des Hauptes der Kirche" (agere in persona Christi capitis). Er ist kein Funktionär, vielmehr vollzieht er im Sein mit Christus seine von Gott her kommende Sendung. Dies wird besonders deutlich in der heiligen Vollmacht, von Sünden loszusprechen, Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi zu verwandeln, sowie die anderen Sakramente zu feiern. Der Priester repräsentiert auf sakramentale Weise Christus als den Guten Hirten (vgl. Joh 10,10). In diesem personalen Zueinander von Christus und Kirche, von Priester und Gläubigen, liegt gemäß der Lehre der Kirche der entscheidende, weil wesenhafte Grund für die sakramentale Repräsentanz Christi im Priester. Dabei repräsentiert er nicht Christus, wie es ein Botschafter täte, vielmehr handelt es sich um eine Real-Repräsentation, wobei die Kreuzesnachfolge das entscheidende Kriterium ist.
Von daher lassen sich grundsätzliche Aussagen im Hinblick auf den priesterlichen Lebensstil ableiten, der in Einklang mit dem Lebensstil Christi stehen muss. Nur dann wird die "Repräsentanz" des Priesters glaubhaft. Die Präsenz Christi darf nicht allein auf die sakramentale Handlung beschränkt werden, sondern muss im täglichen Leben erkennbar und wirksam werden. Daraus ergeben sich die Verpflichtungen zum Gehorsam und zum Zölibat als Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen, die menschlicher und geistlicher Ausdruck der sakramentalen Gleichgestaltung des Priesters mit Christus sind. Folglich impliziert die Priesterweihe die persönliche Nachfolge Christi, während die Sünde jener Skandal ist, der die Glaubwürdigkeit verdunkelt. Da der Priester von Christus her existiert, ist auch die Teilhabe an der Lebensweise Jesu "angemessen" (PO 5) für diejenigen, die in seiner Person handeln. Der Zölibat ist daher gemäß der ständigen Tradition der Lateinischen Kirche ein sprechendes Zeugnis der glaubenden Hoffnung und der großherzigen Liebe zu Christus und seiner Kirche.
In Zeiten der Krise und der schmerzhaften Reinigung der Kirche sind es nicht in erster Linie Strukturreformen, die Heilung und Hilfe bringen, sondern das authentisch gelebte Glaubenszeugnis. Nur wenn sich der gemeinsame Blick auf Jesus Christus als wahrer Mensch und wahrer Gott richtet, wird sich die Kirche erneuern.
Die Aussage des hl. Paulus "Ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch überliefert habe" (vgl. 1 Kor 11,23) spiegelt das Wesensmerkmal des Priesters wider. Die Größe dieses Geschenkes ist durch Skandale verdunkelt und die Glaubwürdigkeit erschüttert. Ein Ausweg kann nur gefunden werden, wenn klar ist und bleibt, worin das Wesen des kirchlichen Weiheamtes besteht und es durch das Leben bezeugt wird. Die Theologie Joseph Ratzingers / Papst Benedikt XVI. gibt Antworten auf diese doppelte Herausforderung und zeigt einen Weg auf, der sich der Überlieferung verbunden weiß und zu jener Reform führt, die das Leben auf Christus hin ausrichtet und ihm Glaubwürdigkeit verleiht.
Das Studium und das Gebet dieser Tagung vertrauen wir der Fürsprache und dem Beistand der Jungfrau und Gottesmutter Maria an, der Mutter der Kirche.
Rom, am 28. September 2019
Schülerkreis und Neuer Schülerkreis
Joseph Ratzinger / Papst Benedikt XVI.
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