Rom ohne Oster-Touristen Eine tote Stadt
Stand: 02.04.2021 07:51 Uhr
In normalen Jahren kommen rund eine Million Touristen über Ostern nach Rom. Diesmal ist die Stadt leer. Die Folgen der trostlosen Leere spüren alle: von den Vatikanischen Museen bis zu den Eisdielen.
Von Jörg Seisselberg, ARD-Studio Rom
Hier kommt fast jede Touristin und jeder Tourist in Rom einmal vorbei. Die Eisdiele Giolitti, mitten im Zentrum, zwischen Pantheon und Parlament gelegen. Normalerweise drängen sich hier besonders zu Ostern die Besucherinnen und Besucher dicht an dicht durch die Gasse. Jetzt steht Besitzer Nazzareno Giolitti alleine im Vorraum der berühmtesten Eisdiele Roms und zuckt mit den Schultern: "Ostern müsste eigentlich ein Fest der Freude sein, mit vielen schönen Sachen. So aber ist Ostern einfach traurig."
Jörg Seisselberg
Jörg Seisselberg ARD-Studio Rom
Verschärfte Ausgangsbeschränkungen in Rom
Denn Rom ist leer. Über die Ostertage 2019 waren nach Angaben des Tourismusverbands Assoturismo noch rund eine Million Besucher in der Stadt. Jetzt gelten Ausgangsbeschränkungen, die für das Wochenende noch einmal verschärft werden. Alle sollen über Ostern zu Hause bleiben, alle Geschäfte müssen schließen, Touristinnen und Touristen sind nicht in der Stadt.
Bei Giolitti ist der Unterschied zu normalen Zeiten greifbar. Zeiten, in denen hier 15 Minuten Schlangestehen für ein Eis normal waren. "Ihr seht es selbst", sagt der Eisdielen-Besitzer und schaut durch den leeren Raum, "jetzt ist hier und in der ganzen Stadt so gut wie niemand unterwegs". Zumindest ein kleines frisches Angebot halte er in einer Mini-Eistheke noch aufrecht. "Für die Römer", sagt Giolitti, "das Problem aber sind die Touristen, die nicht da sind". Insgesamt, habe er seinen Geschäftsbetrieb um 80 Prozent reduziert. Zumindest bis Samstag dürften sich die Römerinnen und Römer ihr Eis und andere Lebensmittel noch zum Mitnehmen holen.
Warten auf Gäste im Café Giolitti in Rom | ARD-Studio Rom
Die Angestellten im Café Giolitti in Rom warten auf Kundschaft, aber es kommt kaum jemand vorbei. Bild: ARD-Studio Rom
Vielen Tourismus-Betrieben droht das Aus
In Italien insgesamt macht der Tourismus rund 13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Die Corona-Hilfen der Regierung sind teilweise mit Verspätung geflossen und können nicht annähernd die Verluste ausgleichen.
Rund 40.000 Unternehmen stünden vor dem Aus oder seien bereits gescheitert, heißt es von Assoturismo. 100.000 Menschen in der Branche hätten seit Beginn des Corona-Krise ihre Arbeit verloren. Auch Giolitti hat seit über einem Jahr einen Großteil seiner Beschäftigten in Kurzarbeit.
Kurz vor dem Lockdown räumt ein Mann vor einem Restaurant in Rom die Tische weg. | REUTERS
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Corona-Folgen in der Osterzeit besonders spürbar
Von 1000 auf 0 muss Werner Demmel über Ostern zurückfahren. Rund 1000 Gläubige kamen in Vor-Coronazeiten zum Leiter des deutschsprachigen Pilgerzentrums, um sich Eintrittskarten und Ratschläge für die Ostertage zu holen. Jetzt steht Pfarrer Demmel in einem leeren Büro und sagt: In den Ostertagen sei der Unterschied zur Vor-Coronazeit besonders spürbar.
"Der Strom der Pilger und Touristen hat von Jahr zu Jahr zugenommen. Man ist kaum noch von A nach B gekommen, wenn man hier gewohnt hat und etwas dienstlich oder privat erledigen wollte", erzählt Demmel. "Die Trottoirs sind übergequollen vor Menschen. Der Verkehr war knapp vorm Erliegen." Und jetzt? "Und jetzt", sagt der Pfarrer seufzend, "erlebst du eine tote Stadt".
Rom ohne Pilgernde, ohne Touristinnen und Touristen, mit nur wenigen Einheimischen auf der Straße. Über allem ein Papst, der sein Programm zum wichtigsten Fest der Christenheit drastisch reduziert hat. "Gerade die Karwoche ist ja voll mit Liturgie. Von Gründonnerstag bis Ostersonntag ist jeden Tag Highlight hier", erinnert sich Demmel an die Jahre vor Corona, "das jetzt alles in abgespeckter Form und nur online zu erleben, ist schon trostlos