MARIA ist im Himmel auch Fürsprecherin für ihre eigenen Landsleute
Veröffentlicht: 12. September 2015 | Autor: Felizitas Küble
Es gibt in der kirchlichen Tradition den alten lateinischen Spruch: “De Maria nunquam satis” – Über Maria kann gar nicht genug gesagt werden.
Tatsächlich ist die Mutter des HERRN ein unerschöpfliches Thema für Theologie, Kunst, Dichtung, Exegese, Musik – und erst recht für die Volksfrömmigkeit. Advocata
Was aber im Laufe der Kirchengeschichte zu kurz gekommen ist und selbst in heutiger Zeit allenfalls beiläufig bedacht wird:
Daß Maria, die dem jüdischen Volke entstammt, im Himmel sicherlich besonders für ihre “Landsleute” betet und bittet, also Fürsprache einlegt, damit das Volk Israel ihren Sohn als Messias der Juden und Heil der Welt erkennt.
Es liegt nahe, daß die vielfältigen Leiden der Juden durch die Jahrhunderte der Madonna nicht gleichgültig sein können. Wie sehr sie sich mit der Geschichte der Israeliten verbunden fühlt, zeigt zum Beispiel ihr Magnificat, der im Lukasevangelium bezeugte Lobgesang der Gottesmutter.
Dort betont sie besonders das Heilswirken des Ewigen an ihrem Volk, den Israeliten des Alten Bundes:
“ER nimmt sich seines Knechtes Israel an und denkt an sein Erbarmen,
das ER unseren Vätern verheißen hat, Abraham und seinen Nachkommen auf ewig.”
Maria ist selber in ihrer Person die entscheidende Brücke vom Alten zum Neuen Bund, denn sie gehört beiden “Bündnissen” zugleich an; ihr Magnificat belegt, wie stark sie von den Gebeten, den Psalmen, überhaupt dem Alten Testament geprägt ist; ihr Danklied atmet die Sprache der Propheten Israels, stimmt ein in ihr begeistertes Lob auf die Größe und Herrlichkeit Gottes.
Die Mutter des HERRN sehnt sich leidenschaftlich nach dem Reich Gottes, nach “seiner Gerechtigkeit”, durchaus auch nach einer Umkehr irdischer Verhältnisse durch Gottes wunderbare Taten (“ER vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten…”).P1020947
Doch die größte Tat des Höchsten ist die Menschwerdung seines Sohnes in der Jungfrau Maria. In ihrem Magnificat kündigt die Gottesmutter bereits an, daß sie aufgrund ihrer Erwählung durch den Höchsten in Zukunft seliggepriesen wird (“…siehe, von nun an werden mich seligspreisen alle Geschlechter…”).
Maria, das jüdische Mädchen, die Mutter aus Israel, ist eine “Tochter Zion” – und als solche betet sie vor dem Thron des Höchsten für die Christenheit, für die Kirche, aber nicht zuletzt auch für ihr eigenes jüdisches Volk.
Leider gibt es in der Kirchengeschichte nur wenige Zeugnisse, die sich positiv mit diesem Thema befaßt haben. Ein bemerkenswertes Beispiel aus dem 12. Jahrhundert ist der britische Augustinerchorherr Wilhelm von Newburgh aus Yorkshire. In seiner marianischen Auslegung des Hohelieds schreibt er:
“Und wir sollen wissen, daß die Verdienste der barmherzigen Mutter auch dem Volk Israel zum Heil verhelfen. Denn wie eindringlich, glaubst du, bittet sie wohl täglich ihren allmächtigen Sohn für ihr Volk?
Denke daran, mein Sohn, spricht sie, daß du das Fleisch, in dem und durch das du das Heil der Welt gewirkt hat, von ihnen genommen hast – und daß sie, deren Fleisches du dich nicht geschämt hast, an deinen geistlichen Gütern teilhaben müssen. Denn sie hätten als erste erlöst werden sollen, weil das Heil aus ihnen kommt.”
MAGNIFICAT: Der Lobgesang Marias (Lk 1,46-55)
Meine Seele preist die Größe des HERRN,
und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.
Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat ER geschaut.
Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter.
Denn der Allmächtige hat Großes an mir getan,
und sein Name ist heilig.
ER erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht
über alle, die ihn fürchten.
ER vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten:
ER zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind.
ER stürzt die Mächtigen vom Thron
und erhöht die Niedrigen.
Die Hungernden beschenkt ER mit seinen Gaben
und lässt die Reichen leer ausgehen.
ER nimmt sich seines Knechtes Israel an
und denkt an sein Erbarmen,
das ER unseren Vätern verheißen hat,
Abraham und seinen Nachkommen auf ewig.