Ein Zeuge bis in den Tod
LIBORIUS WAGNER Blutzeuge für den kath. Glauben geb. 5.12.1593 - ermordet 9.12.1631
Leben und Martyrium des Konvertiten und Priesters Liborius Wagner
Ein Pfarrer, der noch nicht heilig gesprochen ist, der jedoch sein Leben gewonnen hat, indem er es für Seinen Herrn Jesus Christus hingab.
“Bist Du mein Führer, so geb ich mein Segel furchtlos den Winden. Bist Du mein Führer, so fürcht ich nicht die Wogen des Meeres, noch des Sturmes rasende Wut.
Bist Du mein Führer, so wird mein gesichertes Boot die rettende Küste erreichen.” Aus dem Heilig-Geist-Gedicht von Liborius Wagner
Nur wenige Jahrzehnte nach der “Reformation” wurde Liborius Wagner geboren. Seine Vaterstadt war Mühlhausen, zwischen Erfurt und Kassel gelegen, wo der ehemalige Priester Thomas Müntzer und der entlaufene Zisterziensermönch Heinrich Pfeiffer gegen die alten Ordnungen der Kirche und der Stadt “gepredigt” hatten. Der alte Rat der Stadt war damals davongejagt worden. Und schon bald standen viele Klöster und Burgen im ganzen Land während der Bauernkriege in Flammen.
Zwar war der alte Rat später wieder eingesetzt worden, doch fanden sich in jener Zeit zu wenige würdige Geistliche, die den Bemühungen um den alten katholischen Glauben Rückhalt geben konnten. Und so war unter dem Druck des Kurfürsten von Sachsen und des Landgrafen von Hessen 1542 auch in Mühlhausen die Reformation eingeführt worden. Kirchengut wurde enteignet und Klöster wurden geschlossen.
Vorläufig beließ man die Änderungen bei Laienkelch und Priesterehe. 1556 wurde den “Evangelischen” jedoch eine eigene Kirche zur Verfügung gestellt, wo nicht lange danach die Messe abgeschafft, die Nebenaltäre beseitigt, der Taufbrunnen vor dem Chor zugeschüttet wurden. “Ebenso wurden in den Filialkirchen St. Kilian und Allerheiligen ... die katholischen Gottesdienste abgeschafft. Es ging wie bei einem, der den kleinen Finger bekommt und bald die ganze Hand hat. Schon 1558 wurde auch die Marienkirche protestantisch, und zwar ‘mit großem Frohlocken der Evangelischen und Trauern der Papisten’. Den Katholiken blieb zum Schluß nur noch die Barfüßerkirche” (Holzapfel, H.: Liborius Wagner, Würzburg 1974, S.17f. In dieser Biographie erscheint auch weiterführende Literatur aufgelistet). Sie richteten sich auch eine eigene Schule ein. “Doch war es fast unmöglich, einen altgläubigen und sittlich einwandfreien Priester zu bekommen”, und “schon an Dreikönig 1566 wurde die ‘papistische Religion’” auch in dieser Kirche “‘gänzlich abgeschafft’ und die Barfüßerkirche ‘zum rechten Gottesdienst’ neu geweiht” (ebd. S.18). Der 5. Dezember 1597 war der Tauftag des kleinen Liborius in Mühlhausen, als erstes Kind der protestantischen Familie Wagner. Seine Ausbildung erhielt er in der Lateinschule der Stadt und mit 19 Jahren entschloß er sich zum Besuch einer Universität. So ein Studium und der voraussichtlich lange Aufenthalt in der Fremde waren jedoch nicht billig.
Deshalb schrieb er an den Rat der Stadt, bat um Unterstützung und legte diesem Gesuch ein Gedicht über den Heiligen Geist bei. Wenn man es liest, ist man heute noch beeindruckt von der dichterischen Leistung, von der Geläufigkeit im Umgang mit der lateinischen Sprache sowie von seiner Kenntnis der antiken Mythologie und der christlichen Theologie, welche darin zum Ausdruck kommt. Zwar schimpft er hier noch über die “faule Rotte der Mönche und die anderen Papisten” und setzt die Heiligenverehrung dem Götzendienst gleich, doch scheint seine Verehrung des Heiligen Geistes echt gewesen zu sein.
Nach Studienaufenthalten in Leipzig und Gotha wandte er sich nach eineinhalb Jahren Straßburg im Elsaß zu. Den Grund kennen wir nicht, wichtig dürfte ihm aber gewesen sein, daß die Akademie in Straßburg streng lutherisch ausgerichtet war. Schließlich kehrte er als “Magister” in seine Heimatstadt zurück, wo er rund drei Jahre bei seinen Eltern zubrachte und sich mehr und mehr dem Studium der Theologie verschrieb.
“Es waren ruhige, ganz dem Studium gewidmete Jahre, die Liborius Wagner in seinem Elternhaus verbrachte. Aber für ihn selber wurde es eine seine Seele aufwühlende Zeit. Immer stärker bohrte in ihm der Zweifel an der Lehre Luthers, am Glauben seiner Eltern und seiner ganzen Vaterstadt” (ebd. S.52).
Und ohne sein Ziel bei seinem Abschied 1622 jemandem zu verraten, begibt er sich nach Würzburg, in katholisches Gebiet. Würzburg war die nächstgelegene Bischofs- und Universitätsstadt. Dort wandte er sich an die Jesuiten, die er vor zehn Jahren in seinem Heilig-Geist-Gedicht noch scharf angegriffen hatte, und bat um Unterricht im katholischen Glauben. Bald konvertiert er, ja er möchte katholischer Priester werden. Er bittet um Aufnahme ins Priesterseminar, die ihm gewährt wird. Als einziger der eingetragenen Studenten trug er schon den Magistertitel, und es dürfte dem über 30-jährigen nicht leicht gefallen sein, sich in die Gemeinschaft so vieler Jüngerer einzuordnen. Am Karsamstag des Jahres 1625 erhielt er schließlich die Priesterweihe. Ihm wird die Kaplanei Hardheim südwestlich von Würzburg als Arbeitsfeld zugewiesen. 1607 war das protestantische Hardheim durch den Tod des letzten Ritters von Hardheim wieder an Würzburg zurückgekommen. Inzwischen waren die Einwohner zwar wieder “katholisch”, doch blieben die Jahre der “Reformation” nicht ohne Widerhall. Seine neue Stelle trat er am Pfingstfest 1625 an. 1626 wurde die Wallfahrtskirche des Nachbarstädtchens Walldürn erweitert, und es ist anzunehmen, daß auch Liborius diese Wallfahrt zum kostbaren Blut unternommen hat.
Schon nach einem Jahr wird er Pfarrer von Altenmünster nordöstlich von Schweinfurt. Der dortige Dorftruchseß stand jedoch zur Lehre Luthers und verlangte dies mehr oder weniger auch von seinen Untertanen, die fast allesamt protestantisch waren. Selbst der am Sonntag sonst übliche Umgang mit Weihwasser mußte unterbleiben, da niemand Weihwasser oder Fahne tragen wollte. 1620 wurden in Altenmünster selbst - ohne seine mehrheitlich katholische Filiale Sulzdorf - lediglich zwölf Osterkommunionen ausgeteilt. Es dürfte sicher eine der schwierigsten Pfarreien der Erzdiözese gewesen sein, und die Spannungen zwischen Katholiken und Protestanten zeigten sich in zahlreichen und alltäglichen Reibereien.
Ein Mitbruder, der ebenfalls in einer neubekehrten Pfarrei einen schweren Dienst tat, beschrieb die allgemeine Situation eines Seelsorgers unter den dortigen Bedingungen folgendermaßen: “‘Ich lebe als ein Häcker”’; man könne kaum ermessen, “‘wie ich über die drei Jahre da als der armseligste Kaplan gelitten, in Armut und öfter in höchster Gefahr des Lebens’” (ebd. S.78).
Ähnlichen Nöten war auch Pfarrer Wagner ausgesetzt. Aus den erhaltenen Dokumenten geht hervor, wie er zwar um jede einzelne Seele rang, wie mühevoll sich aber das Leben des Pfarrers pastoral wie auch wirtschaftlich gestaltete. Pfarrer Wagner mußte bekennen: “‘Bei der Bekehrung meiner Pfarrkinder, die in Altenmünster sind, lacht mir kein Hoffnungsstrahl...’” (ebd. S. 85). Bei der Visitation 1629 wurde festgestellt: “‘Die Kirche und vornehmlich der Kirchturm sind über die Maßen baufällig, auch fast gefährlich der Turm...; durch das Dach fällt der Regen häufig auf die zwei Nebenaltäre...’” (ebd. S. 95). An eine Renovierung konnte jedoch unter den damaligen Umständen in Altenmünster nicht gedacht werden.
Als im zweiten Abschnitt des Dreißigjährigen Krieges (1626) der dänische König Christian IV. und die mit ihm verbündeten protestantischen Fürsten bei Lutter am Barenberg eine schwere Niederlage einstecken mußten, schien sich die Lage zu wenden. Verschiedene Protestanten kehrten zur katholischen Kirche zurück, jedoch waren die Maßnahmen, mit denen man solche Konversionen zu fördern suchte, oft wenig geeignet, einen nachhaltigen und überzeugten Gesinnungswandel auf Dauer herbeizuführen. So versuchte man beispielsweise im Bistum Würzburg durch die Inhaftierung von Widerspenstigen bei Wasser und Brot protestantische Gebiete wieder “katholisch” zu machen.
Insgesamt erhoffte man sich nach dem militärischen Sieg eine Rückgabe aller entrissenen Stifte, Klöster und Kirchengüter. Doch im September 1631gelang dem protestantischen Schwedenkönig Gustav Adolf ein entscheidender Sieg gegen den bisher unbesiegten, nun aber greisen katholischen Generalfeldmarschall Tilly. So rückten die Schweden in Deutschland rasch von Nord nach Süd vor. Protestantische Fürsten und Adelige schlossen sich ihnen begeistert an. Zwar wurde vom schwedischen König zugesichert, daß die Katholiken ihrer Kirche treu bleiben durften. Doch viele von den angeworbenen Soldaten waren von Haß und Ressentiments gegen alles Katholische so erfüllt, daß Priestermorde keine Seltenheit waren. Von Mord, Brand und Verwüstung war der Weg der Truppen gezeichnet. Viele Geistliche suchten sich durch Flucht zu retten.
Pfarrer Wagner fand im Schulhaus des Nachbardorfes Reichhausen ein Versteck und blieb somit in der Nähe seiner Herde. Da er anderen nicht lästig fallen wollte, bat er um die Erlaubnis, Vieh, Getreide, Kleider und Bücher aus seinem Pfarrhaus holen lassen zu dürfen. Dadurch wurde man auf ihn aufmerksam. In der Kriegskanzlei fügte man seinem Schreiben bei: “‘Es ist jener Abtrünnige aus Mühlhausen’” (ebd. S. 119).
Diese kleine Notiz wurde praktisch sein “Todesurteil”. Noch am selben Tag holten ihn Reiter ab und führten ihn bei winterlicher Kälte halbnackt und an ein Pferd gebunden in ihr Quatier in Schonungen. Dort wurde ihm ein Strick um den Kopf gelegt, der so eng zusammengezogen wurde, daß die Augen aus den Stirnhöhlen drangen. Mit ähnlichen Methoden wurden auch andere damals gezwungen, ihr verstecktes Geld preiszugeben. Pfarrer Wagner verriet, daß er 40 Taler unter der Küchenschwelle verborgen habe.
“Aber in diesem Falle ging es den Soldaten nicht nur ums Geld. Sie wollten vielmehr den verhaßten Pfarrer zum Abfall vom Glauben zwingen. Man führte ihn also auf das Schloß Mainberg ... unterhalb von Schonungen hoch über dem Main... Der Schloßhof wurde nun für vier Tage Schauplatz frivoler Szenen und furchtbarer Grausamkeiten” (ebd. S.119 ff.).
Zunächst trieb man allerlei qualvolle “Bübereien” mit ihm. Er mußte drei Maß Wein in einem Zug austrinken und sollte damit zu einem Wort des Glaubensabfalls verleitet werden. Doch Wagner behielt seine Vernunft und hielt Spott- und Schmähreden stand. Dann zwang man ihn, mit “Troß- und Lotterbuben” zu fechten und zu raufen und eine völlig überladene Muskete abzufeuern, so daß der Priester blutend zu Boden stürzte.
Die Bosheit kannte schließlich keine Grenzen mehr: Mit einem Federmesser schnitten ihm die Soldaten “seine Tonsur auf dem Kopf mit Haaren, Haut und Fleisch aus und füllten sie mit heißem Wachs. Sie schlitzten ihm die Backen auf und rieben Salz in die Wunden, so daß sein Gesicht kaum mehr zu erkennen war und der brennende Schmerz unerträglich wurde. Danach warfen sie ihn auf den Boden, tröpfelten ihm Pech und spanisches Wachs in die Nasenlöcher sowie in Haar und Bart und zündeten es an. Mit einem eisernen Spanner durchbohrten sie die Nasenlöcher und ließen ihn eine geraume Zeit darin stecken. Um dem Priester, der Keuschheit gelobt hatte, einen besonderen Schimpf anzutun, zerschmetterten sie ihm mit einem Streithammer die Geschlechtsteile. Dann banden sie Hände und Finger hart zusammen und schlugen mit Eisenstücken und Hämmern so lange darauf, bis sich das Fleisch mitsamt den Nägeln von den Fingern löste, so daß man die bloßen Knochen sehen konnte.
Weiter banden sie ihn rücklings an einen Pfahl und rissen ihm die Arme durch Schlagen und Rütteln aus den Gelenken. In der unteren Hofstube banden sie dann die Arme wieder los, spannten sie gewaltsam an einem Stock aus, den sie durch seinen Rock steckten, und gossen ihm heißes Pech ins Genick. Darauf stellten sie ihn dicht an einen brennendheißen Ofen und ließen ihn zwei Stunden in der fürchterlichen Hitze stehen. Schließlich schnitten sie ihm die Fußsohlen ab und nagelten seine Füße mit spitzen Hämmern an den Boden.
Bei all diesen unmenschlichen Qualen fragten die Peiniger ihr Opfer immer wieder, ob es nicht wieder zum Luthertum zurückkehren wolle; in diesem Fall versprachen sie ihm Freiheit und Wohlergehen. Doch jedes Mal antwortete Liborius Wagner nur: ‘Ich lebe, leide und sterbe päpstlich-katholisch.’ Als er einmal um eine kurze Ruhepause bat, warfen sie ihn nackt in eine Dornenhecke; da könne er ausruhen. Eine adelige Dame, die diese Qualen sah, bat um Schonung für ihn. Vermutlich handelte es sich um die Gattin des Truchseß von Pommersfelden, Eva Maria von Münster... Der Truchseß Philipp Ernst von Pommersfelden war der Hauptschuldige an diesen grausamen Geschehnissen. Daneben werden sein 14 jähriger Bruder” und einige andere “als Rädelsführer bezeichnet... Einige Katholiken, die auf dem Schloß zu tun hatten, wurden unfreiwillig Augenzeugen der Mißhandlungen, die der Pfarrer von Altenmünster so standhaft erduldete... Noch nach über zwanzig Jahren erinnerten sie sich an alle Einzelheiten des Martyriums. Als die ausgesuchtesten Qualen die Standhaftigkeit des Altenmünsterer Pfarrers nicht brechen konnten”, führte man “Liborius Wagner nach Schonungen an eine Stelle am Mainufer, die ‘Oberes Weidig’ heißt... Zwei Soldaten legten ihre Pistolen auf ihn an, verfehlten aber ihr Ziel. Daraufhin sprang der Quartiermeister Georg Keller vom Pferd, zog den Degen und durchbohrte den standhaften Priester” am Abend des 9. Dezember 1631.
“Damit ihn niemand erkenne, zog man die wenigen Kleider, die er noch anhatte, aus und warf den nackten Leichnam in den Main. Doch später wurde er in der Nähe der Mordstelle wieder ans Ufer getrieben. Dort blieb er, mit ein wenig Sand bedeckt, liegen” (ebd. S. 122 ff.).
“Als seine Leiche im Frühjahr 1632 ans Ufer gespült wurde, war der Leib noch unverwest; aus den Nasenlöchern quoll Blut. An dem zerfleischten Gesicht und den zerschmetterten Knochen, am versengten Haar und Bart war seine Identität einwandfrei festzustellen” (ebd. S.129).
Zwei Jahre später setzen seine Eltern bei der Abfassung ihres Testamentes Liborius Wagner zum Erben ein. Bis zu ihrem Tod scheinen sie von seinem Ableben nichts gewußt zu haben. In Altenmünster wurde das Pfarrhaus geplündert, der Garten verwüstet, die Umfriedung niedergerissen. Schließlich wurde die Pfarrei mit einem lutherischen Prädikanten besetzt. Im Jahre 1627 war Liborius Wagner in die “Bruderschaft derer, die die marianischen Litaneien zur Erlangung einer glücklichen Sterbestunde beten”, in die Marianische Kongregation aufgenommen worden. Wie notwendig und gnadenbringend wurde ihm bei seinem grausamen Tod die Fürsprache seiner himmlischen Mutter, die er täglich angerufen hatte, und wie standhaft blieb der treue Verehrer des Heiligen Geistes in diesen unvorstellbaren Bedrängnissen!
Seine Gebeine ruhen heute im Augustinerchorherrenstift Heidenfeld südlich von Schweinfurt. Reliquien finden sich aber auch in Altenmünster und in der Filialkirche in Sulzdorf, wie auch im linken Querschiff des Würzburger Domes, wo eine Liborius-Wagner-Kapelle eingerichtet wurde. Auch wir wollen in Treue zur Kirche und zu den Päpsten aller Jahrhunderte leben und sterben. Päpstlich-katholisch können wir jedoch heute nur bleiben, wenn wir Verfälschungen des Glaubens entgegentreten und Mißbrauch - auch der höchsten Ämter in der Kirche! - klar beim Namen nennen! Möge uns Liborius Wagner vom Himmel her ein mächtiger Fürsprecher sein, um in dieser Zeit im Heiligen Geist den Verkehrungen von Gehorsam, Autorität und Glauben widerstehen zu können und Hirten zu bekommen, die nicht alle Religionen auf dieselbe Stufe stellen, sondern die dem katholischen Volk helfen, in der Liebe des Heiligen Geistes ihr Leben zu gestalten und Jesus Christus bis in den Tod die Treue zu halten!
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