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  • 09.04.2013 12:19 - DIE ERSTEN CHRISTEN
von Hildegard Maria in Kategorie Allgemein.

OSTERZEIT
2. WOCHE - DIENSTAG

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DIE ERSTEN CHRISTEN

Geschwisterlichkeit, in der Einheit begründet.
Einheit, Vielfalt, Christusnähe.
Die Sprengkraft christlicher Nächstenliebe.


I. Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele1. Mit diesen Worten faßt die Apostelgeschichte ein Pänomen unter den Urchristen zusammen, das ihre Zeitgenossen stark beeindruckte. In ihrer Einheit und Geschwisterlichkeit wurde die Lehre des Herrn im konkreten Leben greifbar. Mit Worten des Kirchenvaters Johannes Chrysostomos: »Die Jünger gaben nicht nur mit dem Wort, sondern auch mit ihren Tugenden von der Auferstehung Zeugnis.«2

Die Einheit ist das erste, die Geschwisterlichkeit folgt aus ihr. Christus hat die Einheit der Kirche ausdrücklich gewollt. Er spricht von der einen Herde und dem einen Hirten3, er schildert bildhaft, daß kein Reich, keine Stadt und keine Familie, die in sich gespalten sind, Bestand haben können4, er nennt das Fundament der Kirche einen Fels5.

Damals wie heute findet die Einheit ihren Ausdruck im Bekenntnis des einen Glaubens, im Leben aus der einen Quelle der Sakramente und in der einen, von Christus gestifteten Hierarchie. Zu den Christen auf den Philippinen sagte Papst Johannes Paul II.: »Unser Herr wollte alle Völker unter einem Hirten zu einer einzigen Herde versammeln. Sein Gebot lautete, alle Völker, in Ost und West, zu seinen Jüngern zu machen, und unsere Antwort ist diese riesige Menge von Menschen verschiedener Sprachen und Hautfarbe, verschiedener Kulturen und Berufe, die in der kirchlichen Gemeinschaft vereint sind, um teilzuhaben am Wort Gottes und am Brot des ewigen Lebens. Ihr bildet hier rund um euren Erzbischof und um den Tisch des Wortes Gottes und des eucharistischen Opfers eure Ortskirche, eure örtliche Kirchengemeinde. Ihr seid vereint in der Einheit eines Glaubens und eines Gottesdienstes und in dem Band der Liebe, das das Kennzeichen der wahren Jünger Christi ist.«6

Die Einheit im Glauben gibt Halt nach innen und Elan nach außen. Bei Irenäus von Lyon spüren wir um die Mitte des 2. Jahrhunderts etwas von diesem Schwung: »Diesen Glauben (...) hütet die über die Welt hin verstreute Kirche sorgsam, da sie ja gleichsam ein einziges Haus bewohnt und in ihrem Glauben denen gleicht, die sozusagen nur eine Seele hatten und ein Herz; sie verkündigt, lehrt und überliefert im Gleichklang wie mit einem einzigen Mund. Denn wenn auch auf der Welt unterschiedliche Sprachen bestehen, so ist die Kraft der Überlieferung doch nur eine und dieselbe. Weder überliefern oder glauben die in Germanien gegründeten Kirchen anders noch die bei den Iberern noch die bei den Kelten noch die im Orient, nicht die in Ägypten oder die in Libyen oder die, die sich in der Mitte der Welt befinden. Vielmehr wie die Sonne, Gottes Geschöpf, in der ganzen Welt eine und dieselbe ist, so leuchtet auch das Licht, die Verkündigung der Wahrheit, überall und leuchtet allen Menschen, die zur Erkenntnis der Wahrheit kommen wollen.«7

Um der Einheit des Glaubens willen nahmen die ersten Gläubigen Verfolgungen und sogar das Martyrium auf sich. Das Gebet der Kirche für die Einheit nimmt das Gebet Christi beim Letzten Abendmahl auf: Ut omnes unum sint ... Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein.8

Für die Einheit beten heißt für den Bestand der Kirche beten. Denn jedes Reich, das in sich gespalten ist, geht zugrunde, und keine Stadt und keine Familie, die in sich gespalten ist, wird Bestand haben9. Aus dem persönlichen Gebet um dieses hohe Gut erwächst der wirksame Wunsch, selbst zur Einheit beizutragen: zur Einheit mit dem Papst und mit den Bischöfen, mit unseren Brüdern und Schwestern im Glauben und - auf einer anderen Ebene - mit allen Menschen, damit alle zur Einheit in Christus gelangen.

II. »Durch das Eine wird nicht die Vielheit aufgehoben, sondern nur die Teilung (...). Die Vielheit aber hebt nicht die Einheit auf, sondern das Geteiltsein.«10 Dieses Wort des heiligen Thomas von Aquin ist keine philosophische Abstraktion - auch für die Lebenspraxis der Kirche ist es wichtig zu wissen, daß nicht Vielfalt, sondern nur das Geteiltsein das Band d= 10 Dieses Wort des heiligen Thomas von Aquin ist keine philosophische Abstraktion - auch für die Lebenspraxis der Kirche ist es wichtig zu wissen, daß nicht Vielfalt, sondern nur das Geteiltsein das Band der Einheit zerreißt. Vielfalt ist nicht Minderung er Einheit, sondern Zeichen des Lebens: »Innerhalb der umgreifenden Einheit ist eine Vielfalt der Verkündigungsweisen, Gottesdienst- und Frömmigkeitsformen, Theologien, Kirchengesetze, von Formen gesellschaftlichen Engagements und sozialen Dienstes möglich, ja wünschenswert. Anders könnte die Kirche nicht Menschen aus allen Völkern, Rassen, Kulturen, Sprachen, Denk- und Lebensformen vereinigen. Nur durch eine solche Vielfalt in der Einheit kann sie allen alles werden.«11 Auch deswegen nennen wir die Kirche katholisch, allumfassend. In einem Text des Zweiten Vatikanischen Konzils heißt es: »Die Kirche (...) fördert und übernimmt Anlagen, Fähigkeiten und Sitten der Völker, soweit sie gut sind. Bei dieser Übernahme reinigt, kräftigt und hebt sie sie aber auch. (...) Kraft dieser Katholizität bringen die einzelnen Teile ihre eigenen Gaben den übrigen Teilen und der ganzen Kirche hinzu, so daß das Ganze und die einzelnen Teile zunehmen aus allen, die Gemeinschaft miteinander halten und zur Fülle der Einheit zusammenwirken.«12

Das Wort der Apostelgeschichte, daß die Christen ein Herz und eine Seele waren, schloß dennoch Spaltungen nicht aus. Derselbe Irenäus, der so beeindruckend von der Ausbreitung des einen Glaubens spricht, klagt über Menschen, »die Spaltungen verursachen. Leer von Gottesliebe, schauen sie auf den eigenen Nutzen, aber nicht auf die Einsicht der Kirche, wegen kleiner und nichtiger Ursachen zerschneiden sie den großen und herrlichen Leib Christi in Stücke und möchten ihn, soviel an ihnen liegt, töten. Sie sagen Friede und machen Krieg, seihen die Mücken und verschlingen das Kamel. Denn nimmermehr können sie irgendeine Besserung bewerkstelligen, die so groß ist wie der Schaden eines Schismas.«13

Damals wie heute gilt: Wo Gottesliebe durch »Eigennutz« verdrängt wird, ist die Spaltung nicht mehr weit. Das Gespür aber für die Einheit in der Kirche kann nur auf dem Boden des persönlichen Ringens um Einheit mit Christus, um mehr Nähe zu ihm wachsen. Papst Johannes Paul II. ermahnte die Mitglieder der Römischen Kurie: »Wir werden in der Arbeit für die Gesamtkirche, die meine und eure tägliche Aufgabe ist, wenig tun können, wenn wir nicht zur Vertrautheit mit dem Herrn Jesus gelangt sind: wenn wir nicht wirklich mit ihm und wie er in der Wahrheit geheiligt sind; wenn wir nicht sein Wort in uns bewahren und jeden Tag seinen verborgenen Reichtum zu entdecken versuchen; wenn nicht die Liebe Gottes zu seinem Gesalbten tief in uns Wurzel faßt.«14

III. Der Apostel Paulus fordert die Epheser eindringlich auf, ein Leben zu führen, das des Rufes würdig ist, der an euch erging15. Was kennzeichnet dieses Leben? Seid demütig, friedfertig und geduldig, ertragt einander in Liebe, und bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch den Frieden, der euch zusammenhält. All dies war für die Heiden, unter denen die erste Christengeneration lebte, ganz neu: »Für einen Heiden ist es überraschend, wenn er Menschen begegnet, die einander lieben, die mit der Einigkeit, der gegenseitigen Hilfe und dem Teilen in ihrem Leben ernst machen, und wenn er eine Gesellschaft findet, die in echter Brüderlichkeit einen Ausgleich zwischen dem Besitz der Armen und Reichen herstellt. Kaiser Julian muß zwei Jahrhunderte später anerkennen, daß das Geheimnis des Christentums von >seiner Menschlichkeit gegenüber Fremden und seiner Sorge für die Bestattung der Toten< herrührt, kurz, von der besonderen Art seiner Nächstenliebe.«16

Die Liebe zur Einheit der Kirche manifestiert sich bei den Urchristen in der Liebe zu ihren Mitchristen, die alle gesellschaftlichen, ethnischen und kulturellen Schranken sprengt. Ein Kenner der frühchristlichen Geschichte schreibt: »Von der sozialen Situation waren am schlimmsten betroffen die Kranken, die Gebrechlichen, die Notleidenden, die Arbeitslosen, die Alten, besonders Sklaven, die nicht mehr arbeiten konnten, und die Schiffbrüchigen, die in den Hafenstädten, in denen sich die ersten Gemeinden konzentrieren, besonders zahlreich sind (...). In Rom wurden leidende und gebrechliche Sklaven oft auf der Tiberinsel ausgesetzt und dem Gott Äskulap überlassen. Die Vernachlässigung ging so weit, daß Kaiser Claudius die Herren verpflichtete, ihre Sklaven zu pflegen. Er setzte ebenfalls fest, daß die Geheilten freizulassen seien. Ein Herr, der einen kranken Sklaven, um ihn nicht pflegen zu müssen, tötete, sollte wegen Mordes verfolgt werden. Dieses Gesetz spricht Bände über die Unmenschlichkeit römischer Sitten zu einer Zeit, da die Zivilisation in hoher Blüte steht.«17

Dem steht die Liebe der Christen zueinander gegenüber, die einer der ersten christlichen Apologeten - der Athener Aristides - in seiner an Kaiser Hadrian gerichteten Apologie so zusammenfaßt: »Sie lieben einander. Die Witwen mißachten sie nicht; die Waisen befreien sie von dem, der sie mißhandelt. Wer hat, gibt neidlos dem, der nicht hat.«18

Das Seid demütig, friedfertig und geduldig, ertragt einander in Liebe ist weder bloße Anleitung zum zivilisierten Umgang miteinander noch ein allgemeiner Aufruf zu einer menschenfreundlicheren Gesinnung. Der an die Christen ergangene Ruf kommt aus der Quelle der Liebe, er kommt vom dreifaltigen Gott. Deshalb verbindet der Apostel die Ermahnung zur geschwisterlichen Liebe mit Worten, die er wahrscheinlich aus der urchristlichen Taufliturgie übernimmt und die auf das Wesen Gottes selbst, Urquell der Einheit, verweisen: Ein Leib und ein Geist, wie euch durch eure Berufung auch eine gemeinsame Hoffnung gegeben ist; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles in allem ist.

Prüfstein der Liebe ist das entschlossene Zeugnis für den eigenen Glauben. Die Unerschrockenheit der Zeugen mitten in den Verfolgungen festigt den Glauben aller, wie wir bei Tertullian lesen: »Wir wachsen weiter mit jedem Mal, da ihr uns niedermäht. Das Blut der Märtyrer ist der Same der Christenheit.«19

Die Apostelbriefe des Neuen Testaments lassen aber auch auf betrübliches Verhalten bei den Christen der Urzeit schließen, auf Sünde, Verrat, ja sogar Spaltung. Am Ende unseres Gebetes wollen wir dies nicht vergessen; denn auch das soll uns - wie die Festigkeit eines Glaubens, der sich in Einheit und Brüderlichkeit ausdrückt - eine Lehre sein.

1 Apg 4,32-37. - 2 Johannes Chrysostomos, Homilien über die Apostelgeschichte, 11. - 3 vgl. Joh 10,16. - 4 vgl. Mt 12,25. - 5 vgl. Mt 16,18. - 6 Johannes Paul II., Ansprache in Davao City (Philippinen), 20.2.1981. - 7 Irenäus von Lyon, Gegen die Häresien, I,10,2. - 8 Joh 17,21. - 9 Mt 12,25. - 10 Thomas von Aquin, Summa Theologica, I,q.30,a.3. - 11 Katholischer Erwachsenen-Katechismus, Bonn 1985, S.281. - 12 II.Vat.Konz., Konst. Lumen gentium, 13. - 13 Irenäus von Lyon, Gegen die Häresien, IV,33,7. - 14 Johannes Paul II., Predigt beim Wortgottesdienst mit den Mitgliedern der Römischen Kurie, 23.1.1981. - 15 Eph 4,1-5. - 16 A.Hamman, Die ersten Christen, Stuttgart 1985, S.143. - 17 ebd., S.150-151. - 18 Aristides, Apologie, 15,5-7. - 19 Tertullian, Apologeticum, 50,13.



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