Chaos in S-Bahnen
„Wenn halb Stuttgart bald Corona hat, liegt’s an überfüllten Zügen“
Von Uwe Bogen 08. Oktober 2020 - 12:37 Uhr
Weil im öffentlichen Nahverkehr gestreikt wird und eine wichtige Strecke der S-Bahn störungsbedingt ausfällt, kommt es zum Chaos in überfüllten Zügen. „Wenn halb Stuttgart bald Corona hat, liegt’s an diesem Donnerstag“, sagt ein Fahrgast.
Ein überfüllter Zug am Donnerstagvormittag zwischen Hauptbahnhof und Vaihingen.
Stuttgart - Am Donnerstag wollte der Arbeitserzieher Kai T. wie immer um 7.30 Uhr mit der S-Bahn von der Schwabstraße nach Vaihingen zur Arbeit fahren. Doch es ging nix. „Signalstörung“, war zu lesen. Der Tunnel war gesperrt – ausgerechnet am Tag, an dem der öffentliche Nahverkehr bestreikt wird und noch viel mehr Menschen als sonst auf S-Bahnen angewiesen sind. „In einem vollen Zug mussten wir zum Hauptbahnhof fahren“, berichtet er, „dort sollte die S-Bahn nach Herrenberg über die Gäubahnstrecke fahren.“ Es habe ein „Riesenandrang“ geherrscht. Der 31-Jährige erzählt weiter: „Plötzlich hieß es, die Bahn, in der alle von der Schwabstraße bereits saßen und die schon viele Minuten stand, fahre nach Kirchheim, also in die andere Richtung. Es gab laute Proteste. Eine Aufsichtskraft kam. Man konnte den Mann überreden, dass es doch nach Herrenberg gehen sollte.“
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Inzwischen sei der Zug so voll gewesen, „dass wir einen Mindestabstand von fünf Zentimetern hatten“, berichtet Kai T. Die meisten trugen Maske, aber waren so sehr zusammengepfercht, dass der Arbeitserzieher nun sagt: „Wenn bald halb Stuttgart Corona hat, wissen wir warum: Es liegt an diesem Donnerstagvormittag.“
„Man hätte ja Busse einsetzen können“
Wenn er seine Fotos betrachtet, fragt sich der 31-Jährige: „Warum bin ich da eigentlich eingestiegen?“ Doch am früheren Morgen sei er von dem Drang angetrieben, rechtzeitig zur Arbeit zu kommen. Kai T. kann nicht verstehen, warum gerade beim Anstieg der Corona-Zahlen der Berufsverkehr bestreikt wird und dazu noch die S-Bahn es nicht schaffe, eine Signalstörung rasch zu beheben. Während das Land die zweite Pandemiestufe verkündet, müsse alles unternommen werden, um solche chaotischen Szenen im Berufsverkehr zu verhindern. „Die Stadt hätte ja Busse einsetzen können“, findet der Arbeitserzieher.
„Die Kapazitäten der S-Bahn waren erschöpft“
Reinhold Willing, der Sprecher der S-Bahn, kennt den Grund für die Signalstörung noch nicht, von der nur der Verkehr stadtauswärts betroffen sei. „Das wird gerade untersucht“, sagt er. Möglicherweise könnten Bauarbeiten dafür verantwortlich sein. „Wenn eine Hauptschlagader wie die Tunnelstrecke zwischen Schwabstraße und Vaihingen ausfällt, kommt es natürlich zu Problemen“, erklärt der Sprecher. Man habe längere Züge als sonst eingesetzt und die Kapazität voll ausgeschöpft. „Mehr geht leider nicht“, fuhr er fort. Wann die Störung behoben ist, stand am Donnerstagmittag noch nicht fest.
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