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  • 06.03.2013 10:39 - TUGENDEN UND GEISTLICHES WACHSTUM
von Hildegard Maria in Kategorie Allgemein.

FASTENZEIT
3. WOCHE - MITTWOCH

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TUGENDEN UND GEISTLICHES WACHSTUM


Tugenden und Heiligkeit. Wahre Selbstverwirklichung.
Natürliche und übernatürliche Tugenden im Alltag.
Der Herr schenkt stets die nötigen Gnaden, damit wir den Glauben konsequent leben können.

I. Herr, du zeigst mir den Pfad zum Leben, vor deinem Angesicht herrscht Freude in Fülle1.

In unterschiedlichen Bildern zeigt uns der Herr, daß der Weg zur Heiligkeit und zum ewigen Leben die stetige Entfaltung der Anlagen erfordert, die er in uns hineingelegt hat: das Senfkorn wächst und wird zu einem großen Strauch, in dem sich die Vögel des Himmels niederlassen; der Weizen reift und bringt üppige Ähren hervor ... Wir sind dafür verantwortlich, daß die Tugenden nicht verkümmern, sondern stetig wachsen.

Was aber ist die Tugend? »Tugend bedeutet nicht die Bravheit und Ordentlichkeit eines isolierten Tuns oder Lassens. Sondern Tugend bedeutet: daß der Mensch richtig ist, und zwar im übernatürlichen wie im natürlichen Sinne (...). Tugend also ist, ganz allgemein, seinsmäßige Erhöhung der menschlichen Person; Tugend ist, wie Thomas von Aquin sagt, das ultimum potentiae, sie ist das Äußerste dessen, was ein Mensch sein kann; sie ist die Erfüllung menschlichen Seinkönnens - im natürlichen und im übernatürlichen Bereich. Der tugendhafte Mensch ist so, daß er, aus innerster Wesensneigung, durch sein Tun das Gute verwirklicht.«2

Das Gute durch Übung in uns zu entfalten und so tiefer in unserer Seele zu verwurzeln ist die echte Form christlicher »Selbstverwirklichung« Ihr Ziel ist, gleichförmig zu werden mit Christus. Hin und wieder ergeben sich außergewöhnliche Herausforderungen, aber meistens ist der Alltag das Feld, wo die Tugenden wachsen sollen. Dort üben wir die natürlichen und übernatürlichen Tugenden: Glaube,»Hoffnung und Liebe, Klugheit, Zucht und Maß, Gerechtigkeit und Starkmut, Treue und Arbeitsamkeit.

Das Wachsen im geistlichen Leben ist eine Frucht der Gnade Gottes; aber Gott handelt nicht über unsere natürlichen Anlagen hinweg. Für das Wachsen der Tugenden ist - zusammen mit dem Gebet - Einübung nötig, die in der Seele die Bereitschaft zu weiterem tugendhaftem Handeln festigt. Es ist ähnlich wie beim Training eines Sportlers, der durch Übung die Kraft, die Geschmeidigkeit und das Zusammenspiel der Glieder zu steigern sucht.

Viele geistliche Schriftsteller haben dies hervorgehoben. Ein klassisches Beispiel für diese Art Training unserer natürlichen Fähigkeiten finden wir im »Weg« »Die heroische Minute. Das ist der Augenblick des pünktlichen Aufstehens. Kein Schwanken: ein übernatürlicher Gedanke, und auf!= 3 Dahinter steht - neben der Anregung, eine mehr oder weniger mühsame Überwindung Gott darzubringen - die schlichte Erkenntnis: Wer bereits den Tag im Kleinkrieg gegen die Trägheit mit einem Sieg beginnen kann, hat es leichter, mühsamere Aufgaben im Laufedes Tages sportlich anzugehen.

Denn es ist die gute Seite der Gewöhnung, daß wiederholtes Handeln eine Spur in der Seele hinterläßt; sie schenkt uns jene Leichtigkeit, die uns Anstrengung und Mühsal vergessen läßt.

Die Entfaltung der Tugenden ist der Weg, der zum Herrn führt. Natürlich müssen wir, weil wir Gott lieben wollen, die Gelegenheiten zur Sünde meiden und entschlossen zu jeder Versuchung nein sagen. Aber nicht das »Nein« soll die Mitte unseres christlichen Lebens sein, sondern das »Ja« das Wachsen - mit Hilfe der Gnade - in den Tugenden. In dieser Fastenzeit fordert uns die Kirche ganz besonders dazu auf: das Gute zu tun, damit es sich in uns immer mehr festigt.

II. Heiligung heißt, in unserer konkreten Lebenssituation beharrlich Tag für Tag die Tugenden zu üben. »Die natürlichen Tugenden sind das Fundament für die übernatürlichen; und die übernatürlichen Tugenden geben stets von neuem den Anstoß zu einem rechtschaffenen Leben. Ein bloßes Verlangen nach den natürlichen Tugenden genügt aber nicht, man muß sie regelrecht erlernen. Discite benefacere (Jes 1,17), lernt Gutes zu tun. Es ist nötig, das Tun der Tugend beharrlich zu üben: die Taten der Aufrichtigkeit, der Wahrhaftigkeit, der Unparteilichkeit, der Gelassenheit, der Geduld - denn die Liebe besteht in Taten, und Gott kann man nicht mit Worten allein, sondern man muß ihn in der Tat und in der Wahrheit (1 Joh 3,18) lieben.«3

Durch die Pflege der natürlichen Tugenden, durch Standhaftigkeit, Treue, Wahrhaftigkeit, Freundlichkeit öffnen wir unsere Seele für das Wirken des Heiligen Geistes. Dieses Bemühen soll in jeder Lebenssituation präsent sein. »Heute wie gestern wird vom Christen erwartet, daß er heroisch lebt. Heroisch, wenn es nötig ist, in den großen Kämpfen. Heroisch - und das wird das Normale sein - in den kleinen, alltäglichen Dingen.«4 So wie eine Pflanze sich aus der Erde ernährt, in der sie wurzelt, so gründet das übernatürliche Leben des Christen, seine Tugenden, in seiner Alltagswirklichkeit: in Arbeit und Familie, in Freude und Leid, Erfolgen und Mißerfolgen... Alles dient dazu, Gott zu lieben und ein christliches Zeugnis zu geben. Das eine bewegt uns zur Dankbarkeit, das andere stärkt das Bewußtsein der Gotteskindschaft, bestimmte Umstände und Aufgaben lassen uns in der Standhaftigkeit wachsen, andere festigen unser Vertrauen in Gott. Und da die Tugenden insgesamt ein miteinander verflochtenes Ganzes sind, trägt und stützt eine Tugend alle anderen. Doch »ist es die Liebe, die alle Tugenden zusammenhält, durch die der Mensch zur Vollkommenheit gelangt.«6

Im Streben nach Heiligkeit und apostolischem Wirken können wir nicht abwarten, bis vermeintlich ideale Situationen eintreten. Die »ideale Situation« ist die des konkreten Augenblicks. Denn »wenn ein Christ die unbedeutendste Kleinigkeit des Alltags mit Liebe verrichtet, dann erfüllt sich diese Kleinigkeit mit der Größe Gottes (...). Laßt falschen Idealismus, Träume und Phantastereien beiseite, laßt beiseite alles, was ich Blechmystik zu nennen pflege: wenn ich doch ledig geblieben wäre, wenn ich doch einen anderen Beruf gewählt hätte, wenn ich doch eine bessere Gesundheit besäße, wenn ich noch jung wäre, wenn ich doch schon alt wäre ...! Haltet euch vielmehr nüchtern an die ganz materielle und unmittelbare Wirklichkeit, denn dort ist der Herr.«7

Unser heutiges Gebet mag dazu dienen, uns in der Gegenwart des Herrn zu fragen: Will ich wirklich Christus ähnlicher werden? Nutze ich tatsächlich die Ereignisse jedes Tages, um - mit Gottes Gnade - in mir die natürlichen und die übernatürlichen Tugenden zu entwickeln? Richte ich mein Tun immer bewußter auf Gott aus, mit geläuterter Gesinnung?

III. Der Herr, der niemals Unmögliches verlangt, erwartet von einem Christen das Ernstnehmen der Tugenden, auch dann, wenn die Menschen um ihn sich wenig oder nichts aus Gott machen. Gott schenkt die nötige Gnade, ihm auch unter solch schwierigen Bedingungen die Treue zu halten. Und manchmal werden wir erleben, wie gerade die konsequente Art unseres Christseins zu einem Magnet für andere wird. Sie erkennen, daß es sich lohnt, christlich zu leben. Gott wird so aufs neue präsent in unserem Lebensbereich.

Heute haben leider viele Menschen den Sinn für das Übernatürliche und damit für das Wirken der Gnade im menschlichen Leben verloren. Sie meinen, die christlichen Ideale müßten sich, um für den Durchschnittsmenschen unserer Zeit lebbar zu sein, dem Zeitgeist anpassen. So suchen sie Kompromisse im Bereich der Arbeit, der Ehe, der Sexualität.

Unsere konsequente Art zu leben - mit Schwächen und Versagen, die wir aber beim Namen nennen - kann für viele eine ermunternde Aufforderung sein, die christlichen Tugenden auch heute zu verwirklichen, sich nicht mit dem Schein der Tugend zufrieden zu geben: »Die >Fassade< wirkt ja recht willensstark und charakterfest. - Aber wieviel Laschheit und Willensschwäche verbergen sich dahinter!

Nimm dir fest vor, deine Tugenden nicht zu einer Maskerade werden zu lassen, sondern zu dem selbstverständlichen Habitus, der von innen her deinen Charakter prägt.«8

Der Kirchenvater Johannes Chrysostomos ermuntert uns, im inneren Leben wie Schulanfänger zu sein. »Zunächst lernen sie die Gestalt der einfacheren Buchstaben kennen; dann beginnen sie die schwierigeren zu unterscheiden, und nach und nach lernen sie so zu lesen. Wenn wir uns auf ähnliche Weise den Tugenden nähern, lernen wir zum Beispiel als erstes, nicht schlecht über andere zu reden, dann - gewissermaßen zum nächsten Buchstaben übergehend - niemanden zu beneiden, niemals Sklave unseres Körpers zu sein, uns nicht der Völlerei hinzugeben und so fort. Dann werden wir zu den geistlichen Buchstaben fortschreiten und uns Mäßigung, Abtötung der Sinne, Keuschheit, Gerechtigkeit, Verzicht auf Ruhmsucht, Bescheidenheit und Herzensdemut aneignen. Sodann werden wir einige Tugenden mit anderen verbinden, um sie so in unsere Seele einzuprägen. Und all das gilt es im eigenen Hause zu üben: mit den Freunden, mit der Ehefrau, mit den Kindern.«9

Es geht darum, daß wir die Ausübung der Tugenden nicht als eine Sonderbeschäftigung betrachten, sondern als ein Stück Normalität christlichen Menschseins. Entsprechend wird es uns gelingen, auf dem Weg echter Selbstverwirklichung voranzuschreiten, das heißt, Christus immer ähnlicher zu werden. Unsere Liebe Frau zeigt uns auch hier den Weg.

1 Kommunionvers der Messe vom Tage. Ps 15,11. - 2 Josef Pieper, Über das christliche Menschenbild, München 1950, S.19-20. - 3 J. Escrivá, Der Weg, Nr. 206. - 4 ders., Freunde Gottes, 91. - 5 ders., Christus begegnen, 82. - 6 Alfons Maria von Liguori, Jesus lieben lernen, Freiburg 1982. - 7 Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer, 116. - 8 J. Escrivá, Die Spur des Sämanns, Nr. 777. - 9 Johannes Chrysostomos, Homilien über die Psalmen, 11,8.



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