„Wir brauchen eine echte Umkehr des Papstes“ – Interview mit Erzbischof Carlo Maria Viganò
BEKEHRUNG UND BUSSE SIND IN DIESER ZEIT DER CORONAVIRUS-PANDEMIE GEFORDER
30. März 2020
Leerer Petersplatz: verschlossene Kirchen, ausgesetzte Messen – eine scharfe Mahnung kommt von Erzbischof Carlo Maria Viganò.
Leerer Petersplatz: verschlossene Kirchen, ausgesetzte Messen – eine scharfe Mahnung kommt von Erzbischof Carlo Maria Viganò.
Am gestrigen Passionssonntag gab der ehemalige Apostolische Nuntius in den USA, Erzbischof Carlo Maria Viganò, der US-Zeitschrift The Remnant ein Interview, das heute veröffentlicht wurde.
Frage: Exzellenz, wie sollte der Christ die Covid-19-Pandemie bewerten?
Erzbischof Viganò: Die Coronavirus-Pandemie ist wie alle Krankheiten und der Tod selbst eine Folge der Erbsünde. Die Schuld von Adam, dem ersten Menschen, hat ihn und seine Nachkommen nicht nur der Gnade beraubt, sondern auch all jener Gaben, die Gott ihm bei der Schöpfung gegeben hatte. Von diesem Moment an kamen Krankheit und Tod als Strafe für den Ungehorsam gegenüber Gott in die Welt. Die im Protoevangelium (Genesis 3) angekündigte Erlösung wurde im Alten Testament prophezeit, und mit der Inkarnation, dem Leiden, Tod und Auferstehung Unseres Herrn wurden Adam und seine Nachkommen von der ewigen Verdammnis erlöst, beließ aber ihre Folgen als Zeichen des alten Abfalls, die endgültig erst mit der Auferstehung des Fleisches wiederhergestellt werden, die wir im Credo bekennen und die vor dem Jüngsten Gericht stattfinden wird. Daran ist zu erinnern, insbesondere in einer Zeit, in der die Grundprinzipien des Katechismus ignoriert oder geleugnet werden.
Frage: Einige Mitglieder der Hierarchie und Priester sagten, daß „Gott nicht bestraft“ und daß es eine heidnische Idee ist, das Coronavirus als Geißel zu betrachten. Stimmen Sie dem zu?
Erzbischof Viganò: Die erste Strafe wurde, wie ich bereits sagte, unserem Vorfahren auferlegt. Aber im Exsultet, das wir in der Osternacht anstimmen werden, heißt es:
O felix culpa, quae talem ac tantum meruit habere Redemptorem!
O glückliche Schuld, die es verdiente, einen solchen und so großen Erlöser zu haben.
Der Katholik weiß, daß Krankheit und damit auch Epidemien, Leiden, der Verlust geliebter Menschen mit Glauben und Demut auch als Sühne für unsere persönlichen Sünden akzeptiert werden müssen. Dank der Gemeinschaft der Heiligen – durch die die Verdienste jeder getauften Person auch anderen Gliedern der Kirche mitgeteilt werden –, können wir solche Beweise auch für die Vergebung der Sünden anderer darbringen, für die Bekehrung jener, die nicht glauben, zur Verkürzung der Reinigung der heiligen Seelen im Fegefeuer. Ein Unglück wie Covid-19 kann auch eine wertvolle Gelegenheit sein, im Glauben und in der aktiven Nächstenliebe zu wachsen.
Wie wir sehen können, entfernt die Beschränkung auf den rein klinischen Aspekt der Krankheit – der natürlich bekämpft und geheilt werden muß – jede transzendente Dimension unseres Lebens und beraubt es des übernatürlichen Blicks, ohne den es unvermeidlich ist, sich in einer hoffnungslosen tauben Selbstsucht einzuschließen.
Erzbischof Viganò
Erzbischof Viganò
Ein Vater, der nicht bestraft, zeigt, daß er seinen Sohn nicht liebt und sich nicht für ihn interessiert. Ein Arzt, der gleichgültig mitansieht, wie es dem Patienten schlechter geht bis zur offenen Wunde, will seine Genesung nicht. Der Herr ist ein liebender Vater, weil Er uns lehrt, wie wir uns verhalten sollen, um die glückselige Ewigkeit des Himmels zu verdienen, und wenn wir mit Sünde gegen Seine Vorschriften verstoßen, läßt Er uns nicht sterben, sondern sucht uns, Er sendet uns viele Signale – manchmal sogar strenge, wie es richtig ist – damit wir umkehren, bereuen, Buße tun und die Freundschaft mit Ihm wiedererlangen. Ihr werdet meine Freunde sein, wenn ihr tut, was ich euch befehle. Mir scheint, daß die Worte des Herrn keinen Raum für Mißverständnisse lassen.
Ich möchte auch hinzufügen, daß die Wahrheit eines gerechten Gottes, der die Guten belohnt und die Schlechten bestraft, Teil des allgemeinen Naturgesetzes ist, das der Herr allen Menschen jeden Alters eingeflößt hat. Ein nicht unterdrückbarer Ruf des irdischen Paradieses, der es auch den Heiden ermöglicht zu verstehen, daß der katholische Glaube die notwendige Erfüllung dessen ist, was ihr aufrichtiges und wohlgesonnenes Herz nahelegt. Es wundert mich, daß heute, anstatt diese tief in das Herz eines jeden Menschen eingeschriebene Wahrheit hervorzuheben, jene, die soviel Sympathie für heidnische Kulte zu haben scheinen, nicht das Einzige akzeptieren, was die Kirche immer für wichtig gehalten hat, um sie für Christus zu gewinnen.
Frage: Glaubt Ihre Exzellenz, dass es Sünden gibt, die Gottes Empörung auf besondere Weise provoziert haben?
Erzbischof Viganò: Die Verbrechen, mit denen sich jeder von uns vor Gott befleckt, sind ein Hammerschlag auf die Nägel, die die Hände unseres Erlösers durchbohrt haben, ein Geißelschlag, der das Fleisch Seines heiligsten Körpers zerrissen hat, ein Bespucken Seines liebenden Gesichtes. Wenn wir diesen Gedanken vor uns hätten, würde keiner von uns zu sündigen wagen. Und wer gesündigt hat, würde für den Rest seiner Tage nicht aufhören zu weinen. Die Realität ist aber: In seiner Passion hat unser göttlicher Erretter nicht nur die Erbsünde auf sich genommen, sondern auch alle unsere Sünden aller Zeiten und aller Menschen. Und das Bewundernswerte ist, daß Unser Herr dem Tod am Kreuz ins Auge sehen wollte, obwohl ein einziger Tropfen Seines kostbarsten Blutes ausgereicht hätte, um uns zu erlösen. Der heilige Thomas lehrt uns:
Cuius una stilla salvum facere totum mundum quit ab omni scelere.
„Ein einz’ger Tropfen schafft die ganze Erde neu, wäscht alle Sünder rein, stellt alle schuldenfrei.“
Aber zusätzlich zu den Sünden, die von Individuen begangen werden, gibt es auch die Sünden, die von Gesellschaften, von Nationen und Staaten begangen werden. Abtreibung, die auch während der Pandemie unschuldige Kinder tötet; Scheidung; Euthanasie; der Greuel der sogenannten Homo-Ehe; das Zelebrieren der Sodomie und der schlimmsten Perversionen; Pornographie; Verführung der Kleinen; Spekulation der Finanzeliten; die Entweihung des Sonntags …
Frage: Darf ich Sie fragen, warum Sie zwischen der Schuld der Einzelnen und der Schul der Nationen unterscheiden?
Erzbischof Viganò: Der heilige Thomas von Aquin lehrt uns: So wie es die Pflicht des Einzelnen ist, den wahren Gott zu erkennen, anzubeten und ihm zu gehorchen, so muß die Gesellschaft – die sich aus Einzelpersonen zusammensetzt – Gott anerkennen und sicherstellen, daß Seine Gesetze es ihren Gliedern erlauben, das geistige Wohl zu erlangen, für das sie bestimmt sind. Nationen, die Gott nicht beachten, sondern offen leugnen, die von den Subjekten verlangen, Gesetze zu akzeptieren, die gegen die natürliche Moral und den katholischen Glauben verstoßen – wie die Anerkennung von Abtreibung, Euthanasie und Sodomie –, die für die Verführung von Kindern arbeiten und ihre Unschuld schänden; die das Recht erlauben, über die göttliche Majestät zu lästern, können nicht ernsthaft annehmen, von der Strafe Gottes ausgenommen zu sein. Daher erfordern öffentliche Sünden öffentliches Bekenntnis und öffentliche Sühne, wenn sie öffentliche Vergebung erlangen wollen. Vergessen wir nicht, daß auch die kirchliche Gemeinschaft in ihrer Funktion als Gesellschaft nicht von himmlischen Strafen befreit ist, bei denen sich ihre Führer für kollektive Straftaten verantworten müssen.
Frage: Bedeutet das, daß es auch Fehler der Kirche gibt?
Erzbischof Viganò: Die Kirche an sich ist immer und unabänderlich heilig, da sie der mystische Leib unseres Herrn ist, und es wäre nicht nur rücksichtslos, sondern blasphemisch zu denken, daß die göttliche Institution, die von der Vorsehung als Gnadenspenderin und einzige Zuflucht des Heils auf Erden errichtet wurde, auch nur im Geringsten unvollkommen sein könnte. Das Lob, das wir der allerseligsten Jungfrau zuerkennen – die eigentlich Mater Ecclesiae ist –, gilt auch für die Kirche: Sie vermittelt Gnaden durch die Sakramente; sie ist die Mutter Christi, deren Glieder sie erzeugt; sie ist Bundeslade und Hüterin des himmlischen Brotes und der Gebote; sie ist Zuflucht für Sünder, denen sie in der Beichte Vergebung gewährt; sie ist das Heil der Kranken, denen sie immer ihre Fürsorge geschenkt hat; sie ist Königin des Friedens, den sie unter den Völkern fördert, indem sie das Evangelium predigt; sie ist aber auch terribilis ut castrorum acies ordinata („furchtgebietend wie ein gerüstetes Heer in Schlachtordnung“), weil der Herr Seinen Dienern die Macht gab, die Dämonen auszutreiben, und die Binde- und Lösegewalt, die das Tor zum Himmelreich öffnet oder verschließt. Und vergessen wir nicht, daß die Kirche nicht nur die streitende Kirche auf Erden, sondern auch die triumphierende und die leidende Kirche ist, deren Glieder alle Heilige sind.
Wahr ist aber auch: Wenn die Kirche Christi heilig ist, kann sie dennoch in ihren Gliedern hier auf Erden, und auch in ihrer Hierarchie, Sünderin sein. In diesen schwierigen Zeiten haben wir leider zahlreiche Beispiele für unwürdige Kirchenvertreter, wie leider die Skandale des sexuellen Mißbrauches durch Kleriker und sogar durch hohe Prälaten gezeigt haben. Die Untreue der heiligen Hirten ist ein Skandal für ihre Mitbrüder und für viele Gläubige nicht nur, wenn es um Lust oder Machtgier geht, sondern auch – und ich würde sagen vor allem – wenn es die Integrität des Glaubens, die Reinheit der Lehre und die Heiligkeit der Moral betrifft, wo es zu Episoden beispielloser Schwere kam wie im Fall der Anbetung des Pachamama-Götzen im Vatikan. In der Tat glaube ich, daß der Herr besonders empört über die Vielzahl von Sünden und Skandalen jener ist, die als Hirten ein Beispiel und Vorbild für die ihnen anvertraute Herde sein sollten.
Vergessen wir außerdem nicht, daß das Beispiel, das von so vielen Teilen der Hierarchie gegeben wird, nicht nur für Katholiken ein Skandal ist, sondern auch für viele Menschen, die, obwohl sie nicht die Gnade haben, der Kirche anzugehören, in ihr einen Leuchtturm und Bezugspunkt erkennen. Nicht nur das: Diese Geißel kann die Kirche in ihrer Hierarchie nicht davon befreien, eine strenge Gewissensprüfung durchzuführen, weil sie sich der Welt angepaßt hat. Sie kann sich nicht der Pflicht entziehen, die Fehler, die sie seit dem Zweiten Vaticanum in ihrem Inneren sich ausbreiten ließ und die auf die Kirche und auf die Welt die gerechten Strafen gezogen haben, damit wir uns besinnen und zu Gott zurückkehren.
Es schmerzt mich, anzumerken, daß wir auch heute, da wir alle Zeugen des göttlichen Zorns sind, der die Welt trifft, die Majestät Gottes weiterhin beleidigen, indem wir von der „Rache der Mutter Erde, die Respekt verlangt“, sprechen, wie Papst Bergoglio vor einigen Tagen in seinem x‑ten Interview sagte. Stattdessen ist es dringend erforderlich, um Vergebung für das im Petersdom verübte Sakrileg zu bitten, und diesen gemäß den kanonischen Normen neu zu weihen, bevor das Heilige Opfer erneut gefeiert wird. Und es sollte auch eine feierliche Bußprozession abgehalten werden – auch nur von Prälaten, angeführt vom Papst –, die um Gottes Barmherzigkeit für sich selbst und für das Volk bitten. Es wäre eine Geste echter Demut, auf die viele Gläubige warten als Sühne für die begangenen Sünden.
Wie kann man die Verwirrung wegen der Worte eindämmen, die von Papst Bergoglio während der Predigt in der Messe vom 26. März in Santa Marta ausgesprochen wurden? Der Papst sagte:
„Möge der Herr uns am Ende des Lebens nicht finden und zu jedem von uns sagen: ‚Du hast dich pervertiert. Du bist vom Weg abgewichen, den ich dir gezeigt hatte. Du hast dich vor einem Götzen niedergeworfen‘.“
Man ist völlig schockiert und empört, wenn man diese Worte hört, wenn man bedenkt, daß er selbst ein echtes Sakrileg vor dem ganzen Erdkreis begangen hat, sogar auf dem Papstaltar der Confessio (Petrusgrab), eine Entweihung, ein Akt des Glaubensabfalls an den unreinen und dämonischen Pachamama-Götzen.
Frage: Am Tag von Mariä Verkündigung, der Allerseligsten, weihten die Bischöfe von Portugal und Spanien ihre Nationen dem Heiligen Herzen Jesu und dem Unbefleckten Herzen Mariens. Irland und Großbritannien haben dasselbe getan. Viele Diözesen und Städte haben in der Person ihrer Bischöfe und Behörden ihre Gemeinden unter den Schutz der Jungfrau gestellt. Wie bewerten Sie diese Ereignisse?
Erzbischof Viganò: Dies sind Gesten, die ein gutes Zeichen sind, obwohl sie nicht ausreichen, um unsere Fehler zu beheben, und die von den Führern der Kirche bisher ignoriert wurden, während das christliche Volk seinen Hirten gegenüber nach einer feierlichen und kollektiven Geste ruft. Unsere Liebe Frau in Fatima bat den Papst und alle Bischöfe, Rußland ihrem Unbefleckten Herzen zu weihen und kündigte Unglück und Kriege an, falls das nicht geschehen wird. Ihre Appelle blieben unbeachtet. Die Hirten sollen bereuen und der Heiligen Jungfrau gehorchen! Es ist beschämend und skandalös, daß sich die Kirche in Italien und anderen Ländern dieser Initiative nicht angeschlossen hat!
Frage: Wie beurteilen Sie die Aussetzung der Zelebrationen, an der sich fast die ganze Welt beteiligt?
Erzbischof Viganò: Das ist ein großes Leiden, mehr noch würde ich sagen: Es ist das größte Leiden, das unseren Gläubigen auferlegt wurde, insbesondere den Sterbenden, indem ihnen die Möglichkeit, Zuflucht zu den Sakramenten zu nehmen, genommen wurde.
In dieser Situation scheint es, daß die Hierarchie mit Ausnahme seltener Fälle keine Bedenken hat, die Kirchen zu schließen und die Teilnahme der Gläubigen am heiligen Meßopfer zu verhindern. Diese Haltung der kalten Bürokraten, der Testamentsvollstrecker des Fürsten, wird heute von den meisten Gläubigen als beunruhigendes Zeichen des Glaubensmangels empfunden. Und wer könnte ihnen unrecht geben?
Ich frage mich – und zittere dabei, es auszusprechen –, ob die Schließung der Kirchen und die Aussetzung der Zelebrationen nicht eine Strafe ist, die Gott der Pandemie hinzugefügt hat.
Ut scirent quia per quae peccat quis, per haec et torquetur.
„Damit sie verstehen, daß mit den Dingen, mit denen jemand sündigt, er bestraft wird.“
Beleidigt durch die Schlampigkeit und Respektlosigkeit so vieler seiner Diener; empört über die Entweihungen des Allerheiligsten Sakraments, die täglich mit der sakrilegischen Gewohnheit der Handkommunion verübt werden; leid, banale Lieder und ketzerische Predigten zu ertragen, freut sich der Herr, in der Stille vieler Altäre noch heute das ernste und geordnete Lob vieler Priester sich erheben zu hören, die die heilige Messe im überlieferten Ritus zelebrieren, jene Messe, die aus apostolischer Zeit stammt und im Lauf der Geschichte das pulsierende Herz der Kirche darstellt. Wir nehmen diese Warnung sehr ernst:
Deus non irridetur.
„Gott läßt Seiner nicht spotten.“
Ich verstehe und teile natürlich die gebührende Beachtung der Grundprinzipien des Schutzes und der Sicherheit, die die staatliche Behörde für die öffentliche Gesundheit festlegt. Aber so wie sie das Recht hat, in Angelegenheiten einzugreifen, die den Körper betreffen, so hat die kirchliche Autorität das Recht und die Pflicht, sich mit der Gesundheit der Seelen zu befassen, und kann ihren Gläubigen nicht die Nahrung der Allerheiligsten Eucharistie entziehen, geschweige denn der Beichte, der Messe und der heiligen Wegzehrung.
Als die Geschäfte und Restaurants noch geöffnet waren, hatten viele Bischofskonferenzen bereits die Aussetzung der religiösen Zelebrationen angeordnet, ohne von der Zivilbehörde dazu aufgefordert zu werden. Diese Haltung zeigt den schmerzlichen Zustand, in der sich die Hierarchie befindet und bereit ist, das Wohl der Seelen zu opfern, um der Macht des Staates oder der Diktatur des Einheitsdenkens zu gefallen.
Frage: Apropos offene Restaurants: Wie beurteilen Sie die Mittagessen für die Armen, die in den vergangene Monaten in Kirchen abgehalten wurden?
Erzbischof Viganò: Für Katholiken hat die Hilfe für Bedürftige ihren Antrieb in der Tugend der Nächstenliebe, d. h. in Gott selbst: Deus caritas est. „Gott ist die Liebe“. Katholiken lieben den Herrn über alles und den Nächsten um Seinetwillen, weil es uns – gemäß den Seligpreisungen des Evangeliums – ermöglicht, Christus in den Armen, in den Kranken, im Gefängnis, in den Waisen zu begegnen. Die Kirche war von Anfang an in diesem Sinne ein leuchtendes Beispiel, sosehr, daß selbst die Heiden dadurch erbaut waren. Die Geschichte zeugt von den imposanten Wohlfahrtswerken, die dank der Großzügigkeit der Gläubigen auch in Zeiten offener Feindseligkeit des Staates errichtet wurden und die eine der Grundlagen für den Haß der Freimaurerei auf ein so klares Zeugnis der Katholiken waren. Die Aufmerksamkeit für die Armen und Ausgegrenzten ist daher weder etwas Neues des bergoglianischen Neuen Kurses noch ist sie ideologisch ausgerichteten Organisationen vorbehalten.
Es ist jedoch bezeichnend, daß die heutige Betonung der Hilfe für die Armen ohne übernatürlichen Bezug ist und sich auf die leiblichen Werke der Barmherzigkeit beschränkt, aber die geistlichen Werke der Barmherzigkeit peinlichst vermeidet. Nicht nur das: Dieses Pontifikat hat den Verzicht auf das Apostolat, den missionarischen Charakter der Kirche, auch in diesem Zusammenhang endgültig gebilligt und mit dem abfälligen Begriff des Proselytismus liquidiert. Wir denken daran, Nahrung, Gastfreundschaft und Gesundheitsfürsorge anzubieten, aber wir sorgen uns nicht darum, jene in der Seele zu nähren, willkommen zu heißen und zu heilen, die es so dringend brauchen, und machen die Kirche so zu einer NGO mit philanthropischen Zwecken. Aber die Caritas ist keine Variation der von Freimaurern inspirierten Philanthropie, die in einen vagen Spiritualismus verhüllt ist, sondern das genaue Gegenteil: Weil die heute praktizierte Solidarität leugnet, daß es nur eine wahre Religion gibt und daß ihre rettende Botschaft jenen gepredigt werden soll, die noch nicht Teil davon sind. Nicht nur das: Aufgrund der Abweichungen, die mit dem Konzil bezüglich Religionsfreiheit und Ökumene in die Kirche eingedrungen sind, bestätigen die kirchlichen Wohlfahrtseinrichtungen die ihnen anvertrauten Menschen im Irrtum des Atheismus oder des Heidentums und bieten sogar Kultstätten an, wo sie beten können. Wir haben auch bedauernswerte Fälle von Messen gesehen, in denen auf ausdrücklichen Wunsch des Priesters der Koran anstelle des Evangeliums verkündet wurde oder, um die jüngsten Fälle aufzugreifen, die Gelegenheit gegeben wurde, in einer katholischen Kirche götzendienerische Riten zu praktizieren.
Ich glaube, daß die Entscheidung, Kirchen zu Refektorien oder Schlafsälen zu machen, um Menschen in Not aufzunehmen, ein offenbarendes Phänomen der zugrundeliegenden Heuchelei ist, die wie im Fall der Ökumene einen scheinbar lobenswerten Vorwand– um Bedürftigen zu helfen, Flüchtlinge willkommen zu heißen usw. – als Werkzeug verwendet, um schrittweise den freimaurerischen Traum einer großen universellen Religion ohne Dogmen, ohne Riten und ohne Gott zu verwirklichen. Eine Kirche als Wirtshaus zu benutzen, in Gegenwart erfreuter Prälaten, die Pizza oder Koteletts mit einer umgebundenen Schürze servieren, bedeutet, sie zu entweihen; besonders wenn jene, die sich lächelnd den Fotografen präsentieren, ansonsten genau darauf achten, die Türen des Bischofspalastes für die von ihnen Bewirteten, die sie für bestimmte Zwecke für so nützlich halten, tunlichst versperrt zu lassen. Um auf das zurückzukommen, was ich zuvor gesagt habe: Mir scheint, daß in diesen Sakrilegien der Ursprung der Pandemie und der Kirchenschließungen zu suchen ist.
Es scheint mir auch, daß zu oft versucht wird, die Armut oder die Not so vieler unglücklicher Menschen auf spektakuläre Weise zur Schau zu tragen wie im Fall der Landung illegaler Einwanderer, die von Organisationen echter Sklavenhändler befördert werden – mit dem alleinigen Zweck, die Willkommensindustrie in Betrieb zu halten, hinter der sich nicht nur niedrige Wirtschaftsinteressen verbergen, sondern auch eine uneingeschränkte Komplizenschaft mit denen, die die Zerstörung des christlichen Europas wollen.
Frage: In einigen Fällen, zum Beispiel in Italien in Cerveteri, haben Polizeibeamte die Zelebration einer Messe unterbrochen. Wie stellt sich die kirchliche Autorität diese Episoden?
Erzbischof Viganò: Der Fall Cerveteri war möglicherweise ein Übermaß an Eifer zweier Stadtpolizisten, die sicher gestreßt sind durch das aufgeregte Klima, das seit Ausbruch der Pandemie erzeugt wird. Es muß jedoch klar sein, daß insbesondere in einer Nation wie Italien, in der es ein Konkordat zwischen der katholischen Kirche und dem Staat gibt, die ausschließliche Autorität der Kirche für Kultstätten anerkannt ist. Es wäre daher mehr als notwendig gewesen, daß der Heilige Stuhl und der Ortsordinarius entschieden gegen einen Verstoß gegen die Lateranverträge protestiert hätten, die 1984 bestätigt wurden und weiterhin gültig sind. Aber wieder einmal löst sich die Ausübung der oberhirtlichen Autorität – die direkt von Gott herrührt – wie Schnee in der Sonne auf und zeigt eine Kleinmut, die eines Tages weitaus schlimmere Mißbräuche zulassen könnte. Ich nutze diese Gelegenheit, um diese unerträgliche Einmischung des Staates in Angelegenheiten der unmittelbaren und direkten Zuständigkeit der Kirche nachdrücklich zu verurteilen.
Frage: Papst Franziskus hat am 25. März alle Christen eingeladen, das Vaterunser zu beten unabhängig davon, ob sie katholisch sind, um Gott um ein Ende der Pandemie zu bitten, und er deutete an, daß auch diejenigen, die sich zu anderen Religionen bekennen, sich seinem Gebet anschließen könnten.
Erzbischof Viganò: Der vom Konzil eingeflößte religiöse Relativismus hat die Überzeugung aufgehoben, daß der katholische Glaube der einzige Weg zur Erlösung ist und daß der dreieinige Gott, den wir verehren, der einzig wahre Gott ist.
Papst Bergoglio sagt in seiner Erklärung von Abu Dhabi, daß alle Religionen von Gott gewollt sind: Das ist nicht nur eine Häresie, sondern eine sehr ernste Form von Apostasie vom Glauben und von Gotteslästerung. Zu sagen, daß Gott akzeptiert, angebetet zu werden, unabhängig davon, wie er sich offenbart hat, bedeutet, zu behaupten, daß die Menschwerdung, das Leiden, der Tod und die Auferstehung unseres Erlösers unnötig waren. Es bedeutet, den Zweck, für den die Kirche existiert, den Grund, wofür Millionen von heiligen Märtyrern ihr Leben hingegeben haben, warum die Sakramente, das Priestertum und das Papsttum existieren, für überflüssig zu erklären.
Gerade dann, wenn man für die Beleidigung der Majestät Gottes büßen sollte, gibt es aber leider jene, die dazu aufrufen, zusammen mit denen zu beten, die sich weigern, seine allerseligste Mutter am Tag ihres Festes zu ehren.
Ist das der am besten geeignete Weg, um die Seuche zu beenden?
Frage: Es ist aber auch richtig, daß die Apostolische Pönitentiarie jenen besondere Ablässe gewährt hat, die von der Ansteckung betroffen sind, und auch jenen, die den Kranken körperlich und geistig helfen.
Erzbischof Viganò: Zunächst muß mit Nachdruck bekräftigt werden, daß es nicht möglich ist, durch Ablässe die Sakramente zu ersetzen. Es ist notwendig, mit äußerster Entschlossenheit den schlechten Entscheidungen einiger Hirten, die jüngst so weit gegangen sind, ihren Priestern zu verbieten, die Beichten zu hören oder die Taufe zu spenden, entgegenzutreten. Diese Bestimmungen – zusammen mit der Aussetzung der Messen und der der Kommunionen – verstoßen gegen das göttliche Gesetz und zeigen, daß Satan hinter all dem steckt. Nur der Feind kann Bestimmungen inspirieren, die den geistlichen Verlust vieler Seelen verursachen. Es ist, als ob Ärzte angewiesen werden, Patienten in Lebensgefahr nicht zu behandeln.
Das Beispiel des polnischen Episkopats, der befahl, die Messen zu vervielfachen, um die Teilnahme der Gläubigen ohne Ansteckungsgefahr zu ermöglichen, sollte von der ganzen Kirche aufgegriffen werden, wenn ihrer Hierarchie noch die ewige Errettung des christlichen Volkes am Herzen liegt. Und es ist bezeichnend, daß gerade in Polen die Auswirkungen der Pandemie geringer sind als in anderen Ländern.
Die Ablaßlehre überlebt die Angriffe der Neuerer, und das ist allemal gut so. Aber wenn der Papst die Macht hat, den unerschöpflichen Gnadenschatz voll auszuschöpfen, so ist es auch wahr, daß Ablässe nicht trivialisiert oder als Saisons-Schlußverkauf betrachtet werden dürfen. Die Gläubigen hatten auch anläßlich des jüngsten Heiligen Jahres der Barmherzigkeit, für das ein vollkommener Ablaß unter solchen Bedingungen gewährt wurde, einen ähnlichen Eindruck, daß das Bewußtsein für seine Bedeutung bei jenen, die davon profitieren, geschwächt wurde.
Auch das Problem der sakramentalen Beichte und der eucharistischen Gemeinschaft, die erforderlich sind, um von den Ablässen zu profitieren, tritt auf, das jedoch in den von der heiligen Pönitentiarie herausgegebenen Normen mit einem generischen „sobald es für sie möglich ist“ sine die aufgeschoben sind.
Frage: Denken Sie, daß die besonderen Entbindungen in Bezug auf die allgemeine Lossprechung anstelle der individuellen Absolution für die gegenwärtige Epidemie gelten können?
Erzbischof Viganò: Der bevorstehende Tod legitimiert den Rückgriff auf Lösungen, die die Kirche in ihrem Eifer für das ewige Seelenheil der ihr anvertrauten Seelen stets großzügig gewährt hat, wie im Fall der allgemeinen Absolution, die dem Militär vor einem Angriff erteilt wird, oder zum Beispiel auf einem sinkenden Schiff. Wenn die Situation auf einer Intensivstation es dem Priester nur erlaubt, sie in begrenzten Momenten zu betreten, es aber nicht ermöglicht, Einzelbeichten der Sterbenden abzunehmen, halte ich die vorgeschlagene Lösung für legitim.
Wenn diese Norm jedoch einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen will, um ihn auf den allgemeinen Gebrauch auszudehnen, ohne daß eine unmittelbare Gefahr für das Leben des Büßers besteht, muß mit größter Wachsamkeit darauf geachtet werden, daß das, was die Kirche in Extremfällen großmütig gewährt, nicht zur Norm wird.
Ich erinnere auch daran, daß die im Streaming oder im Fernsehen ausgestrahlten Messen das Sonn- und Feiertagsgebot nicht erfüllen. Sie sind ein lobenswerter Weg, um den Tag des Herrn zu heiligen, an dem es unmöglich ist, in die Kirche zu gehen. Es muß jedoch klar sein, daß die sakramentale Praxis nicht durch die Virtualisierung des Heiligen ersetzt werden kann, so wie es offensichtlich ist, daß der Körper in der natürlichen Ordnung nicht durch das bloße Anschauen eines Bildes von Lebensmitteln genährt werden kann.
Frage: Was ist die Botschaft Ihrer Exzellenz an jene, die heute die Verantwortung haben, die Herde Christi zu verteidigen und zu führen?
Erzbischof Viganò: Unerläßlich und unaufschiebbar ist eine wirkliche Bekehrung des Papstes, der Hierarchie, der Bischöfe und des gesamten Klerus sowie der Ordensleute. Die Laien fordern es, während sie unter der Verwirrung leiden, der sie ausgesetzt sind, weil es keine treuen und sicheren Führer gibt. Wir können nicht zulassen, daß die Herde, die der göttliche Hirte uns anvertraut hat, um ihn zu leiten, zu beschützen und zur ewigen Erlösung zu führen, von untreuen Söldnern zerstreut wird. Wir müssen uns bekehren, wieder zurückkehren und ganz Gottes sein, ohne mit der Welt Kompromisse einzugehen.
Die Bischöfe müssen das Bewußtsein für ihre eigene apostolische Autorität wiedererlangen, die persönlich ist und nicht an Zwischenstellen wie Bischofskonferenzen oder Synoden delegiert werden kann, die die Ausübung des apostolischen Dienstes verzerrt haben und die göttliche Verfassung der Kirche, wie Christus sie wollte, schwer geschädigt haben.
Schluß mit „synodalen Wegen“, genug mit einer mißverstandenen Kollegialität, genug mit diesem absurden Gefühl der Minderwertigkeit und Hoffärtigkeit gegenüber der Welt, genug mit dem scheinheiligen Gebrauch des Dialogs anstatt der furchtlosen Verkündigung des Evangeliums, genug mit den falschen Lehren und der Angst, die Reinheit und Heiligkeit des Lebens zu predigen, genug vom furchtbaren Schweigen gegenüber der Arroganz des Bösen, genug mit dem Zudecken abscheulicher Skandale, genug mit Lügen, Täuschung und Vergeltung!
Das christliche Leben ist eine militia, ein Kampf, kein sorgloser Weg in den Abgrund. Von jedem von uns verlangt Christus, je nach Stand, den wir empfangen haben, Rechenschaft über die Seelen, die wir gerettet haben, und über die Seelen, die wir verloren haben, weil wir sie nicht ermahnt und ihnen nicht geholfen haben. Kehren wir zur Ganzheit des Glaubens zurück, zur Heiligkeit der Moral, zum wahren Kultus, der Gott gefällt.
Bekehrung und Buße also, wie uns die allerseligste Jungfrau und Mutter der Kirche auffordert. Wir bitten sie, Tabernakel des Allerhöchsten, den Hirten diesen heldenhaften Impuls für die Errettung der Seelen, die Gesundung der Kirche und für den Triumph ihres Unbefleckten Herzens zu geben.
https://katholisches.info/2020/03/30/wir...carlo-maria-vig
Am Passionssonntag 2020
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)