Corona & Politik
Warum die Corona-Maßnahmen nun doch gelockert werden
Tagelang hatte der Gesundheitsminister gebremst, ehe die Regierung plötzlich doch eine Aufweichung beschloss. Eine sachlich ungedeckte Entscheidung auf Druck der Tourismuslobby?
Gerald John, Steffen Arora
30. Jänner 2022, 18:38
Die Tische in der Gastronomie können wieder hergeräumt werden, auch Ungeimpfte dürfen bald wieder ins Wirtshaus – und das deutlich länger. Die Sperrstunde wird verschoben.
Foto: APA/Herbert Neubauer
Wien – Der Westen jubiliert. Tagelang haben die Landeshauptleute der an Skigebieten reichen Bundesländer auf die Regierung eingeredet, zum Auftakt der für den Tourismus so wichtigen Semesterferienwochen die Corona-Regeln zu lockern. Doch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) schien sich nicht erweichen zu lassen – bis die Regierung am Samstag kurzfristig eine Pressekonferenz ansetzte.
Nun soll recht kurzfristig doch gelockert werden. Als Erstes verschiebt die Regierung die von Wirten beklagte Sperrstunde: Pünktlich mit dem Anreisetag der Wiener Skiurlauber am 5. Februar darf in der Gastronomie bis Mitternacht statt nur bis 22 Uhr konsumiert werden.
Plötzliche Wende bei der Sperrstunde
Am Freitag hat Mückstein die vorgezogene Sperrstunde noch als "sehr wirkungsvolle Maßnahme" verteidigt, die eine Kontaktreduktion von zehn bis 15 Prozent bringe. Er stehe für eine "sichere Variante", argumentierte der Minister im ORF-Interview und strich den Unterschied zu Ländern heraus, die derzeit Öffnungsschritte vornehmen: Diese seien zwei, drei Wochen voraus, stünden bereits am Höhepunkt der Omikron-Welle und könnten deshalb vorausblicken. Österreich hingegen erwarte den Peak erst um den 7. bis 9. Februar herum. Wenn die Prognosen auch danach gut seien, könne weiter gelockert werden.
Trotzdem legte sich die Koalition aus ÖVP und Grünen einen Tag später auf einen Zeitplan für eine sukzessive Normalisierung im Laufe des Februars fest. Haben sich Kanzler Karl Nehammer und Minister Mückstein von der Wirtschaftslobby in eine Hals-über-Kopf-Entscheidung ohne sachliche Evidenz treiben lassen?
Gecko für "kleinere Öffnungsschritte"
Die Regierung beruft sich sehr wohl auf eine Expertise. Am Freitag erarbeitete die staatliche Krisenkommission Gecko eine neue Lageeinschätzung. Obwohl die Infektionsrate noch ein paar Tage anschwellen dürfte, sei eine Überlastung der Spitäler zwar nicht auszuschließen, aber unwahrscheinlich. Das gelte "voraussichtlich" auch dann, wenn nach dem Peak – die Rede ist hier von der ersten Februarwoche – Öffnungsschritte erfolgten.
Die Conclusio lässt Interpretationsspielraum offen: Eine "umfangreiche Beendigung" von Maßnahmen würde zum erheblichen Anstieg der Infektionen führen. Doch "kleinere Öffnungsschritte" wie die Verschiebung der Sperrstunde könnten in nächster Zeit "geplant" werden – abhängig von der Dynamik des Infektionsgeschehens.
Expertenmeinungen gehen auseinander
Gecko erstellt Berichte nicht im kleinen Kreis, sondern zieht zu den einzelnen Fragen Arbeitsgemeinschaften hinzu. Jene, die unter der zitierten Einschätzung angeführt wird, besteht aus namhaften Fachleuten wie Niki Popper, Eva Schernhammer oder Herwig Kollaritsch.
Ja, die vorsichtige Empfehlung für kleine Öffnungsschritte sei mit der Expertengruppe akkordiert, bestätigt Kollaritsch, der resultierende Stufenplan aber Entscheidung der Politik. Die Verschiebung der Sperrstunde hält der Infektiologe jedenfalls für vertretbar, beim danach geplanten Aus für die 2G-Regel ist er sich nicht so sicher. Wenn sich nichts Dramatisches ändere, könnte dies gutgehen – "aber garantieren kann ich dafür nicht".
West-Ost und Rot-Schwarz als Trennlinien
Nicht in die Gecko-Beratungen involviert war Gerald Gartlehner von der Donau-Uni Krems. "Die Semesterferien hatten Vorrang vor epidemiologischer Vorsicht", urteilt der Experte. Die Öffnungen vor der Trendwende bei den Infektionszahlen würden zu einer höheren Omikron-Welle führen. Die Regierung gehe das Risiko ein, dass mehr Patienten im Verein mit durch Corona außer Gefecht gesetztem Personal doch noch zu "Versorgungsengpässen" in den Spitälern führen könnten.
Verständnis fehlt zum Teil auch in SPÖ-regierten Ländern. Wien will noch beraten und abwarten. Der politisch schwarze Westen würde hingegen gerne noch weiter vorpreschen. Tirols Landeshauptmann Günther Platter nennt es "unverständlich", dass die Geltungsdauer des grünen Passes ohne Übergangsfrist verkürzt wird – der zweite Stich darf nun maximal sechs statt neun Monate zurückliegen. Die Befürchtung: Urlauber, etwa auch aus Deutschland, den Niederlanden und Belgien, drohen plötzlich vom Skiurlaubsvergnügen ausgesperrt zu sein. (jo, ars, 30.1.2022)
Die Lockerungen ab Februar im Detail
Bundesregierung und Gecko-Krisenstab haben sich am Samstag auf Lockerungen der Corona-Maßnahmen geeinigt, die zum Teil noch vor den Semesterferien in Kraft treten werden:
Ab 5. Februar: Die Sperrstunde in der Gastronomie wird von 22 auf null Uhr nach hinten verlegt. Bei Veranstaltungen ohne zugewiesene Sitzplätze dürfen statt 25 maximal 50 Personen teilnehmen.
Ab 12. Februar: Die 2G-Pflicht im Handel wird aufgehoben.
Ab 19. Februar: In Gastronomie und Tourismus ist ein 3G-Nachweis – also maximal 48 Stunden alter PCR-Test oder maximal 24 Stunden alter Antigentest – wieder ausreichend.
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vor ein paar Sekunden
ich wuensch mir eine zeit in der man von diesen figuren nichts mehr hoert und nichts mehr sieht. anfoch ordentliche ehrliche leute an der spitze des staates. warad des moeglich?
Bundesliga-Bosna Grödig
Für Emojis auf DerStandard! 55
vor 2 Minuten
Ein Fragenkatalog kann manchmal die mächtigste Waffe sein im Kampf gegen den Politik Irrsinn.
drstan11
3
vor 2 Minuten
wieso?
weil wir österreicher im rest der welt sehen, dass die derzeitigen maßnahmen völlig übertrieben sind und daher bald die breite masse und nicht bloß die deppaten am samstag rebellieren werden
lapin kulta
6
vor 3 Minuten
wenn der Kickl sich heute impfen lässt, dann ist er morgen einer von der grossen Mehrheit "die alles richtig gemacht haben"
zumindest laut dem Leiter der Wissenschaft des ORF Herrn Mayr. und der muss es doch wissen
vulnerabel
vor 3 Minuten
Maßnahmen nun doch gelockert?
Das Riesengeschäft mit den Testungen, bevor es sich von alleine totläuft, wird gestoppt.
Ah.geh
13
vor 3 Minuten
Diese Lockerungen sind keine Lockerungen sondern kleine Brotkrümel, die zur Beruhigung der Bevölkerung hingeworfen werden.
Der grüne Pass gehört abgeschafft
au contraire
25
vor 3 Minuten
Und die nächste Runde im Reigen des willkürlichen, unzusammenhängenden und objektiv nicht nachvollziehbaren Coronamaßnahmenwalzers ist eingeleitet.
Was glauben diese Würschtln eigentlich noch, wer sie ernst nehmen soll?
lapin kulta
6
vor 3 Minuten
"Expertenmeinungen gehen auseinander" wie kann denn das sein? "die Wissenschaft" hat doch immer Recht und lügt nie. die können doch nur einer Meinung sein?
Elef
5
vor 4 Minuten
0
1
Ich tippe auch eher auf den Sideletter. Und mit der Sache mit dem Kopftuchverbot von heute wird es in den nächsten Tagen wieder ein schönes Zuckerl für uns geben.
KlimtGustl
vor 4 Minuten
0
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Nein, denn manche Maßnahmen sind immer noch absurd. 2G und Maskenpflicht, manchmal sogar 2G plus und Maskenpflicht, völlig überschießend. Die Sperrstunde ist ebenso lächerlich
segler0001
1
vor 5 Minuten
0
4
Warum die CoV-Maßnahmen gelockert werden?
Weil die Semesterferien vor der Tür stehen.
Tirol6020
4
vor 5 Minuten
0
2
Da ab 1.2. die Impfpflicht gilt,
kann es nur um Touristen gehen, wenn man weniger als 2G verlangt.
Oder man nimmt augenzwinkernd zur Kenntnis, dass es den 15 % Ungeimpfen vorerst einmal egal ist (was auch keine Überraschung wäre)...
Archeopterix
6
vor 5 Minuten
Da merkt man, wie evidenzbasiert die Maßnahmen waren oder sind. Im Endeffekt ist es egal, aber man kann alle so schön ärgern, die Wirtschaft an die wand fahren, das Volk gängeln, Angst und Schrecken verbreiten und sich selbst einfach gut fühlen. Wiens Bürgermeister ist sogar in seiner Selbstgerechtigkeit über sich selbst hinausgewachsen und hat eine Gesundheitsdiktatur ohne gleichen installiert. Und das alles NUR ZU UNSEREM BESTEN *kotz*
Ich will Zugang zu meinem Koch
Expertenregierung statt Dilettanten 3
vor 6 Minuten
0
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Weil sich aufgrund von Fakten der Wahnsinn nicht länger aufrecht erhalten ließ
Die derzeitige Situation unter Omikron lässt gar nichts anderes zu. Sieht man ja auch schon in einigen anderen Ländern.
Auch wenn man hier gerne als Schwurbler abgetan wird, ich finde es war hoch an der Zeit!
ABSOLEMPlus
3
vor 6 Minuten
Lieber Standard
Ihr braucht da gar nichts mehr uns irgendwie irgendwas reinstellen Warum und Weshalb...das einzige was zählt sind die ANTWORTEN vom FRAGENKATALOG des VFGH.Punkt.
mike-india-alpha
1
vor 7 Minuten
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Das einzige was mich nervt ist die idiotische Maskenpflicht.
Bin beim Friseur
vor 9 Minuten
0
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Zumindest sind sie sich einig, dass sie sich grundsätzlich uneinig sind.
Naja, jetzt heißts wohl Augen zu und durch. Bald ist Frühling :)
Wirdschowern
1
vor 9 Minuten
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Nicht vergessen sollte man auch, daß ein paar Stunden vor der Bekanntgabe der Erleichterungen der Coronamaßnahmen diverse hochnotpeinliche Inhalte der Sideletter von türkis-blau und türkis-grün an die Öffentlichkeit gelangten.
Da mag sich doch der eine oder die andere in der Regierung womöglich gedacht haben, daß ein bißchen Ablenkung nie schaden kann?
ennazec
vor 3 Minuten
Wirtschaft
Gab's am SA vormittag ncht auch noch den offenen Brief der Wirtschaft, in dem sie wegen Umsatzschwunds das 2G Ende gefordert hatten?
Herwig Bichler
7
vor 9 Minuten
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Ich denke eher,...
...dass MFG-Erfolge und die VfGH-Prüfung der Maßnahmen für die nur in Aussicht gestellte Aufhebung letzterer verantwortlich sind.
Douchebag
providing quality postings since 2000 41
vor 6 Minuten
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Wunschdenken...
Tante Jolesch 01
56
vor 10 Minuten
1
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"...Eine sachlich ungedeckte Entscheidung auf Druck der Tourismuslobby?.."
JA, leider...
segler0001
1
vor 3 Minuten
Sachlich gedeckte Entscheidungen in Sachen CoV-Pandemie und deren Bekämpfung ...
... sind wahrlich selten.
Vinzent Vega
7
vor 10 Minuten
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4
Meine Vermutung:
Für die Sperrstunde ist die Tourismuslobby verantwortlich und für den Rest das Schreiben des Vfgh!
stubmayer
pferd, murzbled (oiso fetzndeppad) 2
vor 11 Minuten
2
7
Warum die Corona-Maßnahmen nun doch gelockert werden
Weils gscheit is.