Mittwoch, 11. Juli 2018
Forscher warnen Eltern vor extensiver Handynutzung im Beisammensein mit ihren Kindern
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Nina Stec
Studien eines US-amerikanischen Forscherteams der Illinois State University in der Abteilung für Familienforschung und Konsumverhalten fanden heraus, dass die übermäßige Nutzung digitaler Medien seitens der Eltern eine Störung der Eltern-Kind-Beziehung bewirkt und sich negativ auf die emotionale Entwicklung der Kinder auswirkt. Wenn Eltern den Blickkontakt zum Kind unterbrechen, um aufs Handy zu schauen, signalisieren sie, dass ihre Aufmerksam in dieser Zeit nicht dem Kind, sondern dem elektrischen Gerät gilt.
Kinder, denen die Aufmerksamkeit ihrer Eltern verwehrt wird, neigen aber häufiger zu Verhaltensauffälligkeiten und versuchen etwa durch lautes Brüllen, die Aufmerksamkeit ihrer Eltern zu erlangen, worauf diese wiederum mit Stressgefühlen regieren. Dieses unglückliche Phänomen wird im Zusammenhang mit elektronischen Medien wissenschaftlich als „Technoference“ bezeichnet. Nach Aussagen von Psychologen und Bindungsforschern brauchen vor allem Babys und Kleinkinder die verstärkte Aufmerksamkeit ihrer Eltern qua verbaler und nonverbaler Kommunikation durch Blickkontakt und bemerken es bereits sehr früh, wenn sie zu wenig beachtet werden. So verstört es etwa Säuglinge, wenn sie beim Stillen nicht von ihrer Mutter angeschaut werden und diese gar nicht auf ihre Regungen eingeht.
Die nach wie vor aktuelle Bindungstheorie von John Bowlby aus den 1940er Jahren stellt dar, wie wichtig der Blickkontakt zwischen Eltern und ihren Kindern ist. Kleine Kinder, die aufgrund ihrer geringen Körpergröße über einen sehr eingeschränkten Blickwinkel verfügen und die Welt sprichwörtlich „von unten“ betrachten, nehmen ihre Umgebung anders wahr als Erwachsene. Die Reize, die von außen auf sie einströmen, können sie alleine nicht richtig deuten oder verarbeiten, was zu Gefühlen wie Angst, Hilflosigkeit oder Einsamkeit führen kann. In solchen Situationen suchen Kinder die Blicke ihrer Eltern, in denen sie Liebe, Geborgenheit, Verlässlichkeit und Bestätigung erfahren.
Können sie diese nicht finden, etwa weil die Eltern mit dem Blick aufs Handy abgelenkt sind, werden die Kinder mit ihrer Reizüberflutung allein gelassen. Überwältigt von den Eindrücken der oft lauten, hektischen und unverständlichen Außenwelt, schotten sich die Kinder nach innen ab, da ihnen das Wahrgenommene „zu viel“ geworden ist. Die Kinder werden desinteressiert und unfähig, zwischen wichtigen und unwichtigen Reizen zu unterscheiden, nicht selten resultieren solche frühen negativen Erfahrungen in einem Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom. Zu wenig beachtete Kinder neigen häufiger zu Frustration, Hyperaktivität und Wutanfällen. Außerdem kann die gefühlte Missachtung durch die Eltern zu einer Bindungsstörung beim Kind führen, wenn ihm Urvertrauen und Geborgenheit fehlen.
Eltern, die „mal kurz aufs Handy schauen“, während sie Zeit mit ihren Kindern verbringen, meinen das in der Regel nicht böse, genauso wenig wie jeder andere Mensch, der etwa aus Neugierde nach Nachrichten von Außerhalb, was auf der Welt, oder bei der Cousine in der Nachbarstadt so passiert, oder schlichtweg aus Langeweile das Handy auspackt. Was dabei aber in ihrer unmittelbaren Nähe geschieht, nehmen sie kaum war.
Das chinesische Unternehmen Ogilvy & Mather China veröffentlichte zu diesem Thema die Fotostrecke „Phone Wall“, eine Kampagne darüber, wie zwischenmenschliche Beziehungen unter massiver Smartphone-Nutzung leiden. Wenn jemand während einer Unterhaltung sein Handy hervorholt, sei das so, als würde man Mauern zwischen Menschen errichten. Das Schauen auf das Display, statt in das Angesicht des Gegenübers, signalisiere Abschirmung und Ablehnung.
Natürlich sind Handys nicht nur schädlich, wenn es um zwischenmenschliche Beziehungen geht. In einer globalisierten Gesellschaft, in der sich Familien oft auf mehrere Länder oder Kontinente verteilen, in der häufig beide Elternteile berufstätig sind und Familien ihre Zeitpläne, etwa wer einkaufen geht und wer das Kind von Schule oder Kindergarten abholt, irgendwie koordinieren müssen, können sie sehr nützlich sein. Vor allem sind sie eben unleugbarer Bestandteil unseres Alltags. Darum ist es wichtig, auch in der Freizeit, bzw. Familienzeit ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, wann das Handy herausgeholt werden sollte und wann besser nicht. Familienforscher raten dazu, das Handy nach Möglichkeit komplett beiseite zu legen, wenn Zeit mit den eigenen Kindern verbracht wird und die Aufmerksamkeit in dieser Zeit komplett dem Nachwuchs zukommen zu lassen.
Quellen:
Friesen, Astrid von, Blick aufs Smartphone statt aufs Kind, https://www.deutschlandfunkkultur.de/elt...ticle_id=400557, o.O. 2017.
Kramper, Gernot, Führt die Smartphone-Sucht der Eltern zu einer Generation von Problem-Kindern? https://www.stern.de/digital/smartphones...n--7493726.html, o.O. 2017.
O.A., Eltern, legt das Handy weg, https://www.ief.at/oe-familie-eltern-legt-das-handy-weg/, Wien 2018.
O.A., Heute schon mit Ihrem Kind gesprochen? https://www.drogenbeauftragte.de/presse/...ortung.html?L=0, o.O. o.D.
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