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  • 04.01.2020 00:32 - Die Kirche verurteilt den Einsatz von Atomwaffen und drängt auch Entwaffnung. Der jüngste Vorstoß von Papst Franziskus wirft allerdings Fragen auf.
von esther10 in Kategorie Allgemein.




Die Kirche verurteilt den Einsatz von Atomwaffen und drängt auch Entwaffnung. Der jüngste Vorstoß von Papst Franziskus wirft allerdings Fragen auf.
Von Heiner Ulrich*

Die vom Papst geäußerte Absicht, den Katechismus zu „aktualisieren“, indem nicht nur der Gebrauch, sondern auch der Besitz von Atomwaffen für unmoralisch erklärt wird, ist in der Sache problematisch und erhöht die Verwirrung. Es ist bereits der vierte Eingriff in den Katechismus, den Franziskus innerhalb von zwei Jahren anstrebt. Keiner war zwingend, dafür alle mit problematischen Aspekten behaftet.

Die Problematik hat im neuen Fall zunächst vor allem damit zu tun, dass der Katechismus der Katholischen Kirche die Hoffnung nach einer „allgemeinen, ausgewogenen und kontrollierten Abrüstung“ zum Ausdruck bringt, die sich von einer möglichen einseitigen Abrüstung, wie sie implizit in der Verurteilung durch Papst Franziskus gefordert ist, deutlich unterscheidet.

Besorgniserregend ist auch, dass es sich in weniger als zwei Jahren bereits um den vierten Eingriff in den Katechismus handelt. Der Katechismus ist aber keine Ansammlung von gerade aktuellen Wünschen, sondern hat den Auftrag, eine zeitlose „Darstellung des einen und immerwährenden apostolischen Glaubens“ zu sein, wie Johannes Paul II. seinerzeit zum Ausdruck brachte, als er die bewährte Idee des Katechismus wieder aufgriff, die von anderen im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils als „überholt“ fallengelassen worden war.

Die jüngste Ankündigung von Papst Franziskus, den Willen zu einer weiteren Änderung des Katechismus zu haben, machte er auf dem Rückflug aus Japan am 26. November. In Japan hatte er die beiden Städte Hiroshima und Nagasaki besucht, die 1945 von den USA durch Einsatz von Atomwaffen zerstört wurden. Mehr als 200.000 Menschen wurden dabei getötet, ein Vielfaches verletzt. Fast ausgelöscht wurde damals auch die katholische Gemeinschaft des Inselreiches, die sich hauptsächlich in Nagasaki konzentrierte. Aufgrund des Schreckens über das Ausmaß der Zerstörung und die Entwicklung und Herstellung von Nuklearwaffen durch verschiedene Staaten blieb es bis heute der einzige Einsatz von Atomwaffen.

Der Papst nutzte die Gelegenheit, um das seither für die ganze Menschheit wichtige Thema des Atomwaffeneinsatzes anzusprechen. Franziskus sprach von einer einzigen Lehre, die aus der Zerstörung der beiden Städte zu ziehen sei, die er als eine „echte menschliche Katechese der Grausamkeit“ bezeichnete. Er führte aus, dass „der Einsatz von Atomwaffen unmoralisch ist, dafür muss er im Katechismus der katholischen Kirche verankert sein und nicht nur der Gebrauch, sogar der Besitz, weil ein Unfall oder der Wahnsinn eines Herrschers, der Wahnsinn eines Menschen, die Menschheit vernichten kann“.

Berechtigte, aber auch heikle Frage
Der Katechismus verurteilt den Einsatz solcher Waffen. Neu ist die päpstliche Absicht, bereits den Besitz als solchen moralisch zu verurteilen. Papst Franziskus hatte das bereits am 10. November 2017 bei der Konferenz „Perspektiven für eine atomwaffenfreie Welt und für eine vollständige Abrüstung“ anklingen lassen. Damals sagte er:

„Die Drohung ihres Einsatzes muss nachdrücklich verurteilt werden, gerade weil ihre Existenz einer Logik der Angst entspricht, die nicht nur die Konfliktparteien, sondern die gesamte Menschheit betrifft.“

Die von Franziskus aufgeworfene Frage ist berechtigt und heikel zugleich. Tatsache ist, dass die Existenz von Atomwaffen, implizit die Gefahr einer irreversiblen Tragödie bedeutet. Die päpstliche Absicht, eine entsprechende Verurteilung in den Katechismus der Katholischen Kirche aufzunehmen, indem bereits der bloße Besitz solcher Waffen ipso facto für unmoralisch erklärt wird, wirft allerdings einige Zweifel auf.


Der Katechismus (KKK, 2314) spricht unter Verweis auf Gaudium et spes seit seiner Veröffentlichung in der editio typica von 1997 eine Verurteilung aus:

„Jede Kriegshandlung, die auf die Vernichtung ganzer Städte oder weiter Gebiete und ihrer Bevölkerung unterschiedslos abstellt, ist ein Verbrechen gegen Gott und gegen den Menschen, das fest und entschieden zu verwerfen ist.“

Weiter heißt es:

„Eine Gefahr des modernen Krieges ist es, den Besitzern hochtechnisierter, insbesondere atomarer, biologischer oder chemischer Waffen Anlass zu solchen Verbrechen zu geben.“

Der Katechismus differenziert: Menschen mit Massenvernichtungswaffen haben die Möglichkeit, verheerende Verbrechen zu begehen, aber der Besitz bedeutet noch nicht, dass sie diese Verbrechen begehen.

Der Katechismus (KKK, 2315) sagt zudem, dass die Anhäufung von Waffen keine endgültige Abschreckung darstellt:

„Gegenüber einer solchen Abschreckung sind schwere moralische Vorbehalte anzubringen. Der Rüstungswettlauf sichert den Frieden nicht. Der Rüstungswettlauf sichert den Frieden nicht. Statt die Kriegsursachen zu beseitigen, droht er diese zu verschlimmern. Die Ausgabe ungeheurer Summen, die für die Herstellung immer neuer Waffen verwendet werden, verhindert, dass notleidenden Völkern geholfen wird. Somit hält die übermäßige Rüstung die Entwicklung der Völker auf. Sie vervielfacht die Konfliktgründe und verstärkt die Gefahr der Ausbreitung von Kriegen.“

Eine Anhäufung von Waffen, so der Katechismus, berge die Gefahr, eine vorhandene Friedensordnung weiter zu untergraben. Aus diesem Grund heißt das Ziel, das von der kirchlichen Soziallehre vorgeschlagen wird: Entwaffnung. Sie definierte Johannes Paul II. in der Botschaft zum 40. Jahrestag der Gründung der Vereinten Nationen (14. Oktober 1985) mit drei grundlegenden Adjektiven. Die Entwaffnung müsse „allgemein, ausgewogen und kontrolliert“ sein. Das heißt, die Abrüstung muss, damit sie nicht zu einer Gelegenheit für Missbrauch wird, ein gemeinsamer Prozeß sein, der alle einbindet und ein Ungleichgewicht der Kräfte vermeidet.

Diese Abrüstung muss zu einem „Prinzip der Suffizienz“ führen, sodass ein Staat nur die für die legitime Verteidigung notwendigen Mittel besitzen kann (Kompendium der Soziallehre der Kirche, 508). Über dieses Prinzip hinauszugehen, also mehr Waffen anzuhäufen, hat laut Kompendium eine moralisch negative Konnotation. Die Bewertung dieses Überschusses hängt allerdings vom jeweiligen Kontext ab und muss daher „im Lichte der internationalen Gesetzgebung zum Thema Nichtverbreitung, Produktion, Handel und Einsatz verschiedener Arten von Waffen“ erfolgen.

Die Position des Lehramtes, die eindeutig den Einsatz von Massenvernichtungswaffen verurteilt und gleichzeitig die Gleichung Abschreckung = Frieden ablehnt, ist äußerst vernünftig. Sie äußert sich ausgesprochen vorsichtig über den Besitz solcher Waffen. Die vom Katechismus gezogene Grenze ist die der Abrüstung, aber die Modalität und das Maß dieser Abrüstung müssen unter den gegebenen Umständen des historischen Kontextes gewichtet werden. Aus diesem Grund beschränkt sich das Kompendium (§ 509) darauf, daran zu erinnern, dass diejenigen, die solche Waffen besitzen, „eine enorme Verantwortung vor Gott und der ganzen Menschheit haben“. Eine ernsthafte Verantwortung zu haben, ist aber nicht dasselbe, wie einen Fehler zu machen.

Aus diesem Grund erscheint der Vorschlag von Papst Franziskus, die Verurteilung des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen auch auf ihren Besitz auszudehnen, als Bruch mit der bisherigen kirchlichen Lehre, da er eine Kontinuität vermissen lässt. Zudem ist er aufgrund seiner konkreten Auswirkungen problematisch.

Es ist interessant, nachzuprüfen, was zu diesem Thema während des Zweiten Vatikanischen Konzils geschehen ist, das inmitten des Kalten Krieges stattfand. Auch damals wurde der Vorschlag gemacht, den Besitz von Massenvernichtungswaffen für unmoralisch zu erklären. Dagegen warfen einige Bischöfe die Frage auf, ob ein solches Verbot nicht zu Ungleichgewichten führen würde, die nicht minder verheerend werden könnten. Die Verurteilung durch ein ökumenisches Konzil der katholischen Kirche hätte absehbar nur auf Staaten mit einer starken christlichen Präsenz Einfluss genommen, aber zum damaligen Zeitpunkt sicherlich nicht auf die atheistische Sowjetunion und ihre Vasallen.

Eine Änderung des Katechismus, wie ihn nun Papst Franziskus vorgeschlagen hat, könnte – vielleicht – zur Abrüstung eines westlichen Staates führen. Aber was ist mit Staaten wie dem Iran, Indien, Nordkorea, Pakistan, der Volksrepublik China …?

Es ist wohl richtig, dass das Konzept der Abschreckung fragil und gefährlich und unzureichend zugleich ist. Man kommt aber nicht umhin, bei diesem Problem, jeweils die aktuelle Situation, in der wir uns heute befinden, in ihrer aktuellen internationalen Dynamik zu betrachten. Die Abschreckung als Instrument des Friedens, wie Benedikt XVI. am 10. Januar 2006 sagte, ist „tödlich und absolut trügerisch“. Die Eliminierung solcher Waffen nur durch einen Teil der Welt könnte aber ebenso einen Zündmechanismus auslösen. Das Horten solcher Waffen als unmoralisch einzustufen, ist eine Sache, den bloßen und vorläufigen Besitz solcher Waffen mit Blick auf eine „allgemeine, ausgewogene und kontrollierte Abrüstung“ als unmoralisch einzustufen, eine ganze andere.

Der Katechismus als ständige Baustelle?
Der Vorstoß von Papst Franziskus verlangt aber noch nach einer weiteren Überlegung.

Es ist bereits das vierte Mal innerhalb von nicht einmal zwei Jahren, dass der Katechismus von Franziskus geändert wird und neu gedruckt werden muss. Allein der Einwand, dass durch die verschiedenen Ausgaben Verwirrung entsteht, sollte nicht leichtfertig abgetan werden.

Die erste Änderung erfolgte im Januar letzten Jahres und betrifft die Lehre des Katechismus über homosexuelle Handlungen und Beziehungen (KKK, 2357–2359). Die Änderung ist umstritten, da unklar ist, ob es sich um bloße „Schlamperei“ handelt. In verschiedenen Sprachen, darunter auch deutsch findet sich im Artikel 2358 die abgeschwächte, provisorische Fassung von 1992, die aber in der editio typica von 1997 ersetzt wurde. Wer auf der Internetseite des Vatikans nachschaut, findet dort die Formulierung von 1992: “ Eine nicht geringe Anzahl von Männern und Frauen sind homosexuell veranlagt. Sie haben diese Veranlagung nicht selbst gewählt; für die meisten von ihnen stellt sie eine Prüfung dar.“ In der allein maßgeblichen editio typica von 1997 lautet die Stelle hingegen: „Eine nicht geringe Anzahl von Männern und Frauen haben tiefsitzende homosexuelle Tendenzen. Diese Neigung, die objektiv ungeordnet ist, stellt für die meisten von ihnen eine Prüfung dar.“ Die englische Online-Version wird seither als „vorläufig“ ausgewiesen, die italienische ist nur mehr als PDF abrufbar. Die geänderte englische Version existiert ist nicht mehr öffentlich sichtbar, der Link wurde aber gesichert. Die deutsche Version ist nach wie vor falsch, mutmaßlich da die zuständigen Bischofskonferenzen an einer Korrektur offenbar nicht interessiert sind. Eine Versionenwirrnis ausgerechnet zu einer der großen Herausforderungen unserer Zeit – angesichts des herrschenden Klimas.
Die zweite Änderung betrifft den Artikel 2267 über die Todesstrafe. Franziskus verordnete sie mit einem Rescript vom 2. August 2018. Auch diese Änderung ist problematisch.
Die dritte Änderung wurde während der Amazonassynode formal von den Synodalen als Bitte formuliert, jedoch von Papst Franziskus sofort aufgegriffen und zum päpstlichen Willen erklärt: die Einführung „ökologischer Sünden“ in den Katechismus.
https://katholisches.info/2019/11/29/die...dauerbaustelle/
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https://katholisches.info/2015/08/10/ato...katholiken-aus/
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http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_P8B.HTM
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https://katholisches.info/2019/11/16/pap...-oekosuende-an/



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