20. August – Der heilige Bernhard von Clairvaux
Bernhard, der Sohn eines französischen Grafen, schlug scheinbar ganz aus der Art des kriegerischen Vaters und der kampflustigen Brüder. Ein stiller Junge war er, schüchtern und scheu, unbeholfen und für sein Alter viel zu ernst. Am besten verstand er sich mit der frommen Mutter, und als diese ihm, da er fern von ihr die Schule besuchte, nach kurzer Krankheit wegstarb, ohne dass er sie ein letztes Mal gesehen hatte, war Bernhard für das Leben in der Welt verloren.
Mit Macht zog es den Zwanzigjährigen ins Kloster, in das strengste, das es damals gab, zu den weißen Mönchen des eben gegründeten Ordens der Zisterzienser. Über die Maßen hart war das Leben bei diesen Männern der Buße, die die halbe Nacht durch beteten, tagsüber schwere Bauernarbeit verrichteten, bei Wasser und Brot fasteten und in deren schmucklosen Zellen ohne Betten auch im eisigsten Winter kein wärmendes Feuer brannte. Dorthin zog es Bernhard mit unwiderstehlicher Gewalt, und als er mit dem Vorhaben bei Vater und Brüdern auf Widerstand stieß, loderte in ihm ein Feuer auf, das niemand in dem stillen jungen Mann vermutet hätte. Da zeigte es sich, dass auch er von ritterlicher Art war, nicht ein Ritter im weltlichen Sinn seiner Zeit, sondern ein Christusritter und ein Marienritter, zu loben, edel und hochgemut, der mit seiner hellen Begeisterung Familie und Nachbarschaft in Brand setzte, so dass er nicht allein die Welt verließ, sondern außer einem Oheim und vier Brüdern noch über zwanzig adelige Junker aus den Schlössern ringsum bewog, am gleichen Tag wie er das seidene Ritterwams mit der härenen Mönchskutte zu vertauschen. Welch ein Feuergeist muss dieser junge Mann doch gewesen sein!
Ein Feuergeist blieb Bernhard das ganze Leben hindurch. Mit fünfundzwanzig Jahren war er, der strengste unter den Strengen, Abt. Nicht alle hielten unter seiner Leitung aus, aber für jeden, der davonlief, kamen zehn andere, nicht weltmüde Ruhesucher, nicht irgendein Hinz oder ein Kunz, sondern die Edelblüte des Geistes und des Blutes, nicht nur aus Frankreich, sondern aus der gesamten Christenheit. Bald zählte Bernhards Abtei siebenhundert Mönche. Kloster auf Kloster wurde gegründet, zuletzt waren es einhundertsechzig an der Zahl, und mit den Jahren entwickelte sich aus dem kleinen, unscheinbaren Mönch, der nur aus Haut und Knochen zu bestehen schien, der mächtigste Mann seiner Zeit, der sich erkühnen durfte, Papst und Bischöfen Ratschläge zu erteilen und Könige und Ketzer in die Schranken zu weisen.
Dann kam Bernhards größte Stunde, da er Kreuzzugsprediger wurde. Der schmächtige, schweigsame Mönch brachte durch seine sprühenden Worte in kurzer Zeit ein Heer von hunderttausend gottbegeisterten Kreuzfahrern auf die Beine, so dass er an den Papst berichten konnte: „Städte und Burgen stehen leer. Schon kommen sieben Frauen auf einen Mann, und überall gibt es Witwen, deren Gatten noch leben.“
Doch auch Bernhard sollte an sich erfahren, dass der Hochmeister Christus seine Getreuen nicht auf dem Tabor, sondern auf Golgatha zu Rittern schlägt. Nicht durch Bernhards Schuld, sondern durch Zwietracht und Verrat im Heer der Kreuzfahrer missglückte der Kreuzzug, der sich durch die ungezählten, scheinbar nutzlos gebrachten Opfer zu einem Weltunglück entwickelte. Nur wenige Kreuzfahrer kehrten heim, und es gab der Witwen und Waisen so viele, dass man sie nicht zählen konnte, und alle Schuld an allem Leid, das damals die Christenheit heimsuchte, fiel auf Bernhard, der, verlassen und geschmäht, als der Verbrecher galt, wie auch Christus auf Golgatha als solcher angesehen wurde. Damals empfing Sankt Bernhard den Ritterschlag, der ihn endgültig und unwiderlegbar zum Christusritter machte.
Dass der Christusritter Bernhard, gleich groß im Kampf und im Leid, auch ein Marienritter von hoher Art war, ergibt sich von selbst schon aus der Tatsache, dass derjenige, der dem Heiland verbunden ist, auch seiner heiligsten Mutter angehört. Als Kind hing Bernhard mit Leib und Seele an der irdischen Mutter, und als Mann diente er stark und zart zugleich der himmlischen Mutter, deren Lob und Liebe er in Lied und Wort immerwährend pries. Aus Sankt Bernhards Herzen ist erstmals auch jenes kleine Mariengebet geflossen, das seitdem ungezählte Marienverehrer beglückt und begnadet hat und das wir zum Schluss dieser Lebensbeschreibung mit andächtigem Sinn und innigem Gemüt beten wollen:
„Gedenke, o gütigste Jungfrau Maria, wie es von Ewigkeit her nicht gehört wurde, dass jemand, der zu dir seine Zuflucht nahm, deine Hilfe anrief und um deine Fürbitte flehte, von dir sei verlassen worden. Von solchem Vertrauen beseelt, eile ich zu dir, o Jungfrau der Jungfrauen und Mutter. Zu dir komme ich, vor dir stehe ich als Sünder seufzend. O Mutter des ewigen Wortes, verschmähe nicht meine Worte, sondern höre mich gnädig an und erhöre mich. Amen.“
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