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  • 10.02.2013 12:49 - menschenfischer
von Hildegard Maria in Kategorie Allgemein.

JAHRESKREIS
5. SONNTAG (LESEJAHR C)

36

menschenfischer

Glauben und Gehorchen.

Reiche Beute.

Vom Rabbi zum Kyrios.




I. Als Jesus am Ufer des Sees Gennesaret stand, berichtet Lukas im heutigen Evangelium1, drängte sich das Volk um ihn und wollte das Wort Gottes hören. Da stieg der Herr in das Boot, das dem Simon gehörte, und bat ihn, ein Stück weit vom Land wegzufahren. Was in der Morgenfrische am See geschieht, ist zugleich ein Bild: es steht für die Bedeutung der Kirche im Heilsplan Gottes und für unser eigenes spirituelles Leben. Wir wollen in unserer Meditation diese beiden Aspekte betrachten. »Bereits die Kirchenväter sahen in diesem Boot des Simon Petrus, das Jesus besteigt, ein vorweggenommenes Bild der künftigen Kirche, die als das >Schiff des Heils< die Meere der Weltgeschichte durchfahren wird. Aus diesem Schiff, das Petrus steuert, lehrt der Herr, aus keinem anderen. Wiewohl die anderen Boote, die es begleiten, nicht ausgenommen sind von seinen Lehren und auch nicht vom Fischfang.«2

Die meisten von uns wurden bald nach der Geburt getauft. Mit der Zeit sind wir uns des Geschenks des Glaubens immer tiefer bewußt geworden, die Taufberufung hat konkretere Gestalt angenommen, bis der Ruf Gottes eines Tages deutlich vernehmbar wurde: diese Lebenssituation, dieser Beruf, dieses Umfeld, diese Menschen... Auch für Petrus war die Tatsache, daß Christus sein Boot bestieg, nur der Anfang. Entscheidende Gnaden haben manchmal ihre Vorgeschichte in Form alltäglicher Erlebnisse und Begegnungen, aufgeschnappter Bemerkungen und prägender Erfahrungen - die Nähe zu Jesus wächst allmählich, bis einem klar wird, daß er unser Boot bestiegen hat.

Kehren wir zurück zum Text des Evangeliums. Die Fischer »reinigten ihre Netze, während er am Ufer des Sees predigte. Sie waren mit zwei Booten von einem Fischzug zurückgekommen, aber sie hatten keinen Erfolg gehabt, nur Algen und umhertreibende Pflanzenreste waren im Netz. Jesus unterbricht ihre Arbeit, er steigt in das Schiff des Petrus und läßt ihn ein paar Ruderschläge tun. Im Boot sitzend, konnte er sich leichter verständlich machen, da die Menge, die ihn hören wollte, dann nicht mehr so heftig um ihn drängte.«3

Als er seine Rede beendet hatte, sagte er zu Simon: Fahr hinaus auf den See. Dort werft eure Netze zum Fang aus! »Man durfte das Netz nicht auf gut Glück auslegen, man mußte es - ein dreifaches, sehr langes Netz - langsam, so wie das Boot fuhr, in das Wasser gleiten lassen. Wenn sie an die vorgesehene Stelle gekommen waren, mußten sie sich nach dem Ausgangspunkt zurückwenden, sie schlugen mit dem Ruder auf das Wasser, um so die Fische aufzustören und in die Maschen des Netzes zu treiben.«4 Am Anfang bat ihn der Herr, ein Stück weit vom Land wegzitj~,t/tren, und jetzt: Duc in altum! Fahr hinaus auf die hohe See! »Es ist der für alle Epochen geltende und die Zeiten überdauernde Befehl an Petrus, das Schiff Kirche mitten in das Menschheitsmeer hineinzulenken. Das schließt ein: >Abstoßen vom Ufer<, also sich lösen vom Judentum, nicht zu einer jüdischen Erneuerungsbewegung werden, sondern zu mehr, zum erneuerten Volk Abrahams, zum neuen Gottesvolk, das sich aus allen Menschen der Erde sammeln wird, natürlich auch aus Juden, denen bis zum Jüngsten Tag sogar eine ganz besondere Stellung im Heilsplan erhalten bleiben wird.«5

Petrus entschließt sich gegen die Logik des Fachmanns zu tun, was Christus ihn geheißen hat. Im Vertrauen auf das Wort des Herrn macht er sich an die Arbeit. Er glaubt und gehorcht.



II. Petrus tat, was ihn der Herr geheißen hatte, und sie fingen eine so große Menge Fische, daß ihr Netz zu zerreißen drohte. Wie wesentlich sind Glauben und Gehorchen, um apostolisch fruchtbar zu sein. Weder große Anstrengungen noch ausgeklügelte Planungen, nicht einmal eine strenge Askese bringen etwas zuwege, wenn man nicht aus Glauben gehorcht. »Gott bedarf nicht unserer Arbeit, sondern unseres Gehorsams« sagt ganz lapidar der heilige Johannes Chrysostomos.6»Dieser Gehorsam erwächst aus der Nähe zu Christus: »Da Christus, vom Vater gesandt, Quell und Ursprung des gesamten Apostolates der Kirche ist, kann es nicht anders sein, als daß die Fruchtbarkeit des Apostolates der Laien von ihrer lebendigen Vereinigung mit Christus abhängt.«7 Andererseits darf, auch wenn es der Herr ist, der die Früchte schenkt, das menschliche Mittun nicht fehlen. Die Boote, die Segel, die Ruder, die Netze bleiben unentbehrlich und sind durch nichts anderes zu ersetzen, auch die Männer nicht, die sie bedienen können.

Jener Fischzug brachte überreiche Beute. Simon mußte die Gefährten im anderen Boot, die Zebedäussöhne Jakobus und Johannes, zu Hilfe rufen; und beide Boote waren so vollgeladen, daß ihre Netze zu reißen drohten. Leichter vielleicht als die Apostel damals sind wir heute in der Lage, die ganze Tragweite des Geschehens zu ermessen. Das schlichte Duc in altum war kein bloß situationsbedingter Befehl, er verwies auf das Hinauswachsen der Kirche in Raum und Zeit. Auch im Mitwirken der Gefährten des Simon Petrus - in einem anderen Boot, aber nahe bei ihm - kann man in unserer Zeit intensiver Bemühungen um die Einheit der Christen einen Fingerzeig sehen. Vor allem aber: Aus gewöhnlichen Fischern werden Menschenfischer: »Auch bei dieser neuen Art des Fischfanges wird die göttliche Wirksamkeit nicht fehlen: Die Apostel sollen trotz ihrer persönlichen Armseligkeiten zu Werkzeugen vieler Großtaten werden.«8

Jeder Christ ist zum Menschenfischer bestellt. Aber auf dem weiten Meer der Welt sind besonders die Laien zu Hause. Es ist ihre Sache, »kraft der ihnen eigenen Berufung in der Verwaltung und der gottgemäßen Regelung der zeitlichen Dinge das Reich Gottes zu suchen.«9 Ob im Büro oder auf dem Feld, am Computer oder hinter dem Pflug, in einer Metropole oder in einem kleinen Dorf - überall braucht Gott Menschenfischer, vom Herrn berufen »= 9. Ob im Büro oder auf dem Feld, am Computer oder hinter dem Pflug, in einer Metropole oder in einem kleinen Dorf - überall braucht Gott Menschenfischer, vom Herrn berufen in allen Verhältnissen und in jedem Stand.«10



III. Herr, geh weg von mir; ich bin ein Sünder, ist die Reaktion des Petrus auf den unglaublichen Fischfang. »Er fällt nicht, wie man meinen möchte, Jesus um den Hals ob des guten Geschäfts, sondern er fällt ihm zu Füßen. Er hält ihn nicht fest, um weiterhin einen Erfolgsgaranten zu haben, sondern er stößt ihn von sich ab, weil er sich vor der Macht Gottes fürchtet. >Geh weg, ich bin ein sündiger Mensch!< Wo Gott erfahren wird, erkennt der Mensch seine Sündigkeit, und dann erst, wenn er dies wirklich erkennt und anerkennt, erkennt er sich wirklich. So aber wird er wahr. Erst wenn ein Mensch weiß, daß er sündig ist und das Unheimliche von Sünde begriffen hat, dann begreift er auch den Ruf: Bekehret euch und vertraut dem Evangelium (Mk 1,15). Ohne Bekehrung dringt man nicht zu Jesus, nicht zum Evangelium vor. Es gibt da ein paradoxes Wort von Chesterton, der diesen Zusammenhang treffsicher ausdrückt: Einen Heiligen erkennt man daran, daß er weiß, daß er ein Sünder ist.«11

Wie reich ist Petrus durch diese Erfahrung geworden! Aber nicht nur er. »Auch uns wird der Herr zu Werkzeugen machen, die Wunder zu wirken vermögen, große Wunder sogar, wenn sie notwendig sind. Ich wage zu behaupten, daß es so sein wird, wenn wir täglich kämpfen, uns zu heiligen, jeder in seinem eigenen Stand, mitten in der Welt, in seinem eigenen Beruf, im Alltag.«12

Petrus sieht sich als Zeuge und Nutznießer, aber auch als Mitwirkender bei einem wunderbaren göttlichen Machterweis. Der Herr nimmt ihm alle Furcht und enthüllt ihm den neuen Sinn seines Lebens: Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen. Christen sind Menschenfischer. Der Mensch freilich, der im Wasser der Welt schwimme, schreibt Kardinal Ratzinger, wehre sich dagegen, aus dem Wasser herausgezogen zu werden. »Er glaubt sozusagen, ein gewöhnlicher Fisch zu sein, der sterben muß, wenn er dem Wasser der Tiefe entrissen wird. In der Tat ist das ein Todesgeschehen. Aber dieser Tod führt in das wahre Leben, in dem der Mensch erst wirklich zu sich selber kommt. Jünger sein heißt, sich von Jesus fangen lassen, von ihm, dem geheimnisvollen Fisch, der ins Wasser der Welt, in die Wasser des Todes hinabgestiegen ist; der selbst Fisch geworden ist, um sich zuerst von uns fangen zu lassen, uns Brot des Lebens zu werden. Er läßt sich fangen, damit wir gefangen werden von ihm und den Mut finden, uns mit ihm aus den Wassern unserer Gewohnheiten und Bequemlichkeiten herausziehen zu lassen. Jesus ist Menschenfischer geworden dadurch, daß er selbst die Nacht des Meeres auf sich genommen hat, selbst hinabgestiegen ist in die Passion der Tiefe. Menschenfischer sein kann man nur, wenn man wie er sich selbst daran gibt. Man kann es aber auch nur, wenn man sich auf das Boot des Petrus verlassen darf.«13

Und sie zogen die Boote an Land, ließen alles zurück und folgten ihm nach. »Du wirst es dir nicht erklären können, weil du dich so armselig siehst: und doch werden deine Mitmenschen dich und das Gespräch mit dir suchen, natürlich und unkompliziert, nach der Arbeit, im Kreis der Familie, im Bus, auf einem Spaziergang, überall. Ihr werdet von der Unruhe sprechen, die jeder in der Seele trägt, auch wenn manche es nicht wahrhaben wollen. Und sie werden diese Unruhe besser begreifen, wenn sie einmal angefangen haben, Gott wirklich zu suchen.

Bitte Maria, Regina Apostolorum, die Königin der Apostel, um Entschlossenheit, damit du das Verlangen teilst, das im Herzen ihres Sohnes lebt: ein Verlangen nach Aussaat und nach Fischfang. Beginne nur, und - ich versichere dir - du wirst wie jene Fischer aus Galiläa ein Boot an Land ziehen, das übervoll ist. Und du wirst Christus am Ufer stehen sehen, der auf dich wartet. Denn die Menge der Fische ist sein.«14



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