Bundesregierung: Werbung für Abtreibung soll bald erlaubt sein
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Von Rudolf Gehrig
BERLIN, 19 January, 2022 / 3:30 PM (CNA Deutsch).-
Das Werbeverbot für Abtreibung soll auf Wunsch der Bundesregierung bald aufgehoben werden. Der betreffende Paragraph des Strafgesetzbuches, Paragraph 219a, soll gekippt werden, sodass Ärzte künftig Abtreibung öffentlich als Dienstleistung anbieten dürften.
Lebensschützer warnen schon lange vor einem weiteren Dammbruch. So betont beispielsweise die "Aktion Lebensrecht für Alle" (ALfA), dieser Beschluss lasse "vorgeburtliche Kindstötungen wie jede andere medizinische Leistung oder Heilbehandlung erscheinen und versieht sie mit dem Anschein der Legitimität".
Justizminister: "Recht an Realität anpassen"
Am Dienstag hatte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) einen Entwurf vorgelegt, um den Paragraphen 2019a abzuschaffen. So soll es für Arztpraxen nicht mehr strafbar sein, Abtreibungen öffentlich anzubieten. Bislang war Werbung für Abtreibung verboten, was vor allem die Ampelkoalition – bestehend aus SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen – schnell ändern wollte.
Bei der Vorstellung erklärte Buschmann, am "Schutzkonzept des ungeborenen Lebens" ändere sich durch die Abschaffung des Werbeverbots nichts. Die Änderung nehme den Ärzten "die Sorge, wenn sie sachlich über Schwangerschaftsabbrüche informieren wollen". Daher müsse man nun "das Recht an die Realität anpassen", so der Politiker weiter. Der Paragraph stamme aus einer Zeit, in der es noch kein Internet gegeben habe.
Was ist Werbung und was ist Information?
Bei Befürwortern der Abschaffung des Paragraphen 219a hieß es in den vergangenen Monaten häufig zur Begründung, dass bislang ein "Informationsdefizit" bestehe. So hatte schon vor Wochen die neue Familienministerin Anne Spiegel (SPD) auf eine schnelle Abschaffung gedrängt.
Wie CNA Deutsch berichtete, erklärte die Familienministerin, dass sie dieses Vorhaben als Erstes umsetzen möchte. "Die Abschaffung des Paragrafen 219 a des Strafgesetzbuchs, mit dem Frauen stigmatisiert und Ärztinnen und Ärzte kriminalisiert werden, steht zum Beispiel schnell auf dem Programm", so Spiegel.
In der aktuellen Diskussion äußerten sich neben Lebensschutzverbänden auch Politiker der Union gegen das Vorhaben der Bundesregierung. So sagte die Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ): "Es geht um das Selbstbestimmungsrecht der Mutter, aber eben auch um das Leben des ungeborenen Kindes."
Gleichzeitig mahnte sie an, dass es "eine schwierige Abgrenzung zwischen der reinen Information und Werbung" gäbe. Wörtlich:
"Wenn dort [auf einer entsprechenden Homepage, die über Abtreibung aufklären will] etwa stehe, dass man bei dem Eingriff fast gar nichts spüre: Ist das noch eine Information, oder ist das Werbung?"
Wie unklar diese Abgrenzungen teilweise sind, zeigt auch ein Bericht der "Tagesschau", in dem behauptet wird:
"Als 'Werbung' gelten schon ausführliche Informationen über verschiedene Methoden des Schwangerschaftsabbruchs sowie die damit jeweils verbundenen Risiken."
ALfA: "Brutaler Angriff auf das Recht auf Leben"
Die "Aktion Lebensrecht für Alle e.V." (ALfA) kritisiert die Bundesregierung unterdessen scharf. In einer gestern veröffentlichten Pressemitteilung zeigte die Bundesvorsitzende Cornelia Kaminski auf, dass die bereits in der vergangenen Legislaturperiode erfolgte Novellierung des Werbeverbots für Abtreibungen es bereits ermöglichte, sich eine von der Bundesärztekammer gepflegte, monatlich aktualisierte Liste aus dem Internet zu laden, der alle Stellen aufgelistet sind, die Abtreibungen durchführen. Auch die jeweils angebotenen Abtreibungsmethoden seien dort verzeichnet.
Die angekündigte Aufhebung des § 219a StGB werde daher kein "Informationsdefizit" beseitigen, so Kaminski weiter. Wörtlich:
"Stattdessen wird die Streichung des Werbeverbots für Abtreibungen das ohnehin in Teilen der Gesellschaft unterentwickelte Bewusstsein für das Lebensrecht ungeborener Menschen weiter untergraben. Denn es ist praktisch niemandem zu vermitteln, dass etwas, das beworben wird und für das geworben werden darf, eine rechtswidrige und prinzipiell strafbare Handlung darstellt."
Bundesjustizminister Marco Buschmann streue nach Ansicht der ALfA "den Bürgerinnen und Bürgern Sand in die Augen, wenn er behauptet, eine Aufhebung des Werbeverbots für Abtreibungen ändere nichts am 'Schutzkonzept' für das Leben ungeborener Kinder, zu dem das Grundgesetz laut der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Staat verpflichtet". Und weiter:
"Die Bewerbung einer rechtswidrigen und prinzipiell strafbaren Handlung auf den Internetseiten von Arztpraxen, Kliniken und Einrichtungen lässt vorgeburtliche Kindstötungen wie jede andere medizinische Leistung oder Heilbehandlung erscheinen und versieht sie mit dem Anschein der Legitimität."
Cornelia Kaminski erinnert auch daran, dass die Regierungsparteien in ihrem viel kritisierten Koalitionsvertrag bereits vereinbart hatten, auch eine "Regulierung vorgeburtlicher Kindstötungen außerhalb des Strafgesetzesbuch" (Kaminski) zu "prüfen". Dies stelle mit der nun angestrebten Aufhebung des Werbeverbots einen "brutalen Angriff auf das in Artikel 2 Absatz 2 verbürgte 'Recht auf Leben' dar", so die ALfA-Vorsitzende weiter.
Bischof Bätzings Appell an die Regierung
Kürzlich hatte auch der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing (Bistum Limburg), an die sogenannte "Ampelkoalition" – bestehend aus SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen – appelliert, die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Änderungen des Abtreibungsrechts nicht umzusetzen (CNA Deutsch hat berichtet).
In einem Beitrag für die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) betonte der Hirte, dass der Schutz des menschlichen Lebens immer die oberste Priorität habe und eine entsprechende Änderung der momentanen Abtreibungsgesetze weder "fortschrittlich" noch "modern" sei.
Noch Anfang Dezember hatte Bätizing seiner Grußbotschaft der neuen Regierung unkritisch zur Wahl gratuliert und sich für die "Wertschätzung im Koalitionsvertrag" der Kirche gegenüber bedankt (CNA Deutsch hat berichtet).