30.03.2021
Chrisam-Messe stand ganz im Zeichen der Ermutigung "Ohne den Dienst des Priesters kann die Kirche nicht sein"
Immer am Montag in der Karwoche lädt Kardinal Woelki die Seelsorger, Diakone und Seminaristen des Bistums traditionell zu einem Oasentag ein. Ein geistlicher Impuls und die Feier der Eucharistie sollen jeden Einzelnen in seiner Berufung stärken.
Pater Gregor Romanski ist dieser Tag immer schon wichtig gewesen. Bereits als Zehnjähriger ist der Ordensmann Jahr für Jahr in seiner polnischen Heimat am Gründonnerstag mit einer großen Messdienergruppe nach Tschenstochau gefahren, um dort mit seinem Erzbischof die Chrisam-Messe zu feiern. "Keine Messe habe ich ausgelassen. Das war stets etwas Besonderes für mich", erinnert sich der Franziskaner-Minorit, der seit 2016 zum Seelsorgeteam von St. Peter und Paul in Ratingen gehört. "Auf diese Weise habe ich von Jugend an die große Gemeinschaft der Priester erlebt. Ihre Vielzahl und ihre Einheit haben mich schon damals sehr beeindruckt."
Bis heute gehe ihm das so. "Der Oasentag ist eine Gelegenheit, die lokale Kirche zu erleben. Diese ganz besondere Messfeier stärkt mein eigenes Priestertum. Sie ist die Quelle und erinnert mich an meine Sendung in der Nachfolge Christi." Gleichzeitig setze er mit seiner Teilnahme an diesem Gottesdienst im Kölner Dom ein Zeichen der Verbundenheit mit seinem Bischof – und das in schwierigen Zeiten, in denen dieser der Solidarität seiner Priester bedürfe. "Aber auch mich selbst baut es jedes Mal auf, wenn ich sehe, wie viele wir doch eigentlich sind."
Priesterlicher Dienst darf nicht hochmütig machen
Verbundenheit mit ihrem Bischof – das ist auch einer der Gründe, die Burkhard Schuster, dem Kurssprecher der vier Diakone, die am 11. Juni von Kardinal Woelki zum Priester geweiht werden, spontan einfallen, wenn er auf die Bedeutung des Oasentags angesprochen wird. Aber eben auch die Gelübdeerneuerung des Presbyteriums und natürlich die Weihe der heiligen Öle. "Schließlich werden wir mit genau diesem Chrisam bei unserer Priesterweihe in zehn Wochen gesalbt", stellt er mit großer Vorfreude fest.
Wie unverzichtbar ein solcher Tag auch für ihn persönlich ist, erklärt der Kölner Erzbischof gleich zu Beginn der Feier. Er spricht von "einer Stunde der Gnade, aus der unsere Diözese lebt" und von einem "Tag der Dankbarkeit für unsere Berufung, aber auch für die ganze Kirche, dass der Herr ihr das Sakrament der Priesterweihe geschenkt hat". Ohne den Dienst des Priesters könne die Kirche nicht sein, nicht leben, betont er und wendet sich den vielen konzelebrierenden Mitbrüdern im südlichen und nördlichen Querhaus zu, aber auch allen – wie er eigens erwähnt – die wegen der coronabedingten Teilnehmerbegrenzung die geistliche Stunde mit anschließender Eucharistiefeier nur im Livestream über das Domradio und EWTN verfolgen können. Woelki unterstreicht, dass der priesterliche Dienst für die Kirche unersetzlich sei. Trotzdem dürfe das nicht hochmütig, sondern müsse demütig machen, mahnt er. "Wir sind nicht Beherrscher unserer Gemeinden, sondern Diener. Das ist die Haltung, die uns gemäß ist."
Tage des Zweifelns und Verzweifelns
In seiner Predigt geht er dann zunächst auf die Ereignisse rund um die Veröffentlichung des Gercke-Gutachtens ein. "Schwere Tage, Wochen und Monate liegen hinter uns; Tage, an denen wir uns gegenseitig den Willen zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in unserem Erzbistum abgesprochen haben. Tage des Zweifelns und des Verzweifelns daran. Tage von Verdächtigungen, Unterstellungen, von Aggressionen, manchmal sogar von Hass und Wut. Tage des Misstrauens, der Enttäuschung und der Einsamkeit, weil wir glaubten, völlig alleine dazustehen und niemanden mehr zu haben, dem wir vertrauen könnten. Tage, wo wir uns fürchteten, langjährige Freundschaften zu verlieren, wo wir nur mehr auf uns selbst geworfen schienen, wo Selbstzweifel uns zermürbten und müde machten. Tage, wo die fehlende Akzeptanz und Frustration überhand nahmen, weil wir in unserer pastoralen Entwicklung nicht so vorangekommen waren, wie wir es uns ursprünglich gewünscht hätten."
Nun sei es nicht leicht, räumt Woelki ein, alles dies aufzuarbeiten und auch wieder neu aufeinander zuzugehen, damit neues Vertrauen und Zutrauen wachsen könnten, um damit wiederum eine Basis für die zukünftige Gestaltung kirchlichen Lebens zu schaffen. Aber nur in einer solchen Bereitschaft werde es gehen können, fügt er hinzu.
Sich immer wieder neu senden lassen
Umso wichtiger sei ein solcher Oasentag, um wieder Orientierung zu gewinnen, zumal viele in den vergangenen Wochen und Monaten die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs sowie die mit der Corona-Pandemie verbundenen Herausforderungen als Wüste erfahren hätten. "So mancher fühlt sich innerlich vertrocknet und ausgedörrt", konstatiert der Erzbischof. An Oasen entlang aber gelange man durch die Wüste des Alltags, auch die des priesterlichen Dienstes. Und speziell dieser Oasentag verbinde mit der Quelle priesterlichen Lebens: "mit dem Herrn, der einen jeden von uns einmal erwählt und berufen hat, ihm zu folgen und in seiner Nähe zu leben".
Auch wenn zu dieser Sendung die Kreuzeserfahrung – die Mühsal der Seelsorge, ihre Last, Enttäuschung, Müdigkeit, innere Kämpfe und Versuchungen – gehörten, gehe es darum, immer wieder von diesem Ort der eigenen Weihe aus neu aufzubrechen, seiner Berufung und Liebe treu zu bleiben, sich senden zu lassen und an den Platz zurückzukehren, "an den Gott einen jeden von uns gestellt hat. Denn Gott hat uns nicht den Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe, der Stärke, der Besonnenheit. Es ist der Geist kraftvoller Zuversicht, der der Gefahr und der Versuchung der Resignation wehrt. Es ist der Geist, der Versöhnung und Einheit schenkt."
Mehr der Kraft des Heiligen Geistes trauen
Trotz Misserfolgen und Überforderung gebe es kein Umsonst, "auch wenn wir die Früchte unserer Mühen eben oft nicht sehen", so Woelki weiter in seinen Ausführungen. Das gehöre dazu und entspreche dem, was auch Jesus Christus erlebt habe. "Unter dem Kreuz schien alles umsonst. Erst nach Ostern und Pfingsten beginnt dann die Saat zu keimen, und erst am Ende der Zeiten wird die Ernte eingebracht. Resignation wird nur dort mächtig, wo wir Menschen mehr auf uns selbst als auf den Heiligen Geist bauen, wo wir mehr unserer eigenen Geschicklichkeit als der Kraft des Heiligen Geistes zutrauen", erklärt der Kardinal.
Doch der bei der Priesterweihe empfangene Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit schütze vor Mutlosigkeit und Resignation, ermutigt er seine Zuhörer. "Lassen wir uns daher nicht müde und mürbe machen von den Herausforderungen unserer Tage, die unseren seelsorglichen Dienst oft so schwer machen, uns schwer zu machen scheinen. Halten wir die heilige Flamme der Anbetung und der Gottesliebe hoch und weihen wir unser Leben heute erneut dem Herrn und seiner Kirche."
Beatrice Tomasetti
(DR)