BENEDIKT XVI. VERSTORBEN
Bätzing würdigt Benedikt: „Beeindruckender Theologe“
Betroffenheit, Dankbarkeit, nachdenkliche Worte: Wie der DBK-Vorsitzende äußerten sich auch zahlreiche weitere deutsche Bischöfe zum Tod des emeritierten Papstes.
Ausgezeichnet hätten Benedikt XVI. sein theologisches Denkvermögen
Foto: Patrick Seeger (dpa) | Ausgezeichnet hätten Benedikt XVI. sein theologisches Denkvermögen, seine politische Urteilskraft und sein persönlicher Umgang mit vielen Menschen, so der DBK-Vorsitzende Bätzing.
31.12.2022, 16:08 Uhr
Meldung
Als „beeindruckenden Theologen“ und „erfahrenen Hirten“ hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und Limburger Bischof Georg Bätzing den am Samstag verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. gewürdigt. „Wir trauern um eine Persönlichkeit, die der Kirche auch in schwierigen Zeiten Hoffnung und Richtung vermittelt hat“, erklärte Bätzing laut der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA).
„Die Stimme des Evangeliums hörbar gemacht“
Der emeritierte Papst habe „die Stimme des Evangeliums – gelegen oder ungelegen – hörbar gemacht“. Ausgezeichnet hätten Benedikt XVI. sein theologisches Denkvermögen, seine politische Urteilskraft und sein persönlicher Umgang mit vielen Menschen, so der DBK-Vorsitzende. An die nach Ansicht Bätzings „mutige“ Entscheidung des Emeritus, 2013 vom Amt des Papstes zurückzutreten, denke er „mit hohem Respekt“.
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Bätzing erinnerte in seiner ersten Reaktion auch an den Brief Benedikts vom 8. Februar 2022 anlässlich des Münchner Missbrauchsgutachtens: „Die Betroffenen hat er um Vergebung gebeten und doch blieben Fragen offen“, so der Limburger Bischof. Gerade als Kirche in Deutschland „denken wir dankbar an Papst Benedikt XVI.: In unserem Land wurde er geboren, hier war seine Heimat, hier hat er als theologischer Lehrer und Bischof das kirchliche Leben mitgeprägt“. Der Priester, Bischof und emeritierte Papst Benedikt und der Mensch Joseph Ratzinger sei „von uns gegangen“, so Bätzing weiter. In dieser Stunde des Abschieds bete er für ihn „und empfehle ihn der Barmherzigkeit Gottes“.
Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode, Bätzings Stellvertreter als Vorsitzender der DBK, würdigte den historischen Charakter des Pontifikats Benedikts. „Nach Jahrhunderten war er der erste Deutsche auf dem Papstthron. Er war ein großer Theologe, der Theologie und Spiritualität eng verband“. Benedikts Rücktritt vom Papstamt im Jahr 2013 bezeichnete Bode als „historischen Schritt“. Persönlich sei er ihm verbunden gewesen durch sein Studium in Benedikts Zeit als Professor in Regensburg.
Deutsche Bischöfe ehren Benedikt XIV als großen Theologen
Auch zahlreiche andere deutsche Bischöfe gedachten des verstorbenen Papstes, wie die KNA berichtet. Der Rottenburger Gebhart Fürst sagte, mit Benedikt sei ein großer Theologe gestorben, der die katholische Kirche ein Jahrzehnt nachhaltig geprägt habe. Er habe an Benedikt XVI. besonders seinen „wachen Intellekt, seine Bildung, seine Sensibilität und Feinsinnigkeit“ geschätzt.
Aachens Bischof Helmut Dieser sagte, Benedikt XIV. habe „Christus geliebt und ihm in seiner Kirche sein ganzes Leben geschenkt in seinem Wirken als Priester, als Bischof, schließlich als Papst.“ Er habe sein Leben „mit all seinen großen Begabungen“ für Christus und seine Kirche gegeben. Auch künftig würden viele Generationen Inspiration und theologische sowie geistliche Einsichten aus seinen Texten schöpfen, führte der Bischof aus. Ihn selbst hätten vor allem Benedikts Enzykliken über Liebe, Hoffnung und Glaube tief beeindruckt.
Auch der Trierer Bischof Stefan Ackermann ist nach eigenen Worten überzeugt, dass man „die Bedeutung des Pontifikats von Benedikt XVI. im Abstand noch stärker erkennen wird als dies schon heute der Fall ist“. Mit seinem Rücktritt 2013 habe Benedikt „einen nicht unwesentlichen Beitrag für ein menschlicheres Verständnis des höchsten Amtes in der Kirche geleistet“. Im Bistum Trier soll am 10. Januar abends ein Requiem für Benedikt XVI. gefeiert werden. Im Trierer Dom wurde zudem ein Gedenkort eingerichtet. Dort liege auch ein Kondolenzbuch aus.
Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck erklärte, Benedikt sei „die Vertiefung des Glaubens und des geistlichen Lebens sowie der Dialog mit den verschiedenen Kräften und Strömungen unserer Zeit lebenslang eine Herzensangelegenheit gewesen“. Sich selbst habe der Papst nicht wichtig genommen, so der Ruhrbischof weiter. „Wichtig war ihm dagegen, Veränderungen in Lehre und Praxis der Kirche stets unter dem Aspekt der Wahrung von Kontinuität zu bedenken und notwendige Weiterentwicklungen ohne Brüche zu gestalten.“ Deshalb habe Benedikt XVI. aber nicht stur an alten Formen festgehalten. „Er hat mehr als manche seiner Vorgänger zur Erneuerung der Kirche beigetragen“, betonte Overbeck.
Ein Mensch mit Stärken und Schwächen
Auch der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann sieht in Benedikt XVI. einen der größten Theologen der Gegenwart. Er sei ein wichtiger Wegbereiter und Interpret des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) gewesen. „Das theologische Denken von Papst emeritus Benedikt XVI. war zutiefst biblisch verwurzelt, schöpfte aus der ganzen Breite der kirchlichen Tradition und zielte darauf ab, Glaube und Vernunft miteinander zu versöhnen“, so Wiesemann. Mit seinem Rücktritt habe er gezeigt, dass hinter jedem Amt in der Kirche ein „konkreter Mensch mit seinen Stärken und Fähigkeiten, aber auch mit seinen Grenzen und Schwächen“ stehe. Zur Kritik um Joseph Ratzingers Umgang mit Missbrauchsfällen sagte Wiesemann, er könne nachvollziehen, dass sich Menschen von Benedikt XVI. „ein klareres Wort der Verantwortungsübernahme und des persönlichen Versagens gewünscht hätten“. Zugleich habe sich Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation und als Papst dafür eingesetzt, sexualisierte Gewalt aufzudecken und Täter zur Verantwortung zu ziehen.
In Ähnlicher Weise hat sich Stephan Burger, Erzbischof von Freiburg, über das Wirken des gestorbenen ehemaligen Papstes geäußert. Während „die schmerzlichen Ereignisse im Umgang mit Missbrauchsvorwürfen und -tätern“ in seiner Zeit als Bischof nicht ausgeblendet werden dürften, habe als Papst klare Maßstäbe in der Aufarbeitung gesetzt. Zudem würdigte Burger die „geistige Brillanz und fordernde Klarheit des Theologieprofessors sowie die Warmherzigkeit und fromme Tiefe eines geistlichen Ratgebers und Begleiters“. In Freiburg erinnere man sich insbesondere an seinen Besuch und seine viel diskutierte Rede im September 2011.
Neymeyr: „Christen in der Diaspora bestärkt“
Auch Bischof Heinrich Timmerevers, Bischof von Dresden-Meißen, würdigte den verstorbenen Papst als einen der „brillantesten theologischen Lehrer, die die Nachfolge auf dem Stuhl des Heiligen Petrus angetreten haben“. „Wir bitten Gott, dass er ihm ein barmherziger Richter ist über all das, was in seinem Leben und Dienst unvollkommen war.“
Timmerevers' ostdeutscher Kollege Ulrich Neymeyr, Bischof von Erfurt, sagte mit Blick auf den Besuch des Papstes in Thüringen im Rahmen seiner Deutschland-Reise 2011: „Er hat nicht nur die Katholiken, sondern alle Christen in der Diaspora Ostdeutschlands in ihrem Glauben bestärkt.“ Bei seinem historischen Besuch im Augustinerkloster in Erfurt habe er das Wirken Martin Luthers gewürdigt und am Wallfahrtsort Etzelsbach im Eichsfeld den Katholiken dort für ihre Glaubenstreue gedankt. Auch Altbischof Joachim Wanke, damals Bischof von Erfurt, habe die damaligen Begegnungen als „ein großes geistliches Erlebnis in dankbarer Erinnerung“. Im Erfurter Marien-Dom findet am kommenden Dienstag um 18.00 Uhr ein Requiem für Benedikt XVI. statt. Bis zum 29. Januar liegt im Dom ein Kondolenzbuch für den verstorbenen emeritierten Papst aus.
Irritation und Orientierung
Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige sagte: „Spätere Generationen werden seine Verdienste in der rechten Weise würdigen können. Möge Gott ihm nach einem langen Leben - und auch dem ungewöhnlichen Mut, als Papst 2013 zurückzutreten - die Freude des ewigen Lebens zuteilwerden lassen.“ Feige, der auch Vorsitzender der Ökumene-Kommission der DBK ist, attestierte dem verstorbenen Papst eine durchmischte Bilanz: „Ökumenisch kam durch ihn - nach einigen Jahren des Stillstandes - der theologische Dialog zwischen den orthodoxen Kirchen und der katholischen Kirche wieder in Gang, andererseits irritierten einige seiner Äußerungen evangelische Christen nicht nur in Deutschland und auch Vertreter anderer Religionen sehr.“ Dabei verwies er auf das Schreiben „Dominus Jesus“ aus dem Jahr 2000, in dem es heißt, das Christentum sei nicht eine Religion unter vielen, sondern die wahre Religion. Die aus der Reformation hervorgegangenen Gemeinschaften (Protestanten und Anglikaner) seien zudem „nicht Kirchen im eigentlichen Sinne“. Benedikt hatte das Schreiben als damaliger Präfekt der Glaubenskongregation verantwortet.
Aus Berlin meldete sich Erzbischof Heiner Koch mit den Worten, als Bischof habe er von Benedikt XVI. gelernt, „das Amt als Berufung und als Dienst zu verstehen auch in schweren Stunden“. Weiter erklärte er, der Einsatz Benedikts XVI. für die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche „wurde verdunkelt durch irritierende Aussagen über seine Zeit als Erzbischof von München-Freising“. Er bedaure sehr, so Koch, „dass dadurch auch der Theologe Joseph Ratzinger bei vielen in Misskredit geraten ist“. Unvergessen ist Koch zufolge die Rede von Benedikt XVI. vor dem Deutschen Bundestag 2011. Deren Schlusssatz „taugt noch heute als wegweisende Orientierung“. Damals sagte der Papst: „Ich denke, auch heute könnten wir letztlich nichts anderes wünschen als ein hörendes Herz - die Fähigkeit, Gut und Böse zu unterscheiden und so wahres Recht zu setzen, der Gerechtigkeit zu dienen und dem Frieden.“
Genn: „unermüdlicher Einsatz in der Kirche für die Menschen.“
Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer hat mit Betroffenheit auf den Tod des früheren Papstes Benedikt XVI. reagiert. „Mit ihm verliert die katholische Kirche in Deutschland und in der ganzen Welt einen hervorragenden Repräsentanten mit enormer Geisteskraft“, erklärte er am Samstag in Hildesheim. Das wissenschaftliche Werk des Verstorbenen sei mehr als beeindruckend.
Münsters Bischof Felix Genn betonte seine persönliche Verbindung zum verstorbenen Papst. „Die Vorlesungen und Seminare bei ihm waren immer theologische und auch spirituelle Höhepunkte meines Studiums.“ Er habe ihm viel zu verdanken. „Seit meinem Freisemester an der Universität Regensburg bestand auch persönlicher Kontakt.“ „Wir beten mit der ganzen Kirche, dass der Herr, dessen Mitarbeiter in der Wahrheit er sein wollte, ihn nun schauen lässt, was er geglaubt, gelehrt und gelebt hat“, so Genn. „Das wird der Lohn sein für seinen unermüdlichen Einsatz in der Kirche für die Menschen.“
Als prägenden Lehrer und Theologen hat auch der Hamburger Erzbischof Stefan Heße den gestorbenen ehemaligen Papst Benedikt XVI. gewürdigt. Ein Gedanke Ratzingers habe auf ihn eine besondere Wirkung, so der Erzbischof. Christsein sei laut dem ehemaligen Papst keine Theorie, kein Gedankengebäude, sondern zuerst Begegnung mit der Person Jesus Christus. Christsein werde ihm zufolge durch Anziehung weitergegeben, nicht durch Belehrung. „Das gibt unserem Leben einen neuen Horizont und damit seine entscheidende Richtung.“ Besonderen Respekt hat Heße seinen Worten nach vor Benedikts Rücktritt. „Er wusste seine schwindenden Kräfte realistisch einzuschätzen und hatte die Größe loszulassen“. Damit werde er wohl in die Geschichte eingehen.
Zeit des Gebets für den Verstorbenen
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf sagte, jetzt sei die Zeit des Gebets für den Verstorbenen. „Mit abschließenden Einordnungen eines derart vielfältigen Lebenswerks sollten wir uns jetzt zurückhalten“, so Kohlgraf. Es habe seinen Sinn, dass historische Bewertungen, seien sie kritisch oder positiv, „erst in einem zeitlichen Abstand und ohne ein inhaltliches Eigeninteresse vorgenommen werden“. Auch ihm selbst stehe „keine Bewertung der Lebensleistung dieser Persönlichkeit“ zu. Er denke in Dankbarkeit an das, was ihm Joseph Ratzinger in den vergangenen Jahrzehnten auch für sein priesterliches Wirken gegeben habe. Viele seiner theologischen Veröffentlichungen „haben mich gefördert oder herausgefordert“, so Kohlgraf. „Langweilig waren seine Bücher nie, sie haben immer wichtige Horizonte für Theologie, Glauben, Kirche und auch für mich eröffnet.“
Aus dem Erzbistum Paderborn, dessen Bischofssitz derzeit vakant ist, teilte der Diözesanadministrator Michael Bredeck mit, viele Menschen im Erzbistum Paderborn seien mit dem emeritierten Papst verbunden, weil sie ihn aus seiner Zeit als Professor und Bischof in Deutschland kennten oder weil sie ihm als junge Menschen bei einem Weltjugendtag begegnet seien. Sein starkes Glaubenszeugnis als Papst habe viele berührt. Das Erzbistum Paderborn am kommenden Montag ein Pontifikalrequiem feiern. „Möge Jesus Christus, der Gute Hirt, ihm vergelten, was er der Kirche und der Welt in den langen Jahren seines Einsatzes gegeben hat!“, so der Paderborner Diözesanadministrator wörtlich auf der Webseite des Erzbistums. (DT/KNA/mlu/jra)
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