Er erklärt, als Voraussetzung zum Verstehen der Texte, den mit den Gebräuchen der Ostkirche nicht vertrauten Lesern die vorkommenden Bezeichnungen und führt in die Thematik des östlichen Mönchtums und ihrer Starzen ein.
Dabei ermöglicht er einerseits dem Lesenden, ein wenig von dem Wesen der schismatischen orthodoxen Kirche zu verstehen. Andererseits zeigt er, wie aus der Frömmigkeitslehre des orthodoxen Mönchtums und der hier erzählten geschichtlichen und biographischen Ereignisse, eine praktischen Anwendung für das geistliche Leben eines Katholiken möglich ist.
Somit erfährt der geneigte Leser nicht nur das Notwendige über das Kloster Glinsk in der nördlichen Ukraine, aus dem über viele Ereignisse und Personen berichtet wird. Er nimmt vor allen Dingen auch teil am Wesentlichen, wofür es Klöster gibt: es geht zuerst um die Gottsuche, um das geistliche Leben der Mönche, ebenso um die Weitergabe des Glaubens und der Lehre eines frommen Lebens.
Es sind vor allem die Starzen, die als Seelsorger gleich einem "Wegweiser in das ewige Leben" fungieren.
Ein Starez ist ein erfahrener, auch strenger asketischer Führer, ein im geistlichen Kampf erprobter Mönch und Asket, der über die geistliche Weisheit und die von Gott gegebene Kraft verfügt, andere Menschen durch seine Gebete und Ratschläge auf den rechten Wege zu führen. Die Menschen sollen nicht, wie es heute oft gewünscht wird, Wundertätigkeit oder geistliches "Erfahren" suchen. Vielmehr sollen Christen den "Weg der Reinigung von den Leidenschaften" gehen und durchschreiten.
Hat man sich einmal in das Buch eingelesen, wozu es ein wenig Geduld braucht und Absehen von sich selbst, wird man hingerissen und hineingenommen in ein wunderbares Leben des immerwährenden Betens. Das immerwährende Gebet (Herzensgebet, Jesusgebet) wird von den Starzen ebenso geübt und gelehrt wie das "heilige Leben".
In der Kirche Gottes gab es immer Zeiten, in der sie Verfolgungen ausgesetzt war. Dies trifft nicht nur auf die Ostkirche zu. Auch in Mitteleuropa wurde und wird die Kirche oft verfolgt. Antikirchliche Gesetzgebungen sind seit der Zeit der Aufklärung die Methoden, die in den letzten Jahrhunderten maßgeblich den kirchlichen Auftrag zu missionieren behinderten. Es gibt vielerlei gesetzliche Maßnahmen, welche darauf ausgerichtet sind, kirchliches Leben zu stören, wenn nicht zu unterdrücken. Dabei stellen wir gelegentlich fest, dass selbst innerhalb der christlichen Konfessionen kirchen-, ja gottfeindlich agiert wird; man denke z. B. an Abtreibung, Feminismus, Genderismus u. a.
Die "weißen Väter" der Ostkirche, die Starzen, erkannten auch in der Sowjetzeit, dass die Kirche sich von innen heraus erneuern müsse. Nur von innen heraus konnte sie überleben und den Kommunismus überwinden. Die Starzen zeigen uns "Westkirchlichen", wie es funktionieren kann, eine glaubensfeindliche Welt zu überwinden: der Mensch, der Gläubige, muss zuerst im geistlichen Leben voranschreiten. Nur ein geistlicher Mensch trägt den Glauben weiter. Doch wie erreicht ein Mensch den besten Fortschritt im geistlichen Tun? Die Antwort, die uns von den Starzen gegeben wird, ist zunächst vielleicht schockierend und für die meisten unter den Lesern fast nicht zu akzeptieren: "Durch den Rat der Väter, durch echte Unterordnung und Geduld im Glauben." Nein, haben wir nicht seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil gelernt, dass wir eigenständige und reife Menschen seien, die selber wissen und entscheiden können? Haben wir nicht den Katechismus über Bord geworfen, um selbst mit Gott in Dialog zu treten und mit ihm auszumachen, was und wie wir leben? Und jetzt sollen wir uns von einem stocktraditionellen Starez sagen lassen, was gut sei für unseren Glauben?
Seien wir demütiger! Lesen wir und hören wir den Starzen zu. Ereifern wir uns nicht über sie ob unserer Aufgeklärtheit. Bleiben wir ganz still. Hören wir, bedenken wir, erwägen wir im Herzen. "Die Sünde verdunkelt die Augen der Seele des Menschen. Er sieht und sieht nicht, er hört und hört doch nicht. Schlechte Gedanken sind schlechte Handlungen." Wie begegnen wir den Menschen, dem anderen Geschlecht? Was sehen und denken wir beim Ansehen von Bildern und Filmen? Ein Starez sagt: "Wenn du lüstern bist, so magst du heute noch nicht Ehebruch begangen haben, aber die Lust in deinem Innern wird so lange nicht aufhören, bis du gehorchst und sie dich dann doch zur Handlung selbst hingezogen hat." Und der Starez sagt weiter: "Wenn du im Zorn bist und über deinen Bruder aufgebracht, dann wirst du irgendwann einmal in böse Worte verfallen; später beginnst du ihn heimtückisch zu behandeln und so fort …" Wir sollen erkennen, dass wir auf dem "Weg der Blindheit unserer Seele" zum himmlischen Vaterland gelangen.
Bereits der Titel des Buches "Der Kampf um ein heiliges Leben" könnte nicht aktueller sein. Beide hier benutzen Begriffe, sowohl "Kampf" als auch "heiliges Leben", sind heute obsolete, wenn nicht verbotene Begriffe. Doch in einer vom Mainstream gleichgeschalteten Menschheit und ihrer weichgespülten Auffassung von modernem Leben ist heiliges Leben ohne Kampf nicht möglich.
Dem Rezensenten ist nicht verborgen geblieben, dass der "Kampf um ein heiliges Leben" offenbar nicht mehr von der Kirche geführt werden möchte, vielmehr wird ein solcher Kampf abgelehnt und als traditionalistisch und fundamentalistisch verunglimpft.
Der "Kampf um ein heiliges Leben" ist kein klassenkämpferisches Buch. Es ist ein Buch, das zeigt, wie der Glaube in einer glaubenslosen Gesellschaft und einer glaubensfeindlichen Zeit überlebt. Nehmen Sie, lieber Leser, dieses Buch zur Hand und lesen Sie den "Kampf um ein heiliges Leben"!
Alexander und Zinoviy Chesnokov, Bonifaz Tittel (Hrsg.), "Der Kampf um ein heiliges Leben. Lehre und Wirken der Starzen in der Sowjetzeit" ist erschienen im Verlag der Ideen und hat 280 Seiten.