Montag, 14. Oktober 2019 Kardinal Müller : "Sie haben den Herrn aus der Synode vertrieben" Lesen! so ähnlich formulierte es vor einigen Tagen Kardinal Müller in einem Interview mit Matteo Mattzuzzi für IL Foglio. LifeSiteNews und Settimo Cielo haben es wiedergegeben.
"KARDINAL MÜLLER : SIE HABEN JESUS AUS DER AMAZONAS-SYNODE VERTRIEBEN"
Die Amazonas-Synode hat begonnen. "Aber sie wird Konsequenzen für die universale Kirche haben" warnt Kardinal Gerhard Müller in einem ausführlichen Interview mit Matteo Matzuzzi für die Zeitung "Il Foglio", das am Eröffnungstag veröffentlicht wurde.
"Hört man den Stimmen einiger der Protagonisten dieser Versammlung zu, versteht man leicht, daß die Agenda völlig europäisch ist." Europäisch und darüber hinaus deutsch. Auch in Deutschland ist -de facto- wurde ein synodaler Weg begonnen, der sein Stichwort vom Amazonas übernehmen wird, um nicht weniger als die Universale Kirche zu reformieren, eine Synode, bei der die Laien zu gleichen Teilen mit den Bischöfen stimmberechtigt sein werden. Ein Synode, deren Resolutionen "bindend" sein werden und das Ende des priesterlichen Zölibats betreffen, Frauenordination, Reform der Sexualmoral und die Demokratisierung der Macht in der Kirche.
Das ist ein Erdbeben, das seit seiner Ankündigung selbst bei Papst Franziskus Unruhe auslöste, der im Juni einen offenen Brief an die deutschen Bischöfe schrieb, um sie davon zu überzeugen, ihre exorbitanten Ambitionen zu mildern. Im September schrieb Kardinal Marc Ouellet, Präfekt der Bischofskongregation, einen noch dringlicheren Brief an sie und lehnte die in Deutschland eingeleitete Synode als kanonisch "ungültig" ab.
Und daß Ouellet im Einklang mit dem Papst handelt, steht außer Zweifel. Er hat dies vor einigen Tagen bewiesen, als er sagte, er sei "skeptisch" gegenüber der Idee, verheiratete Männer zu ordinieren - ein zentraler Punkt der amazonischen und deutschen Synode - und er fügte sofort hinzu, daß "jemand über mir auch" skeptisch sei.
Was Franziskus anbelangt, so hat er beschlossen, sich am 25. September mit acht jungen Katechisten aus Nordthailand zu treffen, den Führern kleiner Gemeinden, die weit voneinander entfernt sind und die nur sehr selten von einem Priester besucht werden, der die Messe feiert und die sich dennoch weigern, um die Ordination von verheirateten Männern zu bitten. "Das Himmelreich gehört den Kleinen", sagte ihnen der Papst, "zutiefst gerührt" im Bericht des "L'Osservatore Romano".
Aber die Warnungen, die Rom an Deutschland gerichtet hat, haben bisher keine Wirkung gezeigt. "Rom wird uns nicht sagen, was wir in Deutschland zu tun haben", hatte der Münchner Erzbischof und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, bereits zwischen der ersten und zweiten Sitzung der Familiensynode erklärt. Und dieses Mantra hält in Deutschland mit der Zustimmung der meisten und der Opposition weniger an, zu der der Erzbischof von Köln, Kardinal Rainer Maria Woelki zählt, der sogar vor einem drohenden "Schisma" warnt.
"In Deutschland", sagt Müller jetzt - auch er ist Deutscher, auch wenn er keine Diözese leitet und deshalb nicht an der Bischofskonferenz teilnimmt - "wollen sie die katholische Kirche fast neu gründen. Sie denken, daß Christus nur ein Mann ist, der vor zweitausend Jahren gelebt hat, behaupten, daß er kein moderner Mensch war, sie sind überzeugt, daß er keine ihrer Ausbildungen hatte, und sie denken daher, daß es notwendig ist, diese Lücken zu füllen und daß es an ihnen ist, zu handeln. In einer Predigt fragte Kardinal Marx rhetorisch: "Wenn Christus heute hier wäre, würde er dann sagen, was er vor zweitausend Jahren gesagt hat?" Aber Christus ist keine historische Figur wie Cäsar.
Jesus Christus ist auferstanden und gegenwärtig, er feiert die Messe durch seinen Stellvertreter, den ordinierten Priester. Er ist das Subjekt der Kirche, und sein Wort ist und bleibt für immer wahr. Christus ist die Fülle der Offenbarung, wegen der es keine andere Offenbarung geben wird. Wir sind es, die danach streben müssen, es mehr und besser zu wissen, aber wir können es sicherlich nicht ändern. Christus ist unübertrefflich und irreversibel, und heute scheint dies in bestimmten Breiten nicht sehr klar zu sein.
Für Müller ist dieser Fehler auch im "Instrumentum Laboris", dem Basisdokument der Amazonas-Synode, enthalten: "Ein Dokument, in dem es nicht um Offenbarung, um das inkarnierte Wort, um Erlösung, um das Kreuz, um die Auferstehung geht, um das ewige Leben ", sondern statt der Göttlichen Offenbarung die religiösen Traditionen der indigenen Völker und ihre Visionen des Kosmos aufruft, die als solche akzeptiert werden sollen.
2007 in Aparecida warnte Benedikt XVI die Bischöfe des Kontinents: "Die Utopie, die präkolumbianischen Religionen wieder zum Leben zu erwecken und sie von Christus und der Universalkirche zu trennen," sagte er, "wäre kein Schritt nach vorne, sondern ein Schritt zurück. In Wirklichkeit wäre es ein Rückzug in eine Phase der Geschichte, die in der Vergangenheit verankert war. "
Aber er wurde mit Kritiken von Theoretikern eines "neuen Verständnisses von Gottes Offenbarung" überschüttet, das bei indigenen Völkern festgestellt worden sein sollte, und daher ohne den Wunsch, sie zu bekehren. Zu den Umstrittensten gehörte der nach Brasilien ausgewanderte deutsche Theologe Paulo Suess, inspiriert von dem in Österreich geborenen Bischof Erwin Kräutler, dem führender Strategen der Amazonas-Synode, Mitverfasser des "Instrumentum Laboris" und Befürworter der Idee, die Eucharistie nicht nur von "viri probati", sondern auch von "verheirateten Frauen, die eine Gemeinschaft führen" feiern zu lassen.
"Aber es gibt kein Recht und kann kein Recht auf das Sakrament geben", beanstandet Müller.
"Wir sind Gottes Geschöpfe, und ein Geschöpf kann von seinem Schöpfer kein Recht beanspruchen. Leben und Gnade sind ein Geschenk. Der Mann hat das Recht, zu heiraten, aber er kann nicht verlangen, daß eine bestimmte Frau ihn heiratet, indem er ein bestimmtes Recht beansprucht. Jesus hat unter all seinen Jüngern zwölf frei gewählt und so seine göttliche Autorität gezeigt.
Er erwählte diejenigen, die er wollte, es ist Gott, der wählt. Niemand kann das Heiligtum betreten, ohne gerufen zu werden. Wieder herrscht die säkularisierte Mentalität vor: man denkt wie ein Mensch nicht wie Gott."
"Der priesterliche Zölibat", fährt Müller im Interview mit "Il Foglio" fort, "ist nur im Kontext der eschatologischen Mission Jesu zu verstehen, die eine neue Welt geschaffen hat. Es war eine neue Schöpfung. Mit den Kategorien des Säkularismus kann man die Unauflöslichkeit der Ehe nicht verstehen, wie auch den Zölibat oder die Jungfräulichkeit der religiösen Orden, und man kann mit diesen Kategorien auch Probleme nicht lösen, die ihren Ursprung ausschließlich in der Glaubenskrise haben.
Es bedarf einer geistlichen und theologischen Vorbereitung, man muss sich mit der Spiritualität der Apostel befassen und nicht auf die weltlichen Organisationen achten, die aus Gründen, die völlig im Gegensatz zur Sendung der Kirche stehen, viel und in vielen Dingen beraten. Spiritualität wird benötigt, nicht Weltlichkeit."
Und Kardinal Müller sieht Weltlichkeit auch darin, wie sich ein Teil der Kirche auf die Seite der Umweltideologie gestellt hat:
"Die Kirche gehört Jesus Christus und muss das Evangelium predigen und Hoffnung für das ewige Leben geben. Sie kann sich nicht zum Protagonisten irgendeiner Ideologie machen, sei es der des 'Genders' oder des umweltschützerischen Neopaganismus. Es ist gefährlich, wenn dies geschieht. Ich komme darauf zurück: das "Instrumentum Laboris", das für die Amazonas-Synode vorbereitet wurde, spricht in einem seiner Absätze von "Mutter Erde", aber das ist ein heidnischer Ausdruck.
Die Erde kommt von Gott und unsere Mutter im Glauben ist die Kirche. Wir sind gerechtfertigt durch Glauben, Hoffnung und Liebe, nicht durch Umweltschutz. Natürlich ist es wichtig, sich um die Schöpfung zu kümmern, schließlich leben wir in einem Garten, der von Gott gewollt ist. Aber das ist nicht der entscheidende Punkt. Tatsache ist, daß für uns Gott wichtiger ist. Jesus gab sein Leben für die Rettung der Menschen, nicht des Planeten. "
Dem "L'Osservatore Romano", der einen Nachruf auf den "durch unsere Schuld" gestorbenen isländischen Gletscher Okjökull veröffentlicht hat, entgegnet Müller: "Jesus wurde Mensch, kein Eiszapfen." Und er fährt fort: "Natürlich kann die Kirche ihren eigenen Beitrag leisten, mit guter Ethik, sozialer Doktrin, mit dem Lehramt, unter Berufung auf anthropologische Prinzipien. Aber die erste Mission der Kirche besteht darin, Christus, den Sohn Gottes, zu predigen. Jesus hat Petrus nicht angewiesen, sich zuerst um die Regierung des Römischen Reiches zu kümmern, er tritt nicht in einen Dialog mit Cäsar.
Er hielt sich in gutem Abstand. Petrus war kein Freund von Herodes oder Pilatus sondern erlitt das Martyrium. Die Zusammenarbeit mit einer legitimen Regierung ist gerecht, aber ohne zu vergessen, daß die Mission von Petrus und seinen Nachfolgern darin besteht, alle Gläubigen im Glauben an Christus zu vereinen, der nicht empfohlen hat, sich mit dem Wasser des Jordans oder der Vegetation von Galiläa zu befassen."