Polizei hält ihn für den Täter
Ex-Freundin von Rebecca Reuschs Schwager packt aus: „Ihm ist öfter mal die Hand ausgerutscht“
31. Januar 2021 - 11:48 Uhr
Ex-Freundin berichtet von Gewalt in der Beziehung zu Florian R.
Er gilt bisher als einziger Verdächtiger im Fall der vermissten Rebecca Reusch aus Berlin: Florian R., der Schwager der Jugendlichen. Die damals 15-Jährige verschwand am 18. Februar 2019 aus dem Haus ihrer älteren Schwester. Die Polizei vermutet jedoch, dass Rebecca dort nicht lebend herauskam. Schnell gerät Florian R. ins Visier der Ermittler. Doch was spricht dafür, dass er Rebecca umgebracht haben könnte? Für einen Haftbefehl gegen ihn gibt es nicht genug Beweise. Jetzt hat die angebliche Ex-Freundin des Verdächtigen schwere Vorwürfe gegen ihn erhoben. R. sei fremdgegangen und soll sie geschlagen haben. In der Beziehung sei es auch zu sexueller Gewalt gekommen.
Wie RTL-Reporterin Samina Faizi aus Ermittlerkreisen erfuhr, sollen auch in Rebeccas Familie langsam Zweifel an der Unschuld des Schwagers aufkommen.
Florian R. wurde nie wegen häuslicher Gewalt angezeigt oder verurteilt
Die Journalistinnen Lena Niethammer und Miriam Arndts haben für ihren Podcast "Im Dunkeln – der Fall Rebecca Reusch" (bei Podimo) mit einer Frau namens Angie gesprochen. Florian R. sei ihr erster fester Freund gewesen. Zuerst war in der Beziehung alles gut, aber nach ein paar Monaten sei er gewalttätig geworden. Als das Paar allein gewesen sei, habe ihr damaliger Freund sie in sein Zimmer gesperrt, weil er nicht wollte, dass sie einkaufen geht. Er habe sie geschlagen und auf sein Bett geworfen. Immer wieder sei er auch danach handgreiflich geworden, wenn die beiden Streit hatten, erzählt Angie den Journalistinnen. Er habe immer wieder versucht, sie gegen ihren Willen zu fesseln.
Beweise für die Vorwürfe hat die Ex-Freundin nicht. Sie sei damals nicht zur Polizei gegangen. Rebeccas Schwager wurde also auch nie juristisch für seine angeblichen Gewaltausbrüche belangt. Angie betonte laut den Journalistinnen auch immer wieder, dass sie sich nicht vorstellen könne, dass er der 15-Jährigen etwas angetan haben könnte. Sie beschreibt ihren Ex, zu dem sie zehn Jahre keinen Kontakt mehr hatte, als liebevoll und verlässlich. Das habe sie auch der Polizei erzählt, die nach Rebeccas Verschwinden im Umfeld von R. ermittelte und auch ihr Fragen zu ihrem ehemaligen Freund stellte.
Profiler Axel Petermann: Aussagen können Ermittlern im Fall Rebecca Reusch helfen
Nach Einschätzung von Profiler Axel Petermann können die Aussagen den Ermittlern helfen. Nicht unmittelbar, um das Rätsel um Rebeccas Verschwinden zu lösen. Aber die Informationen könnten dazu beitragen, "dass man die Persönlichkeit des Verdächtigen in einem anderen Licht sehen kann", erklärt er. "Dass man sagen kann, in bestimmten Situationen verliert er die Kontrolle oder möglicherweise verliert er die Kontrolle."
Der Profiler glaubt, dass für die Lösung des Falles die Stunden der Nacht und des frühen Morgens am Tag von Rebeccas Verschwinden entscheidend sind. "Die Aufklärung zu diesem Rätsel liegt in dem Haus", sagt Petermann.
Im Video: Anwalt der Familie kritisiert Ermittlungen
Play/Pause
Auf TVNOW sehen Sie die zum Jahrestag von Rebeccas Verschwinden veröffentlichte Dokumentation "Wo ist Rebecca? Ein Jahr vermisst". Darin kommen unter anderem ihre Eltern ausführlich zu Wort.
Weitere Jugendfreundin wohl auch von Florian R. verprügelt
Auch eine weitere Frau, die anonym bleiben möchte, erzählt den Journalistinnen, dass sie von R. geschlagen worden sei. Die beiden seien als Teenager zusammen gewesen. Als sich die Beziehung langsam aufgelöst habe, sei sie häufig von R. grün und blau geschlagen worden. Einmal habe er sie die Treppe heruntergestoßen. Jahre später habe er die Gewaltausbrüche gegen sie dann auf einer Party auch vor Freunden zugegeben. Vorher habe ihr niemand geglaubt, weil sich niemand vorstellen konnte, dass R. zu so etwas fähig sei. Bis heute lasse sie ihr Ex-Freund aus Jugendzeiten nicht kalt.
Ein Kreuz und ein schwarz eingerahmtes Bild von Rebecca Reusch.
Rebeccas Familie hat Fotos der Vermissten zusammengestellt.
© Instagram
Verhältnis von Rebecca Reuschs Familie zu Schwager soll gestört sein
Rebeccas Familie hielt bisher fest zu R. und glaubte nicht, dass er etwas mit dem Verschwinden des Teenagers zu tun haben könnte. Rebeccas Mutter erklärte mehrmals, sie sei überzeugt, dass ihre Tochter noch am Leben ist. Doch der Rückhalt für den Schwager scheint auch in der Familie langsam zu bröckeln. "Aus dem Ermittlerumfeld wissen wir, dass das Verhältnis der Familie Reusch zu Schwager Florian gestört sein soll", erklärt RTL-Reporterin Samina Faizi. Nach außen halte die Familie zusammen, nach innen gebe es aber Zweifel an seiner Unschuld. Ist ihm die Tat vielleicht doch zuzutrauen, wenn er sich mehreren Frauen unangemessen genähert haben soll?
Der Schwager selbst beteuert bis heute, nichts mit dem Verschwinden der Jugendlichen zu tun zu haben. Nach Rebeccas Verschwinden nahm die Polizei ihn zweimal fest. Das Auto des Mannes war am Tag des Verschwindens und am folgenden Tag auf der Autobahn zwischen Berlin und Polen erfasst worden. Auch Zeugen hatten das Auto und einen Mann im Wald beobachtet, der sich verdächtig verhielt. Trotz großer Suchaktionen konnte die Polizei aber nichts finden, was Florian R. belastet. Die Polizei ließ ihn darum aus Mangel an Beweisen wieder frei.
TVNOW-Doku "Rebecca – ein Jahr vermisst"
Wo ist Rebecca? Die TVNOW-Dokumentation "Rebecca – ein Jahr vermisst" zeichnet das erste Jahr ohne Rebecca aus der Sicht der Polizei und aus der Sicht der verzweifelten Familie nach. Hier ansehen!