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  • 27.01.2019 00:18 - Tätowierer von AuschwitzLale fand in der KZ-Hölle die Liebe seines Lebens
von esther10 in Kategorie Allgemein.



Tätowierer von AuschwitzLale fand in der KZ-Hölle die Liebe seines Lebens

Auschwitz, Tätowierer, KZ, Zweiter Weltkrieg, Häftling

The Sokolov Familiy Lale und Gita Sokolov verliebten sich in der Hölle von Auschwitz und blieben ihr Leben lang ein Paar
FOCUS-Online-Autor Armin Fuhrer

Aktualisiert am Freitag, 23.11.2018, 17:42

Ludwig „Lale“ Eisenberg wurde 1942 ins Vernichtungslager Auschwitz eingeliefert. Dort hatte er eine ganz besondere Aufgabe: Er musste den neuen Häftlingen ihre Nummern in den Arm ritzen. Eisenberg überlebte und hatte noch ein weiteres Erlebnis, das sein Leben verändern sollte.

Als Ludwig Eisenberg im April 1942 im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau eingeliefert wurde, hatte er zunächst überhaupt keine Ahnung, was ihm bevorstand. Dass er nun in der schlimmsten Hölle war, die die Menschen jemals auf der Erde errichtet hatten, begriff er allerdings zwangläufig sehr schnell.

Doch „Lale“, wie ihn seine früheren Freunde genannt hatten, hatte Glück im Unglück. Denn der Tätowierer, der den neuen Häftlingen ihre Nummern in den Unterarm ritzen musste, die sie für immer als „Untermenschen“ qualifizieren sollten, brauchte Verstärkung.


Der Posten sicherte sein Überleben
Weil Lale mehrere Sprachen, darunter auch Deutsch, sprach, wählte er ihn aus. Diese Aufgabe war seine Lebensversicherung, solange die stets unberechenbare SS-Lagerleitung sie ihn machen ließ.

Eine Lebensversicherung auf Zeit, wie sich schon bald herausstellte, als der eigentliche Tätowierer von einen auf den anderen Tag verschwand und Lale seine Position einnahm.

Doch Lale hatte wiederum Glück, denn er überlebte das Lager, in dem mehr als eine Million Menschen in den Tod gingen – durch Vergasung, Entkräftung, Hunger oder Krankheit. Der 25-Jährige, der in der slowakischen Stadt Krompachy geboren wurde, war nur aus einem einzigen Grund nach Auschwitz eingeliefert worden– weil er Jude war.

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Zusammengepfercht wie Tiere
Vor seiner Einlieferung hatte er in Preßburg gelebt und war dort seinen Geschäften nachgegangen. Er legte stets Wert auf sein Äußeres, und noch im Zug, der ihn zur berühmten Rampe von Auschwitz brachte, trug er einen schicken Anzug.

Das war ein merkwürdiges Bild, denn Lale reiste mehrere Tage in einem Waggon für Viehtransporte. Der Wagen war so vollgestopft mit Männern, dass die Insassen nicht sitzen oder gar liegen, sondern nur stehen konnten. Der Unrat aus den Eimern, die als Toiletten dienten, schwappte über seine Anzugschuhe.

Lale Eisenberg schwieg Jahrzehnte über seine Erlebnisse
Eisenberg, der nach dem Krieg den Nachnamen Sokolov annahm, redete erst Jahrzehnte später über seine Zeit in Auschwitz. Er berichtete der neuseeländischen Autorin Heather Morris darüber, wie er im Lager gelebt und überlebt hatte.

Drei Jahre dauert es, bis sie seine offenbar unkoordinierten Erzählungen entwirrt und aufgeschrieben hatte. Als die beiden mit ihren Interviews fertig waren, starb Lale. Das war 2006. Morris’ Buch erschien jetzt unter dem Titel „Der Tätowierer von Auschwitz“ auch auf Deutsch.

Jahrelang plagten ihn Schuldgefühle
Lange Zeit sprach er nicht über seine Erlebnisse, weil er sich schuldig fühlte. Denn Lale Eisenberg hatte seine Kontakte im Lager benutzt, um Lebensmittel von außen zu kaufen.

Er bezog von freiwilligen polnischen Arbeitern, die die Krematorien errichteten, in denen dann die Leichen der vergasten Juden verbrannt wurden, Brot, Schokolade und andere Dinge, die zum Überleben wichtig waren.

Er bezahlte das mit Wertgegenständen wie Edelsteinen, die ihm junge Frauen aus „Kanada“ besorgten. „Kanada“ wurden die Lagerbaracken genannt, in denen die Wertgegenstände der Häftlinge sortiert und aufbewahrt wurden.

Die Mädchen steckten sich regelmäßig unbemerkt etwas in die Taschen und gaben das später bei zufällig wirkenden Treffen an Lale weiter.

Der bezahlte damit die Arbeiter von außen, die ihm die Lebensmittel brachten. Die Lebensmittel gab er an andere Häftlinge weiter. Das aber verschaffte ihm Gewissensbisse, an denen er Jahrzehnte lang litt.

Denn die Wertgegenstände waren ja von den jüdischen Insassen gestohlen worden. Allerdings nicht von den Juden, sondern von den SS-Leuten, die sie ihrerseits tatsächlich den Juden gestohlen hatten.

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Erschossen auf der Latrine
Dem Tod begegnete er schon in der ersten Nacht nach der Einlieferung. Als er zur Latrine ging, um seine Notdurft zu verrichten beobachtete er, wie drei Häftlinge dort saßen und sich unterhielten.

Plötzlich kamen Bewacher vorbei und erschossen die drei – einfach nur so zum Spaß. Dass seine Eltern schon wenige Wochen vor ihm nach Auschwitz eingeliefert und sofort umgebracht worden waren, erfuhr er erst nach seiner Rückkehr 1945.

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Seinen Namen tauschte er gegen eine Nummer
Lale Eisenberg selbst war bei seiner Ankunft die Nummer 32407 eintätowiert worden. Damit wurde er von nun an von den SS-Leuten, die das Lager bewachten, angesprochen. Einen Namen hatte er offiziell nicht mehr.

Nun tätowierte er also ungezählten anderen Häftlingen die Zahlen in den Arm. Er wusste, dass das ein schmerzhafter Vorgang war, aber schließlich: irgendwer musste die Arbeit ja machen. Wenn nicht er selbst, dann eben ein anderer. Besonders schwer fiel ihm diese Arbeit bei den Frauen.

Jeder Stich in den Arm war ein Stich in sein Herz
Eines Tages, wenige Monate nach seiner eigenen Ankunft und dem Beginn seiner Tätigkeit als Tätowierer, wurde er in eine Frauenbaracke gerufen, um dort weibliche Häftlinge zu kennzeichnen.

In der Reihe stand auch ein junges Mädchen. Lale musste auch ihr die Nummer eintätowieren. Es war die 34902, eine Nummer, die er niemals mehr vergessen sollte.

Sie hieß Gita, wie er später erfuhr, und sie stammte wie er aus der Slowakei. Gita hatte es ihm sofort angetan, jeder Stich in ihren Arm war ein Stich in sein Herz, und so tat er alles, um sie unter den widrigen Umständen im Lager wiederzufinden und zu treffen.

Die Geschichte einer Liebe mitten in der Hölle auf Erden
Das gelang und Lale unterstützte Gita mit Brot, Schokolade und Medizin, als sie schwer an Fleckfieber erkrankte. Er verliebte sich in dieses Mädchen. Für beide wurde die Hoffnung, gemeinsam der Hölle zu entrinnen, ein wichtiger Ansporn zum Überleben.

Doch als die Nazis kurz vor dem Ende des Krieges einen Teil der Häftlinge frei ließen, verloren sich die beiden aus den Augen. Wochenlang suchte Lale im Sommer 1945 seine Gita in Preßburg.

Er hoffte, dass sie eines Tages mit einem Transport dort ankommen würde – und seine Hoffnung trog nicht. Die beiden standen sich plötzlich mitten auf der Straße gegenüber. Sie fielen sich in die Arme, heirateten und verbrachten ihr restliches Leben zusammen.

Erst spät in seinem Leben sprach Lale über seine Erlebnisse
Sie zogen kurz nach Paris, dann nach Neuseeland, wo sie bis zu ihrem Tod lebten. Erst in der Zeit zwischen Gitas Tod 2003 und seinem eigenen 2006 berichtete er Heather Morris über seine Erlebnisse und seine Gewissensbisse. Lale Eisenberg, der Tätowierer von Auschwitz, wurde 90 Jahre alt.

Morris hat die Informationen zu einem Roman verarbeitet, leider muss man sagen. Denn sie hat Eisenbergs Erinnerungen durch szenische Schilderungen an vielen Stellen aufgefrischt, worunter die Authenzität des Textes leidet. Aber gerade die Tatsache, dass diese Geschichte einer Liebe mitten in der Hölle auf Erden wirklich passiert ist, macht sie so unglaublich.

Der Tätowierer von Auschwitz: Die wahre Geschichte des Lale Sokolov (Aus dem Englischen von Elsbeth Ranke; Ungekürzte Lesung mit Julian Mehne, Sabine Arnhold) - 2 mp3-CDs, 439 Minuten Laufzeit; ISBN 978-3-86952-409-2 (Hörbuch Hamburg HHV GmbH; Osterwold Audio)

Der Tätowierer von Auschwitz - Die wahre Geschichte des Lale Sokolov, Heather Morris (Übersetzt von: Elsbeth Ranke), 304 Seiten (Piper), EAN 978-3-492-06137-7
https://www.focus.de/wissen/mensch/gesch...id_9433010.html



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