Herzlich Willkommen, hier in diesem Forum....http://files.homepagemodules.de/b531466/avatar-4dbf9126-1.gif
  • 30.10.2019 00:00 - Eine erste Analyse des Schlußdokuments, die von hinten aufgerollt wird und sich auf die Bereiche konzentriert, die für die Kirche relevant sind
von esther10 in Kategorie Allgemein.

Eine Analyse von Giuseppe Nardi.



(Rom) Das zentrale Resümee nach drei Wochen Amazonassynode läßt sich knapp vielleicht so zusammenfassen: Es wurde alles beschlossen, was geplant war. Eine erste Analyse des Schlußdokuments, die von hinten aufgerollt wird und sich auf die Bereiche konzentriert, die für die Kirche relevant sind. Das Schlußdokument liegt vorerst nur in spanischer Sprache vor und wird voraussichtlich vom Vatikan, vielleicht mit Ausnahme von Portugiesisch, nach derzeitigem Wissensstand auch nicht in andere Sprachen übersetzt werden. Diese Intransparenz war schon beim nur italienisch vorgelegten Schlußdokument der Familiensynode eklatant geworden.

Vorweg: verheiratete Männer sollen zum Priestertum zugelassen werden, für Frauen sollen eigene Ämter und für die „ursprünglichen Völker“ ein eigener Ritus geschaffen werden. Allein diese drei Punkte stellen einen beispiellosen Bruch in der Kirchengeschichte dar. In allen drei Zielen wird keine genuin organische Entwicklung bestätigt und kodifiziert, sondern am grünen Tisch ex novo erzeugt.

Ein neuer Amazonas-Ritus

In der Kirche gibt es 23 Riten und es gab auch schon einmal mehr. Einen Beschluß, ex novo einen nicht vorhandenen Ritus zu schaffen, gab es aber noch nicht (Schlußdokument Nr. 116–119). Diese Radikalität theoretischer Eingriffe in die Praxis folgt der liturgischen Logik des Novus Ordo, die davon ausgeht, daß „Techniker“ zu allem befugt sind und man nach soziologischen Mustern jede strukturell als notwendig erachtete Reform durchführen kann.

Ein solches Denken ist seit Luthers Zeiten etabliert und wurde im Zuge der französischen Revolution vom religiösen Bereich auf den staatlichen und gesellschaftlichen, und damit auch auf den rechtlichen Bereich übertragen. Anders ausgedrückt, es liegt ein revolutionäres, ein linkes Denken zugrunde.

Im Schlußdokument wird die Frage gar nicht erörtert, welche Sinnhaftigkeit es haben sollte, einen eigenen Ritus zu kreieren für eine Personengruppe, die gerade einmal 0,015 Prozent der Katholiken ausmachen würden, wenn alle von ihnen Katholiken wären – was derzeit nicht der Fall ist. Mehr noch:

Die im Urwald verbliebenen 130.000–170.000 Indios streben – sobald sich eine Gelegenheit bietet – ihr Dschungel-Habitat verlassen, um in die nächstgelegene Stadt zu ziehen. Das Ur-Idyll, eines unberührten Naturerlebnisses, ist nur vor dem Fernseher im fernen Europa und in der Phantasie nicht betroffener Westler attraktiv – und dann nur für andere. „Aufgeklärte“ deutsche Theologen träumen davon, die Regenwald-Indios als ein Art letzter Rest des „guten Wilden“ in ihren Dschungelhütten festzuhalten und zu zwingen, den Annehmlichkeiten gemauerter Wohnungen mit elektrischem Licht und Zentralheizung zu entsagen.

Für die urbanisierten Indios, rund 80 Prozent, der „ursprünglichen Völker“, wie sie das Schlußdokument nennt, bietet der Novus Ordo in seiner heutigen Handhabung ausreichend Raum für Inkulturation und auch „folkloristische“ Kreativität.

Warum also ein neuer Ritus?

Zunächst:

Der Hintergedanke ist, daß sich Franziskus – ein Merkmal seines Pontifikats – alle Türen offenhalten will. Die Stoßrichtung ist klar, flexibel ist aber der Weg zur Erreichung des jeweiligen Ziels. Die Schaffung eines neuen Ritus soll diese Flexibilität sichern, denn im Zweifelsfall und bei zu starken Widerständen kann die angestrebte Aufhebung des priesterlichen Zölibats nur für Priester dieses neuen Indio-Ritus praktiziert werden (vergleichbar der Zulassung verheirateter, wenn auch enthaltsam lebender anglikanischer Geistlicher als katholische Priester durch Anglicanorum coetibus von 2009). Damit könnte die Zölibatsverpflichtung, wie von Johannes Paul II. 1992 im Sinne von Sacerdotalis caelibatus (1967) bekräftigt, beibehalten werden – vorerst.

Eine „Dringlichkeit“, wie vom Schlußdokument behauptet, existiert in der Ritenfrage mit Sicherheit jedenfalls nicht. Abseits des ideologisierten REPAM-Milieus wurde eine solche „Notwendigkeit“ von keinem brasilianischen Beobachter vor oder während der Synode geäußert. Brasilien wird deshalb erwähnt, weil es nicht nur den weitaus größten Anteil am Amazonas hat, sondern – mit den Deutschen im Rücken – auch der treibende Motor hinter der Synode ist.

Der Amazonas als Experimentierfeld einer „neuen Kirche“

Auch die Schaffung neuer „postsynodaler, regionaler Kirchenorgane für die Amazonasregion“ (Nr. 115) erinnert an Experimente, wie sie aus linksintellektuellen Milieus bekannt sind und auch nur dort auf Interesse und Begeisterung stoßen. Ein Beispiel: Im Zuge des Zweiten Golfkrieges phantasierten linke Politikwissenschaftler in den universitären Elfenbeintürmen des Westens, daß die von den sunnitisch-arabischen Truppen Saddam Husseins bedrängten Kurden, nicht die westliche Demokratie einführen, sondern nach „neuen Demokratiemodellen“ suchen sollten.

Auf dem Rücken der Betroffenen wollten politisch linke, westliche Politikwissenschaftler, die in der Ferne im wohligen Universitätsklima in Sicherheit waren, die um ihr Leben ringenden Kurden als Experimentierfeld ihres Anti-Amerikanismus mißbrauchen und nach dem soeben erfolgten Zusammenbruch des Realen Sozialismus im Ostblock schon am nächsten sozialistischen Experiment basteln.

Ähnliches, so der Gesamteindruck, geschieht mit den Amazonas-Indios durch kirchliche Kreise, vor allem deutsche oder deutsch geprägte.

Mit der „Etablierung einer Katholischen Amazonas-Universität“ (Nr. 114) soll den intellektuellen Erfindern der Amazonas-Agenda – nein, das sind keine Indios – lukrative und vor allem prestigeträchtige Positionen verschafft und die Institution für die Ausarbeitung der Grundlagen für den neuen Ritus, die Ausbildung der „viri probati“ und der Inhaberinnen der künftigen Frauenämter und die internationale Verbreitung dieser Agenda geschaffen werden.

Diese „neuen synodalen Amazonasstrukturen“, wie es im Schlußdokument heißt, dienen der systematischen Umsetzung der Amazonas-Agenda, die ein Experimentierfeld für eine „andere Kirche“ sein soll – so wie die Kurden Anfang der 90er Jahre das Experimentierfeld für neue (sozialistische) Demokratiemodelle sein sollten. An Euphrat und Tigris machte die nackte Realität des Krieges und der damalige US-Präsident Bush Senior diesen Plänen ein schnelles Ende, indem die UNO eine Schutzzone nördlich des 36. Breitengrades einrichtete. Die betroffenen Kurden waren an dem versponnen Experiment ohnehin nicht interessiert.

Die Feldübung für die „synodale Kirche“
Im Schlußdokument der Amazonassynode findet sich mehrfach die Erwähnung der „Sitten und Traditionen der indigenen Völker“, aber keine kritische Beschäftigung mit diesen (vgl. Nr. 114). Trotz der Kritik, daß es in den Indio-Kulturen auch Praktiken gibt, die gegen die Menschenwürde und das Lebensrecht verstoßen und mit dem Christentum unvereinbar sind (Kindestötung, Euthanasie), wurde nicht darauf eingegangen. Die Bewahrung und der Respekt vor der kulturellen Realität wird kategorisch gefordert.

Auch darin zeigt sich ein realitätsfernes, ideologisiertes oder zumindest idealisiertes Denken, das der Amazonas-Agenda zugrunde liegt. Der Amazonasdschungel sollte zu einem riesigen Naturreservat umgewandelt und die dortigen Indios zu lebenden Komparsen in einem gigantischen Freilichtmuseums werden. Der Ist-Zustand, ob gut oder schlecht, soll eingefroren und konserviert werden. Diese Musealisierung – für Ethnologen interessant – entspricht dem Konservierungs- und vor allem dem Verlustdenken des westlichen Menschen, der selbst aber ganz anders lebt und nicht im Traum daran denkt, mit den Urwald-Indios tauschen zu wollen – auch die Vertreter der Amazonas-Agenda nicht.

Der Amazonas soll – wiederum auf dem Rücken der vielzitierten Indios – für europäische Kirchenkreise zum Exerzierfeld der künftigen „synodalen“ Kirche werden. Im Schlußdokument ist diesem Anliegen ein eigenes Kapitel mit der Überschrift „Neue Wege für eine synodale Kirche“ gewidmet. Erster Schritt zu einer Demokratisierung der hierarchisch verfaßten Kirche sollen „regionale synodale Strukturen in der Amazonas-Kirche“ sein. Der damit gewiesene Weg ist nicht neu, sondern protestantisch. Bekannt sind auch die negativen Auswirkungen und die Widersprüche zur Kirche, wie sie von Christus konstituiert wurde.

Der Verweis (Nr. 112 und 113) auf den 50. Jahrestag der Einführung von Bischofssynoden durch Papst Paul VI. und die dazu 2018 erfolgte Initiative von Papst Franziskus durch die Apostolische Konstitution Epicopalis Communio lassen erkennen, daß es nicht nur um die Amazonasgegend geht, sondern um die Weltkirche. Franziskus schaffte im September 2018 die rechtlichen Voraussetzungen, daß die Synoden verbindliche Beschlüsse fassen können – sofern ihnen der Papst die Erlaubnis erteilt – die auch von ihm respektiert und umgesetzt werden müssen. Davon wurde im Zuge der Jugendsynode und der Amazonassynode noch kein Gebrauch gemacht, doch die Absicht dazu ist vorhanden.

Der Zölibat im Kreuzfeuer

In der Nr. 111 wird der Zölibat als Geschenk Gottes bezeichnet, doch diese anerkennenden Worte erinnern an das Vorgehen bei der Familiensynode mit dem nachsynodalen Schreiben Amoris laetitia.


Das Lob und die Anerkennung haben vor allem einleitende Funktion, auf die ein „aber“ folgt. Die Betonung liegt darauf, daß der priesterliche Zölibat kein Wesensmerkmal des sakramentalen Priestertums sei. Die entsprechende Vertiefung dieses Punktes fand in den vergangenen Jahren tatsächlich nicht statt, auch dann nicht, als der Versuch schon offenkundig war, daß mit der Amazonassynode auf die Abschaffung des Zölibats abgezielt wird.

Mit dialektischen Winkelzügen wird im Schlußdokument im selben Atemzug gesagt, daß Papst Johannes Paul II. zwar den Zölibat für das lateinische Priestertum bekräftigte habe, aber die „legitime Verschiedenheit die Gemeinschaft und Einheit der Kirche nicht schädigt“.

Nr. 111 enthält das Programm der Lobinger-Kräutler-Hummes-Vorstellungen. Die Indio-Gemeinschaften sollen „geeignete und von der Gemeinschaft anerkannte“ Männer für das Priestertum bestimmen. Diese können auch eine Familie haben, vorausgesetzt, daß sie „legitim“, also durch das Ehesakrament konstituiert ist.

Nr. 110 spricht schon zuvor von einem „Recht der Gemeinschaft auf die Zelebration“ der Eucharistie. Eine so deutliche Formulierung im zugrundeliegenden Kontext gab es in der Kirche bisher nicht. Ein Recht impliziert, daß die Nicht-Einhaltung ein „Unrecht“ ist und eine „Diskriminierung“ darstellt mit allen Folgen des aktuellen Antidiskriminierunfsdiskurses. Es sind Kirchenvertreter, die ohne Not die Kirche damit selbst unter Druck setzen. Man könnte von einer Form der institutionalisierten Selbsterpressung sprechen, was in der Tat ein seltsamer Vorgang ist.

Verpflichtende Ausbildungsvorgaben
Nr. 106 wünscht für die Ausbildung des ständigen Diakonats, als verheirateter Diakone – die es bisher kurioserweise im Amazonas so gut wie gar nicht gibt – ein sehr enges, bergoglianisches Korsett.

Kurioserweise deshalb, weil man sich gerade in den Amazonasdiözesen, in denen angeblicher „Notstand“ herrscht, ständige, sakramentale Diakone, die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil erfunden und eingeführt wurden, erwarten würde. Über ihr Fehlen mußte selbst Wiens Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, auf einer Synodenpressekonferenz staunen.

Die Erwähnung des ständigen Diakonats im Schlußdokument ist nicht nur für verheiratete Männer, sondern implizit auch für Frauen mitzudenken. Die Ausbildung dieser Diakone soll, so wurde es am Samstag beschlossen, „obligatorisch“ darauf ausgerichtet sein, „den ökumenischen, interreligiösen und interkulturellen Dialog zu fördern“. In der Ausbildung sollen auch Themen wie „Gefühle“, „Sexualität“, „indigene Kosmovision“, „integrale Ökologie“ institutionalisiert werden.

Sicherheitshalber mahnt Nr. 105 die Priester schon präventiv, daß ständige Diakone durch die Autorität des Bischofs ernannt sind, weshalb die Priester die „Pflicht“ haben, die ständigen Diakone zu unterstützen.

Noch eine Kommission für das Frauendiakonat

Die Nr. 99–103 befassen sich mit neuen Ämtern für die Frauen. Sie sind etwas zurückhaltender formuliert, weisen aber in eine eindeutige Richtung. Die von Papst Franziskus 2016 eingesetzte Studienkommission, die das Diakonat historisch untersuchte, gelangte – wenig erstaunlich – nicht zum gewünschten Ergebnis. Historisch läßt sich ein Frauendiakonat mit Anteil am Weihesakrament nicht belegen.


Die Synode forderte Franziskus auf, die Frage erneut prüfen zu lassen. In abgewandelter Form erinnert das an den Abstimmungsmarathon bei den Anglikanern, als nach Priesterinnen auch Bischöfinnen eingeführt werden sollte. Es wurde solange abgestimmt, bis das von den Liberalen gewünschte Ergebnis erzielt war. Ähnlich ist es derzeit mit dem Frauendiakonat. Es soll solange an der personellen Zusammensetzung der Studienkommission und solange an deren Auftrag gefeilt werden, bis diese auf irgendeinem Wege zu dem von den Modernisten gewünschten Ergebnis gelangt.

Franziskus kündigte prompt als erste konkrete, postsynodale Maßnahme an, eine Umbesetzung der Studienkommission vorzunehmen, um offensichtlich auf andere Weise – ohne Rückgriff auf die Geschichte und die apostolische Tradition – zum angestrebten Frauendiakonat zu gelangen, wie in der Nr. 103 von der großen Synodenmehrheit gewünscht geäußert wird.

https://restkerk.net/

Apropos Synodenmehrheit: Alle Beschlüsse wurden mit überwältigender Mehrheit gefaßt. Die größte Ablehnung, eine Ausnahme, erlebte die Nr. 111: die Einführung eines neuen, amazonischen Priestertums. 24 Prozent der Synodalen lehnten diesen Vorstoß ab. Insgesamt stieß der hier besprochene letzte Teil des Schlußdokuments auf die größten Vorbehalte.

Das erwähnte Ergebnis zeigt aber auch, daß das derzeitige Rom aus der Erfahrung mit der Familiensynode gelernt und die Zusammensetzung der Synode so verfeinert hat, daß klare Zwei-Drittel-Mehrheiten sicher sind.

Das sagt viel aus.
https://katholisches.info/2019/10/28/die...as-geplant-war/

Text: Giuseppe Nardi

Bild: Vatican.va (Screenshot)



Beliebteste Blog-Artikel:

Melden Sie sich an, um die Kommentarfunktion zu nutzen
Danke für Ihr Reinschauen und herzliche Grüße...
Xobor Xobor Blogs
Datenschutz