Nuntius kritisiert, dass die deutsche Kirche wenig auf den Papst hört
Apostolischer Nuntius Jean-Claude Perisset über den Dialogprozess: «Wer die Kirche von den Füßen auf den Kopf stellen will, der will den Dialog auch nicht mehr. Darauf müssen die deutschen Bischöfe achten.»
Bonn (kath.net/KNA) Der Botschafter des Papstes in Deutschland sorgt sich um die Zukunft der katholischen Kirche in der Bundesrepublik. «Der Papst leidet unter der bisweilen verschlossenen Haltung ihm gegenüber in Deutschland», sagte der Apostolische Nuntius, Erzbischof Jean-Claude Perisset, in einem am Mittwoch vorab veröffentlichten Interview der "Zeit". Es sei ein «großer Verlust», dass die Kirche in Deutschland so wenig auf den Papst höre.
http://kath.net/detail.php?id=37740
Kritisch äußerte sich der Nuntius zum Dialogprozess in der katholischen Kirche. «Streit in der Kirche ist der falsche Weg. Aber Dialog ist kein Streit, sondern das Gegenteil.» Wer nur seine eigenen Positionen zur Geltung bringen wolle, führe keinen Dialog. Es sei ein mutiger Schritt der Bischöfe, das Gespräch mit dem Kirchenvolk zu suchen. «Nur wer die Kirche von den Füßen auf den Kopf stellen will, der will den Dialog auch nicht mehr. Darauf müssen die deutschen Bischöfe achten.»
Mit Blick auf die Debatte um die Kirchensteuer sagte der Nuntius, die Kirche in der Bundesrepublik sei «manchmal zu viel mit der Verteilung der Mittel beschäftigt und vergisst dabei die Verkündigung der Frohen Botschaft». Auf die Frage nach den Gründen für leere Kirchen und geringen Priesternachwuchs erinnerte Perisset daran, dass es gebe kein Versagen der Institution Kirche; die Gründe lägen in der Mentalität der Menschen und in einem fehlenden Glauben. «Wir brauchen eine neue Kultur der Gemeinschaft, des Miteinanders im Glauben. Deswegen brauchen wir auch große Feiern wie den Weltjugendtag oder die Papstmesse im Olympiastadion. Die zeigen: Du bist nicht allein.»
Zugleich betonte Perisset, dass sich die Kirche in der Glaubensverkündigung stärker auf die heutigen Lebenswelten einstellen müsse. «Wir sagen Sachen, die die Leute nicht mehr verstehen. Wir müssen zurück zu den Grundelementen des Glaubens und diese mit einfachen Worten und einer bildreichen Sprache neu vermitteln.» Die Glaubensweitergabe müsse «wieder aus den Familien heraus wachsen, sonst können wir die Kirchen zumachen. Wenn nicht wieder die Großeltern ihre Enkel mitnehmen, wenn die Eltern nicht wieder vom Glauben erzählen, wenn sich nicht in den Familien ein Glaubensleben entwickelt, gibt es keine Zukunft.»