6. JUNI 2019 Papst Franziskus: „Ökumene? Nicht warten, handeln!“ 3. Juni 2019
Papst Franziskus sprach auf dem Rückflug von Rumänien über die Ökumene und rief zum Handeln auf. Wie genau meinte er das aber? (Rom) Auf dem Rückflug aus Rumänien beantwortete Papst Franziskus wie gewohnt den mitreisenden Journalisten einige Fragen. Dabei sprach er sich für eine „Ökumene des Handelns“ aus und schilderte das Beispiel eines katholischen und eines lutherischen Bischofs und korrigierte sich gleich selbst.
Die betreffende Frage stellte Cristian Micaci von Radio Maria Rumänien. Er fragte den Papst, was er den Rumänen in Sachen Verhältnis zwischen katholischer und orthodoxer Kirche und den Volksgruppen rate. Die große Mehrheit der Rumänen ist orthodox, eine Minderheit katholisch, wobei es neben den römisch-katholischen Christen auch mit Rom unierte griechisch-katholische Christen gibt. Mehrere von den Kommunisten nach Kriegsende ermordete griechisch-katholische Bischöfe sprach Franziskus in Blaj (deutsch Blasendorf) in Siebenbürgen selig.
Neben der rumänischen Mehrheitsbevölkerung gibt es noch kleinere Volksgruppe wie die Ungarn im Grenzgebiet, in Sathmar und in Siebenbürgen. Die einst starke deutsche Volksgruppe im rumänischen Banat, in Sathmar und in Siebenbürgen ist nach dem Zweiten Weltkrieg, Aussiedlung und Spätaussiedlung nach 1989 auf ein Minimum geschrumpft. Ein Deutscher, Klaus Johannis, vormals Bürgermeister von Hermannstadt (rum. Sibiu) ist derzeit allerdings Staatspräsident von Rumänien.
Die Antwort von Papst Franziskus in vollem Wortlaut:
Papst Franziskus: Generell würde ich sagen, ein Verhältnis der ausgestreckten Hand, wenn es um Konflikte geht. Heute kann sich ein Entwicklungsland wie ihr mit einer hohen Geburtenrate wie ihr, mit dieser Zukunft, den Luxus von inneren Feinden nicht leisten. Es muß ein Prozeß der Annäherung stattfinden, immer: zwischen den verschiedenen Volksgruppen, den verschiedenen religiösen Konfessionen, vor allem zwischen den beiden christlichen… Das ist die erste Sache: Immer die ausgestreckte Hand, das Anhören des anderen.
Mit der Orthodoxie: Ihr habt einen großen Patriarchen, einen Mann von großem Herz und ein großer Gelehrter. Er kennt die Mystik der Wüstenväter, die spirituelle Mystik. Er hat in Deutschland studiert… Er ist auch ein Mann des Gebets. Es ist einfach, sich Daniel zu nähern. Es ist einfach, weil ich ihn als Bruder fühle, und wir wie Brüder gesprochen haben. Ich werde nicht sagen: „Warum tut ihr…“ Und er wird nicht sagen: „Warum tut ihr…“ Wir gehen gemeinsam! Es geht immer um diese Idee: Ökumene heißt nicht, ans Ende des Spiels, der Diskussionen zu kommen; die Ökumene macht man, indem man gemeinsam geht. Gemeinsam geht, gemeinsam betet. Die Ökumene ist Gebet. Wir haben in der Geschichte die Blutökumene. Wenn sie die Christen umbrachten, haben sie nicht gefragt:
„Bist du orthodox? Bist du katholisch? Bist du lutherisch? Bist du anglikanisch?“ Nein. „Du bist Christ“, und das Blut hat sich vermischt. Eine Ökumene des Zeugnisses ist eine andere Ökumene: des Gebets, des Blutes, des Zeugnisses. Dann gibt es die Ökumene des Armen, wie ich sie nenne. Das ist das gemeinsame Arbeiten, in dem, was wir können, um den Kranken, den Behinderten, den Leuten, die ein bißchen am Rande des minimalen Wohlstandes leben, zu helfen: helfen. Matthäus 25: Das ist ein schönes ökumenisches Programm, nicht wahr? Gemeinsam gehen, das ist bereits Einheit der Christen. Aber nicht warten, daß die Theologen sich einigen, um zur Eucharistie zu gelangen. Die Eucharistie macht man alle Tage mit dem Gebet, mit dem Gedächtnis des Blutes unserer Märtyrer, mit den Werken der Liebe und auch, indem man sich Gutes will.
In einer Stadt in Europa herrschte … herrscht ein gutes Verhältnis zwischen dem katholischen Erzbischof und dem lutherischen Erzbischof. Der katholische Erzbischof sollte am Sonntag abend in den Vatikan kommen und rief an, daß er am Montag morgen kommen würde. Als er kam, sagte er mir: „Entschuldige, aber gestern mußte der lutherische Erzbischof zu einer Versammlung und bat mich: ‚Bitte, komm du in meine Kathedrale und mach den Kultus‘.“ Es herrscht Brüderlichkeit! Soweit kommen, das ist viel!
Und die Predigt hielt der Katholik. Er hat nicht die Eucharistie gefeiert, aber die Predigt schon. Das ist Brüderlichkeit. Als ich in Buenos Aires war, bin ich von der schottischen Kirche eingeladen worden, mehrere Predigten zu halten, und ich ging hin und hielt die Predigt… Das geht! Man kann gemeinsam gehen. Einheit, Brüderlichkeit, ausgestreckte Hand, sich mit Wohlwollen sehen, nicht schlecht von anderen sprechen… Fehler haben wir alle, alle. Wenn wir aber gemeinsam gehen, lassen wir die Fehler beiseite: Die kritisieren die „eingefleischten Junggesellen“ [Zitelloni; in der weiblichen Form: alte Jungfern]… Danke.
Den „Kultus machen“ und predigen sind zwei verschiedene Dinge. War es nur ein Versprecher, den Franziskus selbst bemerkte und sofort korrigierte? Man will es annehmen. „Fai tu il culto“ (mach den Kultus), wie der Papst den katholischen Erzbischof zitierte, meint etwas ganz anderes. Um den umstrittenen Usus des „Kanzeltausches“ oder der Predigt in einer anderskonfessionellen Kirche zu schildern, hätte sein eigenes Beispiel als Erzbischof von Buenos Aires genügt und ist durch seine Wahl zum Papst sogar weit gewichtiger als die eines anderen Erzbischofs.
Am Ende bleiben klare Aufforderungen des Papstes, die Ökumene voranzutreiben und nicht auf die Fachgremien zu warten – was auch bedeutet, nicht auf die zuständigen Stellen in Rom zu warten. Es bleiben auch einige Fragen. In der Vergangenheit erwiesen sich zweifelhafte Aussagen, die mit seinem nicht ganz sattelfesten Italienisch erklärt wurden, nachträglich durchaus als seine Meinung.
Im deutschen Sprachraum wird in manchen Kreisen Freude über die Aufforderung zu einer „Ökumene des Handelns“ herrschen. In manchen Gegenden wird bereits eine „Ökumene mit dem Islam“ betrieben.
https://katholisches.info/2019/06/03/pap...warten-handeln/ Text: Giuseppe Nardi Bild: Vatican.va (Screenshot)
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