Benedikt XVI. an die Mitglieder des Souveränen Malteserordens: das wohltätige Wirken ist nicht bloße Philanthropie, sondern wirkungsvoller Ausdruck und lebendiges Zeugnis der im Evangelium verkündeten Liebe. Von Armin Schwibach
Rom (kath.net/as) Der Malteserorden unterscheidet sich im Vergleich zu anderen Einrichtungen, die sich auf internationaler Ebene in der Krankenpflege, für die Solidarität und für den menschlichen Fortschritt einsetzen, durch die christliche Grundorientierung, die für den sozialen Einsatz seiner Mitglieder ständig richtungweisend sein muss.
Mit diesen Worten wandte sich Papst Benedikt XVI. am heutigen Vormittag an die Mitglieder des Souveränen Malteserordens. Benedikt XVI. betonte, dass das Wirken des Ordens, das in mehrere Bereiche gegliedert ist, sich in verschiedenen Teilen der Welt vollzieht und mit Krankenhäusern und Sanitätseinrichtungen besonders auf den Dienst am Kranken konzentriert ist, nicht bloße Philanthropie ist, „sondern wirkungsvoller Ausdruck und lebendiges Zeugnis der im Evangelium verkündeten Liebe“.
Der Papst ermutigte die Mitglieder des Ordens, mit ihrem Wirken in der Gesellschaft und in der Welt weiter den vom Evangelium angezeigten Wegen zu folgen, „nämlich denen des Glaubens und der Liebe, um die Hoffnung neu aufleben zu lassen. Glaube als Zeugnis einer inneren Zustimmung zu Christus und eines Engagements in der Sendung des Evangeliums, das Sie zu einer immer lebendigeren Gegenwart in der kirchlichen Gemeinschaft und zu einer immer bewussteren Zugehörigkeit zum Volk Gottes anspornt; Liebe als Ausdruck einer Brüderlichkeit in Christus durch die Werke der Barmherzigkeit gegenüber den Kranken, den Armen, gegenüber denen, die der Liebe, des Trostes und der Fürsorge bedürfen, gegenüber denen, die unter Einsamkeit, Verwirrung und unter neuen Formen materieller und geistlicher Armut leiden“.
kath.net veröffentlicht die Ansprache des Heiligen Vaters an die Mitglieder des Souveränen Malteserordens in der offiziellen deutschen Übersetzung:
Liebe Brüder und Schwestern!
Mit Freude empfange und begrüße ich jeden einzelnen von Ihnen, Ritter und Damen, Kapläne und Freiwillige des Souveränen Malteserordens. Mein besonderer Gruß gilt dem Fürsten und Großmeister, Seiner Hoheit und Eminenz Fra’ Matthew Festing, dem ich für die freundlichen Worte danke, die er in Ihrer aller Namen an mich gerichtet hat. Zugleich danke ich für die großherzige Gabe, die Sie mir überreichten und die ich für einen karitativen Zweck bestimmt habe. Herzlich wende ich mich an die Kardinäle und die Mitbrüder im bischöflichen und priesterlichen Dienst, insbesondere an meinen Staatssekretär, der eben der Eucharistiefeier vorgestanden hat, und an Kardinal Paolo Sardi, den Patron des Ordens, dem ich für die aufmerksame Sorge danke, mit der er sich dafür einsetzt, die speziellen Bande zu festigen, die Sie an die katholische Kirche und in besonderer Weise an den Heiligen Stuhl binden. Dankbar begrüße ich Erzbischof Angelo Acerbi, Ihren Prälaten. Und schließlich grüße ich die Diplomaten sowie alle hier anwesenden hohen Persönlichkeiten und Autoritäten.
Der Anlaß dieser Begegnung ist das neunhundertjährige Jubiläum des feierlichen Privilegs Pie postulatio voluntatis vom 15. Februar 1113, mit dem Papst Paschalis II. die nach dem heiligen Johannes dem Täufer benannte junge „Hospitalsbruderschaft" von Jerusalem unter den Schutz der Kirche stellte und ihr die Souveränität zuerkannte, indem er sie als Orden kirchlichen Rechts konstituierte mit der Befugnis, ihre Oberen frei zu wählen, ohne Einmischung anderer weltlicher oder religiöser Autoritäten. Dieser wichtige Jahrestag erhält eine spezielle Bedeutung im Kontext des Jahres des Glaubens, in dem die Kirche aufgerufen ist, die Freude und das Engagement zu erneuern, an Jesus Christus, den einzigen Retter der Welt zu glauben. In diesem Zusammenhang sind auch Sie aufgerufen, diese Zeit der Gnade zu ergreifen, um Ihre Erkenntnis des Herrn zu vertiefen und die Wahrheit und Schönheit des Glaubens durch das Zeugnis Ihres Lebens und Ihres Dienstes im Heute unserer Zeit erstrahlen zu lassen.
Ihr Orden hat sich von Anfang an durch seine Treue zur Kirche und zum Nachfolger Petri wie auch durch seinen von einem hohen religiösen Ideal gekennzeichneten Charakter hervorgetan. Gehen Sie auch weiterhin voran auf diesem Weg, indem Sie die verwandelnde Kraft des Glaubens konkret bezeugen. Aufgrund des Glaubens verließen die Apostel alles, um Jesus zu folgen, und gingen dann in die ganze Welt hinaus, indem sie ihren Auftrag erfüllten, allen Geschöpfen das Evangelium zu bringen. Ohne jede Furcht verkündeten sie allen die Kraft des Kreuzes und die Freude der Auferstehung Christi, deren unmittelbare Zeugen sie waren. Aufgrund des Glaubens haben die Märtyrer ihr Leben hingegeben und so die Wahrheit des Evangeliums gezeigt, das sie verwandelt und befähigt hatte, ihren Verfolgern zu verzeihen und damit bis zur größten Hingabe zu gelangen, die Frucht der Liebe ist. Und aufgrund des Glaubens haben sich die Mitglieder Ihres Ordens im Laufe der Jahrhunderte aufopferungsvoll der Pflege der Kranken in Jerusalem gewidmet und dann der Hilfe für die Pilger im Heiligen Land, die ernsten Gefahren ausgesetzt waren. Damit haben sie leuchtende Beispiele christlicher Nächstenliebe und des Schutzes der Christenheit hinterlassen. Im 19. Jahrhundert öffnete sich der Orden neuen und ausgedehnteren Arbeitsfeldern auf dem Gebiet der Fürsorge und des Dienstes an Kranken und Armen, ohne jedoch jemals auf die ursprünglichen Ideale, vor allem auf das des intensiven geistlichen Lebens der einzelnen Mitglieder, zu verzichten. In dieser Richtung müssen Ihre Bemühungen voranschreiten, unter ganz besonderer Beachtung der Ordensweihe – jener der Professen –, die das Herz des Ordens bildet. Niemals dürfen Sie diese Ihre Wurzeln vergessen: als der selige Gerhard und seine Kameraden sich mit den Gelübden dem Dienst an den Armen weihten und das Privileg Pie postulatio voluntatis ihre Berufung bestätigte. So gestalteten die Mitglieder der neu entstandenen Einrichtung ihr Leben nach den Merkmalen des Ordenslebens: das Streben nach christlicher Vollkommenheit durch das Ablegen der drei Gelübde, das Charisma, dem sie sich verpflichteten, und die Brüderlichkeit unter den Mitgliedern. Die Berufung des Professen muß auch heute Gegenstand besonderer Pflege sein, wobei zugleich auf das geistliche Leben aller zu achten ist.
In diesem Sinn unterscheidet sich Ihr Orden im Vergleich zu anderen Einrichtungen, die sich auf internationaler Ebene in der Krankenpflege, für die Solidarität und für den menschlichen Fortschritt einsetzen, durch die christliche Grundorientierung, die für den sozialen Einsatz seiner Mitglieder ständig richtungweisend sein muß. Bewahren und pflegen Sie diese Ihre besondere Eigenart und handeln Sie mit erneuertem apostolischem Eifer, immer in der Haltung tiefer Übereinstimmung mit dem Lehramt der Kirche. Ihr wertvolles und wohltätiges Wirken, das in mehrere Bereiche gegliedert ist, sich in verschiedenen Teilen der Welt vollzieht und mit Krankenhäusern und Sanitätseinrichtungen besonders auf den Dienst am Kranken konzentriert ist, ist nicht bloße Philanthropie, sondern wirkungsvoller Ausdruck und lebendiges Zeugnis der im Evangelium verkündeten Liebe.
In der Heiligen Schrift ist der Aufruf zur Nächstenliebe mit dem Gebot verbunden, Gott zu lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit aller Kraft (vgl. Mk 12,29-31). Folglich entspricht die Nächstenliebe dem Auftrag und dem Beispiel Christi, wenn sie auf einer wahren Liebe zu Gott beruht. So ist es dem Christen möglich, durch die eigene Hingabe, dank einer immer tieferen Gleichgestaltung mit Christus, die anderen die fürsorglich zärtliche Liebe des himmlischen Vaters spüren zu lassen. Um den Mitmenschen Liebe zu schenken, muß man sie durch Gebet, ständiges Hinhören auf das Wort Gottes und ein Leben, in dessen Mittelpunkt die Eucharistie steht, aus der Feuersglut der göttlichen Liebe schöpfen. Ihr Alltagsleben muß durchdrungen sein von der Gegenwart Jesu, vor dessen Augen Sie auch die Leiden der Kranken, die Einsamkeit der Alten, die Schwierigkeiten der Behinderten zu tragen gerufen sind. Indem Sie diesen Menschen entgegenkommen, dienen Sie Christus: »Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan« (Mt 25,40), sagt der Herr.
Liebe Freunde, folgen Sie mit Ihrem Wirken in der Gesellschaft und in der Welt weiter den vom Evangelium angezeigten Wegen, nämlich denen des Glaubens und der Liebe, um die Hoffnung neu aufleben zu lassen. Glaube als Zeugnis einer inneren Zustimmung zu Christus und eines Engagements in der Sendung des Evangeliums, das Sie zu einer immer lebendigeren Gegenwart in der kirchlichen Gemeinschaft und zu einer immer bewußteren Zugehörigkeit zum Volk Gottes anspornt; Liebe als Ausdruck einer Brüderlichkeit in Christus durch die Werke der Barmherzigkeit gegenüber den Kranken, den Armen, gegenüber denen, die der Liebe, des Trostes und der Fürsorge bedürfen, gegenüber denen, die unter Einsamkeit, Verwirrung und unter neuen Formen materieller und geistlicher Armut leiden. Diese Ideale sind in Ihrem Motto gut zum Ausdruck gebracht: »Tuitio fidei et Obsequium pauperum«. Diese Worte fassen das Charisma Ihres Ordens gut zusammen, der als Völkerrechtssubjekt nicht danach strebt, weltliche Macht und weltlichen Einfluß auszuüben, sondern die ihm eigene Sendung für das ganzheitliche Wohl des Menschen an Geist und Leib in völliger Freiheit entfalten und dabei sowohl die einzelnen als auch die Gemeinschaft im Blick haben möchte, vor allem diejenigen, die am meisten der Hoffnung und der Liebe bedürfen.
Maria – die selige Jungfrau von Fileremo – unterstütze Ihre Vorhaben und Ihre Pläne mit ihrem mütterlichen Schutz; Ihr himmlischer Schutzpatron, der heilige Johannes der Täufer und der selige Gerhard sowie die Heiligen und Seligen des Ordens mögen Sie mit ihrer Fürsprache begleiten. Ich meinerseits versichere Ihnen, für Sie, die Sie hier zugegen sind, für alle Mitglieder des Ordens wie auch für die zahlreichen verdienstvollen Freiwilligen – darunter die ansehnliche Gruppe der Kinder – und für alle, die Ihre Aktivitäten unterstützen, zu beten. Von Herzen erteile ich Ihnen den Apostolischen Segen, in den ich gerne Ihre Familien einbeziehe. Danke.
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