12. FEBRUAR 2019
Müllers Manifest und Kaspers „Entsetzen“ DIE NACH-BERGOGLIO-ZEIT HAT BEREITS BEGONNEN 12. Februar 2019
Weichenstellungen? Von links: die Kardinäle Burke, Müller und Sarah. Die Nach-Bergoglio-Zeit hat bereits begonnen.
Weichenstellungen? Von links: die Kardinäle Burke, Müller und Sarah. Die Nach-Bergoglio-Zeit hat bereits begonnen. (Rom) Am vergangenen Samstag veröffentlichte Kardinal Gerhard Müller ein „Manifest des Glaubens“. Sandro Magister, der eigentliche Doyen der Vatikanisten, vergleicht das Manifest mit dem „Credo des Gottesvolkes“ von Papst Paul VI. im Revolutionsjahr 1968.
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„Damals wie heute stand die Kirche im Sturm, und ihr eigener Glaube wankte. Paul VI. sah sich in der Pflicht, die Eckpunkte der Glaubenslehre der Kirche zu bekräftigen. Heute ist es der Kardinal, der von 2012 bis 2017 Präfekt der Glaubenskongregation war, der dieses öffentliche Zeugnis ablegt“, so Magister.
https://katholisches.info/2019/02/09/das...t-des-glaubens/
Im Umbruchjahr 1968, das zu Paradigmenwechsel im Denken führte, die heute mehr denn je die veröffentlichte Meinung beherrschen, begründete Paul VI. die Notwendigkeit für sein Credo des Gottesvolkes wie folgt:
„Wenn Wir dies tun, sind Wir Uns dabei der Unruhe bewußt, die gewisse moderne Kreise im Hinblick auf den Glauben ergriffen hat. Sie können sich nicht dem Einfluß einer Umwelt entziehen, die sich in einer tiefgehenden Wandlung befindet, und in der so viele Dinge, die als sicher galten, bestritten oder zur Diskussion gestellt werden. Wir sehen sogar Katholiken, die sich von einer Art Veränderungs- und Erneuerungssucht erfassen lassen.
https://w2.vatican.va/content/paul-vi/de...0630_credo.html
Die Kirche hat freilich immer die Pflicht sich ständig zu bemühen, tiefer einzudringen in die unergründlichen Geheimnisse Gottes, die so reich sind an Segnungen des Heiles, und diese Geheimnisse in einer Weise darzulegen, die sich immer besser dem Verständnis der Menschen anpaßt, die ihr folgen. Aber gleichzeitig muß man auch die größte Sorge tragen, wenn man sich ganz der unerläßlichen Pflicht der Forschung hingibt, an den Wahrheiten der christlichen Lehre keine Abstriche zu machen. Denn das würde sonst bedeuten, wie man es heute leider wahrnehmen muß, bei vielen gläubigen Seelen Verwirrung und Bestürzung hervorzurufen.“
https://katholisches.info/2017/07/06/ent...zeptabler-stil/
Kardinal Müller sagt in seinem Manifest des Glaubens, daß ihn „viele Bischöfe, Priester, Ordensleute und Laien der katholischen Kirche“ darum gebeten hatten. Oberhirten und einfache Gläubige, die besorgt sind über die sich in der Glaubensunterweisung ausbreitende Verwirrung.
Paul VI. legte seinem Credo des Gottesvolkes das Glaubensbekenntnis des Konzils von Nicäa zugrunde. Kardinal Müller nahm für sein Manifest des Glaubens den Katechismus der Katholischen Kirche als Grundlage. Auf ihn verweisen die Nummern in den Klammern. https://katholisches.info/2016/07/14/jes...rah-bekraeftigt-
vorstoss-zur-zelebrationsrichtung/
Beiden Bekenntnissen, jenem des Jahres 1968 von Papst Paul VI. und dem von Kardinal Müller von 2019, liegt eine große Sorge um die Kirche und ihren zentralen Auftrag zugrunde, mit dem sie von Jesus Christus gestiftet wurde: die Bewahrung und unverkürzte Weitergabe Seiner Lehre zum Seelenheil der Menschen, damit möglichst viele das ewige Leben gewinnen.
Historische Kontext falscher Weichenstellungen
Im historischen Kontext sind beide Bekenntnisse in einem Zusammenhang zu sehen, nämlich dem des Zweiten Vatikanischen Konzils und seiner nachkonziliaren Umsetzung. Das Credo des Gottesvolkes war ein ernster Weckruf durch einen Papst, der nicht unwesentlich selbst zu Fehlentwicklungen beigetragen, sie jedenfalls erst möglich gemacht hatte.
Das Manifest des Glaubens von Kardinal Müller, ein halbes Jahrhundert später, läßt das Ausmaß der Verwirrung durch die falschen Weichenstellungen ahnen, die in den 60er Jahren vorgenommen wurden. Das Manifest macht bewußt, daß die eingeschlagenen Abwege, trotz verschiedener Bemühungen im vergangenen halben Jahrhundert, nicht wirklich korrigiert wurden. Die Gründe dafür sollten Gegenstand ernsthafter Prüfung sein. Ebenso sollten die Akteure ins Auge gefaßt werden, die diese Fehlentwicklungen zu verantworten und konkret gewirkt haben.
https://katholisches.info/2017/05/20/kar...kardinal-burke/
Das ganze Ausmaß läßt sich letztlich nur durch falsche Prämissen des Denkens erklären, die im Kirchenverständnis und der Priesterausbildung, vor allem dem Theologiestudium zu suchen sind. Durch sie wurden ganze Generationen von Hirten und Helfern regelrecht verbildet und dazu beigetragen, eine wirkliche Erneuerung zu blockieren. Solange diese kircheninterne Blockade nicht beseitigt wird, scheint sich die Entwicklung auf schiefer Ebene fortzusetzen und nimmt, gemäß dem dazugehörigen physikalischen Gesetz, eine immer schnellere Fahrt auf.
Was Papst Benedikt XVI. gegen größte Widerstände verlangsamen konnte, beschleunigt sich unter seinem Nachfolger um so schneller. So schnell, daß Kardinal Müller, der als Glaubenspräfekt, wenn auch inzwischen zwangsemeritiert, eine Gestalt der Kirche mit herausragender Autorität ist, die Notwendigkeit sah, einen ungewöhnlichen Schritt zu setzen. Er tat, was dem Papst zu tun aufgetragen wurde, und das von Jesus Christus selbst. Seine Aufgabe ist es die Glaubenslehre zu bewahren und die Brüder im Glauben zu stärken.
Weichenstellungen für die Zeit nach Franziskus
Kardinal Müller ist mit seinem Manifest des Glaubens der dritte Purpurträger, der implizit und wider Willen – wie man ihm glauben kann – zum offenen Gegenpart zu Papst Franziskus wurde. Die anderen beiden sind Kardinal Raymond Burke mit den Dubia zu Amoris laetitia und Kardinal Robert Sarah mit seiner Aufforderung an alle Priester, zur Zelebrationrichtung ad Deum zurückzukehren.
https://www.katholisch.de/aktuelles/aktu...kardinal-muller
Alle drei Kardinäle, die aus der nicht kleinen Schar der Purpurträger hervorragen, wurden von Papst Franziskus gemaßregelt: zwei verloren ihr Dikasterium, Kardinal Burke war Präfekt des Obersten Gerichtshofes der Apostolischen Signatur, Kardinal Müller war Präfekt der Glaubenskongregation, und der dritte wurde von Franziskus öffentlich zurechtgewiesen und in seinem eigenen Dikasterium, der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung isoliert.
Dennoch haben sie ihren Mut nicht verloren und bemühen sich in einer schwierigen Situation, da ihnen die unmittelbaren, jüngeren Vorbilder fehlen, dem Papstamt die geschuldete Treue und den gebotenen Gehorsam zu zollen und doch ihre Stimme gegen zweifelhafte Wege des regierenden Papstes zu erheben.
https://katholisches.info/2013/03/07/die...kat-in-planung/
Hier zeichnen sich zwangsläufig bereits mögliche Szenarien für ein kommendes Konklave ab, nachdem sich auf der anderen Seite bereits Kandidaten in Stellung gebracht haben, darunter die Kardinäle Luis Antonio Tagle, Oscar Rodriguez Maradiagaund Pietro Parolin.
Magister schreibt dazu: „Von Anfang an wurde die Kirche in den Fundamenten des Glaubens auf die Probe gestellt“, und zitiert dazu den Zweiten Brief des Apostels Paulus an Timotheus:
„Denn es wird eine Zeit kommen, in der man die gesunde Lehre nicht erträgt, sondern sich nach eigenen Wünschen immer neue Lehrer sucht, die den Ohren schmeicheln; und man wird der Wahrheit nicht mehr Gehör schenken, sondern sich Fabeleien zuwenden. Du aber sei in allem nüchtern, ertrage das Leiden, verkünde das Evangelium, erfülle treu deinen Dienst!“ (2 Tim 4,3–5).
Magisters Schlußfolgerung:
„Mit dem Manifest will Kardinal Müller heute diesem Auftrag des Apostels an seinen Jünger entsprechen.“
Kasper „total entsetzt“
Da verwundert es nicht, daß Kardinal Walter Kasper, einer der engsten Vertrauten von Franziskus und der „Theologe des Papstes“, gleich zum Rundumschlag gegen das Manifest ausholte, wofür ihm die Nachrichtenplattform Katholisch.de der Deutschen Bischofskonferenz zur Verfügung stand. Die Plattform hatte am Tag zuvor zwar kurz die Veröffentlichung des Manifests berichtet, dessen Inhalt aber nicht veröffentlicht. Gleich ging Vatican News, die Nachrichtenplattform des Vatikans, vor. Dort wurde erst gestern, Montag, in sehr verkürzter Form und ohne Originaltext über das Manifest berichtet. Sympathien und Antipathien sind eindeutig verteilt.
Kasper gehört zu den Strategen hinter dem derzeitigen Pontifikat, das er maßgeblich organisierte. Er war es, der Benedikt XVI. auf auffallend harsche Weise vor einer „Einmischung“ in das Konklave von 2013 warnte.
Der Mann, der Papst werden sollte – Der Geheimzirkel Sankt Gallen und die Kunst der Verstellung https://katholisches.info/2017/04/03/der...er-verstellung/
Das war in der Zeit der Sedisvakanz, als die gläubige katholische Welt den unerwarteten Amtsverzicht des deutschen Papstes betrauerte und sich verwaist fühlte, während zugleich ganze Scharen von Amtsträgern sich in Dankeshymnen für das unfaßbare Geschenk des „mutigen“ Rücktritts überschlugen, das ihnen ebenso unerwartet in den Schoß fiel. Gestern jährte sich die Rücktrittsankündigung durch Benedikt XVI. zum sechsten Mal.
Der bald 86 Jahre alte Kasper, dem Benedikt XVI. das persönliche Geschenk machte, um nur wenige Tage noch gerade an dem Konklave von 2013 teilnehmen und seinen Einfluß geltend machen zu können, obwohl er zum Zeitpunkt des Konklaves bereits das 80. Lebensjahr vollendet hatte, reagiert hochsensibel auf alles, was er als Gefährdung seines letzten großen Lebenswerkes wahrnimmt, das Pontifikat von Franziskus, mit dem er eine „irreversible“ Weichenstellung für die Kirche vorzunehmen hofft.
Seine schroffe Reaktion auf das Manifest des Glaubens von Kardinal Müller zeigt, daß er darin eine solche Bedrohung der Ziele der „Mafia von Sankt Gallen“ erkennt.
Kasper zeigte sich nach der Lektüre des Manifestes sogar „total entsetzt“ und fühlte sich an Martin Luther erinnert, was nicht der Ironie entbehrt. Es ist Kaspers Theologie, die als Stichwortgeberin für Papst Franziskus fungiert, wie dieser selber mehrfach betonte, die über Schelling und Hegel Anleihen bei Martin Luther nimmt, um die katholische Kirche Richtung Protestantismus zu verschieben. Von Kasper stammen die Stichwörter für die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener und protestantischer Ehegatten zur Kommunion, wodurch massive Eingriffe in die Sakramente der Ehe, der Buße und der Eucharistie erfolgt sind.
Kaspers Vorwurf, es sei Müllers Manifest, das Verwirrung in der Kirche stifte, wirkt in diesem Kontext wie inhaltsfreies, dialektisches Geplänkel. https://katholisches.info/2019/02/12/mue...pers-entsetzen/ + http://www.ncregister.com/blog/joseph-pr...out-these-times
Text: Giuseppe Nardi
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