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1000 Jahre alte Kaiser-Kirche in Helfta/Eisleben ausgegraben Faszinierender Blick ins Mittelalter

#1 von anne ( Gast ) , 25.06.2021 17:20

25.06.2021
1000 Jahre alte Kaiser-Kirche in Helfta/Eisleben ausgegraben Faszinierender Blick ins Mittelalter

Lange war ihre genaue Lage unklar, jetzt sind die Grundmauern der Radegundiskirche zusammen mit erstaunlichen Fundstücken ausgegraben worden. Die große Kirche von Kaiser Otto I. verschwand vor 500 Jahren im Zuge der Reformation.

Stattlich muss sie gewesen sein, mehr als 30 Meter lang, 20 Meter breit, auf einem Hügel liegend, weithin gut sichtbar – die Radegundiskirche gehörte zur Kaiserpfalz von Kaiser Otto und das sah man ihr auch an. "Das ist eine prächtige, außergewöhnlich große Kirche, die den Rang dieses Ortes in der Ottonen-Zeit belegt", sagte Projektleiter und Archäologe Felix Biermann bei der Vorstellung der Ausgrabungen in dieser Woche gegenüber dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). Eine Kathedrale "in Kleinformat" habe sich der Kaiser da bauen lassen, so Biermann. Der Kaiser gründete sie vor dem Jahr 968, wie entsprechende Dokumente aus der Zeit belegen.

Der Kaiser kam mehrfach vorbei

Helfta muss im 10. Jahrhundert für den damaligen Kaiser Otto eine wichtige Rolle gespielt haben. Im späten 9. Jahrhundert wird Helfta als "Helpide" und "Helphideburg" im Hersfelder Zehntverzeichnis, einer Abgabenliste der Reichsabtei Hersfeld, erwähnt, wie das Landesamt für Denkmalschutz Sachsen-Anhalt bei der Vorstellung der Ausgrabungen mitteilt. Im 10. Jahrhundert belegt die Präsenz ottonischer Herrscher die Funktion des Ortes als Königshof und Königspfalz. Nachgewiesen sind zwei Aufenthalte Kaiser Ottos des Großen und seines Sohnes, Ottos II.

Lage der Kirche und der Kaiserpfalz gingen vergessen

Nach dem Zerfall der Kirche nach der Reformation war lange nicht klar, wo die Kaiserpfalz überhaupt lag. 2009 wurde sie durch geophysikalische Untersuchungen in einem unscheinbaren Maisfeld auf dem Gebiet des heutigen Bistums Madgeburg bei Helfta/Eisleben gefunden. Demnach befand sich die Pfalz nicht direkt in Helfta, sondern auf einer Anhöhe in der Nähe, die "Kleiner Klaus" genannt wird.

Seit Mai laufen dort die Ausgrabungen, die sich zunächst auf die Kirche konzentrieren. Die Forschungen des Landesamtes für Denkmalschutz fördern zahlreiche Gräber auf dem Gebiet der Kirche zutage, die Knochen sind noch erstaunlich gut erhalten.

Münzen, Kruzifix und Knochen gefunden

Adelige Familien der Gegend wurden wohl in den mehr als 70 Gräbern bestattet. Außerdem hat das Landesamt für Denkmalpflege bei den Ausgrabungen seit Mai auch Reste der ehemaligen Ausstattung der Kirche gefunden, die ihre Bedeutung unterstreichen: ein romanisches Bronzekruzifix mit Emaille, das im 13. Jahrhundert in Limoges in Neu-Aquitanien (Frankreich) erzeugt wurde und ein großes Bruchstück einer Kirchenglocke. Dazu zeigen Münzen, Gewandspangen, Trachtstücke, Pilgerzeichen, Tonscherben und vieles andere mehr auf dem Gelände die Bedeutung der Kirche und der Pfalz über Jahrhunderte.

Basilika wurde zur Wallfahrtskirche

Die dreischiffige und kreuzförmige Basilika mit Querschiff stand rund 500 Jahre auf der Anhöhe, ihre Bedeutung sank im Laufe der Zeit, die letzten zwei Jahrhunderte vor ihrem Abriss war sie wohl eine Wallfahrtskirche. Ihre Mauern wurden nach der Reformation komplett abgetragen, die stattliche Kirche und die anderen Gebäude verschwanden völlig, stattdessen entstand dort Ackerfläche. "Mit der Identifizierung der Lage der Kirche und der Pfalz wird eine wichtige landesgeschichtliche Lücke geschlossen", sagte bei der Vorstellung der Ausgrabungen der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff. Er ist auf weitere Erkenntnisse der Forschungen genauso gespannt wie die unmittelbaren Nachbarinnen der ehemaligen Kaiser-Kirche.

Kloster in der Nachbarschaft überdauerte die Jahrhunderte

In der Nähe liegt das Zisterzienserinnen-Kloster Sankt Marien aus dem 13. Jahrhundert, das im Gegensatz zur Kaiser-Kirche nicht untergegangen ist und nach der Wiedervereinigung wieder neu besiedelt wurde. Die Nonnen, die dort heute leben, konnten wie der Ministerpräsident schon einen ersten Blick auf die Ausgrabungen werfen. Die werden in den nächsten Wochen noch intensiviert, insgesamt sollen die Grabungen bis September dauern, werden dann aber in den nächsten Jahren aller Voraussicht nach fortgesetzt.

Mathias Peter
(DR)

anne

   

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