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Auch heute wird «Besessenen» noch das Böse ausgetrieben - oft mit üblen Folgen.
1. Was ist ein Exorzismus?
So wird die Praxis bezeichnet, Dämonen oder den Teufel aus «besessenen» Menschen, Tieren oder Orten zu vertreiben. Im von Johannes Paul II veröffentlichten «Katechismus der Katholischen Kirche», einem Handbuch zu den Grundfragen des christlichen Glaubens, wird die Frage so beantwortet: «Wenn die Kirche mit ihrer Autorität im Namen Jesu darum betet, dass eine Person oder ein Gegenstand vor dem Einfluss des Bösen beschützt oder seiner Herrschaft entzogen wird, handelt es sich um einen Exorzismus. In gewöhnlicher Form wird der Exorzismus im Taufritus vollzogen. Der feierliche, sogenannte Grosse Exorzismus darf nur von einem durch den Bischof bevollmächtigten Priester vorgenommen werden.»
2. Die Herkunft
Der Begriff «Exorzimus» geht auf das griechische Wort «exorkismós», was «Hinausbeschwören» bedeutet, zurück. Teufelaustreibungen gab und gibt es in vielen Religionen. Schon im Alten Testament wird Satan namentlich erwähnt, Herkunft und Ursprung der Dämonen aber erst im Neuen Testament beschrieben. Im Christentum ist die Teufelsaustreibung seit dem Mittelalter bekannt, als sich der Volksglaube an Dämonen, Geister und Teufel ausbreitete. Im 17. Jahrhundert schrieb die katholische Kirche ein Gebetstext vor, den den Exorzismus regelt. Der Priester betet: «Ich befehle dir im Namen unseres Herrn Jesus Christus, verlasse den Körper, denn du dich bemächtigt hast.» 1999 wurde dieses Gebet reformiert. Auch im Alten Orient, im Judentum und im Islam wurden Exorzismen praktiziert.
3. Was ist Besessenheit?
Ärzte erklären ein «besessenes» Verhalten in der modernen Medizin als Symptome einer organischen Krankheit oder psychischen Störung. Die katholische Kirche unterscheidet heute zwischen Besessenheit, religiöser Hysterie und Geisteskrankheit. Der Exorzismus soll nur bei Besessenheit zum Einsatz kommen. Mittlerweile gestehen die Geistlichen ein, dass gewisse Anzeichen auch auf eine Krankheit hinweisen kann. Typische Symptome für eine «Bessenheit» sind epileptische Anfälle, Wechsel des Charakters, Tobsucht, ungewöhnliche Kräfte, Aggression gegen das Religiöse und psychische Hellsichtigkeit.
4. Wie wird man Exorzist?
Als Exorzist wird die Person bezeichnet, die den Exorzismus durchführt. Dabei versucht er, mit dem besitzergreifenden Dämon in Verbindung zu treten und ihn zu vertreiben. Offizielle Exorzisten sind Priester, die im Auftrag des Vatikans ausgebildet werden. Seit Papst Franziskus 2014 die Vereinigung der Exorzisten offiziell als private rechtsfähige Gesellschaft anerkannt hat, sind die Ausbildungen vor allem im Süden Europas wieder gestiegen. Der Erzbischof von Madrid, Antonio María Rouco Varela, spricht von einem «noch nie vorgekommenen Zuwachs» dämonischer Besitzergreifung und schickte acht Geistliche in die Exorzismus-Klasse, schreibt die «FAZ». Im April 2015 fand in Rom erstmals ein Seminar zur Ausbildung von Exorzisten statt. Daran durften nicht nur Geistliche, sondern auch Laien teilnehmen. Lehrer, Ärzte und andere Interessierte sollten gemäss den Organisatoren darauf vorbereitet werden, die wahren Fälle von Teufelsbesessenheit von psychischen Störungen zu unterscheiden.
5. Das Ritual
Um den «Grossen Exorzismus» zu vereinheitlichen, wurde er 1999 ritualisiert. Zuerst muss der Exorzist sorgfältig überprüfen, ob tatsächlich eine Besessenheit vorliegt. Um eine psychische Erkrankung auszuschliessen, sollte er sich mit Ärzten und Psychiatern beraten. In einer 21 Punkte beinhaltenden Liste wir der Ablauf des Exorzismus ausführlich beschrieben. Am Anfang steht die Besprengung mit Weiwasser. Dann folgt eine Litanei - eine Form des gemeinschaftlichen Gebets - mit der Anrufung Gottes und der Fürsprache aller Heiligen. Danach wird ein Evangeliumstext verlesen, bevor der Exorzist dem Besessenen die Hände auflegt und die Macht des heiligen Geistes anruft, um den Teufel mit gehobenem Kreuz aus ihm herauszutreiben. Schlussendlich spricht er noch ein Dankesgebet. Schon mehrfach protestierten Ärzteorganisationen in diversen Ländern gegen die Praktiken der Exorzisten, unter der Berufung, dass sie schon zu mehreren Todesfällen geführt hätten.
6. Welches ist der bekannteste Fall? ZVG
Einer dieser Todesfälle ist der von Anneliese Michel, die 1976 nach insgesamt 67 Exorzismen mit 23 Jahren an Erschöpfung und Unterernährung starb. Die Leidensgeschichte der deutschen Studentin diente unter anderem als Vorlage für den Film «Der Exorzismus von Emily Rose» (2005). 40 Jahre später ist man sich sicher, dass Anneliese an Epilepsie erkrankt war. Ihre tief religiösen Eltern glaubten jedoch, dass ihre Tochter von Dämonen besessen sei und liessen zwei Priester Teufelsaustreibungen vornehmen, anstatt sie zum Arzt zu bringen. Die Eltern und die beiden Geistlichen wurden später wegen fahrlässiger Tötung zu Bewährungsstrafen verurteilt. Für die katholische Kirche war dieser Fall ausschlaggebend, strenge offizielle Vorgaben zu erheben, wann ein Exorzismus durchgeführt werden darf. Noch heute geistern aber Tonaufnahme im Internet herum, die angeblich Annelieses Besessenheit beweisen.
7. Gibt es Teufelsaustreibungen in der Schweiz?
«Es kommen immer öfter Leute mit eigenartigen Geschichten, wo Erwachsene während des Gebets plötzlich fluchen und mit unsittlichen Sprüchen loslegen, Kinder Nacht für Nacht schreien und sich keine normale Erklärung dafür findet», sagte Pfarrer Rudolf Nussbaumer, ausgebildeter Exorzist aus Steinen SZ, 2014 zu BLICK. Auch im Bistum Chur verrichten mehrere Priester den «Befreiungsdienst» und im Bistum Lugano gebe es jeden Tag Anfragen zu diesem Thema. Christoph Casetti (71), der im Bistum Chur für alle Exorzisten zuständig ist, weiss genau, wie sich der Teufel zu erkennen gibt. «Am typischsten ist eine ganz starke Abwehrreaktion auf alles, was heilig ist.» Er habe schon erlebt, dass er auf Skype mit jemandem sprach und plötzlich aus dem Nichts hebräische Schriftzeichen auftauchten. «Oder jemand, der keine grosse Bildung besitzt, verstand plötzlich Latein.» Das seien Zeichen, die auf eine Besessenheit hindeuten.
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