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  • 29.08.2012 12:28 - Warum gibt es das Priesternetzwerk?
von Hildegard Maria in Kategorie Allgemein.

Über mich
"Es wird Generationen dauern, bis in Deutschland wieder ein normales katholisches Leben möglich ist"

Hendrick Jolie wurde 1963 geboren und 1992 zum Priester geweiht. Er ist Priester des Bistums Mainz und seit 1997 Jahren Pfarrer von vier kleinen Diasporagemeinden im vorderen Odenwald (Nähe Darmstadt). 2001 gründete er mit Dr. Guido Rodheudt in Frankfurt das „Netzwerk Katholischer Priester“.


Warum gibt es das Priesternetzwerk? Wann wurde es gegründet? Was ist die Hauptaufgabe?

Das Priesternetzwerk wurde 2001 von Pfarrer Dr. Rodheudt und mir gegründet. Ausgangspunkt für mich persönlich war die irritierende Erfahrung, daß die Treue zu meinem Weihevesprechen schon in meinen ersten Priesterjahren zu extremen Konflikten in der konkreten Seelsorge führte. Ich war schon nach wenigen Jahren als „Hardliner“ verschrien und wußte eigentlich nicht, was ich falsch gemacht haben sollte.

Weil ich nicht die klassische katholische Sozialisation (Messdiener,Lektor, Pfarrgemeinderat etc.) durchlaufen habe, war mir das katholische Millieu bis zum Eintritt in das Priesterseminar nicht vertraut. Ich war dann fassungslos, daß in den Pfarreien, in denen ich als Kaplan eingesetzt war, liturgische und seelsorgliche Richtlinien der Kirche und des kirchlichen Gesetzbuches mit der größten Selbstverständlichkeit mißachtet wurden.

In meiner grenzenlosen Naivität war ich wirklich davon ausgegangen, daß der priesterliche Dienst eines Neugeweihten (und die damit verbundenen Aufgaben) in den Gemeinden mit offenen Armen empfangen werde. Dies war jedoch nicht der Fall. Es gab das übliche Durcheinander mit Familiengottesdienstkreisen, mit Laienpredigt und Interkommunion sowie die zermürbenden Diskussionen um das Frauenpriestertum und die Stellung des Laien.


Mir wurde deshalb sehr bald die Notwendigkeit einer Solidarisierung mit anderen Geistlichen bewußt. Gott sei Dank machte mir die Begegnung mit Dr. Rodheudt und anderen Priestern deutlich, daß ich nicht der einzige war, der unter gewaltigem Leidensdruck stand. So formulierten wir im Herbst 2001 die Magna Charta des Netzwerks katholischer Priester: Wir setzen uns ein für die unverkürzte Verkündigung der katholischen Lehre, für die ordnungsgemäße Spendung der Sakramente und für die konsequente Wahrnehmung priesterlicher Leitungsaufgaben.

Im Grunde geht es hier um Selbstverständlichkeiten. Jeder Beamte, jeder Arzt und jeder Jurist verpflichtet sich zur Einhaltung seiner Standespflichten und seiner Dienstordnung. Daß die Treue zu den Weiheversprechen bei Priestern zu Konflikten in der konkreten Gemeindeseelsorge führt, ist eine traurige Erkenntnis, die wir tagtäglich machen müssen.

Unser Ziel ist es, anderen Geistlichen Mut zu machen, sich bei der Ausübung ihres Dienstes an die Lehre und Ordnung der Kirche zu halten. Nicht zuletzt möchten wir auch den Verantwortlichen der Diözesen den Rücken stärken. Denn auch die Bischöfe sind bei der Ausübung ihres Dienstes nicht selten in die Sachzwänge ihrer Apparate verstrickt.

Wenn Sie sagen, daß zu Ihrer Kaplanzeit der typische „katholische“ Alltag aus Laienpredigt, Interkommunion und Diskussionen um das Frauenamt und die weitere Hervorhebung der Laienfunktionen geprägt war, stellt sich die Frage nach Führung durch den Bischof und auch nach der wissenschaftlich theologischen Diskussion. Sind die Bischöfe, sind die Universitätstheologen, sind die Lehrenden in den Seminaren an dem Zustand mitverantwortlich?

Es ist nicht ganz ungefährlich, diese Frage direkt zu beantworten, das werden Sie verstehen. Sagen wir es indirekt: In meiner Seminar- und Studienzeit waren die Worte „Ratzinger“ und „vorkonziliar“ Schimpfworte, mit denen man einen Seminaristen sozial und theologisch kaltstellen konnte. Da ich nicht aus dem katholischen Millieu komme, habe ich das am Anfang mit großer Verwunderung wahrgenommen. Mir wurde erst langsam klar, daß sich die „rechtgläubigen“ Priester solidarisieren müssen – ein im Grunde genomen abstruser Gedanke, denn wogegen soll man sich solidarisieren, wenn man doch katholisch und in der Kirche zuhause ist?

Ein weiterer Gedanke: Sicher ist den meisten Bischöfen mittlerweile unwohl, wenn sie wahrnehmen, wie weit die Gemeindewirklichkeit aus dem Ruder gelaufen ist. Ich kann mir nicht vorstellen, daß ihnen das gefällt. Aber trotz Papst-Euphorie und der angeblichen „Wiederkehr der Religion“: Es wird Generationen dauern, bis in Deutschland wieder ein normales katholisches Leben möglich ist. Was über Jahrzehnte verwahrlost ist, kann nicht über Nacht wieder aufgebaut werden. Denken Sie nur an die fehlende Bußpraxis und den ehrfurchtslosen Kommunionempfang bei Anlässen wie Erstkommunion etc. Wie wollen Sie das korrigieren?

Und schließlich: Nachdem bereits Johannes Paul II. in mehreren Instruktionen die Bischöfe angefleht hatte, in Sachen Liturgie und Disziplin die Einhaltung der kanonischen Vorgaben zu überwachen, hat er sich in „redemptionis sacramentum“ (2004) direkt an die Gläubigen gewandt und sie an ihr Recht erinnert, sich bei entsprechenden Mißbräuchen auch direkt in Rom zu beschweren. Dieses Vorgehen des Papstes muß doch gar nicht weiter kommentiert werden. Wie würden Sie sich dabei fühlen, wenn Sie Bischof wären? Die Empörung in den entsprechenden Kreisen war verständlicherweise groß. Ich habe darin eine gewisse „Notwehr“ des Papstes und seiner Kongregationen gesehen. Sie wußten einfach nicht mehr weiter, und deswegen haben sie die Gläubigen direkt um Hilfe angerufen. Ein ungewöhnliches Vorgehen, nicht wahr?

Sie sprechen Ihre Kaplanszeit an, geht es Ihnen heute besser? Sind Sie voll und ganz Pfarrer, ohne die von Ihnen aufgezählten Probleme? Dürfen Sie heute „Hardliner“ sein?

Machen wir uns nichts vor: Ein Gemeindepfarrer, der zumindest versucht, sich konsequent an die Vorgaben des Kirchenrechts und die Lehre der Kirche zu halten, vollführt einen beständigen „Tanz auf dem Vulkan“. Hier vor Ort wurden schon mehrfach Unterschriften gesammelt, die gegen mich und meine Amtsführung gerichtet waren. Man braucht also eine robuste Gesundheit, ein starkes Nervenkostüm und ein paar gleichgesinnte Priesterfreunde, sonst hält man das nicht aus.

Wenn ein Priester in Verdacht gerät, zu „spalten“ oder zu „polarisieren“, dann wackelt sein Stuhl. Ich habe das erst jüngst bei einem Mitbruder aus nächster Nähe mitverfolgt, als er in seiner neuen Gemeinde gegen den liturgischen Wildwuchs vorgehen wollte. Zum Schluß wurde er versetzt, obwohl er zweifellos im Recht war.

Um aus der Defensive herauszukommen, hilft nach meiner Erfahrung folgendes: Die Ablehnung, die ein Priester aufgrund seiner glaubenstreuen Haltung erfährt, kann er teilweise kompensieren, wenn er ansonsten „ein netter Kerl“ ist, der sich um die Leute kümmert, bei Außenstehenden anerkannt und insbesondere bei Kindern und Jugendlichen beliebt ist. Kinder und Jugendliche urteilen nach dem Herzen und nicht danach, ob der Pfarrer im karierten Hemd oder in Soutane kommt.

Diese Anerkennung ist ein Kapital, das dem Priester einen gewissen Schutz gewährt. Aber eine Garantie ist das zweifellos nicht. Und im Grunde ist dieses Vorgehen ja auch etwas skurril. Wenn mich Leute in der Pfarrei direkt kennenlernen, sagen sie oft: „Sie sind ja ganz nett. Wir hatten ganz andere Dinge über sie gehört.“ Das ist ja schon fast comedy-reif, wenn es nicht so traurig wäre.

Warum sind Sie (noch) Priester? Können Sie empfehlen, das Priestertum anzustreben? Auf der einen Seite kann man ja auch stolz sein, den wahren Glauben unverfälscht zu vertreten, zu praktizieren und zu verteidigen.

Meine eigene Berufung zum Priestertum kam nicht auf dem Hintergrund von Pfarreierfahrungen, sondern über verschiedene Ordensgemeinschaften zustande. Dennoch glaube ich, daß ich in der Pfarrei zur Zeit am richtigen Ort bin. Allerdings: Die Lebenswirklichkeit des Gemeindepfarrers ist momentan keine Werbung für den Priesternachwuchs. Junge Leute sagen mir das ganz unverholen. Wer möchte schon in einem Klima latenten Mißtrauens gegen das katholische Priestertum leben? Wer will es sich als Priester antun, daß seine Vollmacht und Kompetenz als Hirte und Lehrer der Gemeinde permanent angezweifelt wird? Kein Kaffeekränzchen ohne Diskussion über Zölibat und Frauenfeindlichkeit – wer hat Lust dazu? Und schließlich: Die sogenannte „kooperative Pastoral“ mit ihren unüberschaubaren „Seelsorgskolchosen“ und demokratisch organisierten „Pastoralteams“ ist hier – gelinde gesagt – ebenfalls nicht hilfreich im Hinblick auf das Wecken von Berufungen.

Dennoch: Die Priesterberufung ist natürlich eine große Gnade. Das Priestertum gehört zum Größten, was der Herr seiner Kirche anvertraut hat. Nicht zufällig sagt der Heilige Pfarrer von Ars, der ja der Patron der Priester ist: Der Priester müßte vor Ehrfurcht sterben, wenn er seine Würde erkennt.

Die Gründung des Netzwerkes Katholischer Priester war für mich persönlich „Rettung in letzter Sekunde“: Das Priesternetzwerk hat mich mit anderen Priestern verbunden, die mehrheitlich Gemeindepfarrer sind und die sich für eine glaubenstreue Amtsführung einsetzen. Nicht wenige Pfarrer haben hier leider längst resigniert. Sie sind in Ordensgemeinschaften eingetreten oder sind in die Sonderseelsorge oder in die „neuen geistlichen Bewegungen“ geflüchtet. Manche passen sich an und empfinden ihr Gehalt als eine Art „Schmerzensgeld“. Soweit wollen wir es nicht kommen lassen. Wir wollen den liberalen Kräften nicht kampflos das Feld der Gemeindeseelsorge überlassen. Denn unserer Erfahrung nach spielt die Pfarrei bei der Erneuerung der Kirche eine zentrale Rolle.

Joseph Ratzinger ist nun Benedikt XVI., und alle finden es prima, Sie haben also Recht bekommen.

In der Tat würde sich eine gewissen Schadenfreude einstellen, wenn das nicht eine unchristliche Haltung wäre. Die deutschen Intelligenzblätter titelten während des Konklaves unablässig: „Deutsche wollen einen Reformpapst“. Nun haben sie einen Reformpapst bekommen – einen, der beispielsweise den neuen Meßritus reformieren will auf dem Hintergrund der überlieferten Messe. Man könnte hier schon sagen: Der Liebe Gott hat Humor.

Andererseits ist die Lage hier vor Ort viel zu verfahren, als daß eine Triumphpose angemessen wäre. Wie gesagt, das gegenwärtige Pontifikat ist ein Glücksfall, aber es wird Jahrzehnte dauern, bis die Schäden der Kulturrevolution in der Kirche aufgearbeitet sind.

Wie sieht die Arbeit des Netzwerks praktisch aus?

Wir treffen uns in regionalen Gruppen, um dem Einzelnen bei praktischen Fragen beizustehen. Darüber hinaus gibt es eine Art Materialbörse für die pastorale Praxis. Wir organisieren theologische und liturgische Fortbildungen in Zusammenarbeit mit anderen Priesterkreisen, außerdem Exerzitien und Wallfahrten.

Am wichtigsten ist jedoch der mitbrüderliche Austausch und die Bereitschaft, füreinander einzustehen. Hier bieten wir Beratung an – auch im rechtlichen Sinne. Da dies diskret geschehen muß, ist diese Arbeit hinter den Kulissen weniger bekannt, aber sie ist unser eigentliches Feld. Ich verschweige auch nicht, daß wir mit den verschiedensten Klerikern, Organisationen und Initiativen vernetzt sind. Der Austausch von Informationen ist in unserer Gesellschaft ein zentrales Element.

Davon mal abgesehen: Wir können aber auch ganz normale Dinge tun, zum Beispiel im Kreise der Mitbrüder lustig sein. Wir passen nicht in das Klischee, das von konservativen Priestern oft gezeichnet wird: Alt, verbittert, kontaktgestört. Die meisten Priester, die bei uns mitmachen, sind überraschend jung, kommunikativ und aufgeschlossen – insbesondere auch was moderne Medien wie z.B. das Internet angeht.

Sie sprechen die jungen Priester des Netzwerk an, können Sie das auch von den Gläubigen sagen? Wenden diese sich auch eher von den „Rätegemeinden“ ab und verlangen eine Seelsorge auf der Grundlage des unverfälschten katholischen Glaubens? Es ist immer wieder zu lesen, daß gerade junge und alte Menschen sich zum Beispiel über das Motu proprio Summorum Pontificum freuen, eher in die alte Messe gehen wollen, und die Generation 68 in den Institutionen der „Rätepraxis“ hängen.

In der Tat ist es so, daß jüngere Menschen, also Jugendliche und junge Erwachsene, vorbehaltloser und ideologiefreier sowohl mit dem Alten Ritus wie auch mit traditionellen Formen des katholischen Glaubens umgehen. Sie wissen nicht, daß man die vorkonziliare Kirche als „böse“ einzuordnen hat und daß alles, was nach dem Konzil kam, in jedem Fall als „gut“ zu bewerten ist. Und wenn sie solche Äußerungen von ihren Eltern hören, übernehmen sie diese Deutung nicht einfach. Schließlich haben zahllose junge Leute 2005 dem Papst zugejubelt – einem Mann, der von ihren Eltern noch weitgehend verteufelt worden ist. Hier findet tasächlich ein Paradigmenwechsel statt.

Dennoch wird dieser Tatbestand in seinen Auswirkungen auf die konkrete Pastoral vor Ort oftmals übeschätzt – nicht zuletzt deswegen, weil bei neokonservativen Veranstaltungen und Kongressen das Bild von den sogenannten „Geistlichen Bewegungen“ geprägt wird. Diese Bewegungen bringen es in der Tat fertig, im Handumdrehen 50-100 junge Leute auf die Bühne und auf Podien zu bringen, so daß dann der Eindruck entsteht, die katholische Kirche fände bei der Jugend und bei jungen Erwachsenen enthusiastische Zustimmung. Auch die konservativen Medien greifen solche Bilder natürlich aus Eigeninteresse gerne auf. Ich persönlich glaube, daß der oben angedeutete Paradigmenwechsel eher zu langfristigen Veränderungen führen wird. Auch das katholische Establishment, das die Rätelandschaft und die Ordinariate noch weitgehend beherrscht, ist ja von diesem Stimmungswechsel nicht ganz unberührt geblieben. Aber bis sich dieser Klimawandel in der konkreten Wirklichkeit unserer Kirche auswirkt, wird es noch ein bis zwei Generationen dauern. Dazu ist das Werk der Zerstörung, das die 68-er Generation auch im Raum der Kirche angerichtet hat, allzu tiefgreifend.

Deshalb: In den meisten Pfarreien gibt es – vorsichtig gesagt – zur Zeit keinen Überschuß an jungen Leuten. Die Gemeinderealität sieht leider anders aus. Es ist auch zu bedauern, daß in der gesamten Diskussion über die kirchliche Entwicklung unter Benedikt XVI. in den seltensten Fällen einfache Gemeindeseelsorger zu Wort kommen. Die Diskussion führen hauptsächlich Priester aus den geistlichen Gemeinschaften oder aber Universitätsprofessoren, die in der Regel nicht wissen, wie das Lebensgefühl eines Landpfarrers mit seinen drei, vier oder fünf Gemeinden ist. Manchmal fragt man sich, wo das Heer begeisterter Jugendlicher geblieben ist nach dem Weltjugendtag in Köln oder ähnlichen „Events“, Kongressen oder Wallfahrten. Sie kommen in der Alltagswirklichkeit der Gemeinden kaum vor.

Noch ein Wort zu den „geistlichen Bewegungen“, die in der Tat auf junge Leute eine gewisse Faszination ausüben. Nach meiner Überzeugung sind sie eher ein Symptom der kirchlichen Krise als deren Heilmittel. Es ist psychologisch ja gut nachvollziehbar, daß sich Jugendliche und auch entsprechend gesinnte Priester lieber in einem geistlich ansprechenden, religiös und kirchlich entschiedenen Klima tummeln als in den extrem verbürgerlichten Niederungen einer normalen Pfarrgemeinde. Doch diese Tendenz führt zu dem schon beschriebenen Auseinanderdriften von Gemeinde einerseits und Gruppenwirklichkeit andrerseits. Hier gibt es auch gegenseitige Vorbehalte und eine Abschottung, die schon an Sektierertum grenzt. Nochmals: So verständlich das ganze rein menschlich gesehen ist: Die Krise der Ortsgemeinde wird hierdurch eher noch verschärft.

Haben die Mitglieder des Netzwerkes Verpflichtungen? Beten Sie um Priesterberufungen, oder zelebrieren Sie Messen für dieses Anliegen? Unterstützt das Netzwerk Seminaristen, zum Beispiel durch persönliche Begleitung?

Wir gehen davon aus, daß die Priester des Netzwerkes eine Solidargemeinschaft des Gebetes bilden – natürlich auch und insbesondere bei der Darbringung des Heiligen Meßopfers. Unsere Treffen dienen ja unter anderem auch dazu, den Mitbrüdern die eigenen Gebetsanliegen mitzuteilen. Es ist von großer Bedeutung, daß sich die Priester gegenseitig daran erinnern: Unser fruchtbarstes Apostolat, unsere wichtigste Aufgabe und unser vorrangiger Dienst besteht im Gebet für die Gläubigen und für die Priester bzw. die gesamte Kirche. Das kann in einer Zeit, in der die Öffentlichkeit die Priester überwiegend nach äußerlichen Kriterien wie z.B. nach dem Volumen ihres Terminkalenders bewertet, nicht eindringlich genug hervorgehoben werden. Auch das Gebet um Berufungen hat hier im Leben des Priesters seinen festen Platz, ohne daß wir eine konkrete Gebetsverpflichtung für die Netzwerk-Priester aussprechen.

Das Priesternetzwerk ist ja gerade nicht eine geistliche Gemeinschaft wie z.B. das „Opus Dei“ oder die „Marianische Priesterbewegung“. Wir wollten uns bewußt auf keine „Gründerspiritualität“ festlegen, um möglichst vielen Mitbrüdern die Möglichkeit zu geben, sich mit den Zielen des Netzwerkes – eben die treue Erfüllung der Weiheversprechen zu identifizieren. Und wir begrüßen es, wenn die Mitbrüder darüber hinaus in ihren geistlichen Gemeinschaften beheimatet bleiben. Das Priesternetzwerk ist hier keine Konkurrenz.

Was die Seminaristen anbelangt, so sind diese in der Regel vorsichtig, was die Kontaktaufnahme zum Priesternetzwerk anbelangt. Leider herrscht in vielen Seminarien noch der Geist der 68er. Ich weiß aus zuverlässiger Quelle, daß in Kreisen von Jungpriestern die Parole ausgegeben wurde: „Mit dem Netzwerk zu kontaktieren, ist karrieregefährdend“. Deswegen verstehen wir es gut, daß die Seminaristen und übrigens auch die Kapläne eher auf Distanz zum Netzwerk bleiben. Viele wollen sich erst einmal im Bistum etablieren, bevor sie explizit Farbe bekennen. Aber unser Newsletter, den wir regelmäßig versenden, wird von den unterschiedlichsten Leuten abonniert, da können Sie sicher sein.

Was ist Ihr größter Wunsch an die Bischöfe, an den Papst?

Es steht uns eigentlich nicht zu, Wünsche an Papst und Bischöfe zu äußern, wir sind diesbezüglich auch noch nie gefragt worden. Aber wo Sie nun die Frage stellen: Es ist unser dringender Wunsch, daß das sakramental verankerte, unverwechselbare Profil des Priesters als Hirte und Lehrer der Gemeinde mit Entschiedenheit verteidigt wird – insbesonder gegen die Entstellungen durch die sogenannte „kooperative Pastoral“ und andere relativistische Tendenzen, welche die Substanz des Priestertums gefährden und den Priester zu einem religiösen Funktionär nach protestantischem Zuschnitt machen. Aus meinen Worten haben Sie entnehmen können, daß wir im Netzwerk nicht der Meinung sind, durch die Wahl Benedikts XVI. sei die Krise der Kirche im Kern überwunden, im Gegenteil: Unter der Oberfläche einer herbeigeredeten „Wiederkehr der Religion“ setzen bestimmte Kräfte ihr Zerstörungswerk fort. Wir können die Verantwortlichen nur anflehen, daß sie sich nicht in trügerischer Sicherheit wiegen, sondern daß sie umkehren und alles in ihrer Macht Stehende tun, um das Priestertum zu erneuern. Denn ohne eine solche Erneuerung kann es keine Erneuerung der Kirche geben.

Die Fragen stellte Jens Falk



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