Liebe Gemeinde! Weißt Du noch, was los war in Sodom und Gomorra? Im Alten Testament hören wir jene Geschichte, in der Gott auf das Geschrei reagiert, das sich über die himmelschreienden Sünden dieser beiden Städte am Toten Meer erhebt. Die Geschichte endet mit der katastrophalen Vernichtung, weil kein Gerechter in ihnen gefunden wird. Sodom und Gomorra wurden so gründlich zerstört, daß dort bis heute Wüste ist. Sodom und Gomorra liegen auf dem Gebiet des Volkes Israel als bleibende Erinnerung an die furchtbaren Gerichte Gottes, als Erinnerung daran, woraus Gott seine Auserwählten gerettet hat und wovor er sie bewahren will. Sodom und Gomorra stehen für die übelsten Sünden menschlicher Völker und für den grausamen Zorn des Richtergottes. „Da geht es zu wie in Sodom und Gomorra“ – das ist ein Sprichwort geworden und ist zugleich eine Menetekel. Heißt doch dieser Satz auch: Wenn sich nichts ändert, wird auch das Ende sein wie in jenen Städten am Toten Meer. Liebe Gemeinde! Der Prophet Jesaja beleidigt im Auftrag Gottes das auserwählte Volk Israel. Höret des Herrn Wort, ihr Herren von Sodom! Nimm zu Ohren die Weisung unsres Gottes, du Volk von Gomorra! Gleich zu Beginn des Jesajabuchs greift Gott zum schärfsten Mittel. Wer diese Worte hört und das Schicksal von Sodom und Gomorra kennt, der muß wachgerüttelt werden oder er ist schon tot wie ein Stein. Gott rüttelt und schüttelt, damit wir uns über ihn keine Illusionen machen. Er rüttelt und schüttelt das Bild vom harmlosen Gott aus uns heraus. Bußtag heißt: Hören, daß Gott uns als unser Richter nicht losläßt. Weil wir es mit dem Richter zu tun haben, gilt erstens: Unbußfertiger Gottesdienst macht den Gotteszorn noch schlimmer. Weil wir es mit dem Richter zu tun haben, gilt zweitens: Buße heißt Gott recht geben im Gericht. Weil wir es mit dem Richter zu tun haben, gilt: Unbußfertiger Gottesdienst macht den Gotteszorn noch schlimmer. Gottes Wachrütteln beginnt mit der Frage, warum wir eigentlich Gottesdienst feiern. Ist das nicht die Höhe? War das damals nicht die Höhe? Gott geht nicht die Heidenvölker an, beleidigt nicht sie, sondern er geht sein auserwähltes Volk Israel an. Ist es denn gerecht, daß er an sein Volk strengere Maßstäbe anlegt als an die Völker? Ist es denn gerecht, wenn es im 1. Petrusbrief heißt, daß das Gericht anfängt an dem Hause Gottes, womit der Apostel die christliche Gemeinde meint (4,17). Ist es nicht so: Wer die Mühsal auf sich nimmt, zu Gott zu gehören, der verdient doch kein Gericht, sondern Lohn! Wer nicht wegbleibt wie all die anderen, der müßte doch von Gott gelobt werden! Sodom und Gomorra, das sind doch die anderen, die nicht im Gottesdienst zu sehen sind! Kann Gott es sich wirklich leisten, die paar Übriggebliebenen zu beleidigen? Gott leistet sich diesen Luxus, weil er keine Maschine ist, sondern die Herzensverbundenheit mit seinen Menschen sucht. Läge ihm an großen Zahlen, so würde er einfach durch triumphale Beweise die Menschheit auf seine Seite bringen, sie beeindrucken, so wie die Stars dieser Welt Menschen beeindrucken und gefangennehmen. Doch unser Gott sucht die Herzensverbundenheit. Und das heißt: Er sieht weiter als nur bis zu unseren Ergebenheitsbekundungen. Er sieht mehr als unseren formalen Gehorsam. Er sieht in unser Herz. Und dort sucht er unsere Liebe. Statt dessen aber fand er damals in Israel Kälte in den Herzen. Woran er die ablas? Nun: nicht an den Gottesdiensten, die waren toll und glänzend. Man ließ es sich einiges kosten, ordentliche Opfer zu bringen; man wollte sich nicht lumpen lassen. Doch Gott las an der Art und Weise des Lebens außerhalb des Gottesdienstes ab, daß da keine Liebe war. Und wo keine Liebe im Alltag ist, da schließt Gott, daß auch keine Liebe am Feiertag ist. Da fühlt Gott sich mißbraucht als Lückenbüßer. Im Alltag kommt ihr ohne mich aus, und am Feiertag wollt ihr mich besänftigen und gnädig stimmen? Wozu eigentlich? Gott ist kein Automat, den wir mit einigen abgehakten Viertelstunden sonntagsfrüh und einigen Brocken von unserem Überfluß zufriedenstellen können. Gott fragt nach unserer Liebe zu ihm: Lieben wir ihn von ganzem Herzen, ganzer Liebe, ganzem Gemüt? Und weil es Gott um die Herzensverbundenheit geht, darum sind ihm kalte Herzen nicht gleichgültig, sondern ein Greuel. Wo man Gottesdienst feiert im Hochmut, damit Gott auch noch einen Dienst zu erweisen, für den er uns doch dankbar sein müßte, da wächst Gottes Zorn in unermeßliche Ausmaße. Da macht man sich Gott zum Feind. Warum? Gerade weil man Gottes Namen im Mund führt und sich nichts dabei denkt, als daß man sich ja damit einer mehr oder weniger lästigen Pflichterfüllung entledigt, die ja andererseits aber auch nicht schaden kann. Pustekuchen, natürlich kann Gottesdienst schaden, nämlich dann, wenn er unbußfertig, wenn er mit hochmütigen, stolzen, frechen und egoistischem Herzen gefeiert wird. Wenn unheilige Menschen meinen, sich schutzlos, unbußfertig, ohne Vergebung seinem Heiligtum nahen zu können, dann treten sie Gottes Ehre und Heiligkeit mit Füßen. Wenn Menschen meinen, vor Gott treten zu können, die im Alltag seinen Willen mit verachten, dann graut Gott vor solchen Menschen und er wendet ihnen sein Angesicht nicht zu, sondern ab, er schleudert ihnen seinen Fluch, seinen Zorn entgegen. Und wenn ihr auch eure Hände ausbreitet, verberge ich doch meine Augen vor euch; und wenn ihr auch viel betet, höre ich euch doch nicht; denn eure Hände sind voll Blut. Liebe Gemeinde! Wenn wir uns dem heiligen Gott nahen, dann muß uns bewußt sein, daß wir ihm nichts vormachen können, dann haben wir unseren Stolz und Eigensinn, unseren Hochmut und unsere Selbstgewißheit abzulegen, oder wir verbrennen uns nicht nur die Finger, sondern auf ewig das ganze Leben. Der einzige Ausweg aber heißt Buße. Und so kommen wir zum 2. Punkt: Weil wir es mit dem Richter zu tun haben, heißt Buße: Gott recht geben im Gericht. Buße darf nun dabei nicht als unser Werk, als unsere Leistung verstanden werden. Denn dann blieben wir ja bei unserer Unbußfertigkeit, dabei, mit Gott einen Kuhhandel machen zu wollen. Nein: Buße heißt einsehen: Mit Gott kann ich nicht handeln. Buße heißt einsehen: Gott hat recht mit seinem Zorn. Buße heißt: Gott recht geben in seinem furchtbaren Gericht. Ja selbst, wenn ich es nicht einsehen will, nicht glauben will, Gott weiß um meine tiefe innere Verdorbenheit viel besser Bescheid als ich selbst. Er weiß, wozu ich fähig bin, zu einem Zeitpunkt, an dem ich noch voll von mir überzeugt bin. Gott kennt unser Herz. Und darum haben wir mit Äußerlichkeiten bei ihm keine Chance. Gute Werke, mit denen wir ihn besänftigen wollen, ja, sogar unsere Gottesdienste und Opfer, wenn wir sie bringen, um Gott von uns zu beeindrucken, sind nichts als schäbige Dekoration unseres finsteren, blinden Herzens. Buße beginnt daher damit, daß ich mit meinen Beschönigungsversuchen aufhöre, daß ich aufhöre, mich zu entschuldigen, zu verteidigen, zu rechtfertigen, daß ich zugebe: jawohl, lieber Gott, bei mir geht’s zu wie in Sodom und Gomorra; ich habe nichts anderes verdient als jenes furchtbare Gericht. Auch wenn ich noch nicht in jene übelsten Sünden gefallen bin: Im Herzen steckt sie drin die böse Wurzel, das Böse. Und nur Gott bewahrt uns immer wieder davor, daß es bei uns zum Durchbruch kommt. Wenn wir so Gott recht geben in seinem Gericht, in seinem Zorn, dann werden wir hellhörig, wenn Gott uns zuruft, daß wir Reinigung brauchen. Wascht euch, reinigt euch, tut eure bösen Taten aus meinen Augen, laßt ab vom Bösen! Lernet Gutes tun, trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schaffet den Waisen Recht, führet der Witwen Sache! Wie denn? Hören wir recht? Können wir nun doch unsere Schuld aufwiegen? Doch davon ist hier keine Rede. Sondern Gott zählt hier die Früchte der Liebe auf, die dort zum Vorschein kommen, wo Menschen Buße tun. Und er zeigt uns auf, wie die Reinigung aussehen muß, die wir nötig haben, so daß wir nämlich nicht mehr an uns denken und am Bösen festhalten, sondern daß wir uns dem Guten und seinen Menschen zuwenden. Was also nötig ist, ist eine Wende um 180 Grad, eine Totalumkehr, eine völlige Richtungsänderung, ein völlig anderes, ein neues Leben. Wie kann aber ein wurzelhaft Böser, ein Bewohner von Sodom und Gomorra Gutes tun? Wie kann ein Egoist nach Recht trachten? Wie kann einer, der sich in Sorge um sich selbst verzehrt, sich um Witwen und Waisen kümmern? Das ist unmöglich, er müßte sein Wesen verleugnen. Genau darum geht es bei der Buße, liebe Gemeinde, daß wir unser Wesen verleugnen. Christus sagt im Evangelium: Wer sein Leben behalten will, der wird’s verlieren; wer sein Leben aber verliert um meinetwillen, der wird’s finden. Das Gesetz zertrümmert unsere Selbstgewißheit vor Gott. Sie muß zertrümmert werden, sonst gehen wir mit dieser Selbstgewißheit unter. Doch Gott sei dank sagt Gott auch das zweite Wort, das Evangelium. Gott sei dank ruft er uns nicht nur zu: Kommt und laßt uns miteinander rechten – da hätten wir keine Chance, sondern er spricht die völlig unerwartete Verheißung aus: Wenn eure Sünde auch blutrot ist, soll sie doch schneeweiß werden, und wenn sie rot ist wie Scharlach, soll sie doch wie Wolle werden. Liebe Gemeinde! Das ist die einzige Chance für uns Sodomiten. Wenn wir Gottes Richten nicht ausweichen mit unseren Rechtfertigungen, wenn wir aufhören, uns selbst ins beste Licht vor ihm stellen zu wollen, dann tut er das größte Wunder, das es für Menschen gibt, dann krempelt er uns völlig um, schafft vollkommen neues Leben, programmiert uns auf völlig neue Lebensinhalte. Wer aufhört, sich selbst zu rechtfertigen, wer nur noch stammeln kann: Gott sei mir Sünder gnädig!, den rechtfertigt Gott, indem er ihm seinen Sohn Jesus Christus schenkt. Der hat unsern Zorn getragen, ist für uns Bewohner von Sodom am Kreuz gestorben, um uns zu lösen von den Banden der Sünde, des Teufels und des Todes. Allein Jesus Christus ist unser Weißmacher, der unsere Blutschuld reinigt, der uns neues Leben schenkt durch seinen Heiligen Geist. Und wo er auf dem Plan ist, da wächst dann dieses neue Leben und fängt an zu blühen und Früchte zu bringen, Früchte, wie Gott sie sucht überall auf der Welt, so daß Menschen sich hinwenden in Liebe zu ihrem Gott und ihren Mitmenschen, daß sie Gutes tun und den Bedürftigen helfen. Solche Taten sind dann nicht mehr unsere Werke, durch die wir Gott etwas beweisen möchten und so seinen Zorn nur noch mehr reizen, sondern es sind Gott wohlgefällige Früchte, durch die Gott sein Reich, seine Liebe, seine Gnade auf Erden ausbreitet. Darum fängt nicht nur Gottes Gericht im Haus Gottes an, sondern auch die Heilung der Welt, die Heilung der Menschheit. Wenn in der Kirche keiner mehr Buße tut, dann wird keiner mehr Buße tun, dann bleibt das göttliche Leben, der göttliche Segen ausgeschlossen auch aus dem Leben eines ganzen Volkes. Solange es aber Menschen gibt, die aufhören, die großen Hansen sein zu wollen, solange es Menschen gibt, die vor Gott kapitulieren und mit Gott neu zu leben anfangen, so lange ist Hoffnung auch für die Menschen drum herum, die noch in Sodom und Gomorra leben. Darum laßt uns Gottes Bußruf hören. Es ist sein Liebeswerben um uns, das wir hören, seine Warnung, damit wir uns nicht den zeitlichen Fluch und den ewigen Tod holen. Unsere Welt braucht Christus, seine Vergebung, sein neues Leben. Darum laßt uns selber seine Vergebung, seine Gaben empfangen und ihn dann in unsere Welt hineintragen. Nur so werden die Todesspiralen in der Welt und in unserem Volk und Land zerbrochen. Amen.
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