Schneider über seine Bischofsernennung: "Eine Art Traurigkeit legte sich auf meine Seele"
Bischof Athanasius Schneider beschreibt im kürzlich auf Deutsch erschienen Interviewbuch „Christus Vincit“ - das kurzweilig und interessant geschrieben ist – auch seinen kirchlichen Werdegang.
Schneider spricht - für ihn ungewöhnlich - offenherzig auch über viele persönliche Dinge. In jüngeren Jahren spielte er Klavier. Er liebt Mozart und findet Schubert "auch schön". Er trieb Sport, Joggen und Schwimmen.
Das Buch bietet historische Schilderungen und Erfahrungen der Christenverfolgung in der Sowjetunion und beschreibt zahlreiche Wunder der göttlichen Vorsehung.
Es eignet sich hervorragend als Weihnachtsgeschenk und ein Kauf ist sich auch ein winziger Dienst an Bischof Schneider.
Von Deutschland nach Brasilien über Rom nach Kasachstan
Als 15jähriger Mann wollte Schneider Kartäuser werden, aber Gott hatte andere Pläne. Er trat 1982 nach dem deutschen Abitur dem Kreuzorden bei. Schneider wirkte als Ordensmann in Brasilien besonders unter den Armen: „Wir kamen zu den Missionsstationen in unseren Soutanen gekleidet und die Leute mochten das.“
Er liebte die Seelsorge bei den bescheidenen, ländlichen, einfachen, frommen Katholiken. Sein Ordensoberer schickte ihn dann nach Rom, um zu doktorieren. Er sollte danach als Professor an die theologische Ordensfakultät in Brasilien zurückkehren.
Im lauten Rom studierte er Patristik mit Heimweh nach Brasilien im Herzen. Noch vor seiner Promotion hatte er Kontakt mit einem Priester aus Kasachstan. Er bat Schneider, der Russisch spricht, an das neu gegründete Priesterseminar nach Karaganda zu kommen.
Schneiders Oberer erlaubte es ihm, aber nur für sechs Wochen im Jahr 1999. Schneider war damals ein Generalrat des Ordens und wurde in Brasilien gebraucht.
Kasachstan - wie aus sechs Wochen 19 Jahre wurden
2001 erbat sich Bischof Jan Paweł Lenga von Karaganda, Kasachstan, [der jetzt Franziskus als Papst ablehnt und dafür mit Schneider öffentlich über Kreuz ist], Pater Athanasius als Spiritual für seine Seminaristen.
Schneider erwiderte: „Exzellenz, ich möchte das wohl gerne tun, aber ich bin Ordensmann, ich kann das nicht selbst entscheiden."
Der Bischof antwortete: „Wenn ich an Ihren Oberen schreibe, dann wird er mir antworten ‚Nur sechs Wochen lang‘. Ich brauche Sie aber auf Dauer.“ Lenga fügte hinzu: „Ich werde morgen eine Audienz bei Papst Johannes Paul II. haben. Ich werde ihn fragen, ob er sich nicht einschalten kann, damit Sie für mich frei werden, für Kasachstan.“
Schneider antwortete: „Das können Sie tun, Sie sind Bischof.“ Lenga, der selber ein Pole ist, überzeugte seinen Landsmann auf dem Papstthron. Nach einem Anruf des päpstlichen Sekretärs gaben die Oberen Pater Athanasius für Kasachstan frei.
Als Priester in Kasachstan arbeitete Schneider wie nie zuvor: „Ich suchte die Gemeinden in der Steppe auf. Ich gründete drei neue Gemeinden. Ich fing an, Kapellen für die Menschen zu bauen und Katechesen zu organisieren. Dazu kam die Ausbildung der Seminaristen, die Unterstützung des Bischofs in der Kurie und so weiter.“
Zum Bischof ernannt: „Ich war nicht glücklich“
Ende März 2006 erhielt Schneider in Karaganda einen Anruf des Nuntius in Astana. Er möge in die Nuntiatur kommen.
Schneider fragte: „Warum möchten Sie mit mir sprechen?“ Der Nuntius: „Das kann ich Ihnen telefonisch nicht sagen. Sie müssen herkommen.“
Schneider arbeitete im Auftrag des Nuntius an einem akademischen Programm für Priester und ging davon aus, dass er darüber reden wollte.
Er kam in die Nuntiatur, bekam Kaffee angeboten. Während er trank sagte der Nuntius: „Der Heilige Vater, Papst Benedikt XVI., hat Sie zum Bischof ernannt.“ Schneider erwiderte: „Der Papst hat mich zum Bischof ernannt und ich wusste vorher nichts davon?“
„Sie durften im Vorfeld nichts davon wissen“, antwortete der Nuntius. Schneider antwortete: „Haben Sie die Priester, die mit mir leben, nach ihrer Meinung gefragt?“
„Ja, ich habe sie gefragt.“
„Haben Sie die anderen Bischöfe gefragt?“
„Ja, ich habe sie gefragt.“ Dann sagte Schneider nichts mehr. Er antwortete nichts. Der Nuntius sagte nur: „Sie müssen wissen, dass Ihre Ernennung eine persönliche Entscheidung von Papst Benedikt XVI. war. Ich muss Ihnen das sagen.“
Schneider war in dem Augenblick überzeugt, dass die Ernennung der Wille Gottes war: „Aber ich war nicht glücklich. Eine Art Traurigkeit legte sich auf meine Seele. Ich bin nicht melancholisch veranlagt, aber in diesem Augenblick ergriff eine Art Sorge meine Seele.“
Schneider spürte, dass eine sehr schwere Last auf ihn zukam. „Ich merkte, dass ich meine Freiheit verlieren würde. So war mein Gefühl: ‚Ich werde nicht mehr so frei sein wie ein Priester.‘“
Schneider hat nie mit seiner Stimme und offiziell „Ja“ zu seiner Bischofsernennung gesagt. Der Nuntius sagte lediglich: „Bitte unterschreiben Sie auf diesem Blatt Papier, dass Sie einverstanden sind.“
Schneider gesteht, dass er das Schreiben nicht einmal las: „Ich unterzeichnete den Brief, ohne gelesen zu haben, was ich da unterzeichnete.“
Versetzung nach Astana: Hintergründe bleiben im Dunkeln
Schneider wurde im Jahr 2006 zum Bischof ernannt, weil Bischof Lenga einen Weihbischof wünschte. In Karaganda wirkte der neue Weihbischof am Bau der wunderschönen neuen Kathedrale mit, die zentral gelegen und mit hochwertigen Kunstwerken ausgestattet ist.
Einmal sah er, wie zwei ortsansässige muslimische Frauen an der Kathedrale vorbeigingen und die eine Frau ihre Begleiterin fragte: „Was ist das für ein Gebäude?“ Ihre Freundin antwortete: „Das ist eine katholische Moschee“.
2011 wurde Schneider als Weihbischof plötzlich von Karaganda nach Astana verschoben. Schneider sagt dazu nur: „Papst Benedikt XVI. hatte mich für Karaganda ernannt, weil der Erzbischof vor Ort sich einen Weihbischof gewünscht hat.“
Schneider hat den Nuntius nie nach den Gründen für die Versetzung gefragt. An diesem Punkt gibt es Unklarheiten. Denn Schneider wurde von Karaganda wegversetzt noch bevore die dortige von ihm ohne Volksaltar erbaute Kathedrale eingeweiht worden war.
Die Einweihung erfolgte am 9. September 2012 mit Volksaltar. Zudem erklärte Erzbischof Tomasz Peta, 69, von Astana öffentlich nach Schneiders Versetzung, dass er keinen Weihbischof brauche.
Das ist auch nicht verwunderlich. Denn das 1999 gegründete Erzbistum Astana zählt nur 34 Pfarreien und 60.000 Katholiken.
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